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Karl Reitter  Die 68er Bewegung – Versuch einer Darstellung Teil 2

Teil 1 hier 

Die Entwicklung der Bewegung in einigen Ländern

Um dem Verständnis der 68er Bewegung näher zu kommen, will ich nun ihren spezifischen Verlauf in Frankreich, Deutschland, Italien und Österreich skizzieren. Eine solche Betrachtungsweise ist schon deshalb unumgänglich, weil nicht wenige Arbeiten und Interpretationen, und sogar oft nicht die schlechtesten, die Bewegung aus einem rein nationalen Gesichtspunkt aus analysieren. Dadurch bekommen nationale Besonderheiten ein übergroßes Gewicht und die Gesamtheit der Entwicklung wird nicht erkannt. Leider konnte ich so wichtige Länder wie die USA, Japan, Großbritannien und Mexiko nicht behandeln. Ich ersuche um Nachsicht.

Frankreich 

1968 in Frankreich erscheint wie ein gigantisches Theaterstück, mit spannungsaufbauendem ersten Akt, dem offenen Ausbruch der Revolte und dem Triumph der Kräfte des Status Quo im letzten. Wie der Feder eines eher mittelmäßigen Autors entsprungen, agierten die beteiligten Akteure gemäß ihres Charakters: die StudentInnen als revolutionäres Ferment, die ArbeiterInnen als die schweren Bataillone, die nur langsam in Bewegung kommen, dann aber drohen, die Herrschaft zu stürzen, eine bis zur Besinnungslosigkeit brutale Polizei, Marionette der Regierung, ein stockreaktionäres Regime vom charismatischen De Gaulle angeführt, und in heimlicher Kumpanei mit den Kräften der Ordnung und Herrschaft auf Seiten der Linken die KPF. Das Durchkreuzen und Durchdringen der verschiedensten Fäden der Rebellion, die oftmals ein wechselndes Auf und Ab ergaben, fehlte in Frankreich. Statt dessen folgten alle Ereignisse einer einzigen Dramaturgie und konnten leicht auf einen Mythos begrenzt werden, der vielbeschworenen „Einheit von StudentInnen und ArbeiterInnen.“ 

Der äußerliche Verlauf der Ereignisse ist rasch erzählt. Die Bewegung ging von Nanterre aus, 1964 als Außenstelle der Sorbonne gegründet, ein seelenloser Universitätscampus nach us-amerikanischem Muster. Freiwillig wohnte dort am Rande von Paris, ohne U-Bahnanschluß, niemand. Die Studierenden wurden von der Universitätsverwaltung zugewiesen, unter ihnen auch die Brüder Daniel und Gabriel Cohn-Bendit. Während in anderen Gegenden der Welt von Blumen und Liebe gesungen wurde, herrschte in Nanterre striktes Verbot für „Burschen“, sich nach 22 Uhr in den „Mädchenwohnheimen“ aufzuhalten. „Die unmittelbare Abhängigkeit der Universitätsverwaltung vom Erziehungsministerium machte nahezu jede Universitätsangelegenheit zur Staatsangelegenheit.“ (Gilcher-Holtey 1995; 170) Als am 8. Jänner 1968 der zuständige Minister das Schwimmbad eröffnet, setzt sich Daniel Cohn-Bendit in Szene. Minister und Dekan lassen sich nur all zu leicht provozieren, es folgen Polizeieinsätze und „Schwarze Listen“ der rebellischen Studierenden. Obwohl deren Existenz offiziell geleugnet wird, zirkulieren sie rasch auf dem Campus. Am 2. Mai kann die Bewegung endlich in der alten ehrwürdigen Sorbonne im Quartier Latin Fuß fassen. Noch kündigt nichts die kommenden großen Ereignisse an. Etwa 300 Personen nehmen an einer Protestkundgebung teil. Ein Artikel des KPF Vorsitzenden Marchais wird zur allgemeinen Belustigung verlesen, in dem er die StudentInnen als Bürgersöhnchen beschimpft, die bald so und so die Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse mitorganisieren werden. Doch die Staatsmacht reagiert mit unglaublicher Härte und Brutalität. „Ohne das Einschreiten der Polizei am 3. Mai im Innenhof der Sorbonne wäre die Bewegung von Nanterre nicht nach Paris übergesprungen, ohne Schließung der Sorbonne hätte sie sich nicht auf das Quartier Latin ausgebreitet.“ (Gilcher-Holtey 1995; 207) Sprunghaft schwillt die Protestbewegung an, auf die erste Großdemo am 8. Mai 1968 folgt die legendäre Nacht der Barrikaden vom 10. auf den 11. Mai. Am 13. Mai kommt es zu ersten gemeinsamen Demonstrationen von ArbeiterInnen und StudentInnen. Das Odéon-Theater wird besetzt. Ab dem 14. Mai rollt die Welle der Betriebsbesetzungen. Sie beginnt beim Flugzeugwerk Sud Aviation (2000 Beschäftigte) und greift auf Renault Clèon und Renault Flins über. Wie ein Lauffeuer breiten sich Streiks und Besetzungen aus, am 20. Mai streiken ungefähr 5 Millionen Menschen. Die Aktionen werden zunehmend radikaler und direkter. Eine zündende Rede von De Gaulle bewirkt einen gegenteiligen Effekt, am 24. Mai kommt es zur zweiten Nacht der Barrikaden, diesmal unter aktiver Teilnahme von Personen aus den Pariser Vororten, die offenbar keine Repräsentation anerkennen. Die Börse geht in Flammen auf. 

Während dieser Wochen ist das herrschende Regime wie gelähmt, in sich uneins und handlungsunfähig. Am 29. Mai kursiert das Gerücht, De Gaulle sei plötzlich spurlos verschwunden. Doch am 30. Mai kehrt er gut inszeniert aus Baden-Baden zurück, hält eine große Rede, bei der er diesmal den Ton zu treffen scheint und kündigt binnen 24. Tagen Neuwahlen an. Gleichzeitig demonstrieren 400.000[i] in Paris gegen die Rebellion mit Slogans wie „Cohn-Bendit nach Dachau“. Ab diesem Zeitpunkt ist die Bewegung gebrochen. Es folgen eine Reihe von Rückzugskämpfen, bei Renault Flints ermorden Polizeikräfte zwei Streikende. Am 12. Juni wird ein Verbot der trotzkistischen und maoistischen Gruppen ausgesprochen, offiziell schweigt die KPF dazu, heimlich begrüßt sie diesen Beschluß. Die Parlamentswahlen am 23. und 30. Juni 1968 bringen den Gaullisten einen in der Fünften Republik einzigartigen Wahlsieg. Die 68er Bewegung in Frankreich ist zu Ende.  

Daß dieses Ereignis eine Flut von Interpretationen und Erklärungsversuchen auslöste, versteht sich von selbst. Ich kann hier nicht den Anspruch erheben, eine weitere zu formulieren, oder selbst all die vorhandenen darzustellen, sondern möchte bloß auf einige Punkte hinweisen, die mir bedeutsam erscheinen.  

