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Juliane Spitta: Gemeinschaft, Multitude
oder das Kommune – In den letzten Jahre ist es deutlich geworden: Gemeinschaft, ein Begriff, der besonders in Deutschland einige Jahrzehnte diskreditiert war, ist wieder im Kommen. Das Problem der Gemeinschaft stellt sich heute auf vielfache Weise und es beansprucht auch im politischen Vorstellungsraum der Linken wieder Relevanz. Diese neue Relevanz ist den Debatten im Anschluss an Negri und Hardts Begriff der Multitude, dem Erfolg der Commons-Theorien und nicht zuletzt den im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise (wieder-)erstarkten Debatten um Gemein-Eigentum und solidarische Ökonomie geschuldet, in denen der neoliberalen Privatisierungslogik Forderungen nach Vergesellschaftung, nach kommunalem, gemeinsam besessenen Eigentum und nach demokratischer Teilhabe gegenübergestellt werden. In diesem Kontext verspricht der Begriff der Gemeinschaft neue Perspektiven für politisches Denken und für eine Praxis fernab von individualistischer Profitlogik.[1] Gemeinschaft ist ein ambivalenter Begriff, der die Variabilität und die Bindekraft seines Vorstellungshorizonts historisch vielfach unter Beweis gestellt hat. Er bleibt auch 65 Jahre nach dem Nationalsozialismus und nach einer scheinbar erfolgreichen Emanzipation des Begriffs von seiner eigenen Geschichte problematisch, da er mit den Traditionslinien der Nationalbewegung, mit Naturromantik und völkischem Denken verbunden und sein politisches Sinnfeld bis heute maßgeblich auf kollektive Identität ausgerichtet ist. Zwar wird Gemeinschaft auch im Deutschsprachigen nicht mehr unmittelbar mit Volksgemeinschaft und einem Nationalbewusstsein im Bann vermeintlicher Ursprünge assoziiert, doch der hegemoniale Konzeptions- und Vorstellungsrahmen der Gemeinschaft bleibt der eines nationalen Identifikationsbegriffs. Verknüpft mit dem entstehenden Nationalismus wurde seit dem frühen 19. Jahrhundert in unzähligen Debatten um nationale Identität und Einheit gerungen, zugleich begann die Gemeinschaft sich als politischer Kampfbegriff herauszubilden. Im Namen der Gemeinschaft wurden seither Massen gegen vermeintliche Entfremdungen der modernen Gesellschaft, für nationale Unabhängigkeit, völkische Einheit und kollektive Identität mobilisiert, aber auch gegen die herrschende Ordnung, für Gleichheit, Partizipation und Emanzipation gekämpft. Das Zusammenspiel einer neuen und abstrakten Form kapitalistischer Unterwerfung mit romantischem Gemeinschaftsenthusiasmus, demokratischen Gleichheitspostulaten und einem spezifisch-deutschen Volksbegriff drückte den identitätspolitischen Debatten fortan ihren Stempel auf. Im Hinblick auf das aktuelle Ringen um einen neuen Begriff des Gemeinsamen (Kommunen), stellt sich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen es Sinn macht zu versuchen, die Gemeinschaft von ihrer (deutschen) Tradition als nationaler Identitätsbegriff zu lösen und Gemein-Begriffe (wieder) als kritische Handlungsbegriffe im Politischen in Stellung zu bringen. Das Problem wird verständlicher, wenn die Schwierigkeiten erwähnt werden, mit denen diejenigen ringen, die im Namen einer entwerkten, grundlosen, kommenden, bezuglosen oder uneingestehbaren Gemeinschaft versuchten, den Begriff neu zu besetzen. Ihnen hält bspw. Derrida – ein expliziter Gegner neuer Gemeinschaftsenthusiasmen – vor, dass auch sie sich letztlich als unfähig erwiesen hätten, einen Gemein-Begriff jenseits vom Denken des individuellen oder kollektiven Subjekts, fernab von Einheit und Identität sowie abseits von Brüderlichkeit und Abstammung zu denken. „Bejaht, verneint oder neutralisiert, stets gingen diese gemeinschaftlichen, „kommunitaristischen“ oder „kommunalen“ Werte mit dem Risiko einher, den Bruder wiederkehren zu lassen.“[2] Dennoch versuchen in jüngster Zeit mehr und mehr poststrukturalistische, (post-)marxistische, kommunitaristische und demokratietheoretische AutorInnen den Begriff jenseits seiner nationalbewegten Traditionslinien zu verwenden und das Sinnfeld des Gemeinen für eine emanzipatorische politische Praxis fruchtbar zu machen. Zur Debatte steht, welche Traditionslinien eines übergeordneten Gemein-Diskurses[3] einer solchen Begriffspolitik entgegenstehen, bzw. wie die vermeintliche Originalität der Gemeinschaft im Rahmen einer bestimmten politischen Rationalität (Foucault) überhaupt erst er- und nicht ge-funden wurde. Derartige Fragen müssen gestellt werden, um die Möglichkeiten eines neuen Denkens des Gemeinsamen auszuloten. Geschichte und Traditionslinien des Gemein-Diskurses Wagen wir einen Blick zurück: Unterschiede zwischen der tiefenhermeneutischen, romantisch-erbaulichen Sehnsucht nach einer naturwüchsigen Volksgemeinschaft im 19. und den biologistischen und antisemitischen Selbst-Verwirklichungsphantasien der Nationalsozialisten im 20. Jahrhundert, zwischen der Anrufung eines scheinbar vorpolitischen und überstaatlichen Kollektivsubjekts „Deutsches Volk“ nach 1945, zwischen der aggressiven Betonung einer neu-alten, „wiedervereinigten“ Normalität in den 1990er Jahren und der derzeitigen Beliebigkeit des Massennationalismus in der neoliberalen Gesellschaft des Spektakels sind unübersehbar. Ebenso ist es offensichtlich, dass die gegenwärtig auf- und abflauenden nationalistischen Begeisterungsschübe, bei denen wenig Unterschied dazwischen besteht, ob „man“ gerade Papst, schwarz-rot-geil, Lena oder einfach nur deutsch ist, obgleich auch massenwirksam und Exklusionsmechanismen vorantreibend,[4] weniger Gemeinsamkeiten mit romantisch-essentialistischer Ernsthaftigkeit haben als mit der kollektiv spektakularisierten Angst vor der Schweinegrippe. Anfang des 19. Jahrhunderts waren es Romantiker und Nationalisten, die sich mit Bezug auf Rousseaus Naturverherrlichung bemühten, Gemein-Begriffe auszudifferenzieren. In dieser Zeit avancierte Thomas Hobbes zum Hauptfeind einer gemeinschaftsenthusiastischen Bewegung, da sein kontraktualistischer Konstruktivismus mit dem Gedanken einer natürlichen Gemeinschaftsdisposition des Menschen gebrochen hatte. Im Rahmen einer souveränitätszentrierten Lehre hatte Hobbes postuliert, dass Menschen als Subjekt und