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Philippe Kellermann:
Marxistische Annäherung an den Anarchismus?
Die Konjunktur leerer Gesten am Beispiel Wolfgang Fritz Haugs
Denn die einen sind im Dunkeln
Und die andern sind im Licht
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkeln sieht man nicht
Bertolt Brecht
2. Aufsätze in Das Argument
(2004-2006)
Überfliegt man nun mit einiger
Hoffnung der eine (»Zusammengehen erwünscht«), mit einiger Angst der andere
(»Keine Kooperation mit der ’Kinderkrankheit’«), die Aufsätze, die W.F. Haug
zwischen 2004 und 2006 in Das Argument veröffentlicht hat, fällt zunächst
eines auf: Kein einziger beschäftigt sich erkennbar mit dem Thema Anarchismus.
Das ist vor dem Hintergrund der oben erwähnten Annäherungsgeste schon einmal
erstaunlich. Aber vielleicht hat Haug ja stattdessen in seinen Argument-Aufsätzen
anhand aktueller politischer Fragestellungen die Chance für Querverweise auf
und/oder für die Diskussion anarchistischer Positionen genutzt. Im Folgenden
seien deshalb exemplarisch drei Aufsätze behandelt, in denen dies möglich
gewesen wäre, vielleicht sogar nahe gelegen hätte: 1. „Zivilgesellschaft –
Kämpfe im Zweideutigen“ (Das Argument 253), 2. „Parteilichkeit und
Objektivität“ (Das Argument 255), 3. „Untergang der deutschen
Linksregierung – Aufstieg der Linkspartei“ (Das Argument 262).
1.) In Das Argument 253 greift
Haug mit einem Beitrag in die Kontroverse über die neozapatistische Politik
ein. In deren Zentrum steht die Auseinandersetzung zwischen John Holloway und
Atilio Boron, deren Beiträge im selben Heft veröffentlicht sind, und die um die
Frage des Staates als „strategische[m] Dispositiv“ (Boron 2003, 808) kreist.
Boron spricht sich dabei für einen Kampf um den Staat aus und wirft den
Zapatistas vor, diesen zu vernachlässigen. In diesem Kontext verteidigt Boron
Lenin gegen den Vorwurf des „Staatszentrismus“, habe dieser doch nach erfolgter
Machtübernahme auf der perspektivischen Abschaffung des Staates bestanden (ebd.
804). Holloway hingegen erklärt seine Zustimmung zur (anti-) politischen Praxis
der Zapatistas und wendet gegen Boron ein, dass das Leninsche Zwei-Phasen-Modell
[Machtübernahme, Abschaffung] nicht als Lösung, sondern als Verschärfung des
Problems anzusehen sei, da die dort getroffene „Unterscheidung nicht getroffen
werden“ könne (2003, 819). Vielmehr sei der Kampf um Emanzipation nur auf dem
Boden grundlegend anderer Politik- und Organisationsformen möglich. Seine
Konzeption jenseits des Dualismus von Reform und Revolution, die beide als
„staatszentrierte Ansätze“ (ebd. 814) verstanden werden, bringt Holloway dabei
mit Ansätzen in Verbindung, die historisch als „anarchistisch stigmatisiert“
worden seien (ebd.).
Haug erkennt die „große Bedeutung“ der
„Debatte“ - und zwar „nicht nur für Lateinamerika“- an und betont, dass diese
„nach Vermittlung“ verlange (2003b, 856). Er fühlt sich bei der Diskussion aber
nicht, wie es nahe gelegen hätte, an die historischen Auseinandersetzungen
zwischen anarchistischen und marxistischen/sozialdemokratischen Positionen
erinnert, sondern an die Diskussion zwischen Kautsky (»Kein Sozialismus ohne
Demokratie«) und Lenin (»Keine Demokratie ohne Sozialismus«). Hier bleibt völlig
unklar, wo in dieser Konstellation Holloways Position vertreten sein soll. Für
Holloway sind doch sowohl Kautsky als auch Lenin - wie auch die dann von Haug
als Vermittlerin eingeführte Luxemburg – als Anhänger staatszentrierter Ansätze
abzulehnen. All das ist umso sonderbarer, als doch sogar Haug in Kautsky und
Lenin Anhänger von „Etatismen“ erkennt (ebd. 856). Aber scheinbar hat dies keine
Relevanz und die von Holloway angedeutete Nähe zum Anarchistischen wird dezent
überlesen. Die eigene Geste des Vermitteln-Wollens und die darüber hinaus stark
gemachte Position Luxemburgs scheint Haug wichtiger zu sein, als die
angesprochenen Positionen ernst zu nehmen.
