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Editorial Fertig ist er, der zweite Teil unseres Schwerpunktes zu Geschlechterverhältnissen und gesellschaftlicher Arbeitsteilung. Lisa Haller und Silke Chorus gehen regulationstheoretisch bewaffnet auf die Suche nach einer feministischen Kritik der politischen Ökonomie, die Frauen der Precarias a la deriva aus Madrid stellen sich unter anderem die Frage „Was ist ein Streik?“ und zeichnen ihre methodischen Zugänge ebenso wie die Praxis des Derive, ihre Form der militanten Untersuchung gegenwärtiger Arbeits- und Lebensverhältnisse nach. Der Text von Luzenir Caixeta wiederum ist gleichermaßen Darstellung der und Reflexion über die Aktivitäten der autonomen Linzer Migrantinnenorganisation maiz. Abgerundet wird der Schwerpunkt ganz am Ende des Hefts mit einer Buchbesprechung von Minimol zu „Aufbruch der zweiten Generation“, in dem die Neuzusammensetzung der chinesischen ArbeiterInnenklasse anhand von Wanderarbeiterinnen analysiert wird....weiter Call for Papers – grundrisse # 39: Wissenschaftskritik im Postfordismus Im Gefolge von 1968 wurde der Kritik der Sozialwissenschaften ein besonders hoher Stellenwert beigemessen. Unzählige Publikationen zur Kritik der Universität bzw. des universitären Wissens waren die Folge, die Rolle der staatlich-kapitalistischen Institutionen der Produktion und Distribution von Wissen(schaft) im Rahmen kapitalistischer Arbeitsteilung wurden eindringlich beleuchtet, ebenso die Rolle der StudentInnen als künftige AgentInnen der Herrschaft des Kapitals über die ArbeiterInnenklasse. Fazit: All dies sollte sich grundlegend ändern, und zwar untrennbar verbunden mit einer Veränderung des Kapitalismus in seiner Totalität. Heute hat nur noch wenig von dieser Kritik überlebt. Die Veränderung des Kapitalismus hin zum Postfordismus und die damit einhergehende Neoliberalisierung der Bildungspolitik haben zwar die Parameter der Wissenschaftskritik verschoben, die Notwendigkeit ihrer – theoretischen wie praktischen – Durchführung erscheint uns jedoch nach wie vor gegeben....weiter
Martin Glasenapp: Wir sind auf dem Weg
in ein neues Zeitalter Interview mit Fawwas Traboulsi. Fawwas Traboulsi gilt als eine linke Legende im Libanon und kann auf mehr als vier Jahrzehnte politischen Aktivismus zurückblicken. Er war Mitbegründer der Organisation Libanesischer Sozialisten, die 1969 den nationalen Revisionismus der traditionellen libanesischen KP kritisierte und für eine internationalistische Neuorientierung gemeinsam mit der palästinensischen Bewegung eintrat. Zusammen mit anderen studentischen Linken gründete er 1971, inspiriert durch den Pariser Mai 1968, die Organisation Kommunistische Aktion Libanon (CAOL), die bis in die Zeit des libanesischen Bürgerkriegs aktiv war. Seit 1997 ist Traboulsi Professor für Geschichte und Politik an der Lebanese American University in Beirut. ...weiter Leo Kühberger: Car(e) Workers. Große Krise und (noch) kleine Kämpfe in der Steiermark Lange Zeit war es ruhig hinter dem Semmering. Krise hin oder her, an der „Kernölrepublik“ schien das alles vorüberzugehen, auch wenn uns am „Höhepunkt der Krise“ die erschütternde Nachricht ereilte, dass nur 5 von 26 Kernölen wirklich steirisch sind, und der Rest aus chinesischen Kürbiskernen gepresst wird. Doch nicht mal davon ließ sich Franz Voves, Landeshauptmann aus den Reihen der SPÖ und Sohn eines kommunistischen Puch-Betriebsrats, beirren und er wurde nicht müde zu betonen, dass die Steiermark die Krise gut gemeistert hat! Das Hauptargument dafür ist, dass die Zahl der Erwerbslosen – zumindest laut offiziellen Angaben – nur geringfügig gestiegen ist....weiter
Lisa
Haller & Silke Chorus: Die Regulation geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung Mit der Ausbreitung von Lohnarbeit wurden in der sich formierenden kapitalistischen Ökonomie verschiedene Formen der Arbeitsteilung institutionalisiert, die seither in einem wechselseitigen Austauschverhältnis stehen. Diese arbeitsteiligen Austauschverhältnisse befinden sich in Folge ihrer reziproken Einflussnahme in andauernden Transformationsprozessen, die - so unsere These - maßgeblich durch die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und deren Organisation im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung vorangetrieben werden. ...weiter
