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G. M. Tamás: Über Postfaschismus Wie Staatsbürgerschaft ein exklusives Privileg wird[1] Ich habe ein Interesse anzumelden. Die Regierung meines Landes, Ungarns, ist – zusammen mit der Bayrischen Landesregierung (ländlich in mehr als einem Sinne) – die stärkste ausländische Unterstützerin von Jörg Haiders Österreich. Das rechtsgerichtete Kabinett in Budapest versucht gerade, neben anderen Missetaten, die parlamentarische Herrschaft zu unterdrücken, indem sie lokale Behörden mit einer anderen politischen Ausrichtung als der eigenen unter Strafandrohung stellt und eifrig eine neue Staatsideologie schafft und durchsetzt, und zwar mit der Hilfe einer Anzahl von Lumpenintellektuellen[2], einige deklarierte Neonazis eingeschlossen. Sie steht in geheimer Verbindung mit einer offen und bösartig antisemitischen, faschistischen Partei, die leider auch im Parlament vertreten ist. Leute, die für das Büro des Premierministers arbeiten, betreiben mehr oder weniger vorsichtig Geschichtsleugnung im Hinblick auf den Holocaust. Das von der Regierung kontrollierte Staatsfernsehen tobt sich mit Krudem gegen Zigeuner gerichtetem Rassismus aus. Die Fans des im Land populärsten Fußballklubs, dessen Präsident ein Minister und Parteiführer ist, singen im Chor über den Zug, der bald nach Auschwitz fährt. Im Erdgeschoß der Mitteleuropäischen Universität in Budapest kann eine Ausstellung besichtigt werden, die sich mit den Jahren des Umsturzes vor etwa einem Jahrzehnt befasst. Hier gibt es ein Video, 1988 illegal aufgenommen, und da sehen wir den derzeitigen ungarischen Premierminister, wie er mich verteidigt und mit seinem Körper vor den Schlagstöcken der kommunistischen Bereitschaftspolizei schützt. Zehn Jahre später ernannte derselbe Mensch einen kommunistischen Polizeigeneral zum Innenminister, dem zweit- oder drittwichtigsten Mitglied im Kabinett. Politische Auseinandersetzungen zwischen früheren Freunden und Verbündeten sind üblicherweise scharf. Das hier ist keine Ausnahme. Ich bin ein aktiver Parteigänger einer beginnenden antifaschistischen Bewegung in Ungarn, ein Redner bei Aufmärschen und auf Demonstrationen. Ich kann mich also nicht als neutralen Beobachter verstehen. Das Phänomen, das ich Postfaschismus nennen werde, ist nicht auf Mitteleuropa beschränkt. Ganz im Gegenteil. Sicher sind Deutschland, Österreich und Ungarn dabei wichtig, aus historischen Gründen, die allen verständlich sind. Vertraute Phrasen haben, wenn sie hier wiederholt werden, andere Nachklänge. Kürzlich sah ich, dass die alte Ziegelfabrik im dritten Bezirk von Budapest abgerissen wird; ich höre, dass sie an dieser Stelle eine abgeschlossene Siedlung, eine gated community von Vorstadtvillen errichten werden. Die Ziegelfabrik ist der Ort, an dem die Budapester Juden darauf warteten, in die Konzentrationslager transportiert zu werden. Man könnte genauso gut Ferienhäuser in Treblinka errichten. Unsere Wachsamkeit ist in diesem Teil der Welt möglicherweise mehr gefragt als anderswo, da Unschuld, in historischer Hinsicht, nicht unterstellt werden kann[3]. Dennoch ist Postfaschismus ein Gemenge aus Politik- und Praxisansätzen, aus Gewohnheiten und Ideologien, die zurzeit überall in der Welt beobachtet werden können, die wenig oder gar nichts, mit Ausnahme von Mitteleuropa, mit dem Erbe des Nationalsozialismus zu tun haben, die nicht totalitär sind, die überhaupt nicht revolutionär sind und die sich nicht auf gewalttätige Massenbewegungen und irrationalistische, voluntaristische Philosophien stützen, die auch nicht, nicht einmal spaßhalber, mit Antikapitalismus spielen. Warum also dieses Gemisch von Phänomenen Faschismus nennen, wenn auch mit dem Vorsatz Post? Postfaschismus findet leicht seine Nische in der neuen Welt des globalen Kapitalismus, ohne die vorherrschenden politischen Formen der Wahlrechtsdemokratie und der repräsentativen Herrschaft umzustoßen. Er vollführt das, was ich als zentral für alle Schattierungen von Faschismus, einschließlich seiner nachtotalitären Version, halte. Auch ohne Führer, ohne Einparteienherrschaft, ohne SA oder SS verkehrt der Postfaschismus die Absicht der Aufklärung, Staatsbürgerschaft zur Bedingung menschlicher Existenz zu machen. Vor der Aufklärung war Staatsbürgerschaft ein Privileg, ein ausgezeichneter Status, beschränkt durch Abstammung, Klasse, Rasse, Glaube, Geschlecht, politische Teilnahme, Sitten, Beruf, Protektion und administrative Ermächtigung, von Alter und Bildung ganz zu schweigen. Aktive Teilhabe in der politischen Gemeinschaft war eine Position, die ersehnt wurde, cives romanus sum die Behauptung einer gewissen Nobilität. Die Politik, Staatsbürgerschaft auszuweiten, konnte großzügig oder knauserig sein, aber die Regel lautete, dass der Rang des Staatsbürgers durch gesetzmäßig konstituierte Autoritäten, entsprechend der hergebrachten Sitten, verliehen wurde. Das Christentum wie auch manche Stoiker trachteten, diese Art beschränkter Staatsbürgerschaft zu überwinden, indem sie sie als zweitrangig oder unwesentlich, gemessen an der eigentlichen Gemeinschaft der Erlösten, betrachteten. Freiheit von der Sünde war der Freiheit der Stadt überlegen. Während der langen mittelalterlichen Wertlosigkeit des Zivilen, Bürgerlichen wurde das Verlangen nach aktiver Mitgliedschaft in der politischen Gemeinde von den Erfordernissen gerechter Herrschaft überlagert und Hervorragendes in der Gemeinschaft war verkürzt zu kriegerischer Tugend. War aber Staatsbürgerschaft erst einmal mit menschlicher Würde gleichgesetzt, war ihre Ausdehnung auf alle Klassen, Berufe, beide Geschlechter, alle Rassen, Bekenntnisse und Orte nur noch eine Frage der Zeit. Allgemeines Wahlrecht, Wehrpflicht und ein staatliches Bildungssystem für alle mussten folgen. Darüber hinaus verlangte die nationale Solidarität, waren erst einmal alle Menschen als fähig betrachtet, den hohen Rang des Staatsbürgers zu erreichen, in dieser neuen egalitären Gemeinschaft die Abschaffung des Standes des Menschen, eine würdige materielle Existenz für alle und die Ausrottung der Reste von persönlicher Knechtschaft. Der Staat, der augenscheinlich alle repräsentierte, war angehalten, nicht nur ein Minimum an Reichtum für die meisten, sondern auch an freier Zeit zu garantieren, was einmal das ausschließliche Gut nur der Herren war, um uns in die Lage zu versetzen, zu spielen und die Errungenschaften der Kultur zu genießen. Für die liberalen, sozialdemokratischen und andere fortschrittliche Erben der Aufklärung bedeutete dann Fortschritt allgemeine Staatsbürgerschaft – das heißt eine tatsächliche Gleichheit der politischen Bedingung, eine tatsächlich gleiche Stimme für alle in den gemeinsamen Angelegenheiten welcher Gemeinschaft auch immer – zusammen mit einer gesellschaftlichen