2.) Kommen wir zum zweiten Aufsatz,
betitelt Parteilichkeit und Objektivität (Das Argument 255), in
dem Haug, wie der Titel schon verrät, das Verhältnis von Parteilichkeit und
Objektivität diskutiert. Dabei wendet er sich gegen den „Konstruktivismus’“
Michael Heinrichs (2004, 212f.), kommt auf den Perspektivismus Nietzsches zu
sprechen (ebd. 215) und diskutiert die „Frage der »Werturteile«“ bei Max Weber
(ebd. 215-220). Hätte es nun aus der Perspektive eines kritischen Marxismus
nicht nahe gelegen bei dem Thema Wissenschaft und Objektivität das
problematische Verhältnis zwischen wissenschaftlichem Anspruch und autoritären
Praxen in der Geschichte des Marxismus anzusprechen, so zum Beispiel die mit dem
Vorwurf des „Utopischen“ legitimierten Ausgrenzungen? Hätte sich in diesem
Kontext nicht eine Diskussion anarchistischer Positionen angeboten, da diese
doch genau auf diesen problematischen Zusammenhang immer wieder hinwiesen?
Genannt sei nur beispielhaft Proudhon, der an Marx appellierte, sich nicht zu
einem „Apostel[.] einer neuen Religion und wäre es die der Logik und der
Vernunft“ zu machen, die nur „neue[.] Intoleranz“, „Ausschließungen und
Mystifikationen“ zur Folge hätten (zit.n. Koechlin 1990, 183), oder Bakunins
Bestehen auf der „Empörung des Lebens (...) gegen die Herrschaft der
Wissenschaft, nicht um die Wissenschaft zu zerstören – dies wäre ein
Verbrechen an der Menschheit -, sondern um sie an ihren Platz zu verweisen“
(1871, 104).
3.) Als letztes soll es um einen
Aufsatz Haugs über den Aufstieg der deutschen Linkspartei (Das
Argument 262) gehen, in dem die „Gründe des Scheiterns der rot-grünen
Regierung“ (2005a, 455) im Kontext des transnationalen Kapitalismus diskutiert
werden. Haug schreibt mit Blick auf den Ausgang der Bundestagswahlen von einem
„Sieg“ der „Linken“ (ebd. 453), warnt aber auch davor in „Illusionen“ zu
verfallen (ebd. 455). Anscheinend um die Linkspartei gegen linke Kritik zu
stärken, wendet er sich gegen „political correctness“ und
„undialektischen Fundamentalismus“ (ebd. 452) und macht sein von Brecht
übernommenes Konzept des „Operierenkönnen[s] mit Antinomien“ (ebd.) stark. Hätte
es sich hier nicht wieder die Möglichkeit geboten, eine Diskussion zwischen
radikal staatskritischen Ansätzen, zum Beispiel anarchistischer
Parlamentarismuskritik und dem eigenen Konzept zu führen? Warum nutzt Haug die
Möglichkeit nicht, seinen Ansatz gegen die anarchistische Staatskritik zu
verteidigen und somit endlich einmal zum Thema Anarchismus/Marxismus Stellung zu
beziehen?
Dass ein „gemeinsamer
>sozialistischer< Horizont (...), in dem die einzelnen Projekte an Kraft und
Richtung gewinnen würden, (...) sich erst undeutlich“ abzeichnen würde (ebd.
458), wie Haug am Ende des Aufsatzes bedauernd feststellt, ist wohl kein Wunder
wenn die Existenz bestimmter Projekte gar nicht erst zu einem
kritisch-solidarischen Diskurs eingeladen, bzw. überhaupt diskutiert werden.
3. Revolution mit Poesie
(1999)
Haugs Aufsätze in Das Argument
enthalten also keinerlei Bezugs- und Anknüpfungspunkte für die hier verhandelte
und von Haug zum Thema gemachte Problematik. Vielleicht kann man ja in seinen
letzten Büchern fündig werden. Ich beginne dabei mit der Betrachtung eines
Kapitels aus Politisch richtig oder richtig politisch, das sich mit einem
oben schon angesprochenen Thema beschäftigt, den Zapatistas und deren „anti-avantgardistische[r]
Politik“ (1999, 149). Dort verteidigt Haug die zapatistischen Politikformen
und betont die Vorbildhaftigkeit neuer Politik- und Organisationsformen im
Kontext der zapatistischen Bewegung.