Objekt ihrer politischen Wirklichkeit den Staat und das Gemeinwohl hervorzubringen hätten. Diesem Rechtspositivismus stellten Romantiker und Nationalisten im deutschsprachigen Raum einen politischen Essentialismus entgegen, der mit einem überdeterminierten Verständnis der Natur einherging und fortan einen scheinbar natürlichen Gemeinschaftsbegriff mit einer ursprungsmetaphysischen Idee des Volkes identifizierte. In einer Zeit, in der die Nation im Zuge von Kämpfen gegen die absolutistische Ordnung zu einem Leitbegriff der politischen Deutungskultur avanciert war, wurden Volk und Volks-Gemeinschaft die zentralen Kategorien im Kampf um einen deutschen Staat. Sie wurden – wie der Begriff der „Nation“ in Frankreich – mit politischen Forderungen verknüpft, in Deutschland aber zugleich mit einer vorpolitisch-natürlichen Ordnung assoziiert und in Opposition zu gegenwärtigen politischen Realitäten gebracht. Noch jenseits rassistisch-biologistischer Deutungsmuster begann sich hier („avant la lettre“) ein entfremdungstheoretisch aufgeladener Gegensatz zwischen einer primären, gemeinschaftlichen Seinsweise und einer sekundären, künstlich-scheinhaften Gesellschaftsform auszubilden. Bereits jetzt werden erste Problemfelder offenbar: 1. Der Gemeinschaftsbegriff besetzt im politischen Denken der Moderne einen paradoxen Platz: Die Sehnsucht nach gemeinschaftlicher Eigentlichkeit hat sich zusammen mit natur- und ursprungsmetaphysischen Phantasmen und mit identitätsstiftenden Narrationen auf dem Rücken eines aufgeklärten, politischen Diskurses fortgeschrieben, obgleich die erbaulichen Bebilderungen immer eine unübersehbare Diskrepanz zur Gegenwart aufgewiesen haben. Das setzt eine Verschiebungsleistung voraus: eine Art eigentlicher Realität der Gemeinschaft (eine wahrhaft-natürliche, nicht-entfremdete gemeinschaftliche Seinsweise) wird postuliert und zugleich als abwesend und verlustig markiert, so dass der Diskurs auf das Spannungsfeld eines doppelten Einst zwischen Verlust und Versprechen fixiert wird. Die Disparität von Gemeinschaftsromantik und einer krisenhaften Gegenwart politischer Konstruktionen setzt die Verortung des Gemeinschaftsbegriffs auf einer vorpolitischen, dem politischen Diskurs scheinbar vorgängigen, quasi-natürlichen Ebene voraus. Das, was seit dem 19. Jahrhundert als Gemeinschaft das politische Denken beflügelt, stützt sich auf Fetischisierung und Überdeterminierung und kann ob einer phantasmatischen Vorstellung von Geschichtlichkeit als Garant für Natürlichkeit erscheinen. Derartige Gemeinschaftsvorstellungen sind an die Abwesenheit ihres Sehnsuchtsobjekts gebunden und auf das unmögliche Streben nach einer nie gewesenen, gleichwohl verloren geglaubten Ursprünglichkeit fixiert. 2. Der Gegensatz zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft, der sich Ende des 19. Jahrhunderts ausdifferenzierte,[5] ist ein deutschsprachiges Phänomen. Er ist untrennbar mit den damaligen Wirrungen der politischen Realität, mit natur- und volksromantischem Denken und mit der sprichwörtlich gewordenen Identitätskrise der Deutschen verbunden. Die Aufspaltung der Realität in eine vorpolitische, organisch-gemeinschaftliche und eine politische, mechanisch-gesellschaftliche Dimension ist in andere Sprachen nicht übersetzbar.[6] Sie ist erst vor dem Hintergrund der Abwesenheit eines deutschen Nationalstaates und der gleichzeitigen Naturalisierung eines scheinbar vorpolitischen Kollektivsubjekts „Deutsches Volk“ jenseits der politischen Realitäten zu verstehen. Die Unübersetzbarkeit betrifft sowohl die identitätspolitische Tiefendimension, die das deutsche Wort „Gemeinschaft“ seit Herder impliziert, als auch die Verbindung von Gemeinschaft und Volk. Eine tragende Säule alternativer Ansätze muss es sein, den Gegensatz mit seinen dichotomen Assoziationsketten und einschließlich der Assoziation der Gemeinschaft mit Ursprünglichkeit und Organizität zu überschreiten. Die vermeintliche Notwendigkeit einer Entscheidung zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft[7] ist ebenso zurückzuweisen wie das Konzept des Vorpolitischen, sprich die Vorstellung einer vordiskursiven, vorrechtlichen Seinsweise, einer nicht von Macht- und Herrschaftsbeziehungen geprägten Sphäre natürlicher Gemeinschaftlichkeit. Dem entgegen plädiere ich in Anlehnung an Laclau/Mouffe bzw. Lefort für einen umfassenden Begriff des Politischen. Im Unterschied zur Politik, die konkrete Diskurse und alles das bezeichnet, was zur faktischen Praxis der Regierungskunst gehört, wird mit dem Begriff des Politischen das allgemeine und durch fundamentale Immanenz gekennzeichnete Feld der Kräfteverhältnisse benannt, das es einem spezifischen Gemeinwesen erst ermöglicht, sich zu inaugurieren. Diesem Verständnis zufolge gibt es keinen neutralen Bereich außerhalb des Politischen, da die Konstruktion von Staat und Gesellschaft, von Subjekten und Objekten, Sinn, Bedeutung und Praktiken immer eine politische Dimension impliziert. Ohne ein derartiges Verständnis des Politischen besteht die Gefahr, sich positivistischen oder naturalistischen Illusionen zu überlassen und die Gesellschaft gewissermaßen vor sich selbst zu stellen.[8] Der Gemein-Diskurs veränderte sich Ende des 19. Jahrhunderts durch die Verbreitung von biologistischen Deutungsparadigmen: Die romantisch-erbauliche Naturmetaphysik wurde von einem Ideal der Wissenschaftlichkeit verdrängt, das Ursprung, Finalität und Zugehörigkeitskriterien anhand eindeutiger und objektiver Gesetze zu verifizieren versuchte. Eugenik, Rassenhygiene und Sozialdarwinismus wandten biologistische Deutungsparadigmen auf das Politische an und bildeten eine umfassende Weltanschauung heraus, die über romantisch-pangermanische Auserwähltheitsphantasien (Fichte) hinausreichte und an das eigene Theoriegebäude den Anspruch auf überhistorische, wissenschaftliche Gültigkeit formulierte. Die Verbreitung biopolitischer Theorien im Gemeinschaftsdiskurs war enorm. Sie ging einher mit einer neuartigen Verbindung von Voluntarismus und Essentialismus. Der scheinbar unausweichliche Determinismus der Rasse ist ein politischer Essentialismus in Extremform; zugleich trieben Rassenhygiene und Sozialdarwinismus jedoch eine