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Inhalt der Nr. 35 der grundrisse     

Editorial

Vorweg möchten wir uns bei Philippe Kellermann in aller Form entschuldigen. Sein Artikel Marxistische Annäherung an den Anarchismus?, erschienen in der # 33, wurde ohne seine Zustimmung beim Korrekturlesen verändert. Auf unserer Webseite ist die richtige Version zu finden.

Eigentlich wäre ja für die Nummer 35 kein Themenheft geplant gewesen, dennoch ist es eines geworden! Aus diesem Überschwang heraus haben wir auch gleich beschlossen, ab sofort jede Ausgabe mit einem Schwerpunkt zu versehen. Dazu findet ihr am Ende des Editorials einen „Call for papers“! ...weiter

Ulrich Brand: Organisierungsschwäche und relative Orientierungslosigkeit

Das sechste Europäische Sozialforum in Istanbul

Im Mittelpunkt des sechsten Europäischen Sozialforums in den ersten Julitagen in Istanbul - nach Florenz 2002, Paris, London, Athen und Malmoe 2008 – stand natürlich die aktuelle Krise. Schwerpunkte waren die Wirtschafts- und Finanzkrise, dieses Mal besonders prominent die Klimakrise und, bedingt durch den Austragungsort, Energie- und Wasserkonflikte. Etwa 3000 Menschen aus unterschiedlichsten politischen Spektren und Unorganisierte nahmen teil. Im Vorfeld fand eine feministische Balkankarawane statt, die in eine bunte Auftaktdemonstration für Frauenrechte mündete, am Ende eine Abschlussdemo und die politisch wichtige Versammlung sozialer Bewegungen....weiter

Juliane Spitta: Gemeinschaft, Multitude oder das Kommune –
Begriffsperspektiven im Spannungsfeld zwischen nationaler Identifikation und kollektiver Aneignung

In den letzten Jahre ist es deutlich geworden: Gemeinschaft, ein Begriff, der besonders in Deutschland einige Jahrzehnte diskreditiert war, ist wieder im Kommen. Das Problem der Gemeinschaft stellt sich heute auf vielfache Weise und es beansprucht auch im politischen Vorstellungsraum der Linken wieder Relevanz. Diese neue Relevanz ist den Debatten im Anschluss an Negri und Hardts Begriff der Multitude, dem Erfolg der Commons-Theorien und nicht zuletzt den im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise (wieder-)erstarkten Debatten um Gemein-Eigentum und solidarische Ökonomie geschuldet, in denen der neoliberalen Privatisierungslogik Forderungen nach Vergesellschaftung, nach kommunalem, gemeinsam besessenen Eigentum und nach demokratischer Teilhabe gegenübergestellt werden. In diesem Kontext verspricht der Begriff der Gemeinschaft neue Perspektiven für politisches Denken und für eine Praxis fernab von individualistischer Profitlogik....weiter

Isabell Lorey: Gemeinsam Werden. Prekarisierung als politische Konstituierung

Politisch-kulturelle Durchqueerungen

Im Laufe der 2000er Jahre hat sich ein in erster Linie in Europa geführter Diskurs zu Prekarisierung herausgebildet, in dem ein außerordentlich komplexes Verständnis von sozialer Unsicherheit und deren Produktivität entstanden ist. Diese Diskurse wurden immer wieder durch politischen Aktivismus und theoretische Reflexionen im Kontext der Bewegung der europäischen Prekären, wie der EuroMayDay-Bewegung[1] zusammengeführt und auch neu angestoßen. Diese transnationale Bewegung, die seit dem Beginn der 2000er Jahre existiert, thematisiert prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse als Ausgangpunkt für politische Kämpfe und sucht nach politischen Handlungsmöglichkeiten in neoliberalen Verhältnissen.:..weiter

Gerald Raunig: Etwas Mehr als das Commune.
Dividuum und Condividualität

Welches Mit für die Vielen? Welche Form, welche „Mit-Förmigkeit“ kann die Verkettung von Singularitäten annehmen? Wie kann eine solche Mit-Förmigkeit gedacht werden, ohne sie aus dem Einen herzuleiten oder zum Einen zu verschmelzen? Welche Begrifflichkeit ist adäquat für eine spezifische Form der Assoziierung, die auf das Teilen und die Teilung insistiert? Wie kann diese Verkettung sich den traurigen Figuren des Opfers, der Schuld und der Pflicht entziehen? Wie verketten sich schließlich die sozialen und die begrifflichen Singularitäten, ohne zum bloßen glättenden Gleitmittel für die Transformationen kapitalistischer Produktionsweisen zu verkommen?....weiter

Karl Reitter: Produktivität als Autonomie?
Zum Abschluss der Trilogie Empire, Multitude, Commonwealth von Antonio Negri und Michael Hardt

Dieser kleine Text stellt selbstverständlich keine umfassende Analyse und Einschätzung der im Jahre 2000 mit Empire begonnen und nun mit Commonwealth abgeschlossenen Trilogie dar. Ob ein derartiges Unterfangen angesichts der oftmals unscharfen und schillernden Begriffsbildung und Begriffsverwendung durch die beiden Autoren überhaupt sinnvoll möglich ist, sei dahingestellt. Ich begnüge mich mit der Diskussion einiger problematischer Aspekte. Mein Hauptkritikpunkt steht bereits im Titel. Hardt und Negri behaupten, in der aktuellen Phase des Kapitalismus müsse der Multitude (Menge) unabdingbar Autonomie und Selbstbestimmung zugestanden werden...weiter

