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Inhalt der Nr. 29 der grundrisse     

Editorial

Vorweg müssen wir uns für einen Layout Fehler in der Nummer 28 entschuldigen. Im Artikel „Finanzkrise: Chronologie, Ursachen und wirtschaftspolitische Reaktionen“ von Engelbert Stockhammer fehlten in der Printausgabe irrtümlich die letzten beiden Schlusssätze. Diese seien hiermit nachgeholt: „Lohnzurückhaltung darf nicht Teil dieser Nachfragepolitik sein. Eine (weiterhin) sinkende Lohnquote dämpft die Nachfrage und würde deflationären Tendenzen Vorschub leisten.“

In der vorliegenden Nummer schreibt Robert Foltin in „Wir sind die Krise des Kapitalismus“ über den Zusammenhang zwischen Produktion und Reproduktion, die sozialen Bewegungen und die Entwicklung der Krise. Der Titel ist übrigens von John Holloway entwendet, der eine ähnliche Perspektive über eine „andere Politik der Wut der Würde“ bietet. Eine andere Sichtweise entwirft Slave Cubela in „Krise und sozialer Kampf“, indem er davon ausgeht, dass die Klasse alleine durch die Verrichtung ihrer Arbeit objektiv die Krise produzieren muss. In allen diesen Beiträgen wird die Krise jedoch als Chance für eine revolutionäre Entwicklung gesehen....weiter

Robert Foltin: Wir sind die Krise des Kapitalismus, oder:

DIE Welt steht auf kein Fall mehr lang. (Nestroy)

„Proletarische Revolutionen dagegen, wie die des neunzehnten Jahrhunderts, kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eignen Lauf, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen, verhöhnen grausam-gründlich die Halbheiten, Schwächen und Erbärmlichkeiten ihrer ersten Versuche, scheinen ihren Gegner nur niederzuwerfen, damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber wieder aufrichte, schrecken stets von neuem zurück vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eigenen Zwecke, bis die Situation geschaffen ist, die jede Umkehr unmöglich macht, und die Verhältnisse selbst rufen: Hic Rhodus, hic salta! Hier ist die Rose, hier tanze!“

(Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte)

Aus der Krise der 1960er und 1970er flüchtete das Kapital in neue Produktionen vor allem im globalen Süden und in eine massive Zunahme von Konsum und Dienstleistungen im Norden. Verbunden wurde dieses Ungleichgewicht durch den sich ausdehnenden Finanzsektor. Aufgebaut als Antwort auf eine Krise, ist diese Konstruktion jetzt zusammengebrochen. ...weiter

John Holloway: Die andere Politik, die Politik der Wut der Würde
Übersetzt von Lars Stubbe

Wut, Wut, Wut. Wut, wie die der jungen Menschen in Griechenland in den letzten Wochen. Wut über Polizeigewalt, Wut über niedrige Löhne und Mangel an Chancen.

Wut heute über das Massaker der israelischen Armee an den Palästinensern im Gazastreifen. Wut über die fünf Jahre Ermordung und Zerstörung im Irak. Wut, Wut hier, jeden Tag. Wut über die Repression in Atenco und die 112 Jahre Gefängnis für Ignacio del Valle[3]. Wut über die Vergewaltigung von Genossinnen, die für ein Leben der Würde kämpfen. Wut über die alltägliche Gewalt der Polizei. Wut über die Zerstörung der Wälder. Wut über den Rassismus, Wut über die obszöne Kluft zwischen den Einkommen der Reichen und dem Elend der Armen, Wut über die Arroganz der Mächtigen. Wut, weil sie ein schönes Land in ein verfaulendes Land verwandeln, ein Land, in dem man mit Angst lebt....weiter

Karl Reitter: Argumentationsstrukturen und Begründungsfiguren um den Krieg gegen Gaza

Dieser Text stellt sich nicht zur Aufgabe, die historischen und aktuellen Ereignisse rund um den Krieg gegen die BewohnerInnen in Gaza zu analysieren und zu kommentieren. Für diese Aufgabe gibt es Kompetentere als den Verfasser; ich verweise gerne auf die Analysen von John Bunzl[1] oder Uri Avnery[2]. Diese Texte zeigen klar, dass der Krieg der Israelischen Militärmaschine eindeutig zu verurteilen ist. Dieser Artikel setzt sich hingegen mit Argumenten der falschen Freunde Israels auseinander. Warum sie als „falsch“ bezeichnet werden können, sollte im Laufe des Textes klar werden. Methodisch möchte dieser Artikel einige zentrale Argumentationsfiguren auf ihre logische Struktur hin untersuchen, sozusagen das Skelett jener Argumente aufzeigen, die manchem und mancher als all zu einsichtig erscheinen. Diese Figuren erscheinen durchaus in verschiedenen Gewändern, in Postings und Kommentaren oft abgespeckt und karg, in Essays und Buchbeiträgen ausgeschmückt und überladen, in Erklärungen und Aufrufen haben sie oft ein wenig von beidem. Solange diese Figuren jedoch nicht als solche freigelegt werden, muss sich die Debatte endlos im Kreise drehen. Anzumerken wäre noch, dass diese Denkfiguren keineswegs spezifisch für den angesprochenen Diskurs sind, im Gegenteil, die Muster sind allgegenwärtig und in der einen oder anderen Variante in vielen öffentlich geführten Debatten zu finden. Allerdings sollten sie reflektiert und nach Möglichkeit überwunden werden....weiter