konstruktivistisch und voluntaristisch fundierte Form biopolitischen Denkens voran: Sie propagierten sozialhygienische Maßnahmen, biologistische Menschen-Zuchtgedanken und die Notwendigkeit zur aktiven Gestaltung der eigenen Rasse. Der Nationalsozialismus trieb diese neuartige Verbindung von Essentialismus und Voluntarismus mit seinen Konstruktionsphantasien auf die Spitze. Das Streben nach Einheit und Identität wurde mit handlungsaktiven Selbst-Verwirklichungsgedanken verbunden. Die Nazis vertrauten nicht mehr auf Gott oder den natürlich-biologischen Lauf der Natur, sondern entwickelten eine Philosophie, die das fehlende Ereignis fabrizieren und Natur schaffen wollte. Statt auf die Wiederkehr eines verlorenen Ursprungs zu warten, intendierten sie, Identität gewaltsam zu produzieren. Die nationalsozialistische Bewegung verband philosophisches Sendungsbewusstsein, biologischen Determinismus und erlösungstheoretische Phantasien mit einer aus vereinfachtem Nietzscheanismus abgeleiteten Metaphysik des Willens. Der Leitbegriff dieser Art von Essentialismus, der mit Voluntarismus und selbstbewusstem Konstruktivismus zusammenging, war die „Selbstverwirklichung“. Das Konzept der gemeinschaftlichen und zugleich individuellen Selbstverwirklichung muss dabei im doppelten Sinn des Wortes - sich selbst verwirklichen und die Verwirklichung, die Neuordnung der Wirklichkeit selber in die Hand nehmen – begriffen werden.[9] An derartige Bestrebungen wurde nach 1945 nicht angeknüpft, obwohl übergeordnete Strukturen des Gemeinschaftsdenkens in der BRD, der DDR und auch in Österreich nicht aufgearbeitet wurden. Gerade in den beiden deutschen Staaten blieb die Verbindung von gemeinschaftspolitischem Essentialismus mit Voluntarismus wirkungsmächtig: Jenseits rassistischer Selbstverwirklichungsphantasien war die politische Rationalität beider Länder auf die vorpolitische Evidenz eines „Deutschen Volkes“ fixiert und die politische Wegstrecke auf die „Wieder-Kehr“ zur Einheit ausgerichtet. Daran änderte auch die begriffliche Wende vom „Volk zur Nation“ nichts, die von der sozialliberalen Regierung in den 1970ern eingeleitet wurde und die sich realpolitisch mit einer neuen Akzeptanz der Zweistaatlichkeit verband. Die Trennung einer vorpolitisch-gemeinschaftlichen Dimension der Einheit von einer gesellschaftlich-staatlichen Ebene der Getrenntheit wurde mithilfe der Unterscheidung zwischen Kultur- und Staatsnation begründet.[10] Die Ereignisse 1989/1990 verkehrten die Paradigmen des Diskurses, ließen seine Strukturen aber unangetastet: Zuvor war staatliche Einheit gefordert worden, während eine gemeinschaftlich-innere Zusammengehörigkeit trotz Trennung als immer anwesend erschienen war. Nach dem Zusammenschluss galt nun die innere Einheit, das zuvor Vorausgesetzte, das Grundlage der identitätspolitischen Forderungen gewesen war, als verlustig und abwesend. In den letzten Jahren hat sich der identitätspolitische Diskurs im internationalen Vergleich „normalisiert“. Er ist dabei in die eingangs beschriebene Spektakularisierung gemündet. Nichtsdestotrotz teilten gegenwärtige Gemein-Diskurse ihre Ausrichtung auf das Vorpolitische, auf Identität, Einheit und gemeinschaftliche Identifizierung mit vergangenen Debatten. Besonders in Deutschland und Österreich ist die Fixierung auf eine an- oder abwesende Form gemeinsamer Identität, die Orientierung am individuellen Subjekt als Modell der Identifikationspraxis und die Vision einer vom Politischen unabhängigen Existenzweise der Gemeinschaft ein wirkungsmächtiges Unterpfand des Gemeinen. Diese Signifikations- und Traditionslinien sind ein Hindernis für den Versuch, den Gemeinschaftsbegriff in eine emanzipatorische politische Praxis einzubinden. Das Politische Imaginäre Wir stehen also vor der Aufgabe, den Gemein-Diskurs um Perspektiven zu erweitern, die Prekarität, Heterogenität, Differentialität und Krise als produktive Parameter des Politischen anerkennen und eine Politik der Gemeinschaft abseits der Orientierung am Modell der individuellen und kollektiven Subjektivität in der Gegenwart erproben. Es gilt, die erfolglose Suche nach positiv-vollendeter, kollektiver Identität zu beenden und Alternativen in die Praxis zu überführen, die keinen Bezug zu einer subpolitischen Ebene „wahrhafter“ Gemeinschaftlichkeit mehr haben. Die Postulate der Anwesenheit, der Präsenz und der Vollendung müssen zur Disposition gestellt werden, um das Gemeinschaftsdenken aus seiner Verankerung im romantischen Begehren zwischen Verlust und Versprechen zu lösen. Ebenso wie das Verlangen nach Ankunft in einer erfüllten Gemein-Identität, also das Streben nach einem utopischen Endpunkt, muss auch das Konzept des Ursprungs zur Debatte stehen. Es geht um die Verwirklichung einer Vorstellung gemeinsamen Werdens, die um die eigene Fundamentlosigkeit weiß, also weiß, dass das Vertretene nicht vor seiner Vertretung existierte, dass Einheit und Identität weder gegenwärtig noch vertagt sind, dass sie stattdessen konstitutiv abwesend, aufgeschoben und beständig im Kommen bleiben werden. Um die Verbindung von Gemein-Diskurs und Nationalismus zu unterbrechen ist es im Rahmen einer antiessentialistischen Theorie notwendig, darauf zu insistieren, dass Gemein-Begriffe ihren Konstruktionsprozessen nicht vorausgehen. Doch das Problem der Gemeinschaft ist nicht nur durch die Rede von der „Erfindung der Nation“ zu lösen. Die historischen Dimensionen des Gemein-Diskurses zeigten, dass der Wille ein politisches Ordnungsmodell zu errichten, wiederholt mit politischem Determinismus einherging. Konstruktivismus allein bietet keine Handhabe gegen Nationalismus, Essentialismus und identitätspolitischen Gemeinschaftsenthusiasmus. Wenn das Wissen um die Möglichkeit das Politische gemeinsam zu gestalten, jedoch mit konkreter Praxis und einer Politik fernab der Spaltung in vorpolitische und politische Dimensionen einhergeht, kann er ein Ansatzpunkt für kritisches Denken sein. Die anstehende Diskussion impliziert zwei Ebenen: Die erste geht mit der Einschreibung des Gemein-Diskurses in eine Theorie des Politischen Imaginären (Castoriadis)[11] einher und insistiert darauf, Gemein-Konstruktionen im Modus der konstitutiven