Die Zauberformel für das Begreifen und vor allem das Weitertreiben der Revolte schien die „Einheit von ArbeiterInnen und StudentInnen“ zu sein. Nicht wenigen AktivistInnen schien diese Frage als die bedeutsamste. Gelang es, das Bündnis zu knüpfen, so schien der gordische Knoten der Rebellion gelöst, scheiterte es, so war die Niederlage vorprogrammiert. Ich meine aber, diese Formel drückt nur die halbe Wahrheit aus. Wahr ist, daß StudentInnen und ArbeiterInnen in soziologisch und kulturell völlig getrennten Welten lebten. Es gab in Paris kaum ein Milieu, das Ausdruck verschwimmender, sich in Erosion befindlicher sozialer Identitäten war, keinen subkulturellen Kitt, wie er etwa in Italien entstand und die so genannte 77er Bewegung trug. Obwohl die Zahlen der Studierenden seit 1945 ständig stiegen, betrugen sie 1968 bloß 508.000, das sind nicht einmal 1% der Bevölkerung[ii]. Aber worauf sollte denn diese Einheit beruhen, was sollte das Gemeinsame sein, das als Grundlage für ein derartiges Bündnis dienen könnte? Vor allem: Wenn von „Bündnis“ gesprochen wird, so wird gleichzeitig Verbindendes aber auch Trennendes vorausgesetzt. Was trennte nun die revoltierenden ArbeiterInnen von den StudentInnen, abgesehen von der platt auf der Hand liegenden Tatsache, daß beide Gruppen soziologisch, kulturell und gesellschaftlich verschieden waren. Werden die StudentInnen und die ArbeiterInnen für einen Moment getrennt betrachtet, so zerrinnen die üblichen Erklärungen für Rebellionen. Gut, die Zahlen der Studierenden stiegen seit dem 2. Weltkrieg um das fünffache. Das Ministerium reagierte bürokratisch, repressiv und rein administrativ auf den neuen Ansturm auf die Universitäten. Der Fouchet Plan sah eine Trennung zwischen Kurz- und Langzeitstudien vor – wie originell! Aber seit 1968 ist die Zahl der Inskribierten nochmals um das vierfache gestiegen. Und das unter verschärften sozialen Bedingungen. 

Wie sah die Situation der ArbeiterInnen aus? Obwohl die Einkommen der französischen Mittelklassen nach 1945 stärker als jene der ArbeiterInnen stiegen, konnten auch diese Reallohnzuwächse verbuchen. Es gab zwar einen Anstieg der Arbeitslosigkeit von 480.000 auf 657.000 im Jahr 1968 (Quelle: Gilcher-Holtey 1995), aber gegenüber den über 5 Millionen Arbeitslosen der 90er Jahre, nehmen sich diese Zahlen recht bescheiden aus. Ich will abkürzen und auf eine Aussage von Claude Lefort verweisen, der kurz und bündig feststellte: „Das, was der Historiker, sei er nun Marxist oder nicht, eine ökonomische oder politische Krise nennt, sagen wir es ohne Umschweife, wir finden davon keine Anzeichen im Frankreich von 1968.“ (Zitiert nach Rauch/Schirmbeck 1968; 149) 

Ich schlage vor, das Ereignis der Mai Revolte von ihrem ersten Höhepunkt ausgehend zu analysieren, der Barrikadennacht vom 10. auf den 11. Mai. „Ohne daß irgendeine Person oder Gruppe mit Entwürfen und Plänen bereitgestanden hätte, waren Zehntausende plötzlich dabei, ein Viertel, ihr Viertel, in eine riesige Baustelle zu verwandeln. Auf diese Weise hatte innerhalb des Perimeters dieser „Kommune des 10. Mai“ ein Leben begonnen, das die Reporter in ihren Übertragungswagen stets neu zu beschreiben suchten: ein kollektiver Enthusiasmus, ein lautlos sich kommunizierender Jubel.“  (Rauch/Schirmbeck 1968; 75) Nach Augenzeugenberichten entstand spontan an den verschiedensten Orten die Idee, die Bodengitter, die die Bäume umgrenzen herauszunehmen, um damit das Pflaster aufzuschlagen. Obwohl die Brutalität der Pariser Polizei, die während der Demonstrationen gegen den Algerienkrieg 1961 hunderte Menschen algerischer Herkunft ermordet hatte, selbstverständlich bekannt war, breitete sich bei den BarrikadenerbauerInnen ein eigenartiges Hochgefühl aus. Das berichten nicht nur die eben zitierten Autoren, sondern ist übereinstimmend auch in anderen Quellen zulesen: „Das subjektive Erleben hinter den Barrikaden schlägt um in Freude, eine Art Feststimmung kommt auf.(...) Einander Unbekannte umarmen sich, verstehen sich, verlieben sich in ein Gefühl der Exaltation. Es entsteht, wie Le Monde berichtet, ‚un enthousiasme communicatif’, der die Bewegung eint und in ihrem Anliegen bestärkt.“ (Gilcher-Holtey 1995; 245) 

Ich sehe in der Erfahrung und im Erleben, daß die Mauern des kapitalistischen Systems ein Loch haben, daß es möglich ist, endlich Subjekt zu sein statt Empfänger von Befehlen und Fußvolk repressiver Hierarchien, den entscheidenden Schlüssel für  die Ereignisse des Mai 1968 in Frankreich. Als das Odéon Theater besetzt wurde, wurde es sofort ein Ort des Sprechens. Ununterbrochen, Tag und Nacht, wurde geredet, diskutiert, berichtet. Wenn Pierre Bourdieu in seinem Werk „Was heißt sprechen?“ die Mechanismen des Ausschlusses, der Kompetenzverweigerung, der Hierarchisierung von Sprechmöglichkeiten analysiert, so lag eine Triebkraft der Bewegung darin, diese Mechanismen außer Kraft zu setzen, die Orte der Macht und des Ausschlusses zu erobern und darin einen offenen Dialog zu beginnen. Hand in Hand ging damit eine scharfe Kritik am Promi-Kult. Sartre konnte nur deshalb im Odéon auftreten, weil er mit der Erklärung begann, er käme als Lernender, nicht als Lehrender und tatsächlich als Zuhörer agierte.  

Aus allen Berichten, die ich zum Mai 1968 kenne, geht klar hervor, daß es kaum möglich war, klare Forderungen und Ziele der Streikenden zu erkennen. In den Betrieben tauchte die Formel der Autogestion auf, die mit Selbstverwaltung übersetzt wird. Aber Selbstverwaltung ist kein Streikziel. Es gab keinen zirkulierenden Forderungskatalog, es gab im Grund nichts, worüber zu verhandeln gewesen wäre. Kein Wunder, über die Umkehrung der Machtverhältnisse, über Revolte als Entfaltung der eigenen Subjektivität kann nicht verhandelt werden. Im Gegensatz zu Deutschland oder Österreich entstanden die linken Gruppen nicht als Folge der 68er Revolte, Ebenso wie die KPF existierten trotzkistische, maoistische und situationistische Gruppen schon vorher. Obwohl sich alles wie im Leninistischen Bilderbuch anzuspielen schien – eine kleine, intellektuelle Avantgarde motiviert die ArbeiterInnenmassen zum radikalen Kampf – paßte dieses Schema doch nur formal. Vor allem lehnte die Bewegung instinktiv jede Repräsentation ab. Befreiung kann nur ein Akt der Selbstbefreiung sein.  