Verfassung und einer Vorstellung von Vernunft, die dies möglich machen konnte. Für einige schien Sozialismus geradewegs die Fortführung und Erweiterung des Projekts der Aufklärung, für einige, wie Karl Marx, erforderte die Erfüllung dieses Projekts eine Revolution (die mit der Aneignung des Mehrwerts aufräumen und ein Ende der gesellschaftlichen Arbeitsteilung bedeuten sollte). Aber ihnen allen erschien es vollkommen klar, dass die Verschmelzung von menschlichen und politischen Bedingungen schlicht eine moralische Notwendigkeit war[4]. Die wüsten Verurteilungen der bourgeoisen Gesellschaft im 19. Jahrhundert – die gemeinsame Grundlage, zumindest zeitweise, der kulturellen Avantgarde und der politisch Radikalen – entstammten der Überzeugung, dass der Prozess, wie er war, betrügerisch und dass individuelle Freiheit nicht alles war, was sie sein sollte, aber nicht der Sicht, dass das Bemühen wertlos sei, was nur einige Wenige vertraten. Es waren nicht nur Nietzsche und Dostojewski, die fürchteten, dass wachsende Gleichheit alle ober und unter der Mittelschicht in bourgeoise Philister verwandeln würde. Fortschrittliche Revolutionäre wünschten auch einen Neuen Menschen, Mann und Frau, frei von den inneren Dämonen der Repression und Herrschaft: Eine zivile Gemeinschaft, die gleichzeitig die (im Original hervorgehoben) menschliche Gemeinschaft ist, brauchte neue moralische Vorstellungen, gegründet in der Achtung der bis jetzt Ausgeschlossenen. Dieses Abenteuer endete im Debakel von 1914. Faschismus bot die entschlossenste Antwort auf den Zusammenbruch der Aufklärung an, vor allem des demokratischen Sozialismus und der fortschrittlichen Gesellschaftsreform. Faschismus, im Ganzen betrachtet, war nicht konservativ, auch wenn er konterrevolutionär war: Er stellte nicht wieder den Erbadel oder die Monarchie her, trotz manchen romantisch-reaktionären Geschwätzes. Aber er war im Stande, den wichtigsten regulativen Begriff (oder die Schwelle) der modernen Gesellschaft zunichte zu machen: den der allgemeinen Staatsbürgerschaft. Bis dahin sollten Regierungen jeden und jede vertreten und schützen. Nationale oder staatliche Grenzen bestimmten den Unterschied zwischen Freund und Feind. Fremde konnten Feinde sein, Mitbürger nicht. Ohne Carl Schmitt, dem Rechtstheoretiker des Faschismus und dem politischen Theologen des Dritten Reichs, nahe treten zu wollen, der Souverän konnte einfach nicht (im Original hervorgehoben) durch Beschluss entscheiden, wer Freund und wer Feind sei. Aber Schmitt hatte in einem fundamentalen Punkt recht: Die Idee der allgemeinen Staatsbürgerschaft enthält einen inneren Widerspruch dahingehend, dass die vorherrschende Institution der modernen Gesellschaft, der Nationalstaat, sowohl eine universalistische als auch eine beschränkte (weil territoriale) Institution ist. Liberaler Nationalismus ist, im Gegensatz zu Ethnizismus und Faschismus, beschränkter – wenn man so will – gemildeter Universalismus. Faschismus machte mit diesem Wankelmut Schluss: Der Souverän war der Richter darüber, wer und wer nicht zur bürgerlichen Gemeinschaft gehörte und Staatsbürgerschaft wurde zur Funktion seines (oder ihres) bösartigen Urteils. Feindschaft zur allgemeinen Staatsbürgerschaft Diese Feindschaft zur allgemeinen Staatsbürgerschaft ist, so behaupte ich, das Hauptmerkmal von Faschismus. Und die Zurückweisung selbst eines gemäßigten Universalismus ist das, was wir heute wiederholtermaßen unter demokratischen Umständen beobachten (ich sage nicht einmal: in demokratischer Verkleidung). Nachtotalitärer Faschismus blüht unter dem breiten Schutzpanzer des globalen Kapitalismus und wir sollten sagen, wie es ist. Es liegt eine Logik in der Erklärung der Nazis, dass Kommunisten, Juden, Homosexuelle und Geisteskranke keine Staatsbürger und daher keine Menschen sind. (Der berühmte Ideologe der Eisernen Garde, der gewandte Essayist E. M. Cioran, unterstrich damals, dass, wenn gewisse Personen nicht menschlich seien, aber Menschlichkeit anstrebten [also Juden], diese Widersprüchlichkeit aufgehoben und aufgelöst werden könne durch deren gewaltsamen Tod, vorzugsweise – folgend dem gefeierten und noch immer modischen Schöngeist – von ihrer eigenen Hand.) Diese Kategorien von Menschen, wie die Nazis sie sahen, repräsentierten Typen, die ausschlaggebend für das aufklärerische Projekt der Inklusion waren. Kommunisten waren der rebellische „niedrigere Typus“, die Massen, die führerlos und steuerlos von wurzellosem Universalismus ins Spiel gebracht wurden, Juden eine Gemeinschaft, die das christliche Mittelalter überlebt hatte ohne eigene politische Macht, geführt von einer im Wesentlichen ohne Zwang agierenden Autorität, das Volk des Buches, per definitionem kein Volk des Krieges, Homosexuelle wegen ihrer Weigerung oder ihrem Unwillen, sich fortzupflanzen, zu vererben und zu tradieren, eine lebende Anfechtung der behaupteten Verbindung von Natur und Geschichte, die Geisteskranken jene, die auf Stimmen hörten, die der Rest von uns nicht wahrnimmt – mit anderen Worten Menschen, deren Anerkennung eine moralische Anstrengung erfordert und nicht unmittelbar („natürlich“) gegeben ist, die sich nur einfügen, indem eine Gleichheit der Ungleichen beschlossen wird. Die gefährliche Unterscheidung zwischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern ist natürlich keine faschistische Erfindung. Wie Michael Mann in seiner bahnbrechenden Studie[5] betont, schließt der klassische Ausdruck „wir, das Volk“ nicht schwarze Sklaven und „rote Inder“ (amerikanische Ersteinwohner) ein und die Definitionen „des Volks“ entlang von ethnischen, regionalen, religiösen Merkmalen und solchen der Klasse haben zu Genozid sowohl „da draußen“ (in Siedlerkolonien) als auch innerhalb von Nationalstaaten (siehe das Massaker an der armenischen Bevölkerung, begangen von modernisierenden türkischen Nationalisten) unter demokratischen, halb demokratischen oder autoritären (aber keinen „totalitären“) Regierungen geführt. Wenn Souveränität auf das Volk übergeht, wird die territoriale und demografische Definition dessen, was und wer das Volk ist, entscheidend. Darüber hinaus ließ der Rückzug der Legitimität von staatssozialistischen (kommunistischen) oder revolutionär-nationalistischen („Dritte Welt“) Regimes mit ihrer nachgeäfft aufklärerischen Definition von Nationalität nur rassische, ethnische und kirchliche (oder religiöse) Grundlagen für einen berechtigten Anspruch oder Titel für „Staatenbildung“ (wie in Jugoslawien, der Tschechoslowakei, der ehemaligen Sowjetunion, Äthiopien-Eritrea, Sudan, etc.) zu. Überall, von Litauen bis Kalifornien, sind also migrantische und sogar autochthone Minderheiten der Feind geworden und müssen sich mit Schmälerung oder Aufhebung ihrer Bürger- und Menschenrechte abfinden. Die Neigung der Europäischen