Verkennung[12] anzuvisieren. Darauf basierend kann in einem zweiten Schritt eine revolutionäre Realpolitik (Luxemburg)[13] vorangetrieben werden, die das Gemeinsame mit Negri/Hardt und Arendt nicht mehr am Modell der Identität, sondern am Konzept des Gemein-Eigentums, des gemeinsamen Handelns und an der Möglichkeit zu radikaler, im Sinne von umfassender und demokratischer Teilhabe orientiert. Als Politisches Imaginäres wird der Raum bezeichnet, in dem Gemein-Begriffe sich konstituieren, zur Wirkung gelangen, ihre Narrationen, ihre Selbst- und Fremdbilder und ihre Ein- und Ausschlussmechanismen justieren. Das Politische Imaginäre ist keine natürliche oder anthropologische Disposition des Menschen, es entspricht einer historisch-politischen, einer gewordenen Struktur von Identifizierung und Subjektivierung. Politisch-imaginäre Modi der Wahrnehmung strukturieren die Beschaffenheit der Gegenwart, da keine tiefere, ursprünglichere Ebene der Erkenntnis existiert. Die Krisenhaftigkeit, die den Identitätsdiskurs bestimmt und bedingt, dass Einheit, Selbsttransparenz und Geschlossenheit des Kollektivsubjekts beständig aufgeschoben bleiben, wird demzufolge als konstitutiv aufgefasst. Einheit und volle Identität, das, was scheinbar abhanden gekommen ist, wurde nie besessen, gleichwohl strukturiert der imaginäre Verlust die Ausgestaltung des Politischen in der Gegenwart. Das Politische Imaginäre ist also keine Einbildung oder falsches Bewusstsein, denn Gemein-Konstrukte haben durchaus reale und materielle Wirkungsmacht. Das begründet die These der konstitutiven Verkennung: Wie bei klassischen Verkennungstheorien wird zunächst ein verzerrtes, von Fetischisierung, Überdeterminierung und Naturalisierung geprägtes Bewusstsein diagnostiziert. Im Unterschied zur herkömmlichen Theorie der Verkennung, die durch (individuelle oder kollektive) rationale Erkenntnis in die Falschheit der Wahrnehmung beendet werden kann, ist das Problem im Fall der konstitutiven Verkennung komplexer. Verkannt wird keine richtige, (natürliche, nicht-entfremdete, rationale oder wahre) Realität, die Verkennung par excellence besteht nun in der folgenreichen Illusion, etwas Wahres und Unverkanntes, etwas ursprüngliches jenseits der Ebene politisch-imaginärer Konstruktionen überhaupt für möglich zu halten. Gemein-Begriffe sind also politisch-imaginär, das „falsche Bewusstsein“ besteht aber nicht darin, die falsche Form der Gemeinschaft als richtig zu begreifen, sondern darin, eine richtige, unverkannte, natürliche oder vorpolitische Form des Gemeinen überhaupt für möglich und der politischen Gegenwart entgegengesetzt anzusehen. So wenig wie das vermeintliche Naturverhältnis der Warenform einer menschlich-weltlichen Eigentlichkeit entspricht, tun es die romantischen Vorstellungen der Natur. Damit wendet sich die Theorie des Politischen Imaginären von der ideologiekritischen Tradition ab, die versuchte, den Fetisch, die Verkennung und die Überdetermination der Realität durch eine objektivere Dimension der Erkenntnis zu ersetzen. Doch die Theorie des Politischen Imaginären mündet nicht in einen unkritischen Euphemismus. Dass es keinen Ursprung jenseits des Politischen Imaginären gibt, impliziert nicht, dass die Art und Weise der gemeinsamen Gestaltung der Realität beliebig wäre. Obwohl das Neue ebenso konstruiert ist wie das Alte, kann für eine gerechte Assoziation freier und gleicher Menschen, gegen Ausbeutung, Unterdrückung und für eine Überwindung kapitalistischer Entfremdung gekämpft werden – doch nicht im Namen einer essentialistischen Finalität, in der Freiheit und eine Rousseauistische, nicht-entfremdete, natürlich-gemeinschaftliche Seinsweise verwirklicht wären. Eine solche Theorie drängt statt auf eine aufklärerische Kritik des falschen Bewusstseins darauf, Marx’ Begriff des Materialismus ernst zu nehmen: Menschen handeln und gestalten gemeinsam diese Welt. „Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.“[14] Weder ist es das individuelle, autonome Subjekt, das handelt, noch handeln Menschen unabhängig von ihrer Geschichte, von den machtgestützten und fetischisierenden Strukturen, die ihre Lebensbedingungen, ihre Subjektivierungspraktiken und die Wahrnehmung der Welt, in der sie leben, strukturieren. Aber sie haben Wirkungsmacht und können ihre Realität verändern. Mit dem Begriff des Politischen Imaginären wird vom Konzept einer übergeordneten Ebene der Anschauung abgerückt, ohne zu bestreiten, dass Ideologien, Überdeterminationen, Waren- oder Gemeinschaftsfetisch das Politische fundieren. Gemein-Begriffe sind materiell und politisch relevant, sie spiegeln Ideologien und Machtverhältnisse, sind daran beteiligt, sie hervorzubringen und zu garantieren und sie sind in konstitutiver Weise politisch-imaginär. Die Verknüpfung der Theorie des Politischen Imaginären mit Marx’ Materialismus unterstreicht die materielle Wirkungsmacht des Politischen Imaginären, verhindert eine subjektivistische Lesart und verbietet es die Frage des Imaginären auf ein idealistisches Problem zu reduzieren. Aus dieser Feststellung kann paradoxerweise eine hoffnungsvolle Konsequenz gezogenen werden: Eine andere Welt ist möglich! Der Gemein-Diskurs ist unabgeschlossen und wir haben bereits an dem kurzen historischen Einblick sehen können, dass seine Paradigmen und Imaginationen wandelbar sind. Das neoliberal-thatcheristische Diktum „There is no alternative“ wird an der Wirklichkeit blamiert. Wenn Menschen Neues in die Welt bringen und handeln können, gibt es eine Welt zu gewinnen und Gemeinsames jenseits von Nationalismus, Einheits- und Identitätsfetisch wird erreichbar. Dieses positive Diktum ist der Ausgangspunkt von Hannah Arendt. Ihre politische Handlungstheorie möchte ich als Modell für ein alternatives Denken des Gemeinsamen in die Pflicht nehmen und sie mit Aspekten des Konzepts der Multitude von Antonio Negri und Michael Hardt erweitern. Folgen soll der Ausblick auf eine Theorie des Gemeinsamen, die im Sinne einer revolutionären Realpolitik den überkommenen Dualismus von Reform und Revolution überwindet sowie Artikulationen und Praktiken gemeinsamen politischen Handelns ermöglicht, die inmitten gegenwärtiger Problemfelder situiert sind und im Gegensatz zu einer vorpolitisch-essentialistischen Fundierung der Gemeinschaft stehen Gemein-Eigentum, Multitude und „Acting in Concert“ Im Anschluss an Foucault sind Negri und Hardt bestrebt, mit ihrem Projekt der Multitude aktiv in Subjektivierungsprozesse einzugreifen. Sie wollen das Gemeinsame, das die global Unterdrückten vereint, produzieren und eine widerständige und zugleich wandlungsfähige Subjektivität der Menge hervorbringen. Die politische Analyse, die dem vorangeht, ist bekannt: Ausgangspunkt ist die These einer neuartigen globalen Form von Souveränität, dem Empire.