Aber nicht nur die KPF stand der Bewegung hilflos und ablehnend gegenüber. Ernest Mandels Aufsatz „Die Lehren vom Mai 1968“, ist ein Dokument des völligen Unverständnisses. Auf der allgemeinen Ebene bleibt der Text vage und unverbindlich. Der Ereignisse zeigten, daß der Neokapitalismus[iii] die „Widersprüche[iv]“ nicht beseitigen könne und daß eine „tiefe und unausrottbare Unzufriedenheit bei den Arbeiter“  bestehen würde. Sobald der Text konkret wird, kippt er in eine strategische und taktische Anweisung zur Machtoptimierung. Im Gegensatz zum stupiden Mantra der KPF - StudentInnen sind KleinbürgerInnen, die Bewegung ist reaktionär - erkennt er die Möglichkeiten, die Bewegung im gesellschaftlichen Kräfteparallelogramm einzusetzen. Natürlich fällt es ihm leicht, gegenüber einer KPF zu punkten, die, von der Wucht er Ereignisse gelähmt, nur noch Reform oder ein Blutbad beschwören konnte, kurzum ahnte, daß sie knapp daran war, jeden Einfluß zu verlieren. Der Bewegung selbst steht Mandel mindestens so äußerlich und ohne Verständnis gegenüber wie die KPF. Bezeichnend ist, daß er für die rebellierenden StudentInnen die Rolle des „Katalysators“ (Mandel 1969; 119) reserviert. In der Chemie wird unter Katalysator ein Stoff verstanden, der chemische Prozesse verursacht, ohne sich selbst dabei zu ändern. StudentInnen müssen (in ihrem gesellschaftlichen Sein) bleiben was sie sind, aber sie können auf andere gesellschaftlich revolutionär einwirken – das heißt Katalysator in der Sprache der Gesellschafspolitik. Wie wenig Mandel eigentlich die Bedürfnisse der Rebellierenden ahnt, wie wenig er das aufkeimende Erlebnis, daß die herrschende Gesellschaft, ihre Hierarchien und Werte, ihre Ziele und Methoden durch völlig andere ersetzt werden können, begreift, zeigt sich in den staubtrockenen Vorschlägen (aus einem Text von Trotzki aus dem Jahre 1938, dem so genannten „Übergangsprogramm“, abgeschrieben), die er den rebellierenden ArbeiterInnen vorträgt, genauer, die die Katalysatoren den ArbeiterInnen nahelegen sollten: „Mit anderen Worten, die Arbeiter müssen die Buchhaltung der Unternehmer offenlegen und die wirklichen Selbstkostenpreise und Gewinnspannen nachrechnen.“ (Mandel 1969; 145) Es mag ja spezifische Situationen geben, bei denen solche Forderungen sinnvoll sind. An den Ereignissen des Mai 68 zielen sie aber vollkommen vorbei. Nicht zufällig ignorierten die Streikenden die Anweisungen von Mandel, und ließen ihre Rechenschieber und Buchhaltungstabellen zu Hause.  

Mit der Ankündigung von Neuwahlen setzt auch innerhalb der Linken das Rollback ein. Nun sind es wieder die traditionellen Apparate, die vernünftigen Forderungskataloge und die konstruktiven Wahlversprechen, die die Bewegung von innen aushöhlen. Die führende Kraft der Niederwerfung war zweifellos die KPF. Gilcher-Holtey arbeitet sehr deutlich die Kumpanei zwischen den Machthabern und der kommunistischen Partei Frankreichs heraus. Beide waren in ihrem Monopol bedroht und hatten es zu verteidigen, De Gaulle das Monopol der Staatsmacht, Marchais das Monopol der Opposition. „Die Kommunistische Partei sah sich durch die antikommunistischen Attacken der Rede de Gaulles (vom 30. Mai K.R.) in ihrer Selbstwahrnehmung als einzige, wirklich revolutionäre Kraft bestätigt. Tatsächlich war die Diskrepanz zwischen Worten und Taten bei keiner der linken Oppositionsparteien so groß wie bei ihr. Sie wurde erst durch die vereinfachende Polarisierung der Rede de Gaulles zum Drahtzieher der Bewegung gemacht, die in Wirklichkeit nicht nur ohne sie gewachsen, sondern weitgehend auch gegen sie gerichtet war.“ (Gilcher-Holtey 1995; 416) 

Bundesrepublik Deutschland 

Der Ablauf der Ereignisse in der Bundesrepublik war durch zwei Zentren und zwei Themen gekennzeichnet. Obwohl die Revolte an vielen Orten aufflackerte, wurde ihr Rhythmus durch die spezifische Situation in Berlin und in zweiter Linie durch die Verhältnisse in Frankfurt bestimmt. Das politische Tagesgeschehen kreiste um die Themen „Internationale Solidarität“ und „Kampf gegen die politische Repression“. Nicht, daß es den kulturellen Flügel nicht gab. In München stand die Gruppe Amon Düül für Musik- und Drogenexperimente. In Hamburg organisierte sich die westdeutsche avantgardistische Filmszene, zu der anfänglich auch Jan Raspe gehörte. Aber die politische Strukturierung erfolgte an Hand der Themen Vietnam, Persien, dem Kampf gegen die Notstandsgesetzgebung und der Hetze der Springer-Presse. Das erste, machtvolle Lebenszeichen des 1960 aus der SPD ausgeschlossenen SDS („Sozialistischer Deutscher Studentenverband“) war der in Frankfurt am 22. Mai 1966 abgehaltene Kongreß „Vietnam – Analyse eines Exempels“. Am 2. Juni 1967 demonstrierten rund 2000 gegen den Besuch des persischen Schahs in Berlin. Polizei und so genannte „Jubelperser“ gingen brutal gegen die DemonstrantInnen vor. Polizeiobermeister Kurras erschoß den unbewaffneten und flüchtenden Studenten Benno Ohnesorg[v]. Am 17/18 Februar 1968 fand in Berlin der „internationale Vietnamkongreß“ statt, diesmal demonstrierten 10.000 gegen den Krieg in Indochina. Am 11. April 1968 feuert ein aufgehetzter junger Arbeiter aus München, Josef Bachmann[vi], drei Schüsse auf Rudi Dutschke ab. Und wieder stand das Thema Repression, Hetze und Solidarität im Mittelpunkt. Natürlich fehlte auch der 68er Bewegung in Westdeutschland nicht jene Tiefendimension, die ich aus verschiedener Perspektive in diesem Artikel immer wieder zu beleuchten versuche. Aber wenn sie auf die Straße ging, wenn sie unmittelbar aktiv wurde, blieb sie auf der Ebene von Solidarität und Kampf gegen die Repression stehen. 

Nirgendwo hat die These, die 68er Bewegung sei seine „StudentInnenrevolte“ gewesen, so viel Berechtigung, wie im Fall der BRD. Soziologisch gesehen beteiligten sich nicht nur StudentInnen, sondern auch SchülerInnen, junge ArbeiterInnen und Personen, die traditionellerweise der Boheme zuzurechnen sind, an der Revolte. Doch das Rückgrad der Bewegung bildete von Anbeginn an der SDS, die Operationsbasis war fast immer die Universität. Vor allem: Die Bewegung war sofort mit einer aggressiven Repression konfrontiert, die nach einer besonderen Erklärung verlangt. Die vollkommen unangemessene und überzogene Reaktion des Establishments auf 68 war kein spezifisch deutsches Merkmal, aber insbesondere in Berlin war die Bewegung mit Reaktionen konfrontiert, die die Ereignisse eskalieren ließen und die AktivistInnen wohl rasch überforderten. Schon deshalb überfordern mußte, weil es keinen Brückenschlag zu den Arbeitenden in den Fabriken gab. Als im September 69 in den Stahlwerken und im Kohlenbergbau wilde Streiks ausbrachen, vernahm dies die 68er Bewegung wie eine Botschaft aus einer anderen Welt: „Und es gibt sie doch, die ArbeiterInnenklasse, und sie streikt, ist nicht, wie Professor Adorno erklärt, ins System integriert!“ Doch die Wahrnehmung war reine Einbahnstraße, einen Brückenschlag zur Bewegung von Seiten der Belegschaften, wie in Frankreich, gab es nicht. Kurzum, die Streiks wurden zur Projektionsfläche von Fantasien, zu argumentativen Bausteinen in den abstrusesten Schlußfolgerungen. Ihnen wurde geschichtliche Bedeutung zugesprochen, die sie natürlich niemals hatten und gäbe es heute keine Debatte um 68, wir würden von ihnen nichts wissen.  