Georg Gangl: Space, Place and Gender –
Raum als soziale Kategorie. Ein Überblick

Raum wird gemacht und ändert sich zum Teil rasant. Was an einem Tag noch die Prunkstraße des imperialen Wien war, kann am nächsten schon als Fanmeile ganz anderen Zwecken dienen – dem Konsum und der Beschwipsung an Trank und Nation. Was da diesen Sommer im Herzen Wiens, namentlich die Fußball-Europameisterschaft, von Statten ging, war eine der üblichen Raumnahmen im Kapitalismus. Was zuvor als öffentlich galt und allen Zutritt versprach, wird nun mit bewachten Eintrittsschleusen versehen, und schon hat sich der Charakter der Straße geändert: die Blechlawinen rollen jetzt anderswo, dafür darf auf der „Fanmeile“ konsumiert werden – vorausgesetzt, das eigene Geldsäckle lässt ein solches auch zu....weiter

Torsten Bewernitz: Das Sein verstimmt das Bewusstsein

Um kaum einen Begriff ranken so viele linke Mythen wie um den des Bewusstseins. Ob Parteien, Gewerkschaften, NGOs (Nichtregierungsorganisationen) oder Autonome – unisono heißt es, um die Welt zu verändern, sei ein Bewusstsein der Verhältnisse notwendig.

Insbesondere unter Studierenden und Intellektuellen dominiert daher ein Verständnis von Bewusstsein, nach dem dieses durch Lesen und Lernen zu erwerben sei. Die Folge sind Seminare, Bücher, Abendveranstaltungen oder Beiträge wie dieser (wobei dieser, um es vorweg zu sagen, nicht Bewusstsein schaffen will, sonder in der Tat belehren). DozentInnen, AutorInnen und ReferentInnen fühlen sich folglich als VermittlerInnen dieses Bewusstseins. Sie haben sich ausführlich mit einem Thema beschäftigt, gelten als ExpertInnen für einen bestimmten Bereich und vermitteln dieses weiter. Dieses Verständnis von ‚Bewusstsein’ definiert den Begriff als ‚politisch’. Unter den Tisch fällt das ökonomische Bewusstsein über die eigene Klassenlage. Das politische Bewusstsein kann sich als durchaus fatal erweisen, es muss keineswegs in ein Engagement führen, sondern es kann auch ein Bewusstsein sein, dass Neoliberalismus fördert oder sich als ‚nationales Bewusstsein’ artikuliert....weiter

Dieter A. Behr: mehr fragen
Rezensionsessay zu Gerhard Hanlosers Rezension von Bini Adamczaks „gestern morgen“

Gerhard Hanloser hat in der letzten Ausgabe der grundrisse Bini Adamczaks  „gestern morgen – über die einsamkeit kommunistischer gespenster und die rekonstruktion der zukunft“ rezensiert. Dieser Rezension mit vorliegendem Rezensionsessay zu entgegnen, hat mindestens zwei Gründe: Erstens, da das rezensierte Buch bemerkenswert ist und eine weitere, eine andere Betrachtung darüber so oder so nicht schaden kann. Zweitens, weil sich anhand der Kritik an vorangegangener Rezension einiges diskutieren lässt, was sich in den grundrissen – wiederum so oder so – ohnehin lohnt, zu diskutieren. Ein guter Anlass also, sich die Inhalte von Adamczaks' Buch in Erinnerung zu rufen...weiter.

Detlef Georgia Schulze:  Von der Ausschließung zum Klassenkampf?

Wie können wir zumindest einen Teil der Auswirkungen der neoliberalen Umstrukturierung von Sozialstaat und Ökonomie auf den Begriff bringen, und was lässt sich dagegen vielleicht sogar tun? Mit der ersten Frage, deren Beantwortung auch die Beantwortung der zweiten Frage zumindest erleichtern dürfte, beschäftigte sich kürzlich das Internationale Forschungszentrum Kulturwissenschaft in Wien. Geladen waren Heinz Bude, Prof. für Makrosoziologie an der Universität Kassel, die promovierte Sozialethikerin Michaela Moser von der österreichischen Armutskonferenz und dem European Anti-Poverty Network, der emeritierte Kriminalsoziologe Heinz Steinert (Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main) sowie Prof. Hilde Weiss vom Institut für Soziologie der Universität Wien. Bei der Tagung sollte es „um die Lage jener Bevölkerungsgruppen, die mit unscharfen Begriffen wie ‚Prekariat’, ‚Unterschicht’ oder ‚ModernisierungsverliererInnen’ bezeichnet werden“ gehen...weiter

Slave Cubela: Krise und sozialer Kampf -
Über ein kompliziertes Verhältnis aus aktuellem Anlass

Es ist noch nicht lange her, dass man in linken politischen Kreisen mit der Andeutung, dass eine schwere globale Wirtschaftskrise in naher Zukunft zu erwarten sei, kaum Gehör fand. Üblicher waren da abrupte Gegenreaktionen wie der Verweis darauf, dass solche Krisenprognostik mit Blick auf die Entwicklung des Kapitalismus längst überholt sei oder aber die Frage, welche Bedeutung denn eine solche Krise, wenn sie denn einträfe, für eine links-emanzipatorische Praxis überhaupt habe....weiter.

phpMyVisites : Ein Open Source-Website-Statistikprogramm in PHP/MySQL veröffentlicht unter der GNU/GPL. Statistics

 
ISSN 1814-3164 
Key title: Grundrisse (Wien, Online)

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