Union, den Nationalstaat zu schwächen und Regionalismus zu stärken (was, bei Ausweitung, die Macht des Zentrums in Brüssel und Straßburg stützen könnte), führt zur Ethnisierung von Konkurrenz und territorialer Ungleichheit (siehe Norditalien gegen den Mezzogiorno, Katalonien gegen Andalusien, der englische Südosten gegen Schottland, flämisches gegen wallonisches Belgien, Bretagne gegen Normandie). Auch der Klassenkonflikt wird ethnisiert und rassifiziert, zwischen der etablierten und gesicherten Arbeiterklasse und niederen Mittelschicht der Metropolen und den neuen Immigranten der Peripherie, auch als Sicherheits- und Kriminalitätsproblem interpretiert[6]. Ungarische und serbische Ethnizisten geben vor, dass die Nation überall ist, wo Personen ungarischer oder serbischer Abstammung ungeachtet ihrer Staatszugehörigkeit zufällig leben, mit der Schlussfolgerung, dass Angehörige ihres Nationalstaats, die ethnisch, rassisch, religiös oder kulturell „fremd“ sind, nicht wirklich zur Nation gehören. Die wachsende Entpolitisierung des Konzepts von Nation (die Verschiebung zu einer kultureller Definition) führt zur Akzeptanz von Diskriminierung als „naturgegeben“. Das ist der Diskurs, den die Rechte ganz offen in Parlamenten und auf Straßenkundgebungen in Ost- und Mitteleuropa, in Asien und zunehmend im „Westen“ anstimmt. Es kann nicht verleugnet werden, dass Angriffe gegen egalitäre Wohlfahrtssysteme und affirmative Methoden des Handelns einen dunklen rassistischen Unterton haben, der von rassistischer Polizeibrutalität und Bürgerwehren an vielen Orten begleitet wird. Die Verbindung zwischen Staatsbürgerschaft, Gleichheit und Territorium, die einst als logisch und notwendig betrachtet wurde, dürfte in dem verschwinden, was der Soziologe Anthony Giddens eine Gesellschaft verantwortungsbewusster Übernehmer von Risiken nennt. Der tiefgründigste Versuch, das Phänomen der politischen Ausschließung zu analysieren, ist Georges Batailles „Die psychologische Struktur des Faschismus“[7], das sich auf die Unterscheidung des Autors von Homogenität und Heterogenität stützt. Um es einfach zu sagen, homogene Gesellschaft ist die Gesellschaft von Arbeit, Tausch, Nützlichkeit, sexueller Repression, Fairness, Stille, Fortpflanzung. Was heterogen ist, „umfasst alles, was von unproduktiven Ausgaben herrührt (Heiliges selbst ist ein Teil all dessen). Dies besteht aus allem, was die homogene Gesellschaft als Ausschuss oder als höhere transzendente Werte ablehnt. Das schließt die Abfallprodukte des menschlichen Körpers und gewissen analogen Stoff (Schund, Gesindel, etc.) ein, Teile des Körpers, Personen, Worte oder Handlungen, die einen suggestiven erotischen Wert haben, die verschiedenen unbewussten Prozesse wie Träume und Neurosen, die zahlreichen nachträglichen Elemente oder sozialen Formen, die homogene Gesellschaft zu assimilieren nicht im Stande ist (Pöbel, Krieger, aristokratische und verarmte Klassen, verschiedene Typen gewalttätiger Individuen oder zumindest jene, die die Regel verweigern – Irre, Führer, Poeten, etc.), … Gewalt, Exzess, Delirium, Verrücktheit kennzeichnen heterogene Elemente … im Vergleich zum Alltag kann die heterogene Existenz als etwas Anderes, als Inkommensurables repräsentiert werden, indem diese Worte mit den positiven Werten aufgeladen werden, die sie in der affektiven Erfahrung haben[8].“ Souveräne Macht, nach Bataille (und Carl Schmitt[9]), ist in ihren vormodernen religiösen Varianten (Gottesgnadentum) wesentlich heterogen. Diese Heterogenität ist in der kapitalistischen Demokratie verborgen, wo der Souverän durch eine unpersönliche Rechtsordnung herrschen soll, die für alle gleich angewandt wird. Faschistische Diktatur macht sich daran, sie zu enthüllen oder zu demaskieren. Das erklärt die Verbindung der faschistischen Diktatur mit dem pauperisierten, regellosen Lumpenmob[10]. Und das, so möchte ich hinzufügen, ist genau, was im Postfaschismus verloren geht. Die Wiederherstellung geheiligter Souveränität durch den Faschismus ist jedoch eine Täuschung. Sie ist Homogenität, die sich als Heterogenität maskiert. Was in der Mitte der homogenen Sphäre übrig bleibt, ist der reine Bourgeois ohne den Citoyen, Julien Sorel endgültig und definitiv seines Napoleon, Lucien Leuwen[11] seines Marat beraubt. Faschismus, der der bürgerlichen Verwirklichung der Aufklärung (also der egalitären kapitalistischen Demokratie) ein Ende bereitet hat, verwandelt den sozialen Ausschluss der Unproduktiven (von Eremiten und prophetischen Poeten bis zum arbeitslosen Pauper und unbezähmbaren Rebellen) in ihren natürlichen Ausschluss (also außergesetzlichen Arrest, Hunger und Tod). Batailles Werk entsprießt der französischen objektivistischen soziologischen Tradition, von Durkheim, Mauss und Halbwachs über Kojève bis Paul Veyne, in der politische Repression und Exklusion nicht in moralischen und psychologischen Begriffen, sondern in anthropologischen behandelt werden – als eine Frage von Identitätsstiftung. Batailles revolutionäre Kritik der Exklusion der „Heterogenen“ – der „Nutzlosen“, der Leute, die keine „verantwortungsbewussten Übernehmer von Risiken“ sind – beruht auf einem Verständnis von Gesellschaft, Sexualität und Religion, einer Kombination von Durkheim und Marx, wenn man so will, das eine Alternative zu unserem gegenwärtigen, im Prinzip kantianischen Widerstand gegen Postfaschismus anbieten könnte. Unsere moralische Kritik, wie berechtigt sie auch sein mag, behindert gewöhnlich ein Begreifen der Verlockungen des Phänomens und führt zu einer vereinfachenden Geringschätzung barbarischer, umnachteter Rassisten, Hetzer und Demagogen und zu einer eher undemokratischen Missachtung von Menschen, Ängsten und Wünschen. Eine alternative Argumentationslinie, die von dieser Tradition vorgeschlagen wird, beginnt mit der Beobachtung, dass der Zusammenbruch des egalitären Wohlfahrtsstaates oft eine Verschiebung des Fokus von Solidarität, Brüderlichkeit und Mitleid bedeutet. Wenn es keine tatsächlich gleiche Staatsbürgerschaft gibt, deren Verwirklichung das Ziel der ehrlichen liberalen Demokraten und Sozialdemokraten hätte sein sollen, dann wird diese Leidenschaft der Großzügigkeit unbefriedigt bleiben. Ein Gefühl gemeinschaftlicher Freundschaft gegenüber allen und allem war immer eines der stärksten Motive für Altruismus. Altruismus dieser Art wird, wenn ihm sein bürgerlicher, egalitärer Fokus genommen wird, intuitive Merkmale, die ihm vom herrschenden Diskurs geboten werden, dafür finden, wofür und für wen sich einzusetzen er anstrebt. Wenn zivile Politik das nicht vollbringt, werden rassistische Gefühle oder Gefühle kulturelle Nähe dies sicher tun. Identität wird üblicherweise durch Zuneigung und Bedrohung umrissen. Niemand kann diese Identitätspanik besser beschreiben als Bataille[12]. Bataille