Der Schlüssel für die Besonderheiten der deutschen 68er Bewegung lag also in Westberlin. Westberlin war buchstäblich ein Produkt des Kalten Kriegs, von den Mauern der DDR umgeben, von Bonn jährlich durch massive Geldzuwendungen wirtschaftlich am Leben gehalten. Viele junge Familien wanderten nach Westdeutschland ab. Es blieben einerseits Personen zurück, deren Mentalität von Fichter und Lönnendonker folgendermaßen beschrieben wird: „Da war eine Bevölkerung, die durch Weltwirtschaftskrise, NS – Terror, Bombennächte im Keller, Demontage, Spaltung der Stadt und Mauerbau eine Durchhalte - Mentalität entwickelt hatte, die in ihrer Getto - Situation ein Rollenrepertoire entwickelte, das jede Kritik im Inneren als abweichendes Verhalten bestrafte.“ (Fichter/Lönnendonker 1977; 88) Andererseits besaßen WestberlinerInnen einen diplomatischen Sonderstatus, d.h. wer in Westberlin lebte, mußte (und durfte) nicht zur Bundeswehr, ein Umstand, der viele de facto Wehrdienstverweigerer zum Umzug nach Berlin bewog. Und Westberlin strahlte auch etwas von jenem Schattenbereich aus, das offenbar nicht nur die Hippie-Szene, sondern die 68er Bewegung überhaupt anzog.  

Für das westberliner Establishment war die Rhetorik des freien Westens keine bloßen Worte, sondern Basis für das Überleben der geteilten Stadt. Ausdruck fand diese Mentalität unter anderem in einer Aktion westberliner Zeitungen, die vorschlugen, aus Solidarität für jene in Vietnam gefallen amerikanischen Soldaten eine Glocke in die USA zu senden. Es gab wohl keine Stadt außerhalb der USA, in der sich so große Teile der Bevölkerung mit den Vereinigten Staaten als verbunden imaginierte, als wie in Berlin. Wer also dort „Solidarität mit dem Vietkong“ skandierte, riskierte viel. Der Ausdruck Establishment war in Westberlin kein bloßes Wort. „Der Senat, die Gewerkschaft ÖTV, die Springer-Presse und prominente Bürger riefen zu einer Gegenkundgebung (gegen den Berliner Vietnam-Kongreß K.R.) am 21. Februar (1968 K.R.). Der West-Berliner DGB-Chef Sickert sorgte dafür, daß die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes am Nachmittag dienstfrei bekamen, um an der Kundgebung teilzunehmen.“ (G. Dutschke 1998; 188) Auf dieser Gegenkundgebung kam es zu folgendem, symptomatischen Vorfall. Ein junger Mann wurde für Rudi Dutschke gehalten: „Da ist Rudi Dutschke!“ Wie Lemminge drehte sich eine Menschengruppe um und rückte gegen den Mann vor. Er rief verzweifelt: „Ich bin Arbeiter wie ihr“. Keiner hörte auf ihn. Als er stolperte, traten sie ihm mit Schuhen ins Gesicht. Jemand schlug mit einer Flasche auf ihn ein. Die Meute rief: „Schlagt ich tot! Hängt ihn auf!“ (G. Dutschke 1998; 189) Selbst als sich der Mann in ein Polizeiauto rettete, war die Pogromstimmung nicht zu Ende. Die Menge griff auch das Polizeifahrzeug an und die auf der Bühne versammelte Prominenz wurde Zeuge dieses Mordversuches. 

Die westdeutsche 68er Bewegung konnte die Themen Repression und Solidarität niemals wirklich überwinden. Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß nach dem Attentat auf Rudi Dutschke Frankfurt und damit der Kreis um Adorno, insbesondere Hans-Jürgen Krahl, an Bedeutung gewann. Krahl war wohl der bedeutendste Schüler von Adorno, aber er war kein Organisator wie Dutschke. Zudem stellt sich die Frage, ob die Orientierung an Adorno geeignet war, jene theoretischen Impulse zu entwickeln, die eine um ihr Selbstverständnis ringende Bewegung benötigt hätte.[vii] Adorno, ähnlich wie Habermas, vertrat die These „vom Scheinrevolutionären und somit verwerflichen Charakter der Jugendrevolte.“ (Agnoli 1998; 57) Kurzum: der SDS zerfiel binnen Monaten. Die hektische Phase des Parteiaufbaus hatte begonnen. 

Österreich 

Österreich unterschied sich von Frankreich und Deutschland durch die fehlende politische Zuspitzung, von Italien hinsichtlich der fehlenden Breite der Bewegung. 1970 kam mit Kreisky erstmals die SPÖ an die Alleinregierung, und der Sonnenkönig wußte geschickt mit Zuckerbrot und Peitsche die 68er Bewegung zu domestizieren. Aber an Vielfalt und Differenzierung fehlte es der Bewegung hierzulande keineswegs. Ein nicht unwesentlicher Teil entstammte dissidenten KPÖ Milieus. Um Robert Schindel versammelten sich regelmäßig im Cafe Hawelka die Kinder der KPÖ Emigration, zu denen sich der deutsche Wehrdienstverweigerer Günter Maschke[viii] gesellte. Ebenfalls aus der KPÖ stammte die „Freie Jugend Österreichs“, die mehr einen reformkommunistischen Kurs einzuschlagen versuchte. Gewissermaßen aus dem Nirgendwo stammte die Gruppe um Genner, Stelzhammer und einem charismatischen Führer aus Frankreich „Rene“, die als „Heim-Spartakus“ Furore machte. Der Name ergab sich aus der durchaus wirkungsvollen Propagandatätigkeit, die diese Gruppe gegen skandalöse Zustände in Erziehungsheimen entfachte. Diese sehr informell organisierte Gruppe transformierte sich ab 1972 in die Kooperative Longo Mai und verließ fast geschlossen Österreich Richtung Frankreich und der Schweiz. Otto Mühl, der freilich schon damals in der Linken den Ruf hatte, autoritär und faschistoid zu sein, begann in seiner Wohnung im 2. Bezirk mit seinen als Aktions-Analysen bezeichneten Sexualakten auf Kommando. Einfluß hatte auch die aktive Wiener Aktionistenszene, die dem kurzlebigen SÖS die „Uniferkelei“[ix] bescherte. Eine wichtige Rolle spielte auch der „Verband Sozialistischer Mittelschüler“ (VSM), der im Gegensatz zur Studentenorganisation der SPÖ in dauerndem Clinch mit der Parteiführung lag. Zu nennen ist weiters die Literaturgruppe um die Zeitschrift „Wespennest“ und auch im linkskatholischen Milieu gärte es. Zusammengefaßt: Auch in Österreich zeigte sich die 68er Bewegung in ihrer ganzen Bandbreite, von politischen, künstlerischen, aktionistischen, alternativen bis zu kulturellen Momenten, mit zahllosen personellen Überschneidungen, Kontakten und Querverbindungen. Die TeilnehmerInnenzahlen an den Demonstrationen schwankten zwischen 500 und 5000, öfters gab es Gerangel entweder mit der Polizei, hysterischen SPÖ Ordnern oder dem RFS, der damals eine beachtliche Stärke hatte. Es fehlte freilich ein wesentliches, herausragendes Ereignis, das die Bewegung inhaltlich und organisatorisch strukturiert hätte. Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, 68 hätte es in Österreich nicht gegeben oder die Szene sei wesentlich schwächer als etwa in München oder Hamburg gewesen. 