[15] Dieses ist ausgezeichnet durch das Fehlen unmittelbarer Grenzziehungen. Es ist kein einzelner Staat, sondern eine umfassende Form globalisierter, kapitalistischer Herrschaft. Bei Negri und Hardt wird das Empire zu einem weltumspannenden, dynamischen und netzwerkartigen System, das konkrete Machtstrukturen und seine Herkunft verschleiert, sich als alternativlos darstellt und nicht auf Integration, sondern auf biopolitische Kontrolle sowie auf eine Fraktierung der Gesellschaft abzielt.[16] Ausgehend von der postoperaistischen These, dass die Kämpfe der Unterdrückten der Motor historischer Entwicklung sind,[17] sehen Negri und Hardt in der Multitude, der dem Empire entgegenstehenden Menge der Ausgebeuteten und Deplazierten, einen widerständigen Bereich innerhalb der neuen Souveränitätsform. Sie setzen auf die (biopolitisch) produktive Kraft des Gemeinsamen,[18] zielen aber nicht darauf, eine neue Identität zu erlangen: „Da die Menge sich weder durch Identität (wie das Volk) noch durch Uniformität (Masse) auszeichnet, muss die Multitude, angetrieben durch die Differenz, das Gemeinsame entdecken, das es erlaubt, miteinander in Beziehung zu treten und gemeinsam zu handeln. Das Gemeinsame, das Kommune, wird dabei allerdings weniger entdeckt, als vielmehr produziert.“[19] Negri und Hardt verweisen auf die gemeinsame Grundlage des alltäglichen, politischen und sozialen Lebens. Wir produzieren und kommunizieren, handeln, lieben, leben, denken und sprechen auf Grundlage von geteilten Sprachen, Codes, Gewohnheiten, Strukturen, Symbolen und Ideen. Ohne das unendliche Set an geteiltem Wissen, ohne die Berge von gemeinsamen Informationen und Praktiken, auf die wir tagtäglich zurückgreifen, käme unsere Welt zum Erliegen. Für Negri/Hardt stehen die Produktion von Subjektivität und die Produktion des Gemeinsamen in einer spiralförmigen Wechselbeziehung.[20] Sie heben die wirklichkeitsschaffende Macht der Multitude hervor und bezeichnen sie als „demokratische Potenz des Gemeinsamen“.[21] Die Vorstellung dieser gründenden Kraft und die Annahme, es sei Bedingung und Aufgabe demokratischer Politik, diese Potenz offen zu halten, verbindet sie mit Hannah Arendt. Auch für Arendt steht die Fähigkeit des Menschen zu handeln, konstruktiv und konstitutiv tätig zu sein, im Mittelpunkt. Der Tenor ihres Werkes lautet: Wir sind nicht verurteilt, zu akzeptieren, da wir handeln und neu beginnen können. Handeln gilt Arendt als speziell menschliche Tätigkeit, die auf das Gemeinsame hinweist.[22] Gemeinsam handelnd (acting in concert) gründen und erhalten Menschen Gemeinwesen, schaffen Kontinuität und Geschichte. Handeln sei eine originär politische Tätigkeit, die zwischen Menschen stattfindet und auf den Bereich des Öffentlichen verweist. Mit Aristoteles geht Arendt davon aus, dass Menschen nicht alleine, nur gemeinsam existieren (men not man). Doch sie zieht aus dieser Sozialität keine essentialistischen, metaphysischen oder naturalistischen Schlüsse, denn ihr Ausgangspunkt ist nicht die natürliche, sondern die künstlich-politische Gemeinschaft. Menschen müssen gemeinsam handeln und die Welt, in der sie leben, gestalten, weil es keinen vorgängigen oder präpolitischen Bereich der Gemeinschaft gibt. Da Arendt annimmt, Handeln gehe mit der Potenz einen Anfang zu machen einher und zugleich davon überzeugt ist, ein Einzelner könne keinen Neuanfang bewirken, wird die Pluralität zum Dreh- und Angelpunkt ihrer Handlungstheorie.[23] Arendt argumentiert nicht ausgehend vom Beschluss eines Subjekts, ein Ereignis zu produzieren. Sie kritisiert den Subjektzentrismus, den sie mit Descartes beginnen sieht und zu dem sie auch den Rousseauistischen Privatismus, die Romantik der Innerlichkeit und die damit einhergehende gemeinschaftsenthusiastische Kritik der modernen Gesellschaft zählt. Sie hätten dazu geführt, dass Menschen sich von der Welt abgewendet und in einen Bereich des vermeintlichen Inneren zurückgezogen hätten. Diesen Rückzug in die Innerlichkeit des Bewusstseins im Gefolge des Konzepts des modernen Individuums macht sie verantwortlich für eine umfassende Deformation des Politischen. Konformismus und Homogenisierung, nicht die Zunahme von (individueller) Freiheit und Selbstverwirklichung seien die Folge gewesen.[24] Die Moderne ist für Arendt geprägt von einer Abwertung des Politisch-Öffentlichen zugunsten des Ökonomisch-Privaten. Dem entgegen betont sie die Bedeutung des Öffentlichen für die Möglichkeit von Gestaltung, hebt die Künstlichkeit und den Konstruktionscharakter des Politischen hervor und stellt sie als Errungenschaften heraus. Bei Arendt kann sich das Politische auf keine vorhergehende Bedeutung oder eine natürliche Disposition zurückziehen. Diese Annahmen haben unmittelbare Konsequenzen für ihr Verständnis des Gemeinsamen: „A further consequence of Arendt’s stress on the artificiality of political life is evident in her rejection of all neo-romantic appeals to the “volk” and to ethnic identity as the basis for political community.“[25] Statt das Gemeinsame im Namen von Innerlichkeit, Wärme, Identität, Authentizität und im Rekurs auf einen (kollektiven oder individuellen) Subjektbegriff anzurufen, adressiert Arendt es in Begriffen von Freiheit, Neuanfang und Handeln.