Diese begreift er als eine Umsetzung Gramscianischer und Marxscher Positionen
und Maximen. Und so macht es die marxistische Ahnengalerie scheinbar unnötig
über andere linke Positionen zu reflektieren. Wo dies möglich gewesen wäre, soll
an ein paar Beispielen gezeigt werden.
Haug lobt die Zapatistas für ihr
Gespür der Mobilisierungsfunktion von Mythen (1999, 157f.), in dem „etwas von
Gramscis Lehren aus Sorels Rationalismuskritik“ mitschwänge (ebd. 158).
Alternativ hätte hier auch auf Bakunin verwiesen werden können, der schon 1873
in Staatlichkeit und Anarchie - wohl gegen marxistisch-deterministische
Verelendungstheorien gerichtet - betont hatte, dass „Armut und Verzweiflung“
allein nicht zur sozialen Revolution führen, es dafür vielmehr eines „Volkideals“
bedürfe, dass „sich durch eine Kette von Ereignissen sowie schweren und bitteren
Erfahrungen formt, erweitert und erhellt“, und „ferner eine[r] allgemeine[n]
Vorstellung vom eigenen Recht und ein[es] tiefe[n], leidenschaftliche[n], man
kann sagen, religiöse[n] Glaube[ns] an dieses Recht“ (1873b, 447f.).
Auch das zapatistische Motto „fragend finden wir den Weg“ wird von Haug in einen
gramscianischen Kontext gebracht, da dieses „sehr gramscianisch, das Zuhören“
privilegiere (Haug 1999, 163). Hätte nicht der Ausspruch Landauers aus dessen
Aufruf zum Sozialismus näher gelegen, wo es heißt: „Der Sozialismus als
Wirklichkeit kann nur erlernt werden; der Sozialismus ist wie jedes Leben ein
Versuch“ (1911, 138)?
Bei der Ablehnung elitärer
Avantgardekonzepte wird der Marx der Feuerbachthesen als „Pate“ vermutet
(1999, 163). Dabei dürfte doch die Positionierung gegen elitäre Führungskonzepte
in der anarchistischen Tradition weitaus stärker beheimatet sein, als in der
marxistischen. An anderer Stelle zitiert Haug Boris Kanzleiter, der die
zapatistischen Vergesellschaftungsformen als Struktur von „selbstorganisierten,
dezentralen, aber verknüpften Netzen einer demokratisch strukturierten
Gegenmacht“ beschreibt, die „eine befreite Gesellschaft bereits im Kampf gegen
die alte“ vorausnähme (ebd. 164). Obwohl die Skizzierung Kanzleiters wie eine
Beschreibung klassisch-anarchistischer Vergesellschaftungsvorstellungen wirkt,
wird dieses Bild von Haug als umgesetzte Praxis der Feuerbachthesen
interpretiert, so dass und man sich fragt, warum es überhaupt jemals eine
anarchistische Kritik an Marx gab.
In diesem Kontext ist es interessant,
dass Holloway, als an die zapatistischen Praxen sich anlehnender Denker, die
Haugschen Galionsfiguren Luxemburg (wegen »Staatszentrismus«)
und Gramsci (wegen elitärer Implikationen seines Konzeptes des »organischen
Intellektuellen«)
kritisiert. Würde Haug auch gegen Holloway sein (überhebliches) „Argument“ in
Stellung bringen, dass zum „Beschreiben und Begreifen der zapatistischen Praxis“
Gramscis Theorie „besser geeignet“ sei, „als manche Verlautbarungen aus dem
Umkreis der Zapatisten“ (2003b, 855)?
Für Haug jedenfalls, so ist in den
Versuchen zu lesen, die im Folgenden besprochen werden sollen, scheint es
zwischen zapatistischen und anarchistischen Praxen keine Ähnlichkeiten zu geben.
Ihm zufolge verbänden die Zapatisten „auf dem Boden indigener Kultur (...)
Gramsci mit Brecht und Derrida“ (2005b, 105).
