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Inhalt der Nr. 37 der grundrisse     

Editorial

Die männliche Dominanz, an der die grundrisse wie viele Theoriezeitungen laborieren, wurde in der letzten Nummer besonders sichtbar. Aufgefallen ist uns auch, dass gerade im Rahmen des Schwerpunktes „Organisierung“, als „wichtiges Thema“, nur männliche Autoren schreiben. Vorgeworfen wurde uns, dass bei den grundrissen die Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen nur Lippenbekenntnis sei. Und auch, dass ein Schwerpunkt „Geschlechterverhältnisse“ wohl nur das „Sonderthema Frauen“ beinhalten könne. Beide Vorwürfe sind nicht von der Hand zu weisen, es handelt sich allerdings um Probleme, die nicht nur uns betreffen, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Machtverhältnisse sind. Die vorliegende Nummer zu Geschlechterverhältnissen war schon länger geplant, vor allem auch auf Druck der wenigen weiblichen Redaktionsmitglieder, und natürlich – self-fullfilling prophecy – kommen die Beiträge von Frauen. ...weiter

Abschiebungen dokumentieren bedeutet Terrorismus?
Presse- und Öffentlichkeitsarbeitsgruppe im Februar 2011

Ein Bericht über das Potenzial von §278: Ausdehnung polizeilicher Ermittlungsbefugnisse, Kriminalisierung antirassistischer Arbeit und die Konstruktion „staatlicher Gefährdung“

Einigen wird noch in Erinnerung sein, dass letzten Sommer (2010) vier Menschen für fünf bzw. sieben Wochen in Untersuchungshaft genommen wurden. Ihnen werden die brennenden Mülltonnen vor einem AMS-Center in Wien zur Last gelegt. Von Anbeginn jedoch ging es um viel mehr: Laut Haftbefehl stehen sie unter Verdacht, ein verbrecherisches Komplott (§277) oder gar eine terroristische Vereinigung (§278b) gebildet zu haben....weiter

Alain Badiou - Tunesien, Ägypten: wenn der Ostwind die Arroganz des Westens hinwegfegt

Der Ostwind übertrifft den Westwind

Wie lange noch wird der untätige und dahindämmernde Westen, die „internationale Gemeinschaft“ derer, die sich noch für die Herren der Welt halten, der ganzen Welt Lektionen über gute Verwaltung und gutes Verhalten geben? Ist es nicht lachhaft zu sehen, wie Intellektuelle vom Dienst, verunsicherte Soldaten des kapitalistisch-parlamentarischen Systems, die uns dieses zerschlissene Paradies andienern, den großartigen Völkern Tunesiens und Ägyptens Ratschläge geben, um diesen wilden Völkern das ABC der „Demokratie“ zu lehren? Was für ein trauriges Beharren auf der kolonialen Arroganz! Ist es in einer drei Jahrzehnte anhaltenden Situation der politischen Misere nicht evident, dass wir es sind, die von den jetzt stattfindenden Volksaufständen zu lernen haben? Müssen wir nicht in höchster Eile ganz aus der Nähe alles untersuchen, was dort die Beseitigung der – korrupten und im Übrigen (und vielleicht auch vor allem) sich in einer Situation eines demütigenden Vasallentums in Bezug auf die westlichen Staaten befindenden – oligarchischen Regierungen durch eine kollektive Aktion möglich machte?...weiter

Ann-Kristin Kowarsch: Frauenräte als Alternative zu Krieg, Vereinzelung und Männerherrschaft

Der Frauenrat „Ischtar“ im Flüchtlingscamp Maxmur

Mit dem Aufbau von Frauenräten versucht die kurdische Frauenbewegung an vielen Orten, Frauen aus allen Teilen der Gesellschaft basisdemokratisch zu organisieren. Ziel dieses Organisierungsansatzes, der sich auf die Prinzipien des Demokratischen Konföderalismus beruft, ist es, die Selbstbestimmung und den politischen Willen von Frauen zu stärken und den Aufbau einer demokratisch-ökologischen, geschlechterbefreiten Gesellschaft voranzutreiben. Auch im Flüchtlingscamp „Maxmur“ in Südkurdistan organisieren sich kurdische Frauen unter dem Dach eines Frauenrates autonom, um ein Leben in Frieden, Freiheit und Würde zu erreichen. Seit 18 Jahren sind sie Flüchtlinge im eigenen Land. Unter den Bedingungen von Krieg und wiederholter Vertreibung bauten sie sich Selbstverwaltungsstrukturen auf, mittels derer sie nun ihr Leben organisieren, ihren politischen Willen vertreten und patriarchale Herrschaft effektiv bekämpfen können....weiter

Kathi Weeks: In der Arbeit gegen die Arbeit LEBEN.
Affektive Arbeit, feministische Kritik und postfordistische Politik

Aus dem Amerikanischen von Renate Nahar

Feministische Theoretikerinnen beschäftigen sich seit langer Zeit mit immaterieller und affektiver Arbeit, auch wenn diese Begriffe selbst eine eher jüngere Erfindung sind. Die frühen feministischen Untersuchungen zu Tätigkeiten und Verhältnissen der immateriellen Arbeit waren wesentlicher Bestandteil des Kampfes für die Erweiterung des Arbeitsbegriffes zu einem Begriff, der mehr Formen der geschlechtlichen Arbeitsteilung umfasst. Im Besonderen affektive Arbeit wurde in bestimmten feministischen Traditionen als fundamental sowohl für zeitgenössische Modelle der Ausbeutung als auch für die Möglichkeit ihrer Subversion verstanden. Gegenwärtige Diskussionen der Begriffe immaterielle und affektive Arbeit könnten durch ein besseres Verständnis dieser Entwicklungslinien bereichert werden. ...weiter