[26] Die Affirmation der Künstlichkeit des Politischen und die Betonung der konstitutiven Macht, die Menschen nicht dazu verurteilt, in einer vorgefertigten Welt zu leben, vereinen Arendt, Negri und Hardt und sie sind Dreh- und Angelpunkt eines neuen Begriffs des Gemeinsamen. Dennoch ist Arendt nur bedingt anschlussfähig: Problematisch ist ihr Versuch das Politische vom Ökonomischen, Privaten oder Sozialen zu scheiden und letztgenannten politische Produktivität abzusprechen. Ich schließe mich der Feststellung an,[27] dass eine solche Trennung nicht tragbar ist. Arendts Dichotomisierung begreift weder die Wechselwirkungen zwischen Staat, Ökonomie und Gesellschaft mit dem, was sie Soziales, bzw. Privates nennt, noch kann sie Probleme, die auf dieser Ebene verortet sind, erkennen. Sie lässt jede Sensibilität für soziale Gerechtigkeit vermissen und erkennt nicht, dass Politik und Ökonomie, Soziales, Öffentliches und Privates mit Macht und Herrschaft zusammenhängen. Ausgeblendet wird dadurch die produktive Kraft des Kapitalismus und die Erkenntnis, dass dessen Wirkungsweisen nicht vom Aufkommen der modernen Gesellschaft und dem bürgerlichen Subjektbegriff zu trennen sind. Schlussendlich ist Arendt blind für die politische Relevanz von Eigentums- und Produktionsverhältnissen. Negri und Hardt stellen sich der einfachen Opposition von Ökonomie/Privatheit Politik/Öffentlichkeit entgegen: „Heute geht es darum, eine Vorstellung von Produktion und Produktivität des Gemeinsamen zu entwickeln, die sich gleichermaßen vom Politischen auf das Ökonomische und auf alle Bereiche der Produktion ausdehnen lässt.“[28] Dieses Diktum muss als Ausgangspunkt für alternatives Denken sein, wenn Arendts Theorie des acting in concert adaptiert werden soll. Interessant an Arendt bleibt, dass sie für eine Politiktradition steht, in der die Öffentlichkeit der Ort von Politik ist. In der neoliberalen, postfordistischen Gesellschaft, in der jenes Öffentliche zunehmend verdrängt wird, macht es Sinn mit Arendt über Arendt hinaus zu denken. Der Rückzug des Politischen im neoliberalen Kapitalismus Der gegenwärtige Rückzug des Öffentlichen verweist auf einen tiefgreifenden gouvernementalitätsrelevanten Strukturwandel, dessen Grundtendenz Arendt mit ihrer These von der Verdrängung des Öffentlich-Politischen vorwegnahm: Ein Resultat des neoliberal-kapitalistischen Diktums des Marktes ist die Tendenz zur Privatisierung und Teilprivatisierung immer weiterer Sphären des Lebens und der öffentlichen Infrastruktur. Staatliches, bzw. kommunales Eigentum wird verkauft und zunehmend Einfluss und Kontrolle an private Unternehmen und Investoren abgegeben. Dass die öffentliche Infrastruktur an Kriterien des Marktes ausgerichtet wird, betrifft vorrangig die Güter der Daseinsvorsorge (Wohnen, Nahverkehr, Kultur, Gesundheit, Bildung), also Bereiche, die zuvor als Teil des Gemeinwohls rezipiert wurden. Zu beobachten ist ein Rückzug des Staates von bestimmten öffentlichen Aufgabenbereichen. Indem das vormals Öffentliche am „freien Markt“ ausgerichtet wird, werden Möglichkeiten demokratischer Kontrolle und staatlich-demokratisch-legitimierter Einflussnahme an private Investoren und Unternehmen abgegeben, so dass die Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur nicht nur mit einer Ökonomisierung und Privatisierung des Politischen einhergeht, sondern auch mit einer Ent-Demokratisierung der Gesellschaft. Es ist ein Perspektivwechsel, der sich vollzieht, wenn Städte ihren kommunalen Wohnungsbaubestand, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, öffentlichen (Naherholungs-)Raum, die Energieversorgung und den Nahverkehr an private Unternehmen verkaufen oder die Gesundheitsversorgung, Bildung, (Eisenbahn-)Verkehr oder die Altersvorsorge privatisiert wird. Denn es ist ein Unterschied, ob Wohnungsbauunternehmen, Krankenhäuser, Gefängnisse oder Universitäten mit öffentlichen Geldern haushalten, oder ob sie warenförmig und als Unternehmen organisiert werden, die Profit erwirtschaften sollen. Dieses roll out des Staates ist mit einer Neuausrichtung staatlicher Politik verbunden. Der Staat zieht sich nicht einfach zurück, staatlich-politisches Agieren selber wird an den Gesetzen des Marktes ausgerichtet. Eine Folge ist, dass Städte als Unternehmen betrachtet und der Logik eines Geschäftsbetriebes folgend regiert und organisiert werden. Das bringt eine Vernachlässigung unrentabler Teile und Klientel in der Stadt und einen Rückzug aus Bereichen, die vormalig als städtische Aufgaben im Sinne des Gemeinwohls galten, mit sich. Letztlich verstärkt diese Politik die Spaltung der Gesellschaft entlang von Herkunfts-, Klassen- und Einkommenslinien. Diese Spaltung überträgt sich wiederum auf die Teilhabe an dem, was als öffentliches und politisches Leben rezipiert wird.[29] Eine zweite Facette, durch die das neoliberale roll out des Staates scheinbar konterkariert wird, kann als roll back beschrieben werden. Der Staat zieht sich nicht einfach zurück, er agiert auf anderen Ebenen – ein Konzentrationspunkt ist der Bereich der Sicherheit.[30] Der politische Diskurs über globale und nationale Bedrohungen, über kriminelle, dekadente und arbeitsunwillige Arme bzw. MigrantInnen rückt ins Zentrum des politischen Interesses. Jenseits von realen Bedrohungsszenarien und sinkenden Verbrechensstatistiken steigt das subjektive Unsicherheitsempfinden, so dass die aktuellen Formen neoliberaler Gouvernementalität auch im Rahmen einer Regierungsrationalität durchgesetzt werden, die im Namen der Abwehr von Bedrohung argumentiert. Negri und Hardt bringen diese nur scheinbar paradoxe Spannung zwischen roll out und roll back auf den Punkt: „Im Bereich des Sozialen geht die Tendenz dahin, alles öffentlich zu machen und damit für die Überwachung und Kontrolle von Seiten der Regierung zu öffnen; im ökonomischen Bereich hingegen soll alles privat und dem Eigentumsrecht unterworfen werden.