Die Arena-Bewegung 

Es gab mit einigen Jahren Verspätung eine genuine 68er Bewegung in Wien, die alle Zeichen einer fröhlichen Vermischung der inzwischen getrennt marschierenden Milieus zeigte. Wie bei allen realen politischen Ereignissen, gab es zwar auslösende Aktionen, doch die tatsächlichen Ereignisse hatte niemand geplant, geschweige denn, vorausgesehen. Die „Arena“ war ein riesiges Gelände. Erbaut 1915 bis 1926 diente sie jahrzehntelang als Schlachthof. 1976, längere Zeit nicht mehr im Betrieb, sollte sie abgerissen werden. Da es sich um ästhetisch einmalige Ziegelbauten handelte, setzte sich eine Gruppe von ArchitektInnen gegen die geplante Schleifung ein. Aus einem Solidaritätskonzert entwickelte sich rasch eine bedeutende Bewegung, das Areal wurde am 27. Juni 1976 besetzt, über 70.000 Unterschriften für die autonome Nutzung gesammelt. Was machte damals 68 wieder so lebendig? Einerseits verschmolzen die unterschiedlichsten politischen, kulturellen und sozialen Milieus nicht nur in proklamierter Solidarität, sondern auch im praktischen Gebrauch des Geländes. Andererseits – und das ist für mich der entscheidende Punkt – konnte und wollte niemand sagen, was denn die „Arena“ eigentlich bedeutete. Eine Möglichkeit, jenseits von kommerziellen Bedingungen Kunst, Kultur und Musik zu machen, einen Platz für die verschiedensten Versammlungen, ein Stützpunkt diverser Bewegungen, ein wenig „polizeifreier“ Raum, ein Ort für ungezwungene Kommunikation, das alles, und doch irgendwie noch mehr? Womit identifizierten sich eigentlich die Besetzer und Besucher, die zahllosen sich eifrig solidarisierenden Prominenten? Antworten gab es viele, Peter Brückner hielt ergriffen eine Rede, die maoistischen und trotzkistischen Organisationen tüftelten ihre Strategien für die Verhandlungen mit der Gemeinde Wien aus, andere waren einfach dort und fühlten sich wohl. Es gab eine Arena-Zeitung und ein Arena-Lied - „Wir bleim, wir gengan nima furt“, ein von den BesetzerInnen konzipiertes Arena-Theaterstück,  – doch die eigentümliche Transzendenz des Projekts „Arena“ blieb unfaßlich. (Am 11. Oktober ließ die Gemeinde Wien das Gelände bis auf einen kleinen Teil, den es heute noch gibt, räumen und in Folge abreißen.) 

Italien  

In keinem anderen Land zeigte sich die 68er Bewegung in einer derartigen Breite, Intensität, Dichte und Vielfalt wie in Italien. War es bei Frankreich, Deutschland und Österreich noch irgendwie möglich, einige wesentliche Züge der 68er Bewegung herauszuarbeiten, so scheint dieses Unternehmen bei Italien vollkommen tollkühn. Trotz dieser Probleme möchte ich drei Thesen vorstellen, die einen ersten Eindruck von 68 in Italien vermitteln sollten. 

Erstens: Die ArbeiterInnenkämpfe, insbesondere bei Fiat, aber auch in anderen norditalienerischen Großbetrieben waren so intensiv, daß sich die Bewegung auf inhaltlichem Boden (jenseits von bloßer Solidarität und Kampf gegen die Repression) entwickeln konnte. Ebenso war die Rebellion der StudentInnen direkt auf ihre miserable Lebens- und Studiensituation bezogen. Ebenso wie die ArbeiterInnen die Fabrik als fremd und feindlich erführen und erkannten, erkannten die StudentInnen, daß die Universität keineswegs ein „Freiraum“ oder seine „Spielwiese“ ist. Diese von Haus aus praktische Wendung der Revolte ermögliche, so Guido Viale, die Basis für den tatsächlichen Kontakt zwischen ArbeiterInnen und StudentInnen: „Nicht obwohl, sondern weil sie für ihre Interessen kämpfen, finden die Studenten Zugang zu den Arbeitern.“ (...) „Daß das Kapital nicht irgendwo, sondern in der Funktionsweise der Universität und im Alltag der Studenten aufzuspüren ist: diese Einsicht ist eine der wesentlichsten Lehren der 68er Bewegung.“ (Viale 1977; 31) Die soziale und kulturelle Trennung, die es in der französischen Gesellschaft 1968 zwischen ArbeiterInnen und StudentInnen gegeben hat, scheint in dieser Schärfe in Italien nicht existiert zu haben. Über die damalige Situation in Neapel berichtet Viale etwa: „In Schulen und Universitäten sind, unter elendesten Bedingungen, Massen von Jugendlichen konzentriert, oft Pendler und Auswärtige, Saison- oder Halbtagsarbeiter.“ (Viale 1977; 32) Den StudentInnen war also „der Arbeiter“ ökonomisch, kulturell, sozial und schlußendlich politisch zu nahe, als daß Mythen in einem solchen Ausmaß über das fremde und ferne Wesen „ArbeiterIn“ entstehen konnten, wie etwa in der BRD um 1970. Die Formel der „Einheit zwischen ArbeiterInnen und StudentInnen“ konnte teilweise realisiert werden, was der Bewegung einen klaren Sinn für Realitäten, trotz utopischer Momente, bescherte.  

Zweitens: Das Verhältnis zwischen dem kulturellen und dem politischen Flügel entwickelte sich in Italien in eigentümlicher Form gegenläufig. „In Italien entsteht der underground später als in anderen Ländern – und fällt dann bald der Studentenbewegung zum Opfer: auf Jahre hinweg werden die Interessen der Jugendlichen vollständig vom politischen Kampf und seinen Inhalten absorbiert werden.“ (Viale 1977; 19) Allerdings sind keine Anzeichen einer Entwicklung in klaren Phasen zu finden. Obwohl irgendwie absorbiert, verschwindet das kulturelle Moment nicht, sondern taucht immer wieder, insbesondere auch in der 77er Bewegung, auf: „Der Underground wird als parallele Strömung weitergehen, eigene Wege der Untersuchung einschlagen, aber in seinem Inneren hatte sich noch vor 1968 eine Abspaltung von bemerkenswerter Komplexität vollzogen, die sich auf die Erfahrung der französischen Situationisten bezog.“  (Balestrini/Moroni 1994; 78) Gerade weil es keine klare, abgegrenzte Hippie-Phase und einen Hippieflügel gab, verschwanden diese Momente nicht, obwohl sie nie in Reinheit hervortraten, sondern wirkten unterirdisch weiter. „Und doch stellt diese alternative Kultur eine der bedeutendsten und lebendigsten Komponenten der Bewegung dar – anders als z.B. in England, wo die politische Bewegung der Studenten und die kulturelle der drop-outs voneinander getrennt blieben und sich gegenseitig nicht beeinflußten.“ (Viale 1977; 19)  

Drittens: Gerade weil die Bewegung so viele reale Zentren und Brennpunkte hatte, folgte sie keinem linearen Schema, weder nach dem Muster der Kurve der Rebellion in Frankreich, noch nach klar überschaubaren Phasen wie in Deutschland. (Dazu mehr im nächsten Abschnitt) Vor allem: Italien scheint eines der wenigen Länder zu sein, in denen der Feminismus innerhalb der 68er Bewegung wirksam wurde, und dadurch die Perspektive des politischen Handelns und der Rebellion nachhaltig veränderte. Während für andere Länder von einem klaren Ende der 68er Bewegung auszugehen ist, das etwa im Falle der BRD sehr leicht am Zerfall des SDS festgemacht werden kann, muß in Italien eher von verschiedenen Transformationen gesprochen werden.  