Maya Gonzalez und Caitlin Manning:„Wir kommen in Bewegungen mit all den Narben …“
Interview mit Silvia Federici über Kämpfe von Frauen um Arbeitsteilung, Wissen und (Re)Produktion

Aus dem Amerikanischen von Renate Nahar

Das amerikanische Original dieses Interviews ist in der Zeitschrift Reclamations (Issue 3, Dezember 2010) erschienen. Die Redaktion der grundrisse dankt Silvia Federici, Maya Gonzalez und Caitlin Manning sowie der Redaktion von Reclamations für die unkomplizierte Zusammenarbeit im Sinne der Bildung und Stärkung internationaler Netzwerke....weiter

Almut Bachinger: Lohn für Hausarbeit reloaded
Die Debatte um den Lohn für Hausarbeit und was daraus wurde

Die Verteilung von Haus- und Sorgearbeit ist ein mehr als leidiges Thema. Bis heute ist diese Arbeit zwischen den Geschlechtern nicht egalitär verteilt, vielmehr haben sich neue intrageschlechtliche Arbeitsteilungen nach Klasse und Ethnie gebildet. Schon in den 1970er Jahren stand die Forderung der neuen Frauenbewegung nach Lohn für Hausarbeit auf der Agenda. Anders als das Schlagwort vermuten ließe, war das zentrale Anliegen aber nicht eine Geldleistung für Hausfrauen, sondern vielmehr die Politisierung der Arbeitsteilung und der geschlechtsspezifischen Zuweisung der privaten, unbezahlten Sorgearbeit an Frauen – Stichwort „Das Private ist politisch“. Politisches Ziel der ursprünglich linken Forderung war letztendlich, die Überwindung der Arbeitsteilung der Geschlechter durch die Vergesellschaftung der Haus- und Sorgearbeit zu erreichen. Allerdings war dieses Ziel durchaus umstritten....weiter

Elisabeth Perchinig: Vom konstruierten „Subjekt“ zur gegenderten „Marke Ich“?
Überlegungen zum Begriff der lebendigen Person

„Dass menschlicher Geist beides zugleich sein könnte, nämlich sowohl geprägt durchs Geschlecht als auch unabhängig davon, scheint logisch unmöglich. Und doch verhält es sich so.“ (Türcke 1991, S.7)

Obige salopp formulierte Aussage zum Thema der menschlichen Geschlechtlichkeit macht es deutlich anschaulich, welcher philosophischen Herausforderung sich der Mainstream der Genderforschung gerade nicht stellt, welche Denkfigur er partout vermeidet. Insbesondere seit der Etablierung dekonstruktivistischer Basisannahmen im akademischen Genderdiskurs, die von der umfassenden sozialen Konstruierbarkeit des Phänomens Geschlecht – nicht nur im sozialen, sondern auch sexuell leiblichen Sinn – ausgehen, plädieren vergleichsweise wenige Theoretikerinnen für  die andere Seite des Paradoxons....weiter

Johann-Friedrich Anders: Wie Marx nicht gelesen werden sollte –
Zur Kritik der neuen Marx-Lektüre

Seit Mitte der 1960er Jahre gibt es eine „Marx-Lektürebewegung“, wie Ingo Elbe, einer ihrer Historiker, formuliert (Elbe, S. 8). Diese neue Marx-Lektüre versteht sich als Kritik am bisherigen Marxismus, als „Bruch“ (Elbe, S. 13) mit der bisherigen, „traditionellen“ marxistischen Theoriebildung, als die „Entstehung eines neuen Typus und einer neuen Phase marxistischer Theoriebildung“ (Elbe, S. 13). Sie arbeitet an der „detaillierten Erforschung und Erschließung der Marxschen Ökonomiekritik“ (Hoff, S. 91). Ihr Ziel ist ein „adäquates Gegenstands- und Methodenverständnis der Marxschen Ökonomiekritik sowie ihrer staats- und revolutionstheoretischen Implikationen“ (Elbe, S. 8)....weiter

Karl Reitter: Holloways Flirt mit der Wertkritik
Ein Rezensionsessay zum Buch Kapitalismus aufbrechen

John Holloway zählt zu jenen AutorInnen, die sich ernsthaft der Frage stellen, wie die tatsächliche Überwindung kapitalistischer Verhältnisse gedacht und praktisch angegangen werden kann. Schon das Aufwerfen dieser Frage selbst, die im offiziösen intellektuellen Betrieb als unwissenschaftlich und subjektiv denunziert wird, ist Holloway als Verdienst anzurechnen. 2002 erschien sein erstes großes Werk in deutschsprachiger Übersetzung. Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen stellte eine spannende und aufregende Weiterentwicklung und theoretische Erneuerung praxisphilosophischer Theorieelemente dar. Ausgehend vom Gegensatz zwischen dem lebendigen Tun und den toten, erstarrten Formen dieses Tuns interpretierte Holloway das Klassenverhältnis als permanent aus dem Gleichgewicht: „Die Arbeit kann entkommen, das Kapital kann es nicht. Das Kapital ist von der Arbeit in einer Weise abhängig, wie die Arbeit nicht vom Kapital abhängig ist. Ohne die Arbeit hört das Kapital zu existieren auf: Die Arbeit wird ohne Kapital zu praktischer Kreativität, zu kreativer Praxis, Menschlichkeit.“ (Holloway 2002; 209)....weiter

phpMyVisites : Ein Open Source-Website-Statistikprogramm in PHP/MySQL veröffentlicht unter der GNU/GPL. Statistics

 
ISSN 1814-3164 
Key title: Grundrisse (Wien, Online)

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