Frauen der Precarias
a la deriva: Fragen, Illusionen, Schwärme, Meuten und Wüsten Übersetzt von Birgit Mennel Der hier vorliegende Text der Precarias a la deriva versteht sich einerseits als Dokumentation dessen, was sich mit dem Namen der Precarias a la deriva und mit dem Prozess der Findung und Erfindung dieses Namens verbindet, andererseits aber auch als Dokumentation einer Suchbewegung nach Begriffen, die über diesen Namen hinausgreifen mögen – und zwar nicht einfach als theoretisch brauchbarer Begriffsbestand, sondern als aktualisierbare Möglichkeit einer bestimmten Praxis, einer militanten politischen Ethik....weiter
Luzenir
Caixeta: „Wir sind prekär aber revolutionär!“ Mit dem Jingle „Wir sind prekär aber revolutionär!“ stellt maiz seit Jahren, am alternativen 1. Mai und bei anderen Aktionen, die Prekarisierung und gleichzeitig auch die Macht der Migrantinnen dar. Die Rolle und die Anzahl von Migrantinnen im prekarisierten Bereich der Care-Dienstleistungssektoren nehmen rasant zu. Bestehende Arbeitsverhältnisse sind dabei überwiegend im Kontinuum „Sex – Fürsorge – Pflegearbeit“ angesiedelt, sei es als Sexarbeiterinnen, als bezahlte Hausarbeiterinnen, als Kranken- und Altenpflegerinnen oder als Kinderbetreuerinnen u.a.. Dies ist Resultat sowohl diskursiver als auch rechtlicher und wirtschaftlicher Faktoren. Auch wenn es widersprüchlich klingt, behaupte ich im ersten Teil dieses Beitrags, dass die Frauenmigration in den letzten Jahrzehnten sowie die Anwesenheit von Migrantinnen im prekarisierten Care-Bereich in der sogenannten reichen Welt als latente gegenhegemoniale Widerständigkeit wahrzunehmen ist....weiter
Peter Birke: Auf der
Reise durchs Immaterielle. Inmitten des Strudels, durch den die LeserInnen am Ende der Trilogie von Negri und Hardt zu rudern gezwungen sind, wird „ein Mann namens Mohammed“ vorgestellt, der in Monrovia / Liberia „über mehrere tausend Männer verfügt haben soll“, die er für „eine Vielzahl unterschiedlicher informeller Jobs beliebig einsetzen kann“: „An einem Tag schickt er die Leute in eine illegale Diamantenmine im Südosten Liberias, am nächsten Tag entsendet er Arbeiter für eine Kautschukplantage in einen anderen Teil des Landes; es ist auch kein Problem, zweitausend Männer irgendwo aufmarschieren zu lassen, damit sie als ehemalige Kämpfer für ein Entwaffnungs- und Wiedereingliederungsprogramm der Vereinten Nationen auftreten […] und natürlich stehen die Männer auch für militärische Operationen zur Verfügung“ (S. 159 f.)...weiter
Roland Atzmüller:
Die Krise lernen –
Die Uniproteste des Jahres 2009 haben ihre Ursachen nicht allein in der spezifischen Situation an den Universitäten, die nach den Zielen und Kriterien des Bolognaprozesses reformiert werden. Vielmehr haben sie einmal mehr gezeigt, dass die Bildungssysteme im Zentrum der sozialen Kämpfe um die Bewältigung der fundamentalen Instabilität und Krisenanfälligkeit des postfordistischen Akkumulationsregimes (Jessop 2002; Hirsch 2005) und der damit verbundenen Krise des Wohlfahrtsstaates stehen. Aufgrund der fortschreitenden Erosion des fordistischen Normalarbeitsverhältnisses (unbefristet, sozialversicherungspflichtig und arbeitsrechtlich geregelt) und der historisch damit artikulierten Formen der Reproduktion der Ware Arbeitskraft werden nämlich die Konstitutionsprozesse des Arbeitsvermögens in den verschiedenen Bildungs- und Sozialisationsinstanzen der Gesellschaft zum zentralen Feld der sozialen Auseinandersetzungen....weiter
Andreas Exner: Kämpfe um Land Wer erinnert sich noch an die gute alte Zeit der hohen und sicheren wirtschaftlichen Wachstumsraten, eines beständigen Ausbaus von Sozialleistungen, des freien Hochschulzugangs? Wer hat noch die Zeit im Gedächtnis, als man sich um einen Arbeitsplatz keine Sorgen machen musste, und wenn man doch keinen hatte, so jedenfalls nicht wegen des Arbeitsamts. „Stempeln gehen“, das war nicht mehr als ein kurzer Besuch ohne Folgen....weiter
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