Nach 68 (Deutschland und Österreich) 

Lutz Schulenburg hat seiner Materialsammlung zu 68 den Titel gegeben: „Das Leben ändern, die Welt verändern!“ Die große Entmischung ließ die Bewegung in diese zwei Flügel zerfallen. Das eigene Leben zu ändern trat plötzlich in Gegensatz zur proklamierten Veränderung der Welt. Fast beiläufig formulierte Rudi Dutschke das unausgesprochene Programm der 68er: „Weil uns diese Aktionen innerlich verändern, sind sie politisch. Politik ohne innere Veränderung der an ihr Beteiligten ist Manipulation von Eliten.“ (R. Dutschke 1968; 76) Die Trennung dieser beiden Momente ließ beide Seiten nicht unberührt. Das Beharren auf der eigenen Subjektivität und der persönlichen Emanzipation nahm einen separatistischen Charakter an. Nun fühlte mensch sich nicht mehr als Teil einer umfassenden, weltumspannenden Revolte, sondern erkannte sich als besonderes Subjekt, das außerhalb, ja im Gegensatz zur Bewegung überhaupt stand. Während der gesamten 68er Entwicklung in den USA mißlang der Brückenschlag zur Black Panther Bewegung. Dies mit rein soziologischen Kriterien erklären zu wollen, weiße Mittelschicht da, schwarze Unterschicht dort, ist zu oberflächlich. Die Black Panthers waren zweifelsohne ein machtvolle Oppositionsbewegung, aber sie waren vom Geist der 68er nicht erfaßt.  

Ebenso entstand die neue Frauenbewegung als Reaktion auf 68. Sie war die wichtigste Form der subjektiven Wende der Revolte, die nun auf Widersprüche innerhalb der Bewegung beharrte. Obwohl sich Frauen im selben Maße an der Revolte wie Männer beteiligten, konnten sie kaum in repräsentative Gremien vorstoßen. Der Aufstand der Frauen auf der Delegiertenkonferenz des SDS im September 1968 gegen die Dominanz der männlichen Genossen blieb letztlich eine Einzelaktion. Ein spezifisches Bewußtsein von der besonderen Unterdrückung der Frauen existierte in der 68er Bewegung ebensowenig, wie ein Bewußtsein über die massiven ökologischen Schäden der Industriegesellschaft oder die spezifische Besonderheit des deutschen Faschismus. Diese Tatsachen, die uns heute wohl als Defizite erscheinen, finden sich natürlich in zahllosen kritischen Arbeiten zu 1968. Allerdings, alle diese oft sehr harschen Rügen wurden allesamt Jahre, ja Jahrzehnte nach 68 verfaßt.  

Spiegelbildlich entfaltete sich die Welt der K-Gruppen und der trotzkistischen Internationalen. An der Veränderung der Welt wurde festgehalten, doch hatte sich nun das Individuum als Werkzeug diesem Ziel unterzuordnen. Insbesondere Peter Brückner kritisierte das Ausblenden dieser Dimension und zwei seiner Schüler beklagten „die totale Eliminierung der eigenen subjektiven Antriebe und Bedürfnisse aus der politischen Praxis.“ (Eisenberg/Thiel 1975; 3) In den Kreisen der Parteigründer machte stets die Rede von den „objektiven Notwendigkeiten“ die Runde. Diese Notwendigkeiten sahen alle ein, alle waren bereit, sich ihnen unterzuordnen. Es ist daher unrichtig, diese Gruppen als besonders autoritär strukturiert zu bezeichnen. Es war eher Selbstdisziplin und freiwillige Bereitschaft zum Einsatz, die mit Notwendigkeit rigide innere Strukturen produzierte. Doch die Ablehnung der subjektiven Emanzipation – als bürgerlicher Individualismus gegeißelt – war nicht völlig aus der Luft gegriffen. Nach dem Verlöschen der eigentlichen 68er Bewegung trat die subjektive Seite und das Festhalten an einer weltumspannenden Perspektive tatsächlich in einen gewissen Gegensatz; das wurde durchaus erkannt. Diese Wende kann am veränderten Umgang mit Psychoanalyse illustriert werden. Wie die Liste der Raubdrucke ja plastisch zeigt, rezipierte die Bewegung intensiv die Schriften von Reich, Freud und Klein. Aber Psychoanalyse wurde als Gesellschaftstheorie verstanden, als Lehre von der gesellschaftlichen Unterdrückung der Triebe, Wünsche und der psychischen Struktur. Und diesen Deformationen konnte nur auf gesellschaftlicher oder zumindest politisch-kollektiver Ebene begegnet werden. Als therapeutische Praxis fungiere die Psychoanalyse im Sinne des Status Quo, repariere das Individuum im Sinne der herrschenden Nomen und Werte. Diese These, von Herbert Marcuse formuliert, wurde von der Bewegung mit fliegenden Fahnen übernommen. Erst der völlige Zusammenbruch der letzten Reste der 68er ebnete der entpolitisierten Psychoszene und ihrem Flirt mit der Esoterik den Weg. 

Aber nicht nur das Beharren auf einem allumfassenden Revolutionsanspruch wies die K-Gruppen als partielle Erben der 68er Bewegung aus. In verblüffender Homologie zur Hippie-Szene reproduzierten die ParteigründerInnen die strikte „Wir“ - „Sie“ Dichotomie der Welt. Die Elemente waren naturgemäß völlig verschieden. Bezogen die einen ihre radikale Weltsicht aus einem gut gefüllten Joint, so die anderen aus dem Studium marxistischer Schriften. Im Prinzip lebten beide Gruppen, im Gegensatz zu den „NormalbürgerInnen“ gleichermaßen in zwei völlig verschiedenen Welten. Auf der einen Seite gab es die Gesellschaft mit ihren falschen Werten, ihrem dummen Gerede und irrwitzigen Institutionen, auf der anderen Seite jener kleine, verschworene Kreis von Eingeweihten, der eine Totalität von Sinnbezügen und sozialen Beziehungen konstituierte.  

Zusammenfassende Überlegungen 

Ich möchte abschließend nochmals zwei Aspekte hervorheben, die mir nicht nur für das Verständnis der 68er Bewegung wesentlich erschienen, sondern auch gegenwärtig virulent sind. Das ist zum einen die Frage der sozialen Zusammensetzung der Bewegung und zum anderen der Typus von Politik, den 68 geprägt hat. 

