|
Liebe Leserinnen und Leser! diese Ausgabe besitzt ausnahmsweise keinen Schwerpunkt sondern es erwartet euch ein bunter Reigen von Artikeln zu den unterschiedlichsten Themen: von der un-amerikanischen Occupy Bewegung über das Verhältnis des Marxschen Denkens zur Ethik des Spinoza, die ambivalente Rolle neuer kreativer Schichten für die Umgestaltung der Städte und Reflexionen über Rolle und Bedeutung Chinas bis zur Märzrevolution 1920 in Deutschland sowie der Frage des Klassenbewusstseins reicht der Bogen. Ein Rezensionsessay zum soeben auf Deutsch erschienen Hauptwerk von Harry Cleaver sowie zwei Buchbesprechungen beschießen diese Ausgabe. Die Vielfalt der Themen lässt hoffen, dass zumindest einige Texte in dieser Ausgabe sind, die euer Interesse erwecken...weiter.
Theorien zur Praxis „Stop using our movement to escape reality. Stop using our movement to take pictures for your scrapbook. Stop using our movement to work on your independent film projects. Stop using our movement to get hits on youtube. Most of us are serious about this. Don’t ruin it for us. Treat it with respect, or go away!!! We can’t wait another 50 years.” Plakataufschrift, gesehen am 25.11.2011 bei Occupy Los Angeles an der City Hall...weiter Karl Reitter:Bedeutung und Defizite der Ethik Spinozas aus Marxistischer Sicht Vorweg möchte ich festhalten, dass ich es nicht für möglich erachte, beide Philosophien in eine weitere Großtheorie zu synthetisieren. Trotz Berührungen und Überschneidungen haben wir es mit letztlich inkompatiblen Ansätzen zu tun. Marx analysiert die Dynamik der gesellschaftlich dominierenden Arbeitsverhältnisse und die darin schlummernden Möglichkeiten der emanzipatorischen Umwälzung. Spinoza hingegen kann präziser als Marx das unzerstörbare und vorgängige Streben nach Freiheit und Selbstbestimmung zeigen. Vielleicht sollte ich es auch so ausdrücken: Marx zeigt, in welcher sozialen Existenzsituation das Kapitalverhältnis die überwiegende Mehrheit zu fixieren versucht. Spinoza auf sehr allgemeiner Ebene das vorgängige Streben nach Freiheit, Erkenntnis und Selbstbestimmung. Indem Spinoza die dynamischen Resultate des Kapitalverhältnisses, nämlich die Produktion dieses sozialen Verhältnisses selbst nicht thematisieren kann, ist die Spinozistische Philosophie keine umfassende und den geltenden gesellschaftlichen Formen der Arbeit angemessene Theorie der Befreiung....weiter
Klaus
Ronneberger: Minenhunde der Aufwertung? Vor mehr als zehn Jahren hatten wir – das heißt die Gruppe „Nitribitt – Frankfurter Ökonomien“ – eine Veranstaltung zu den prekären Arbeitsverhältnissen im flexiblen Kapitalismus organisiert. Die Frage war, ob das linke, nonkonformistische Boheme-Milieu nicht das ideale Stammpersonal für den Neoliberalismus bilden würde, da postfordistische Werte wie Produktivität, Flexibilität und Kreativität – nach außen stets als disziplinierende Normen des Systems verdammt – uns selbst zur zweiten Natur geworden seien. In gewisser Weise, so unsere These, zählten wir zur Avantgarde des „Neuen Kapitalismus“, für den wir immer neue Schneisen schlagen....weiter Manfred Lauermann: China - Katechon der Weltrevolution The Multitude
called Empire into being. Hardt & Negri Empire Angesichts des religiösen Spektakels, den die Massenmedien mit Papst im Petersdom, amerikanischen Fundamentalisten und Bischöfin Käßmann als Star des evangelischen Kirchentages alle Tage inszenieren, habe ich jedes Verständnis, dass Linke mit Religion, gar mit der Reflexionstheorie dieses gesellschaftlichen Teilsystems, die als Theologie fungiert, nichts zu tun haben möchten. Schon gar nicht mit dunklen Wörtern wie Katechon! Einen Augenblick Geduld: Ich werde sogleich [0.]den mythischen Begriff Katechon erklären, den ich dann im 2. Abschnitt gebrauchen werde, um eine theologisch-politische Sichtweise von Revolution adäquat zu entfalten....weiter Stefan Junker: Märzrevolution 1920 Wenn von der gescheiterten Revolution in Deutschland die Rede ist, die vergessen wurde, so ist im Besonderen vom März 1920 zu reden, als mehrere Tausend Arbeiter sich bewaffneten und reaktionären Truppen der Reichswehr trotzten. Die meisten Darstellungen, die sich der deutschen Revolution widmen, lassen diese im Sommer 1919 enden. Dabei bilden die Ereignisse im März des darauffolgenden Jahres den Höhepunkt der revolutionären Bewegung in Deutschland. Bis heute. Im Gefolge eines Putsches und des von Reichsregierung proklamierten und wenig später von ihr verleugneten Generalstreiks kam es in vielen Gegenden zu bewaffneten Kämpfen gegen putschende Militärs, die sich im Ruhrgebiet zu einer revolutionären Erhebung entwickelten. Im Ruhrgebiet gelang den Arbeitern etwas, das ihnen 1919 nicht vergönnt war:...weiter
Barbara Eder: „The proof of the pudding is in the eating“
„Jetzt spiegelt sich der gesellschaftliche Kampf Eine grundlegende Kategorie, die einst als Indikator zur Bestimmung der gesellschaftlichen Position ganzer Gruppen diente, scheint heute weitgehend in Vergessenheit geraten zu sein. Es war die Kategorie der sozialen Klasse, durch die innerhalb einer marxistisch orientierten Wissenschaft von der Gesellschaft die Lebensverhältnisse von Kollektiven bezeichnet werden konnten, die in Absehung von wesensmäßigen Eigenschaften und moralischen Attributionen durch ihre Stellung im Produktionsprozess charakterisiert wurden. Jene mit dem Insistieren auf einem Primat des Ökonomischen im Bereich der Lebensführung verknüpfte Klassenkategorie ist mit der Dominanz von Schichttheorien seit Beginn der 1970er Jahre am sozialwissenschaftlichen Horizont indes nur mehr bedingt auffindbar (vgl. Geißler 1996)....weiter Karl Reitter: Das
Kapital politisch lesen 1979 erschien reading capital politically erstmals in englischer Sprache und wurde seither in zahlreiche andere übersetzt. Nun ist sein Buch dankt der Initiative des Mandelbaum Verlages endlich auch auf Deutsch erschienen. Cleaver, in den USA geboren und an der University of Texas in Austin lehrend, positionierte sich mit diesem Buch im Umfeld des italienischen Operaismus und des so genannten autonomous Marxism, wie aus der Darstellung seiner Auffassungen wohl rasch ersichtlich werden wird. Sein Buch besteht aus zwei unterschiedlichen Teilen, einem sehr langen Vorwort und der eigentlichen Interpretation des Marxschen Textes. Die Einleitung ist tatsächlich ein summarischer Essay, in dem Cleaver die bisherigen Kapitalinterpretationen auf dem Stand der späten 70er Jahre Revue passieren lässt und seine, als politisch deklarierte Interpretationen, von den ökonomischen als auch philosophischen Lesarten des Marxschen Kapital abgrenzt....weiter |
|