Der halb verrückte Pornograf und ultralinke Extremist, als der Bataille immer noch heimlich betrachtet wird, kann von Gesellschaftstheoretikern, die auf sich halten, wie ich glaube, nicht gut rezipiert werden, aber interessanterweise kommt seine Theorie im anerkannten Standardwerk über das Naziregime zum Tragen, das vom größten Rechtswissenschafter der deutschen Gewerkschaftsbewegung verfasst wurde, der glücklicherweise als der große Geist, der er war, heutigen Tags wiederentdeckt wird[13]. In Abgrenzung zu fantasievollen Totalitaritätstheorien schreibt der große Ernst Fraenkel, indem er seine skrupulöse Darlegung der Gesetzgebung und Rechtswissenschaft der Nazis zusammenfasst, dass „im heutigen Deutschland (er schreibt in den Jahren 1937-1939, G. M. T.) viele Menschen die Willkürherrschaft des Dritten Reichs untragbar finden. Dieselben Menschen anerkennen jedoch, dass die Idee der ,Gemeinschaft‘, wie sie hier verstanden wird, etwas wirklich Großes ist. Diejenigen, die diese zweideutige Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus haben, leiden an zwei Hauptmissverständnissen: 1. Die gegenwärtige deutsche Ideologie der ,Gemeinschaft‘ ist nichts als eine Maske, die die weiterhin bestehende kapitalistische Struktur verbirgt. 2. Die ideologische Maske (Gemeinschaft) verbirgt gleichermaßen den Maßnahmenstaat, der mit willkürlichen Maßnahmen operiert (Fraenkel unterscheidet den „normalen“, den so genannten Normenstaat, der vornehmlich für Zivilrecht zuständig ist, und den quasi totalitären Parteistaat, der dem Führerprinzip untergeordnet ist, G. M. T.). Die Ersetzung des Rechtsstaats durch den Doppelstaat ist nur ein Symptom. Die Wurzel des Übels liegt genau dort, wo die unkritischen Gegner des Nationalsozialismus Gründe für Bewunderung entdecken, nämlich in der Gemeinschaftsideologie und im militanten Kapitalismus, den gerade der Begriff der Gemeinschaft verbergen soll. Und wirklich ist gerade für die Aufrechterhaltung des Kapitalismus in Deutschland der autoritäre Doppelstaat notwendig.[14]“ Die Autonomie des Normenstaates (homogene Gesellschaft) wurde im Nazideutschland in einem begrenzten Bereich erhalten, hauptsächlich was den Schutz des Privateigentums betraf (des Eigentums sogenannter Arier, natürlich). Der Maßnahmenstaat hatte seinen Einfluss in engerem politischem Bereich; Einfluss auf die Vorrechte der Partei, das Militär und Paramilitär, die Kultur, Ideologie und Propaganda. Der Doppelstaat war eine Konsequenz der Entscheidung des neuen Souveräns (im Sinne Schmitts) darüber, was Recht war und was nicht. Aber es gab keine Regelung durch Dekret in der Sphäre, die dem Kapitalismus eigentlich reserviert war, der Wirtschaft. Es ist also daher nicht wahr, dass das ganze System des Nazi- oder faschistischen Regimes zur Gänze willkürlich war. Das makabre Zusammentreffen von Normen und Maßnahmen wird durch die Tatsache illustriert, dass die Deutsche Reichsbahn der SS für die furchtbaren Transporte nach Auschwitz Rechnungen mit ermäßigten Urlaubstarifen ausstellte, gewöhnlich für Pauschalreisen. Aber sie stellte ihr Rechnungen aus! Menschen innerhalb der Rechtsprechung des Normenstaates (Batailles homogener Gesellschaft) genossen die üblichen Rechtssicherheiten, wie unnachsichtig sie auch sein mochte. Spezielle Regelungen aber betrafen jene im Bereich des Maßnahmenstaats – sowohl Führer der Nazipartei, Funktionäre und militante Aktivisten über dem Gesetz als auch die verfolgten Minderheiten unter dem Gesetz oder außerhalb davon. Vor dem Faschismus waren Bürger und Freund sowie Fremder und Feind Begriffe, die zusammenfielen. Keine Regierung dachte daran, systematisch den Einwohnern des Landes, die Mitglieder der Nation waren (wenn auch ungleiche Mitglieder), den Krieg zu erklären; Bürgerkrieg war gleichgesetzt mit der Abwesenheit einer legal konstituierten, effektiven Regierung. Bürgerkrieg von oben, in Friedenszeiten oder zumindest unter ausgesprochen nicht revolutionären Bedingungen begonnen, richtet die Staatsmacht gegen den obersten Schutzherrn des Bürgers. Die wichtigste Waffe in diesem methodisch geführten Bürgerkrieg, in dem der Staat selbst eine der Kriegsparteien ist, ist die andauernde Redefinition von Staatsbürgerschaft durch den Maßnahmenstaat. Und weil dank der Aufklärung Staatsbürgerschaft (Mitgliedschaft in der politischen Gemeinschaft), Nationalität und Menschsein zusammengefügt und vermischt worden waren, bedeutete die Aberkennung der Staatsbürgerschaft, im wahrsten Sinne des Wortes, den Ausschluss aus der Menschheit. Dem bürgerlichen Tod folgte daher notwendigerweise der natürliche Tod, das heißt gewaltsamer Tod oder Tod generell. Dem faschistischen oder nationalsozialistischen Völkermord ging keine rechtliche Verurteilung voraus (nicht einmal in der vorgetäuschten und betrügerischen Form der Tscheka-Tribunale); er war die „Naturalisierung“ eines moralischen Urteils, das einige Arten von Bedingung menschlicher Existenz als minderwertig verdammte. Und da es außerhalb der Staatsbürgerschaft keinen Schutz gab, war das Fehlen von Staatsbürgerschaft der Grund für die Aussetzung der Vorbedingung der conditio humana geworden – des Lebens. Die bürgerliche und die menschliche Gemeinschaft entzwei schneiden: Das ist Faschismus. Das ist der Grund, warum der Ausdruck, wenn auch verstörend, wiederbelebt werden muss, weil nämlich das zu Grunde liegende konzeptuelle Verfahren bürgerlicher, also menschlicher Spaltung wiederbelebt worden ist, diesmal nicht durch eine bewusst konterrevolutionäre Bewegung, aber durch bestimmte Entwicklungen, die möglicherweise von niemandem gewollt waren und nun nach einem Namen rufen. Der Name ist Postfaschismus. Das Phänomen selbst kam auf die Welt beim Zusammenfließen verschiedener politischer Prozesse. Ich will sie aufzählen. Verfall der kritischen Kultur Nach dem Zusammenbruch des Sowjetblocks 1989 unterlag die gegenwärtige Gesellschaft einem fundamentalen Wandel. Bürgerliche Gesellschaft, liberale Demokratie, demokratischer Kapitalismus – nenne man es, wie man wolle – war immer eine widersprüchliche Angelegenheit. Anders als vorherige Regimes entwickelte sie eine Kultur der Gegensätze und war permanent mit starken Konkurrenten von der Rechten (der Allianz von Thron und Altar) und von der Linken (revolutionärem Sozialismus) konfrontiert. Beide sind obsolet geworden und dies hatte eine tiefe Krise innerhalb der Kultur der späten Moderne hinterlassen[15]. Allein die Idee eines radikalen Wandels (Utopie und Kritik) ist aus dem rhetorischen Vokabular verschwunden und der politische Horizont ist erfüllt mit dem Vorhandenen und Gegebenen und das ist Kapitalismus. In der überwiegenden gesellschaftlichen Vorstellung ist der ganze menschliche Kosmos eine „homogene Gesellschaft“ – eine Gesellschaft nützlicher, Reichtum