Nicht nur die Linke, auch die bürgerliche Soziologie hatte mit der sozialen Identität der 68er Bewegung ihre liebe Not. Ausdrücke wie „Jugendbewegung“, „StudentInnenbewegung“ oder das Bemühen des Generationsbegriffes von Karl Mannheim hatten zweifellos eine gewisse Berechtigung, nur ersetzen sie keine klassenmäßige Analyse. In einem interessanten Referat[x] vertrat Claus Leggewie die These, seit den 60er Jahren hätte sich das politische Verhalten der Arbeiter- bzw. Mittelstandsjugend reziprok verändert. Salopp gesagt, die Arbeiterjugend würde nach rechts, die Mittelstandsjugend nach links driften. So gesehen erscheint nicht nur die 68er Bewegung, sondern auch die gegenwärtigen, wie etwa die sogenannte Antiglobalisierungsbewegung oder die Bewegung gegen Schwarzblau, die unermüdlich jeden Donnerstag eine Demo durchführte, als „mittelständisch“.  

Ich meine hingegen, daß die Charakterisierung der 68er, aber auch heutiger Bewegung als „mittelständisch“ oder gar „kleinbürgerlich“ eher soziologischen Kriterien, denn einer tatsächlichen Klassenbestimmung entspringt. Auch auf die Gefahr hin, daß nun auch ich etwas über das Ziel hinausschieße, möchte sich doch eine Gegenthese formulieren. Nicht die „Mittelschichten“ haben sich gewandelt, sondern neue soziale Schichten des Proletariats sind entstanden, Schichten, die allerdings keinen proletarischen Stallgeruch verströmen. Ich meine, daß die Linke unter dem Schlagwort „Proletarisierung“ völlig falsche Vorstellungen transportierte. Unter dem Begriff „Proletarisierung“ wurde fälschlich eine ökonomische, lebensweltliche, kulturelle und habituelle Annäherung an eine bestehende ArbeiterInnenklasse verstanden. Anders gesagt, „Proletarisierung“ meint, daß ehemalige Individuen aus Mittelschichten so zu leben, arbeiten, denken, handeln, zu wohnen und sich zu vergnügen beginnen wie das bestehende Proletariat in seiner auch soziologisch beschreibbaren Form, daß neue, abgesunkene Schichten gewissermaßen zur bestehenden ArbeiterInnenklasse dazu addiert werden und diese zahlenmäßig vermehren. Den Begriff „Arbeiterklasse“ definierte Jürgen Kuczinski in einer geradezu putzig naiven Form: „Die Arbeiterklasse ist die Klasse der Industriearbeiter, der an Maschinen in Fabriken arbeitenden Proletarier“.[xi] Nicht ohne Süffisanz konnten bürgerliche Soziologen der Linken vorrechnen, die Anzahl der männlichen Industriearbeiten analog mit dem Rückgang dieses Sektors sinken; ist die ArbeiterInnenklasse schlicht mit dem Aussterben bedroht? Diese Auffassung ist natürlich Unfug. Was sich meiner Ansicht nach 68 in Keimform ankündigte, und seitdem massiv zugenommen hat ist eine neue, dem Postfordismus entsprechende ArbeiterInnenklasse die sich – und das ist der Punkt – kulturell, lebensweltlich, habituell und in den alltäglichen Lebensformen vom fordistischen Proletariat, genauer, vom imaginieren und idealisierten Bild des fordistischen Massenarbeiters, unterscheidet. Zu diesen Unterscheidungen zählt unter anderem auch das Niveau der Bildung, wenn wir einmal in unseren Breiten bleiben. Doch die Linke ist noch immer stark an rein soziologischen Merkmalen orientiert, auch wenn sie die Primitivität eines Kuczinski überwunden hat. Es ist leicht, hier die Probe aufs Exempel zu machen. Man höre sich einmal in der Linken um, ob eine Person, die Matura oder gar ein Studium abgeschlossen hat, zum Proletariat zähle. Natürlich ist die Frage schief gestellt, denn aus der Bildung allein resultiert mitnichten eine klassenmäßige Zuordnung. Das mag in der Zwischenkriegszeit so gewesen sein, gilt aber spätestens seit 68 nicht mehr. Ich könnte hier wirklich duzende Biographien von Personen anführen, deren soziale Existenz, trotz Matura und Studium mit besten Willen nicht als „mittelständisch“ zu bezeichnen ist. Trotzdem, eine Hochschulabsolventin kann eine Proletarierin sein? Da zögert der linke Menschenverstand immer noch.  

Noch ein zweites Bespiel für soziologische Befangenheit. Im Sommer dieses Jahres demonstrierten über 5000 Jugendliche in Wien unter dem Motto „Hanffeuer“ für die Legalisierung von Cannabis. Ich verwette meine Incredible-String-Band Plattensammlung, daß ein großer Teil der Linken ferndiagnostisch – schließlich war man ja nicht anwesend – diese Demonstration als nicht proletarisch bezeichnen würde. So darf mensch sich die kämpferische Proletarierjugend nicht vorstellen! Wie dann? Im Sinne der soziologisch verengt definierten Arbeiterjugend sozialdemokratischer Jugendzentren, die imaginieren Jugendlichen der Gewerkschaft, die Jugend repräsentiert durch die „Roten Falken“?  

Zusammenfassung: Ausdrücke wir „mittelständisch“ sind hilflose Rest- und Residualkategorien für Bewegungen, deren kultureller Habitus, Sprache und kulturellen Interessen veralteten Klischees „des Proletariers“ nicht entsprechen. Eine tatsächliche Klassenbestimmung müßte von den Lebens- und Arbeitsbedingungen ausgehen, wie sie der Postfordismus geschaffen hat. Die übliche Kennzeichnung der 68er Bewegung, aber auch vieler Bewegungen gegenwärtig als „irgendwie“ nicht „wirklich“ proletarisch entsprechen in der Regel einfach kulturalistisch und soziologistischen Abkürzungen. 

Das ganze Leben 

Der zweite Punkt, den ich abschließend nochmals betonen möchte, wurde im ersten Teil dieses Artikels mehrfach angesprochen. Ich will mich jetzt mit einer knappen Zusammenfassung begnügen. Sowohl im Bewußtsein als auch im praktischen Handeln verknüpfte die 68er Bewegung die Rebellion gegen die herrschende Vergesellschaftung mit der Emanzipation des eigenen Selbst. Politik bedeutet sowohl Veränderung des Gegebenen wie Selbstveränderung. Politik kann nicht (nur) Ausdruck von gegebenen Bedürfnissen und Interessen sein, sondern von Reflexion dieser Bedürfnisse, von der Schaffung neuer Bedürfnisse, die ihrerseits Resultat des erreichten Standes der Emanzipation darstellen. Wie kaum eine andere Bewegung beharrten die 68er auf Selbstreflexion, oft bis zur masochistischen Selbstanklage gesteigert. Die eigene Person, die konkreten sozialen Verhältnisse nicht zu thematisieren, das hieß in der Sprache der 68er schlicht bürgerliches Politikverständnis, mochten die Forderungen und Losungen noch so radikal und kapitalismuskritisch formuliert werden. 