4. Dreizehn Versuche marxistisches
Denken zu erneuern. Gefolgt von Sondierungen zu Marx/Lenin/Luxemburg
(Erweiterte Neuausgabe, 2005)
Wie kein anderes Buch hätten die
Versuche marxistisches Denken zu erneuern, Anlass und Möglichkeit einer
Aufarbeitung und Diskussion des Verhältnisses zwischen Marxismen und Anarchismen
geboten, gerade auch vor dem Hintergrund des von Haug programmatisch
vorangestellten Mottos, dass es „als ausgeschlossen gelten“ müsse, „unkritisch
an Marx anzuknüpfen“ (Haug 2005b, 14). Und hatte nicht Georges Labica von der
„Lektion“ gesprochen, die der Anarchismus für den Marxismus sei (1984, 58)? Für
Haug anscheinend nicht. Weder wird auf die Auseinandersetzungen innerhalb der
Internationale eingegangen,
noch wird bei der Diskussion von Lenins Positionen und der Russischen Revolution
auf anarchistische Bewegungen und Kritiken verwiesen.
Haug scheint sich mit seiner von Peter Weiss übernommenen „Linie
Luxemburg-Gramsci“ (2005b, 20) darauf zu beschränken, einen guten, kritischen
Marxismus von einem schlechten Kriegs- oder Offizialkommunismus abzugrenzen.
Was jenseits des innermarxistischen Diskurses existierte ist scheinbar nicht der
Rede wert - ob es von Haug als legitime Kritik gesehen wird, bleibt in der
Schwebe. Es werden weder anarchistische Positionen, noch anarchistische Figuren
ernsthaft zur Diskussion gestellt.
Warum sollte es auch anarchistischer Kritik bedürfen, wenn mit Gramsci der
Gegenpol zum „kriegskommunistisch geprägten Marxismus-Leninismus“ (2005b, 44)
von marxistischer Seite aus prominent besetzbar ist?
Neben Gramsci ist es Rosa Luxemburg,
die von Haug stark gemacht wird – und zwar als „prophetisch[e]“ Kritikerin des
Marxismus-Leninismus (2005b, 264). Haug spricht von Luxemburgs „atemberaubende[r]
Weitsicht“ (ebd. 267), da diese 1904 Lenins „rücksichtslosen Zentralismus“
kritisiert (ebd. 264) und bei genereller Sympathie für die Oktoberrevolution vor
der Ausbildung autoritärer Strukturen in Russland gewarnt hatte. Aber was ist
das für eine „atemberaubende Weitsicht“ (ebd. 267), die schon aus dem
19.Jahrhundert als anarchistische Kritik an den etatistischen Vorstellungen der
sich auf Marx berufenden Sozialismen bekannt ist?
Eine Kritik, die sich dann bei Kropotkin im Kontext der ersten gescheiterten
Russischen Revolution 1905 genauso finden lässt,
wie bei Volin 1917/1918
und bei Malatesta 1919.
Es hinterlässt deshalb einen bitteren Nachgeschmack, wenn Haug meint, dass
Luxemburg „Recht“ behielt (2005b, 274). Das ist ja an sich nicht falsch, aber:
Gab es in dieser Hinsicht nicht noch andere Luxemburgs, die zu nennen gewesen
wären (vgl. Heinrichs 2002, 112f.)? Und wäre dieses Nennen nicht auch im
Interesse der Haugschen Annäherungsgeste gewesen? Auch bei den anderen von Haug
angeführten Themen (z.B. Revolutions- und Parteitheorie), hätte sich eine
Diskussion anarchistischer Positionen angeboten, aber auch hier wird sie nicht
geführt.
Wie das Fazit des Buches klingt es,
wenn Haug zustimmend Butenko zitiert, nach dem es „keinen Sozialismus“ gebe,
„solange es nur Befreiung von der Ausbeutung, nicht jedoch von der Unterdrückung
gibt“ (2005b, 276). Man meint die Stimme Bakunins zu hören: „Dass Freiheit
ohne Sozialismus Privilegienwirtschaft und Ungerechtigkeit bedeutet; und dass
Sozialismus ohne Freiheit Sklaverei und Brutalität ist“ (1868, 62)
Bei Haug ist Bakunin jedoch zum
Schweigen verurteilt.
5. Einführung in marxistisches
Philosophieren (Vorlesung 2000/2001)
6.