produzierender, sich fortpflanzender, stabiler, nicht religiöser, aber zur gleichen Zeit genießerischer, freier Individuen. Staatsbürgerschaft wird in zunehmendem Maße apolitisch im Sinne von Interessen definiert, die nicht dem gemeinschaftlichen Gut entgegengesetzt sind, sondern darin vereint durch Verständnis, Interpretation, Kommunikation und freiwillige Übereinkunft, die auf geteilten Annahmen fußt. In diesem Bild sind Verpflichtung und Zwang, die differentia specifica von Politk (und notwendigerweise dauernd moralisch gerechtfertigt), auffällig abwesend. Die „Zivilgesellschaft“, eine nebulose Ansammlung freiwilliger Gruppierungen, wo Zwang und Herrschaft notwendigerweise nicht die geringste Rolle spielen, hat angeblich den Staat und die Politik ausgeschlachtet. Ein gefährliches Ergebnis dieser Konzeption könnte sein, dass das kontinuierliche Stärken des Rechts durch Zwang und Dominanz, wenn auch in der Gesamtheit kritisiert, nicht sorgfältig genug beachtet wird – da keine Rechtfertigung und so auch keine moralische Kontrolle gesucht wird, wenn es überhaupt nicht gerechtfertigt werden kann. Der Mythos, demzufolge der Kern des späten modernen Kapitalismus die „Zivilgesellschaft“ sei, verwischt die Grenzen der Staatsbürgerschaft, die mehr und mehr zu einer Frage der Tagespolitik und nicht der politischen Ausrichtung verkommen. Vor 1989 galt als sicher, dass die politische Kultur des liberalen, demokratischen, konstitutionellen Kapitalismus eine kritische Kultur war, eher öfter als nicht in Konflikt mit dem System, das ihn, manchmal ungnädig und unwillig, unterstützte. Apologetische Kultur war etwas für vormalige Reiche und antiliberale Diktaturen. Nun wuchert intellektuelle Verzweiflung. Aber ohne eine manchmal auch nur implizite Utopie als Stütze scheint Verzweiflung nicht zu funktionieren. Was ist an einem theoretischen Antikapitalismus dran, wenn politischer Antikapitalismus nicht ernst genommen werden kann? Es gibt auch eine unerwartete Folge des Fehlens einer kritischen Kultur, die an oppositionelle Politik gebunden ist. Wie einer der größten und besonnensten Soziologen des zwanzigsten Jahrhunderts, Seymor Martin Lipset, angemerkt hat, ist Faschismus der Extremismus der Mitte. Faschismus hat wenig mit rückwärtsgewandten feudalen, aristokratischen, monarchistischen Ideen zu tun, war im Großen und Ganzen antiklerikal, stellte sich gegen Kommunismus und sozialistische Revolution und hasste – wie die Liberalen, deren Wählerschaft er geerbt hatte – die Großunternehmen, Gewerkschaften und den Sozialstaat. Lipset hatte auf klassische Art gezeigt, dass die Extremismen der Linken und der Rechten, keineswegs exklusiv waren: Einige kleinbürgerliche Haltungen, die argwöhnisch gegen Großunternehmer und große Regierung gerichtet waren, konnten – und wurden es – in einen Extremismus, der sich als tödlich erweisen sollte, ausgedehnt werden. Der Extremismus der Rechten und des Zentrums verbanden sich im pseudochristlichen, klerikalen, royalistisch angehauchten Parafaschismus (ich habe den Begriff von Roger Griffin übernommen) Ungarns, Österreichs, Kroatiens und der Slowakei, aber der Extremismus des Zentrums existiert und existierte, was Lipset auch durch Kontinuitäten im Wahlverhalten in den Ländern nachgewiesen hat. Heute zeigt sich nichts von Bedeutung am Horizont außer dem bourgeoisen Zentrum, daher ist es höchstwahrscheinlich, dass dessen Extremismus wieder auftaucht. (Jörg Haider und seine FPÖ sind das beste Beispiel dafür. Seine Argumentation ist teilweise libertär-neoliberal, sein Idol ist der begüterte kleine Mann, er unterstützt eine „Demokratie“ von Kleinbürgern mit Aktien und Eigenheim und er ist ziemlich frei von romantisch-reaktionärem Nationalismus im Unterschied zu beschränktem Egoismus und Rassismus.) Was in den Vereinigten Staaten nun als rechtsorientiert gilt, hätte unter jedem gewöhnlichen rechten Regime als aufrührerisch gegolten und wäre mit Waffengewalt als individualistisch, dezentral und das Gewaltmonopol der Regierung, Grundlage jeder konservativen Überzeugung, bestreitend unterdrückt worden. Konservative sind die Partei der Ordnung und verabscheuen Milizen und plebejische Kulte. Verfallende Staaten Das Ende der Kolonialreiche in den 1960ern und das Ende der stalinistischen („staatssozialistischen“, „staatskapitalistischen“, „bürokratisch-kollektivistischen“) Systeme in den 1990ern hat einen Prozess ausgelöst, wie er seit der mongolischen Invasion im 13. Jahrhundert nicht erlebt wurde: einen umfassenden, offensichtlich irreversiblen Kollaps von Staatlichkeit als solchen. Während die angepasste westliche Presse täglich wahrgenommene Bedrohungen von Diktatur in weit entlegenen Orten beklagt, ignoriert sie im Allgemeinen die Realität hinter dem barschen Gerede machtloser Führer, nämlich dass niemand bereit ist, ihnen zu gehorchen. Der alte, ächzende und unpopuläre Nationalstaat – die bisher einzige Institution, die im Stande war, Bürgerrechte, ein Minimum an gesellschaftlicher Fürsorge und gewissen Schutz vor den Forderungen räuberischer Banden und habgieriger verantwortungsloser Geschäftemachereliten zu garantieren – hörte zu bestehen auf oder entstand nicht einmal in der Mehrzahl der ärmsten Regionen der Welt. In den meisten Teilen des subsaharischen Afrika oder der früheren Sowjetunion müssen nicht nur Flüchtlinge, sondern die gesamte Bevölkerung als staatenlos betrachtet werden. Der Weg zurück zu einer Subsistenzökonomie und zu Naturaltausch nach Jahrzehnten irrwitziger Industrialisierung (man sehe nur auf die furchterregende Geschichte von Wasserkraftwerken überall in der Dritten Welt und im ehemaligen Ostblock) inmitten von Umweltzerstörungen, wo Banditentum die einzige effiziente Methode gesellschaftlicher Organisation geworden zu sein scheint, führt genau nirgendwohin. Die Menschen in Afrika und dem ehemals sowjetischen Eurasien sterben nicht an einem Übermaß an Staat, sondern wegen seines Fehlens. Traditionellerweise haben sich Befreiungskämpfe jedwelcher Art auch gegen fest eingewurzelte Privilegien gerichtet. Gleichheit kam auf Kosten der herrschenden Gruppen, Säkularismus verringerte die Macht der Kirchenfürsten, Sozialgesetzgebung beschränkte die Profite der „Geldinteressen“, allgemeines Wahlrecht schaffte die althergebrachten politischen Klassen des Landadels und des Amtsadels ab, der Triumph der kommerziellen Popkultur zerschlug die ideologischen Vorrechte der progressiven Intellektuellen, horizontale Mobilität und Urbanisierung beendeten den parteipolitischen Einfluss auf lokaler Ebene, Verhütung und Konsumhedonismus lösten das patriarchale Familienregime auf – manches verloren, manches gewonnen. Jeder Schritt in Richtung größerer Freiheit beschnitt jemandes Privilegien (jetzt einmal abgesehen vom Schmerz des Wandels). Es war vorstellbar, sich