Carlo Vercellone: Die Krise des Wertgesetzes. Der Profit wird zur Rente
Bemerkungen zur systemischen Krise des kognitiven Kapitalismus

Die Absicht dieses Artikels besteht darin, ausgehend von der These des „Rente-Werdens des Profits und der Krise des Wertgesetzes“ einige Elemente einer theoretischen Lektüre der aktuellen Krise bereit zu stellen. Die auf die Krise des fordistischen Modells folgende aktuelle Transformation des Kapitalismus ist von einer übermächtigen Wiederkehr und einer Vervielfachung der Formen der Rente gekennzeichnet, die mit einer weit darüber hinausgehenden Umwälzung in den Verhältnissen zwischen Rente, Lohn und Profit einhergehen. Diese Entwicklung gab sowohl aus theoretischer Sicht als auch im Hinblick auf ihre politischen Implikationen bereits Anlass zu sehr unterschiedlichen Analysen....weiter

Jens Kastner: Delegation und politische Dilemmata
Mit Pierre Bourdieu auf zapatistischem Gebiet

In seinem Aufsatz „Delegation und politischer Fetischismus“ – als Vortrag 1983 gehalten und auf Französisch erstmals 1984 veröffentlicht – analysiert Pierre Bourdieu die Durchsetzung einer, wie er es nennt, jakobinischen „Priestersicht der Politik“ (Bourdieu 1992a: 192). Diese Sicht auf das Politische habe sich allgemein verbreitet und sei dermaßen verinnerlicht, so Bourdieu, „daß die letzte politische Revolution, die Revolution gegen die politische Klerikatur und gegen die in jedem Delegationsakt potentiell enthaltene Usurpation, noch immer aussteht.“ (Bourdieu 1992a: 192) Diese „Priestersicht der Politik“ besteht also darin, dass sie die Delegation – auf die Politik angewiesen ist, um legitimer Weise als solche zu gelten – unsichtbar macht. Damit verschleiert die Priestersicht nicht nur den Blick auf die Konstitution eines kollektiven „mystischen Körpers“ (Bourdieus 1992a: 180), nämlich politisch handelnde Gruppen. Sie trägt mit dieser Verschleierung auch dazu bei, dass jene Mystik der Politik sich fortsetzt. Sie ist, in einem Wort, antiaufklärerisch....weiter

Max Henninger: Nach dem Operaismus?

In den 1950er Jahren setzte in Italien ein Industrialisierungsschub ein, der die Sozialstruktur des Landes nachhaltig veränderte. Waren 1951 noch 83 Prozent der aktiven Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt, so sollten es zwei Jahrzehnte später nur noch 18 Prozent sein. Allein zwischen 1951 und 1967 zogen mehr als vier Millionen Menschen vom Land in die Stadt. Insbesondere die Landarbeiter aus dem Süden, dem mezzogiorno, fungierten als frische Arbeitskraft für das industrielle Dreieck Mailand-Turin-Genua. Die extrem gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen, denen die Arbeiter ausgesetzt waren, verschlechterten sich ab 1963 mit dem Ende des ersten Nachkriegsbooms weiter. Die Unternehmer nutzten die Rezession nicht nur, um Entlassungen durchzusetzen, sondern auch, um die noch verbliebenen „Poren des Arbeitstages“ zu schließen (Marx 1962b, S. 361)....weiter

Anton Pam: Elitenbildung und Hochschulen im chinesischen Sozialismus:
Überlegungen zu „Rise of the Red Engineers“ und darüber hinaus

Rezensionsessay

Joel Andreas: Rise of the Red Engineers: The Cultural Revolution and the Origins of China’s New Class, Stanford University Press 2009, 28 Euro

Die Studierendenproteste in Österreich und Deutschland im Herbst 2009 haben die Fragen aufgeworfen, was der Sinn und Zweck von Hochschulbildung ist: Wer soll studieren können, wem gehört die Uni, wie kann soziale Selektion und Eliten-Bildung verhindert werden? In diesem Zusammenhang lohnt es, sich mit den gewonnenen und verlorenen Kämpfen in der Vergangenheit auseinandersetzen....weiter

Elmar Flatschart: Imperialismus und Geopolitik

Rezensionsessay

Tobias ten Brink: Geopolitik. Geschichte und Gegenwart kapitalistischer Staatenkonkurrenz Münster, Westfälisches Dampfboot, 2008, 307 Seiten, 27,90€

Tobias ten Brink versucht sich mit seinem Buch „Geopolitik“ an einem mehr als schwierigen Thema. Es geht um nichts weniger, als einen „analytischen Rahmen zur Erklärung von Geopolitik“ (S. 49) zu finden. Diesem komplexen Vorhaben folgt ein ebenso umfassendes Buch, das von der profunden Sachkenntnis des Autors zeugt. Besonders gut gelungen ist die Darstellung und Verbindung der vielen Ansätze, die sich meist auf einer intermediären, analytischen Ebene bewegen, dabei aber keiner reduktionistischen Weltsicht, etwa im Sinne der einseitig ökonomischen Imperialismustheorien, anhängen. Mit und Fug und Recht kann „Geopolitik“ diesbezüglich den Titel eines Überblicks- und Einführungsbuches beanspruchen – wenn auch die Präsentation und Methodik sicherlich alles andere als voraussetzungslos ist....weiter

phpMyVisites : Ein Open Source-Website-Statistikprogramm in PHP/MySQL veröffentlicht unter der GNU/GPL. Statistics

 
ISSN 1814-3164 
Key title: Grundrisse (Wien, Online)

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