“[31] Sie fordern die scheinbare Opposition zwischen öffentlich und privat hinter sich zu lassen und drängen auf eine Politik des Gemeinsamen, die mit einer Vorstellung von Privatheit einhergeht, die die Singularität sozialer Subjektivitäten (nicht das Privateigentum) zum Ausdruck bringt, sowie eine Vorstellung vom Öffentlichem, die auf gemeinsamer Teilhabe, nicht auf staatlicher Kontrolle beruht. Im Hinblick auf das übergeordnete Thema dieses Beitrags bedeutet das, nicht nach der Identität des Gemeinsamen zu fragen, sondern explizit danach, wie sich das „Gemeinsame“ in unserer heutigen Welt politisch gestalten lässt. Dazu ist eine Kritik der fortschreitenden Kommodifizierung und der neoliberalen Logik der Privatisierung nötig, zugleich muss ein politisch relevantes Konzept des Gemeinsamen mit einem radikalen Begriff des Öffentlichen einhergehen. Nur so können wir dagegen arbeiten, dass das Immanenzverhältnis zwischen Öffentlichem und Gemeinschaftlichem durch die transzendentale Macht des Privateigentums ersetzt wird. Die Konsequenzen einer solchen Analyse wären gravierend: Es hieße, den Rückzug des Staates vom „Gemeinwohl“ bzw. den Einfluss privater InvestorInnen auf vormals (zumindest indirekt) demokratisch kontrollierte und gemeinsam besessene Bereiche als fundamentale Enteignung zu begreifen. Es würde bedeuten, auch die Wirtschaft als Bereich aufzufassen, dessen Gesetze gemeinsam und demokratisch gestaltet werden müssen[32] und die Welt in der wir leben, buchstäblich als Gemeinsame aufzufassen und daraus politische Forderungen abzuleiten. Das impliziert die Forderung nach gemeinschaftlich-demokratisch-öffentlicher Kontrolle, nicht aber den Wunsch nach einer Rückkehr des Staates. Vorstellungen des Gemeinsamen, die an Teilhabe und gemeinsamem Eigentum ausgerichtet sind, zielen weniger auf Verstaatlichung, als auf Formen von Vergesellschaftung. Ziel eines solchen Handelns wäre es, dem Öffentlichen einen Rahmen zu geben, der eine kollektive Verwaltung der gemeinsam bewohnten Sphären, der Güter und Dienstleistungen überhaupt erst ermöglicht. Daher ist der Begriff des Gemeinsamen untrennbar mit der Forderung nach einer Politisierung der Gesellschaft verbunden, die sich konkret als Forderung nach Demokratisierung in den öffentlichen Diskurs einschreibt. Vor diesem Hintergrund drängt der Begriff des Demokratischen auf Strukturveränderungen. Demokratisierung schließt dann umfassende Konzepte von Gestaltungsmacht und Teilhabe ein, die formüberwindende Konsequenzen implizieren. Hinsichtlich der Frage des Gemeinsamen geht es um mehr als um die Wahl zwischen feststehenden Alternativen. Im Kontext der Theorie des Politischen Imaginären hieße das, in einer Weise zu handeln und konstruktiv tätig zu werden, in der die Frage nach dem Gemeinsamen von ihrer Orientierung auf Identität, Einheit, Natürlichkeit, Brüderlichkeit oder Abstammung gelöst wird und stattdessen mit dem Begriff des gemeinsamen Eigentums kurzgeschlossen wird.[33] Dieser kann – ohne auf neue politische Eigentlichkeiten zu verweisen - im Zusammenhang mit einer revolutionären Realpolitik transformatorische Perspektiven implizieren, die auf eine Überwindung von kapitalistischen Eigentums- und Produktionsverhältnissen und auch auf eine Dekonstruktion des Warenfetischs hindeuten. Der Gemein-Diskurs wird aus seiner vorpolitischen Fundierung gelöst und der Begriff des Gemeinsamen mit der Orientierung am Gemein-Eigentum an demokratietheoretische und realpolitische Fragen gekoppelt. Anders als herkömmliche Diskurse um den Begriff der Gemeinschaft zielt das Gemeinsame weder auf einen nationalstaatlichen Rahmen, auf kulturelle, sprachliche oder ethnische Gemeinsamkeiten, auf Erbauung, Erhebung oder Sublimierung, sondern auf die gemeinsame Gestaltung und Verbesserung der Lebensbedingungen. Rosa Luxemburgs Begriff der revolutionären Realpolitik rückt ins Zentrum der strategischen Ausrichtung einer Politik des Gemeinsamen. Er beschreibt das Verhältnis von Gemeinsamem und Politischem: Eine Theorie des Gemeinsamen, die an der wirklichkeitsschaffenden Kraft gemeinsamen Handelns orientiert ist und mit der Forderung nach einem radikalen Denken des Öffentlichen, nach Politisierung und Demokratisierung kurzgeschlossen wird, muss nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch die Ebene des Vorpolitischen überschreiten. Politisches Handeln im Namen des Gemeinsamen kann kleinteilige, umsetzbare und „realpolitische“ Forderungen mit der Perspektive auf weitergehende Veränderungen verbinden. Eine solche Politikform verabschiedet sich von der Vorstellung eines einfachen revolutionären Umschlagpunktes, nicht aber von der Idee eines grundlegenden Strukturwandels der Gesellschaft. „Emanzipation“ wird zu einem unabschließbaren Prozess, der sich in konkreten politischen Artikulationen manifestiert. Kämpfe wie die um Re-Kommunalisierung sind ein Beispiel dafür, wie zwischen Reform und Revolution, zwischen Protest und Gestaltung vermittelt werden kann. Sie induzieren nachhaltige Verschiebungen von Machtverhältnissen und ermöglichen Neugewichtungen. Ihre Kraft liegt darin, mit Teilbestrebungen und Einstiegsprojekten über den Rahmen der bestehenden Ordnung hinauszuweisen. Im Rahmen einer solchen Strategie ginge es um eine Demokratisierung, die darauf ausgerichtet wäre, alle relevanten Bereiche der Gesellschaft, also alle politischen Institutionen und auch alle Bereich der politischen Ökonomie zur Abstimmung zu stellen. Im Angesicht der Geschichte des Gemein-Diskurses sowie im Kontext der voranschreitenden Ökonomisierung des Politischen und der Offensichtlichkeit der Ungleichheiten in dieser Welt ist eine im originären Sinne des Wortes emanzipatorische Politik des Gemeinsamen dazu verpflichtet, statt von Einheit und kollektiver Identität von globaler Gerechtigkeit zu sprechen. Ein politischer Begriff des Gemeinsamen muss auf den Zugewinn von Freiheit und Handlungsfähigkeit derjenigen zielen, die keinen Anteil am Gemeinsamen haben.[34] Mit Derrida bleibt kurz vor Schluss zu sagen: Man muss „es herausschreien: Noch nie in der Geschichte der Erde und der Menschheit haben Gewalt, Ungleichheit, Ausschluss, Hunger und damit wirtschaftliche Unterdrückung so viele menschliche Wesen betroffen. Anstatt in der Euphorie das Endes der Geschichte die Ankunft des Ideals der liberalen Demokratie und des kapitalistischen Marktes zu besingen, anstatt das „Ende der Ideologien“ und des Ende der großen emanzipatorischen Diskurse zu feiern, sollten wir niemals diese makroskopische Evidenz vernachlässigen [...]: Kein Fortschritt der Welt erlaubt es, zu ignorieren, dass in absoluten Zahlen noch nie, niemals zuvor auf der Erde so viele Männer, Frauen und Kinder unterjocht, ausgehungert oder ausgelöscht wurden.