die Befreiung von ausgegrenzten und unterjochten Unterklassen durch ökonomische, politische und moralische Kreuzzüge zu denken. Grob gesprochen war da jemand, dem man unrechtmäßige Gewinne wegnehmen konnte. Und diese Gewinne konnten an verdienstvollere Teile der Gesellschaft umverteilt werden, die im Gegenzug größeren sozialen Zusammenhalt, politische Ruhe und Sicherheit für unpopuläre, privilegierte Eliten anbot und so die Animositäten zwischen den Klassen reduzierte. Wir wollen aber nicht vergessen, dass dieser sozialdemokratische Handel als ein Ergebnis von jahrhundertelangen Konflikten und schmerzhaften Verzichten der traditionellen herrschenden Schichten erreicht wurde. So ein Befreiungskampf ist, gewaltsam oder friedlich, für die neuen Elenden der Erde nicht möglich. Niemand beutet sie aus. Es gibt keinen Extraprofit und keinen Mehrwert, der angeeignet werden könnte. Es gibt keine gesellschaftliche Macht, die monopolisiert werden könnte. Es gibt keine Kultur, die dominiert werden könnte. Die Armen der neuen staatenlosen Gesellschaft sind – vom „homogenen“ Standpunkt aus – überflüssig. Sie werden nicht ausgebeutet, sondern übersehen. Da gibt es keine Überbesteuerung, weil keine Einkommen vorhanden sind. Privilegien können nicht zu Gunsten einer größeren Gleichheit umverteilt werden, weil es keine Privilegien gibt, außer den zeitweiligen, die bei Gelegenheit mit vorgehaltener Waffe erzwungen werden. Hungernde Bevölkerungen haben keinen Ausweg aus ihren kaum menschlichen Bedingungen, außer wegzugehen. Das so genannte Zentrum, weit davon entfernt, diese Peripherie der Peripherie auszubeuten, versucht eben nur, die fremden und normalerweise farbigen Armen draußen zu halten (das Phänomen wird euphemistisch als „demografischer Druck“ bezeichnet) und errichtet furchteinflößende Barrieren an den Grenzen der reichen Länder, während unsere Finanzbürokratie weitere Deregulierung, Liberalisierung, weniger Regierung und weniger Staat den Nationen verordnet, die ohnehin nichts dieser Art haben und deswegen umkommen. „Humanitäre Kriege“ werden geführt, um die Massen der Flüchtigen daran zu hindern, hereinzukommen und die westlichen Wohlfahrtssysteme zu verstopfen, die sich ohnehin auflösen. Staatsbürgerschaft in einem funktionierenden Nationalstaat ist die einzig sichere Lebensmittelkarte in der gegenwärtigen Welt. Aber eine solche Staatsbürgerschaft ist jetzt das Privileg einiger weniger. Die Aufnahme der Staatsbürgerschaft in die notwendigen und „natürlichen“ politischen Bedingungen aller menschlicher Existenz durch die Aufklärung wurde in ihr Gegenteil verkehrt. Staatsbürgerschaft war einmal ein Vorrecht innerhalb von Nationen. Jetzt ist es ein Vorrecht einiger Menschen in einigen Nationen. Staatsbürgerschaft ist heute das außergewöhnliche Vorrecht der Einwohner der erfolgreichen kapitalistischen Nationalstaaten, während die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht einmal damit beginnen kann, zu diesen bürgerlichen Bedingungen aufzubrechen, aber gleichzeitig die relative Sicherheit der vorstaatlichen Schutzmäntel (Stamm, Verwandtschaftssystem) verloren hat. Die Trennung von Staatsbürgerschaft und von Politik nicht erfasster Menschheit ist nun vollendet, das Unterfangen der Aufklärung unwiederbringlich verloren. Postfaschismus muss nicht mehr Nichtbürger in Güterzüge verfrachten, um sie zum Tod zu bringen. Stattdessen muss er nur die neuen Nichtbürger daran hindern, irgendeinen Zug zu besteigen, der sie in die fröhliche Welt überquellender Mistkübel bringen würde, aus denen sie sich ernähren können. Postfaschistische Bewegungen sind überall, aber vor allem in Europa, antimigrantische Bewegungen, die sich auf die „homogene“ Weltsicht produktiver Nützlichkeit stützen. Sie schützen nicht die Vorrechte von Rassen und Klassen innerhalb des Nationalstaates (obwohl sie auch das tun), sondern die allgemeine Staatsbürgerschaft im reichen Nationalstaat gegen die virtuell universelle Staatsbürgerschaft aller Menschen, unabhängig von Geografie, Sprache, Rasse, Bekenntnis und Sitten. Der aktuell gültige Begriff von „Menschenrechten“ kann Menschen gegen die Rechtlosigkeit von Tyrannen verteidigen, aber er ist kein Schutz gegen die Rechtlosigkeit, die aus dem Fehlen von Herrschaft entstammt. Varianten des Postfaschismus Es wird oft vergessen, dass der aktuelle globale Kapitalismus die zweite Auflage ist. Im Kapitalismus vor 1914, der keine Währungskontrollen (Goldstandard, etc.) und den Freihandel kannte, in einer Welt ohne Visa und Arbeitserlaubnis, als Unternehmen in Kriegszeiten militärische Güter an die Armeen des Feindes lieferten, ohne dass das mehr als ein schwaches Quieken bei den Regierungen und bei der Presse hervorbrachte, war der freie Verkehr von Kapital und Arbeit mehr oder weniger gewährleistet. (Es war eine vielleicht ungleichere, aber freiere Welt.) Im Vergleich dazu ist, was sich „Globalisierung“ nennt, ein eher bescheidenes Unterfangen, ein schrittweises und furchtsames Zerstören von etatistischen und dirigistischen Wohlfahrtsnationalstaaten, die auf der egalitären Abmachung althergebrachter Sozialdemokratie beruhten, deren Grundlage (geschaffen als das Rückgrat moderner Nationen), die Arbeiterklasse der Schwerindustrie, sich zersetzt. Globalisierung hat die Kapitalflüsse befreit. Spekulatives Kapital bewegt sich dorthin, wo immer Investitionen „vernünftig“ erscheinen, üblicherweise an Orte, wo Löhne niedrig sind und es keine militanten Gewerkschaften oder Umweltschutzbewegungen gibt. Aber anders als im 19. Jahrhundert sind der Arbeit dieselben Freiheiten nicht gestattet. Spiritus flat ubi vult[16], das Kapital fliegt, wohin es immer auch möchte, aber der freie Verkehr von Arbeit wird durch immer rigidere nationale Regulierungen behindert. Der Fluss ist zur Gänze eine Einbahn; das Kapital kann seine Stellung verbessern, aber die Arbeit – vor allem niedrig qualifizierte, wenig intensive Arbeit in den armen Ländern der Peripherie – kann das nicht. Deregulierung für das Kapital, strenge Regulierung für die Arbeit. Wenn die Arbeitskraft an der Peripherie kleben bleibt, muss sie sich mit sweatshops abfinden. Versuchen, für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, wird nicht mit Gewalt, Streikbrechern oder Militärschlägen begegnet, sondern mit stiller Kapitalflucht und Missbilligung der internationalen Finanz und ihrer nationalen und internationalen Bürokratien, die über die Fähigkeit verfügen, darüber zu entscheiden, wer Hilfe oder Schuldennachlass verdient. Um Albert O. Hirschman zu zitieren, voice (also Protest) ist unmöglich, nein, wirkungslos. Nur exit, Auszug bleibt und es ist die Aufgabe des Postfaschismus, ihn zu verhindern. Unter diesen Bedingungen ist es nur logisch, dass die neue Neue Linke sich die Sprache der Menschenrechte