Auch wenn diese Gesinnung oftmals hölzern und schematisch proklamiert wurde, auch wenn mit sehr verkürzten Annahmen operiert wurde, etwa der These von Wilhelm Reich, sexuelle Freiheit würde mir nichts dir nichts den Kapitalismus zum Einsturz bringen, so wurde jedoch niemals der Zusammenhang zwischen der individuellen Emanzipation und der Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse aus den Augen verloren. Das Auseinanderdriften dieser beiden Momente markiert das eigentliche, frühe Ende der 68er Bewegung. Aus einem sowohl als auch wurde ein entweder oder. Ironischerweise wurzelte die seltsame Karriere des Leninismus nach 1968 immer noch im Geist der Bewegung. Nach Lenin ist das Proletariat auch wenn es um seine Interessen kämpft, nur zu einem beschränkten Bewußtsein fähig. Streiks und Widerstand – so die Thesen des Leninismus – sollen aber das Proletariat für die Einsichten der Avantgarde empfänglich und aufnahmebereit machen. Nun, dieser Prozeß gab es nicht einmal in Ansätzen, weder in Frankreich, noch in Italien. Es gab in nur in den diversen Schriften trotzkistischer und maoistischer Organisationen. Tatsächlich erfolgreich angewandt wurde der Leninismus von den Protagonisten der 68er Bewegung nur auf sich selbst. Sie imaginieren sich selbst als ursprünglich rebellisch und radikal, aber eben im „bürgerlichen Bewußtsein“ befangen, um nun, während der Phase der Parteigründungen um 1970, zum „proletarischen Bewußtsein“ vorzudringen. Anstatt streikende ArbeiterInnen zu missionieren wurden jene Teile der Bewegung, die sich dem Parteiaufbau verschreiben, zum Objekt des Hineintragens der wissenschaftlichen Analyse der kapitalistischen Gesellschaft. 

In der besonderen Form, mit den besonderen Einfärbungen ist dieses Politikverständnis sicher Geschichte, aber ich meine, daß ihr prinzipieller Gehalt mehr den je aktuell ist. Kritik und Widerstand gegen die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse vom Prozeß der Emanzipation zu trennen, ist immer unzureichend. In diesem Zusammenhang eine kleine Überlegung zu ATTAC und deren Konzept der Tobin-Tax[xii]. Die Frage, ob die Tobin-Tax sinnvoll ist oder nicht, will ich hier ausklammern, das ist nicht das Thema dieses Artikels. Zumal es an Kritik von linker Seite nicht fehlt, aber ich kenne keinen Einwand, der auf die ungeheure Ferne zu den Bedürfnissen und Widerstandformen von Subjekten hinweist. Selbst solche simplen Forderungen wie Lohnerhöhungen oder die Abschaffung der Studiengebühren wirken sich in realen Bezügen unmittelbar aus, stärken die gesellschaftliche Situation der Betroffenen. Die Idee des Herrn Tobin jedoch hat nicht die leiseste Verknüpfung zu den Bedürfnissen revoltierender Subjekte. Daraus ist sicher nicht linear zu schließen, sie sei falsch und abzulehnen. Aber als rein technokratische Maßnahme steht sich außerhalb von Emanzipationsprozessen. Wenn wir heute von 1968 etwas lernen können dann dies: linke Politik muß von diesen Prozessen ausgehen, sie artikulieren, reflektieren und letztlich mit dem Prozeß der realen Befreiung verschmelzen. 

E-mail Adresse des Autors: karl.reitter/ at /univie.ac.at  

Zitierte Literatur:

Agnoli, Johannes (1998) „1968 und die Folgen“, Freiburg

Balestrini, Nanni; Moroni, Primo (1994) „Die goldene Horde. Arbeiterbewegung, Jugendrevolte und bewaffneter Kampf in Italien”, Berlin

Dutschke, Gretchen (1998) „Rudi Dutschke. Wir hatten ein barbarisches, schönes Leben“, München

Dutschke, Rudi (1968) „Die Widersprüche des Spätkapitalismus, die antiautoritären Studenten und ihr Verhältnis zur Dritten Welt“, in: Bergmann, Dutschke, Lefèvre, Rabehl, „Rebellion der Studenten oder Die neue Opposition“, Reinbek bei Hamburg

Eisenberg, Götz; Thiel Wolfgang (1975) “Fluchtversuche. Über Genesis, Verlauf und schlechte Aufhebung der antiautoritären Bewegung“, Gießen

Fichter, Tilman, Lönnendonker, Siegwart (1977) „Kleine Geschichte des SDS“, Berlin

Gilcher-Holtey, Ingrid (1995) „Die Phantasie an die Macht. Mai 68 in Frankreich“, Frankfurt am Main

Mandel, Ernest (1969) „Die Lehren vom Mai 1968“ In: A. Glucksmann, A. Gorz, E. Mandel, J.-

Rauch, Malte, J., Schirmbeck, H. Samuel (1968) „Die Barrikaden von Paris. Der Aufstand der französischen Arbeiter und Studenten“, Frankfurt am Main

Viale, Guido (1979)„Die Träume liegen wieder auf der Straße. Offene Fragen der deutschen und italienischen Linken nach 1968“, Berlin

Anmerkungen


[i] Quelle: Gilcher-Holtey. Andere Berichte sprechen von bis zu einer Million GegendemonstrantInnen

[ii] Folgende Zahlen habe ich aus den Arbeiten von Rauch/Schirmbeck (1968), Gilcher-Holtey (1995) und der Quelle: http://www.passe-partout.de/docs_fr/fakecof.htm#zahlen zusammengestellt. Studierende in Frankreich: 1946 - 123.000, 1963 - 383.500, 1966 – 395.000, 1968 – 508.000, 1969 – 587.000, 1972 – 910.000, 1980 – 1.176.000, 1993 – 2.064.000, 2002 – 2.126.000

[iii] „Neokapitalismus“ war damals ein beliebter Ausdruck. Über das „Neo“ konnte und wollte freilich niemand so recht Auskunft geben, manche sprachen lieber optimistisch vom „Spätkapitalismus“.

[iv] Allein der Ausdruck „Widersprüche“ wäre eine eigene Diskussion wert. Was unterschiedet Widersprüche von Gegensätzen und Verschiedenheit? Wieso ist Befreiung ein Ausdruck von Widersprüchen? Ist Befreiung nicht primär als Prozeß zu denken? Das Blättern in Hegels Logik wird diese Fragen jedenfalls nicht lösen.

[v] Nur sieben Tage nach den Todesschüssen auf Ohnesorg wirft Jürgen Habermas auf einem Kongreß in Hannover der Bewegung „Linksfaschismus“ vor. Es geht nichts über ein gewisses Fingerspitzengefühl.

[vi] Bachmann stand später mit Rudi Dutschke in Briefkontakt. Offenbar hatte er es nicht verkraftet, bloßes Werkzeug einer zynischen Presse gewesen zu sein. „In der Nacht vom 23. auf den 24 Februar 1970 beging Josef Bachmann Selbstmord.“ (G. Dutschke 1998; 244)

[vii] Habermas kam dafür so und so nicht in Frage: „Wir in Berlin betrachteten diesen großen deutschen Philosophen keineswegs als Mentor der Studentenbewegung, sondern eher als Gegner.“ (Agnoli 1998; 8)

[viii] Maschke war mit Gefängnis bedroht, sollte er an die BRD aufgeliefert werden. Schließlich fand er in Cuba Asyl, wandte sich aber dort nach und nach von der Linken ab.

[ix] Am 6.Juni 1968 zogen Günter Brus, Oswald Wiener und  Otto Mühl alle Register, Brus ließ sich auspeitschen und sang dabei die Bundeshymne, Mühl verrichtete seine Notdurft. Die ganze Sache wäre benahe unbemerkt über die Bühne gegangen, hätte nicht ein gewisser Michael Jeannee am 10.6.1968 einen entsprechenden Artikel im „Express“ veröffentlicht. Offiziell trat als Veranstalter der sich gerade in Auflösung befindliche SÖS auf.

[x] Gehalten im „Institut für die Wissenschaft vom Menschen“ in Wien vor zirka fünf, sechs Jahren

[xi] Gestne

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