“ [35] Diese Feststellung ist und bleibt Motivation für politisches Handeln und für eine Praxis des Gemeinsamen. Über eine ethisch-moralische Empörung hinaus konfrontiert sie den politischen Diskurs in der Linken wieder und wieder mit der Notwendigkeit und der Aktualität einer umfassenden und denaturalisierenden Kapitalismuskritik. email: j.spitta@fu-berlin.de Literatur: Arendt, Hannah: Freiheit und Politik. In: dieselbe: Zwischen Vergangenheit und Zukunft, München 2000. S. 201 – 226. Arendt, Hannah: Men in dark times, New York 1968. Arendt, Hannah: The Human Condition, Chicago 1959. Arendt, Hannah: Über die Revolution, Gütersloh/München 1965. Arendt, Hannah: Vita Activa oder Vom Tätigen Leben, München 2008. Benhabib, Seyla: Hannah Arendt die melancholische Denkerin der Moderne, Hamburg 1998. Castoriadis, Cornelius: Gesellschaft als imaginäre Institution, Frankfurt Main 1990. D’Entreèves, Maurizio Passerin: The political philosophy of Hannah Arendt, London/New York 1994. Demirovic, Alex: Demokratie in der Wirtschaft. Positionen – Probleme – Perspektiven, Münster 2007. Dietz, Mary G: Hannah Arendt and Feminist Politics. In: Hinchman, Lewis P and Sandra: Hannah Arendt - critical essays, New York 1994 S. 231- 260. Hardt, Michael/Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung, Frankfurt Main 2002. Hardt, Michael/Negri, Antonio: Multitude. Krieg und Demokratie im Empire, Frankfurt/New York 2004. Hardt, Michael/Negri, Antonio: Commonwealth, Cambridge 2009. 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Gemeinschaft ist wie Gesellschaft, Volk, Nation, (National-)Staat, Rasse und auch Klasse eine Möglichkeit, Verbindlichkeit im Themenfeld politischer Kollektivität zu benennen. [4] Vgl. u.a. die Kampagne „Boateng umhauen! 82 Millionen gegen Kevin“ nach dem Foul am Fußballspieler Michael Ballack oder die kollektiv-nationalistischen Stigmatisierungen der GriechInnen im Zuge der Euro-Krise. [5] Begrifflich ist diese Entgegensetzung ein Produkt des Soziologen Ferdinand Tönnies. Theoretisch wurde sie sowohl von den Neuen Romantikern, der Jugendbewegung als auch von den Rassentheorien und den Nationalsozialisten verwendet. Der sozialdemokratische, marxistisch geschulte Tönnies begünstigte eine derartige Rezeptionsgeschichte durch undifferenzierte Naturalisierungen, begriff sie jedoch als Enteignung und verwehrte sich gegen die Einbindung seiner Schriften in einen rechtsnationalen und nazistischen Kontext. [6] So ergibt es keinen Sinn, die community der society oder die commauté der société entgegenzustellen. Dasselbe gilt für andere europäische Sprachen. [7] Versuche den Fallstricken des Gemein-Diskurses durch ein Ethos der Gesellschaft (Plessner, Habermas) zu entkommen scheiterten, da sie in hierarchisch-dichotomen Argumentationsmustern verblieben und lediglich Primär- und Sekundärbegriff gegeneinander ausspielten. [8] Vgl. Lefort 1999. [9] Vgl. u.a. Lacoue-Labarthe/Nancy 1997. [10] Die Unterscheidung stammt von Meinecke 1915. Jürgen Habermas lieferte mit dem Verfassungspatriotismus den einzigen populären Gegenentwurf. Sein Konzept ist ob seines Ethos der Gesellschaft, durch seine Nähe zu Regierungsrationalitäten, Staatspositivismus und nicht zuletzt durch seinen unkritischen Bezug auf die Möglichkeit, sich als Kollektiv positiv identifizieren zu können, dennoch kein Alternativmodell. [11] Vgl. Castoriadis 1990. [12] Vgl. Lacan 1991, Laclau 2002. [13] Vgl. Luxemburg 1996:114. [14] Marx 1988:115. [15] In Empire setzen Negri und Hardt diese neue Souveränität der nationalstaatlichen Ordnung entgegen und erklären, das Empire hätte die Nationalstaaten abgelöst. (Hardt/Negri 2002:10) Im letzten Buch der Reihe, Commonwealth, weichen sie diese These auf und sprechen davon, dass kein Widerspruch zwischen der Herrschaft des Empire und dem Fortbestand der nationalstaatlichen Logik bestünde. Sie erkennen, dass De- und Re-Nationalisierung sich nicht ausschließen und der Nationalstaat sich durch die Prozesse der Globalisierung verändert, nicht aber auflöst oder seine Bedeutung einbüßt. (Hardt/Negri 2009:184) [16] Vgl. Hardt/Negri 2002:349f. [17] Durch die Ausdifferenzierung des Begriffs der immateriellen Arbeit und der Theorie des kognitiven Kapitalismus wurde die postoperaistische Sichtweise erweitert. Es sind nicht mehr nur die Kämpfe, sondern auch der objektive Charakter der immateriellen Arbeit, der das Kapital in die Defensive drängt. Für diesen Hinweis danke ich Karl Reitter. [18] Die Dimension der biopolitischen Produktivität ist bei Negri/Hardt zentral. Sie kann hier jedoch aus Gründen des Umfangs nicht weiter ausgeführt werden. [19] Hardt/Negri 2004:11. [20] Hardt/Negri 2004:223. [21] Negri 2004:19f. [22] Arendt 1959:23. [23] Vgl. Arendt 2008. [24] Vgl. Arendt 2008:364, 373, Arendt kritisiert „Sie [die gebildeten Bürger] flüchteten in die neue Innerlichkeit des Bewusstseins als der einzig angemessenen Domäne menschlicher Freiheit. Vor dem Druck der Gesellschaft, die ihrem Wesen nach konformistisch ist, wichen sie in ein Innenleben aus, das sie um so reicher und individualistischer gestalten konnten, als es überhaupt keine Folgen hatte oder haben wollte.“ Vgl. Arendt 1965:202. Hervorhebungen im Original. [25] D’Entrèves 1994:145. [26] Vgl. Arendt 1968:13f: [27] Zur Kritik vgl. u.a. Benhabib 1998. D’Entrèves 1994. Dietz 1994. Hardt/Negri 2004. Marchart 2005. [28] Hardt/ Negri 2004:224. [29] Zu Auswirkungen der neoliberalen Politik auf die Städte, vgl. Häusermann, Läpple 2008:279. [30] Obgleich auch im Bereich der Sicherheit die Logik der Privatisierung eine wichtige Rolle spielt. Vgl. die zunehmende Bedeutung von privaten Sicherheitsdiensten in Kriegsgebieten, aber auch die mit der Privatisierung des öffentlichen Raums einhergehenden Ausschlüsse von nicht-kaufkräftigen Teilen der Bevölkerung aus innerstädtischen Erlebniswelten. [31] Hardt/ Negri 2004:229. [32] Vgl. Demirovic 2007 [33] „By the common we mean first of all, the common wealth of the material world.” Hardt/Negri 2009:X. [34] Das ist ein Grund für die Orientierung an den Kämpfen um Commons, Almende und Gemein-Eigentum. Diese werden heute vielfach in den Ländern des globalen Südens geführt und haben dort konkrete politische Relevanz. [35] Derrida 2004:121. |
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