anstatt der des Klassenkampfes angeeignet hat. Wenn man Die Tageszeitung, Il Manifesto, Rouge oder Socialist Worker aufschlägt, wird man sehen, dass sie hauptsächlich über Asylsuchende, Immigranten (legal oder illegal, die sans-papiers), Besetzer, Obdachlose, Roma und Ähnliche berichten. Das ist eine Taktik, die ihnen durch die Auflösung der allgemeinen Staatsbürgerschaft aufgezwungen wird, durch ungehinderten Kapitalfluss, durch die Auswirkungen der neuen Technologien auf Arbeiter und Produzenten und durch den langsamen Tod des weltweiten Subproletariats. Ebenso müssen sie das Wiederaufleben von Klassenpolitik in neuem Gewand durch Proponenten des „Dritten Wegs“ wie Tony Blair hinnehmen. Der neoliberale Staat hat seine Verpflichtungen gegenüber „heterogenen“ nicht produktiven Bevölkerungsschichten und Gruppen annulliert. Neoviktorianische erzieherische Ideen von „workfare“, die Arbeitslosigkeit implizit als sündhaft bezeichnen, die Gleichsetzung jener, die Ansprüche an den Sozialstaat haben, mit „Volksfeinden“, der Ersatz von Sozialleistungen durch steuerliche Begünstigungen, wobei jene, die keine Steuern zahlen, der Hilfe nicht für würdig erachtet werden, Einkommensunterstützungen, die von Familien- und Wohngestaltungen abhängig gemacht werden, die „kompetente Autoritäten“ für angemessen halten, die zunehmende Rassifizierung, Ethnisierung und Sexualisierung der unteren Schichten, das Ersetzen gesellschaftlicher durch ethnische oder rassische Solidarität, die offene Anerkennung einer zweitklassigen Staatsbürgerschaft, die stillschweigende Bestätigung der Polizei als rassische Verteidigungstruppe, das Ersetzen der Idee von Emanzipation durch die Idee der Vorrechte (wie Mitgliedschaft in der Europäischen Union, der OECD oder der WTO), die willkürlich unter verdienstvollen Armen verteilt werden, und die Verwandlung rationaler Argumente gegen die EU-Erweiterung in rassistische und ethnizistische Hetzerei, all dies ist Teil der postfaschistischen Strategie der Trennung der menschlichen Gemeinschaft in Bürger und Abschaum, eines erneuten Zugestehens oder Verweigerns der Staatsbürgerschaft entlang der Linien von Rasse, Klasse, Bekenntnis, Kultur und Ethnie. Die Verdoppelung der Unterschicht – eine weltweite Unterschicht draußen und die „heterogenen“ wilden Taugenichtse daheim, wobei die Interessen der einen Art von Unterschicht („hiesig“) denen der anderen („fremd“) als feindlich gegenüberstehend vorgestellt werden – gibt dem Postfaschismus seine fehlende populistische Dimension. Es gibt keinen bösartigeren Feind der Immigranten – Gastarbeiter oder Asylanten – als das außer Gebrauch gekommene Lumpenproletariat, in der Öffentlichkeit durch den rechtsextremen hard-core Fußballhooligan repräsentiert. „Lager louts[17]“ wissen vielleicht nicht, dass Lager nicht nur eine Art billigen europäischen Biers ist, sondern auch KZ bedeutet. Aber das unbewusste Wortspiel ist, wenn nicht symbolisch, so doch metaphorisch. Wir stehen also einer neuen Art Extremismus des Zentrums gegenüber. Dieser neue Extremismus, den ich Postfaschismus nenne, bedroht nicht wie sein Vorgänger mit seiner Kernanhängerschaft „homogener Gesellschaft“ das liberale und demokratische Regime. In einer Gesellschaft, die entzweigeschnitten wurde, bleiben Freiheit, Sicherheit und Wohlstand im Großen und Ganzen unangetastet, wenigsten in der produktiven und sich fortpflanzenden Mehrheit, die in einigen reichen Ländern nahezu alle weißen Bürger umfasst. „Heterogene“, üblicherweise rassisch fremde, Minderheiten werden nicht verfolgt, nur marginalisiert und nicht zur Kenntnis genommen und gezwungen, ein Leben zu führen, das dem way of life der Mehrheit völlig fremd ist (das aber natürlich manchmal qualitativ besser sein kann als stumpfsinniger Workoholismus, Konsumismus und Fitnessbesessenheit der Mehrheit). Drogen, die einst das Bewusstsein erweitern und erhöhen sollten, sedieren nun auf ungute Art die erzwungene Untätigkeit derer, denen zu helfen die Gesellschaft unwillig ist und die sie nicht als Mitmenschen anerkennt. Die „dionysische“ Subkultur des Subproletariats überhöht darüber hinaus die Zweiteilung der Gesellschaft. Politische Mitsprache der Habenichtse steht nicht zur Diskussion, ohne dass es eine Notwendigkeit gäbe, das Wahlrecht einzuschränken. Abgesehen von einem sich erst formierenden und schwachen („neoneo“) linken Radikalismus will sie niemand vertreten. Die Konzepte und Werkzeuge, die einst der demokratische und libertäre Sozialismus angeboten haben, fehlen. Und Libertäre sind heute militante bourgeoise Extremisten der Mitte, ultrakapitalistische cyberpunks, die jeder Idee von Solidarität jenseits des Fluxus globaler Marktplätze feindlich gesonnen sind. Postfaschismus braucht keine Sturmtruppen und Diktatoren. Er verträgt sich hervorragend mit der gegenaufklärerischen liberalen Demokratie, die Staatsbürgerschaft als eine Gewährung durch den Souverän rehabilitiert anstatt eines universellen Menschenrechtes. Ich gestehe, ich verwende hier eine grobe Bezeichnung, um die Aufmerksamkeit auf diese flammende Ungerechtigkeit zu lenken. Postfaschismus ist historisch nur stellenweise der Nachfolger seines fürchterlichen Vorgängers. Sicherlich hat sich der mittel- und osteuropäische Antisemitismus nicht sehr verändert, aber er ist kaum zentral. Da Postfaschismus nur kaum eine Bewegung ist, eher schlichtweg ein Zustand, der oft auch durch so genannte Mittelinksregierungen verwaltet wird, kann er kaum identifiziert werden. Postfaschisten sprechen in der Regel nicht von absolutem Gehorsam und rassischer Reinheit, sondern vom Informationssuperhighway. Alle kennen die instinktive Wut, die Leute überkommt, wenn sie vor verschlossenen Türen stehen. Jetzt rütteln zehn Millionen hungernde Menschen an den Klinken. Die reichen Länder denken sich raffiniertere Sicherheitsschlösser aus, während ihre Wut über die Eindringlinge auch anwächst. Manch Zorn führt zur Wiederbelebung von nationalsozialistischem und faschistischem Gedankengut und das löst rechtschaffenen Ekel aus. Aber Postfaschismus beschränkt sich nicht auf die früheren Achsenmächte und ihre willigen Auftraggeber, wie empörend und erschreckend diese spezifische Variante auch sein mag. Osteuropäische Zigeuner (Roma und Sinti, um die politisch korrekten Namen zu erwähnen) werden von der Polizei und der Bevölkerung verfolgt und versuchen, in den „freien Westen“ zu fliehen. Die Reaktion des Westens ist, Visabeschränkungen gegen die in Frage stehenden Länder zu erlassen, um das massive Einströmen von Flüchtlingen zu verhindern, und feierliche Erklärungen an die osteuropäischen Länder zu richten, die Menschenrechte zu achten. Heimischer Rassismus wird durch globalen Liberalismus ersetzt, beide gestützt auf eine politische Macht, die immer schneller rassisch ausgerichtet wird. Multikulturelle Antworten sind verzweifelte Eingeständnisse von Impotenz: eine Zurkenntnisnahme der Ethnisierung der zivilen Sphäre, aber mit einer humanistischen und gutwilligen Wendung. Diese Eingeständnisse geben die Niederlage zu, versuchen, das Inhumane humaner zu machen. Das Feld der Auseinandersetzungen wurde vom Postfaschismus ausgewählt und Liberale versuchen, ihn auf seinem bevorzugten Terrain, dem Ethnizismus, zu bekämpfen. Das ist eine furchtbar nachteilige Position. Ohne neue Wege, das Problem des globalen Kapitalismus anzusprechen, geht der Kampf sicher verloren. Aber der neue Doppelstaat blüht und gedeiht. Ein Normenstaat für die Kernbevölkerung des kapitalistischen Zentrums und ein Maßnahmenstaat mit willkürlichen Entscheidungen über Nichtbürger für den Rest. Anders als im klassischen totalitären Faschismus ist der Maßnahmenstaat nur schwach sichtbar für die Bürger des Normenstaats. Die wesentliche menschliche und bürgerliche Gemeinsamkeit mit denen, die draußen und unten gehalten werden, ist moralisch unsichtbar. Die radikale Kritik, die vorgibt, dass Freiheit im Normenstaat eine Illusion sei, ist irrig, wenn auch verständlich. Die Verweigerung der Staatsbürgerschaft, die nicht auf Ausbeutung, Unterdrückung und offener Diskriminierung unter den Einwohnern der „homogenen Gesellschaft“ beruht, sondern auf schierem Ausschluss und auf Entfernung, ist nicht leicht zu verstehen, weil die geistigen Gewohnheiten von Befreiungskämpfen für eine gerechte Verteilung von Gütern und Macht nicht greifen. Das Problem ist nicht, dass der Normenstaat immer autoritärer wird. Das Problem ist, dass er nur einigen wenigen gehört. [1] Der Beitrag wurde das erste Mal in der Sommerausgabe der Boston Review des Jahres 2000 veröffentlicht; die Übersetzung für die Grundrisse besorgte Gerold Wallner. [2] im Englischen Original lumpen, in Anspielung auf den deutschen Ausdruck Lumpenproletariat [3] Einige interessante Beiträge auf Englisch, die die jüngsten Entwicklungen betreffen: Harry Ritter, From Hapsburg to Hitler to Haider, in: German Studies Review 22 (May 1999): 269-284; Jan Müller, From National Identity to National Interest: The Rise and Fall of Germany’s New Right, in: German Politics 8 (December 1999): 1-20; Michael Minkenberg, The Renewal of the Radical Right, in: Government and Opposition 35 (Spring 2000): 170-188; Jacob Heilbrunn, A Disdain for the Past: Jörg Haider’s Austria, in: World Policy Journal 28 (Spring 2000): 71-78; Immanuel Wallerstein, Albatros of Racism, in: London Review of Books, May 18, 2000: 11-14; Rainer Bauböck, Austria: Jörg Haider’s Grasp for Power, in: Dissent (Spring 2000): 23-26. Die Literaturangaben beziehen sich immer auf die vom Autor angeführte englischsprachige Literatur. Etwaige auf deutsch vorliegende Übersetzungen oder Ausgaben wurden nicht berücksichtigt. [4] Siehe G. M. Tamás, Ethnarchy and Ethno-Anarchism, in: Social Research 63 (Spring 1996): 147-190; ders., The Two-Hundred Years War, in: Boston Review, Summer 1999: 31-36. [5] Michael Mann, The Dark Side of Democracy: The Modern Tradition of Ethnic and Political Cleansing, in: New Left Review 235 (May/June 1999):18-45. [6] Siehe Mark Neocleous, Against Security, in: Radical Philosophy 100 (March/April 2000): 7-15; ders., Fascism (Buckingham: Open University Press, 1997). Die Entwicklung vom Sozialstaat (l’état social) zum Strafstaat (l’état pénal) wurde immer wieder von Pierre Bourdieu beleuchtet. [7] Georges Bataille, The Psychological Structure of Fascism, [November 1933], trans. Carl R. Lovitt, in Visions of Excess, ed. Allan Stoekl (Minneapolis: University of Minnesota Press, 1993): 137-160. Zum Problem von Masse und Gewalt siehe: Etienne Balibar, Spinoza and Politics, trans. Peter Snowdon (London: Verso, 1998): 105, 115-116, ebenso Gilles Deleuze, Spinoza: Practical Philosophy, trans. Robert Hurley (San Francisco: City Lights, 1988). Eine interessante liberale Kritik der Faschismustheorie Batailles findet sich in Susan Rubin Suleiman, Bataille on the Street, in: Bataille: Writing the Sacred, ed. Carolyn Bailey Gill (London: Routledge, 1995): 26-45. Batailles Kritik muss im Rahmen der antistalinistischen, revolutionären extremen Linken verstanden werden. Zwei Briefbände rund um Bataille, Souvarine, Simone Weill und die geheimnisvolle Laure (Colette Peignot) wurden kürzlich veröffentlicht: Laure: Une rupture, 1934, ed. Anne Roche und Jérome Peignot (Paris: Editions des Cendres, 1999) und Georges Bataille, L’Apprenti sorcier, ed. Marina Galletti (Paris: Editions de la Différence, 1999). Zu anderer radikaler Faschismuskritik in den 1930ern siehe Karl Polányi, The Essence of Fascism, in: Christianity and Social Revolution, ed. J. Lewis, K. Polányi, D. K. Kitchin (London: Gollancz, 1935). [8] Bataille, Psychological Structure: 142. (im vorliegenden Text übersetzt aus dem Englischen), siehe auch die zwei interessanten Entwürfe zu dem Essay über Faschismus: „Cet aspect religieux manifeste“ und „En affet la vie humaine“ in: Georges Bataille, Oeuvres complètes, vol. 2 (Paris: Gallimard, 1970): 161-164, ebenso wie Antonio Negri’s Theorie von konstituierender und konstituierter Macht in: Antonio Negri, Insurgencies, trans. Maurizia Boscagli (Minneapolis: Minnesota University Press, 1999: 1-128, 212-229. [9] Zu den Parallellen zwischen Bataille und Carl Schmitt siehe Martin Jay, The Reassertion of Sovereignty in a Time of Crisis: Carl Schmitt and Georges Bataille, in: Force Fields (New York, Routledge, 1993): 49-60; Batailles Aufsatz über Souveränität in The Accursed Share (Bd. 2 und 3), übers. Robert Hurley (New York: Zone Books, 1933). [10] seine Fußnote 2 [11] Julien Sorel ist der Held eines Romans (Rot und Schwarz) von Stendhal, der seinen gesellschaftlichen Aufstieg im nachnapoleonischen Frankreich erzwingen will; Lucien Leuwen Held und Titel des zweiten (unvollendeten) Romans von Stendhal. Beide Figuren sind durch ihre republikanische Gesinnung ausgezeichnet. [12] Siehe Jean Piel, Bataille and the World, in: On Bataille: Critical Essays, ed. Leslie Anne Boldt-Irons (Albany: SUNY Press, 1995): 95-106. [13] Ernst Fraenkel, The Dual State [1941], trans. E. A. Shils, E. Lowenstein, and K. Knorr (New York: Octagon, 1969). Siehe auch David Schoenbaum, Hitler’s Social Revolution (Garden City: Anchor Doubleday, 196): 113-151. [14] Fraenkel, The Dual State: 153, aus dem Englischen Originalzitat übersetzt. [15] Siehe G. M. Tamás, Democracy’s Triumph, Philosophy’s Peril, in: Journal of Democracy 11 (January 2000): 103-110. Zu den Besorgnis erregenden Alternativen zur Politik, wie wir sie kennen, siehe Jacques Ranciére, La Mésentente (Paris: Galilée), 1995: 95-131. [16] Der Geist weht, wo er will. [17] engl. für betrunkene Schläger |
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