Fazit
Eine „verrückte Dialektik“, wie sie
Haug bei den Anarchisten am Werk gesehen hatte, lässt sich bei Haug selbst
konstatieren. Es zeigt sich, dass seine Geste der Annäherung weder begründet
noch in irgendeiner Form konkretisiert wird. Stattdessen ist auffällig, dass das
konkurrierende Projekt völlig ignoriert wird, so dass sich die Frage stellt, ob
Haugs Geste überhaupt ernst gemeint oder eher rhetorischen Zwecken angesichts
des Vortragsortes geschuldet war.
Es wäre deshalb wünschenswert, dass Haug diese Geste begründet und konkretisiert
oder eben Abstand von ihr nimmt - was allerdings schade wäre.
Paul Pop hat aus marxistischer
Perspektive in der GRUNDRISSE (14/2005) darauf hingewiesen, dass es heute
„nach dem alle Versuche eines Staatssozialismus gescheitert sind“, an der Zeit
sei, „die Frage aufzuwerfen, ob sich die Widersprüche zwischen Kommunismus und
Anarchismus“ relativiert hätten (2005, 35), wobei er zu dem Schluss kommt, dass
die Frage heute nicht mehr „Anarchismus oder Sozialismus“, sondern „(Anarcho)Kommunismus
oder Staatssozialismus“ sei (ebd. 46). Ob man Pop zustimmen mag oder nicht, der
Zukunft eines linken Projekts würde der Versuch einer kritischen aber auch
solidarischen Annäherung zwischen „feindlichen Brüdern“ sicherlich zugute
kommen. Grundlage dafür muss aber sein, dass man den jeweils Anderen auch liest
und in den eigenen Diskurs integriert. Floskelhafte Gesten allein können dies
nicht ersetzen.
7.
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das 21.Jahrhundert (14/2005), Philippe Kellermann. Vom Geist und
geistlosen Zuständen. Ein Versuch über den Anarchisten Gustav Landauer
(17/2006), Torsten Bewernitz. Give the anarchists a theory.
Renaissance des libertären Kommunismus? (24/2007). Dass der Aufsatz
von Torsten Bewernitz dabei gespickt ist mit offenkundigen Unwahrheiten
und irreführenden Suggestionen, sei hier nur am Rande bemerkt, aber
anhand dreier ausgewählter Punkte erläutert. Es wird suggeriert, dass
Bakunin nicht gegen das Privateigentum von Produktionsmitteln gewesen
sei. Lesen wir nach: „Aber in allen Ländern bleibt das Ziel dasselbe:
die Einführung der kollektiven Arbeit und des kollektiven
Eigentums und die Freiheit eines jeden in der Gleichheit aller.“ (zit.n.
Eckhardt 2004, 181; H.v.m.) 2. Es wird pauschal behauptet, dass Max
Stirner Feind jeglichen Sozialismus sei. Stirner schreibt aber selbst,
dass er „nicht gegen die Sozialisten, sondern gegen die heiligen
Sozialisten“ sei (1845, 182; H.v.m.). 3. Der Anarchismus habe niemals
das Problem des Ideologischen verstanden (wobei Bewernitz sich
unausgesprochen mit seinem Hinweis auf Landauer selbst korrigiert und
auch seine Ausführungen nicht gerade den Anschein erwecken, dass er über
eine Ideologietheorie verfügt: er spricht nur von „Organisation“ und
„Kontrolle“, also lustigerweise von Aspekten des Staatsapparats, die man
mit Rückgriff auf Gramsci eher als repressive Funktionen bezeichnen
würde). Und was lässt sich bei Alexander Berkman lesen: „Nun wodurch
werden Regierungen am Leben erhalten? Durch Armeen und die Marine? Ja,
aber auch nur scheinbar. Wodurch werden Armeen und Marine unterhalten?
Es ist der Glaube der Menschen, der Massen, dass Regierung notwendig
ist; es ist die allgemein akzeptierte Idee der Notwendigkeit einer
Regierung. Das ist ihr wirkliches und dauerhaftes Fundament. Ohne diese
Ideen oder diesen Glauben würde keine Regierung auch nur einen Tag
länger bestehen.“ (1929, 2) Die Liste ließe sich fortsetzen.
Diese Position ist
gerade bei jenen sehr beliebt, die Marx vom ‚Makel’ der
Oktoberrevolution reinigen wollen. So beim Sozialdemokraten Blos (1920)
oder beim Rätekommunisten Huhn, der Bakunin gleich noch zum Vorläufer
des Faschismus erklärt (1939, 124). Vgl. auch Peter Sloterdijk, der
meint, dass „in gewisser Weise (…) die Oktoberrevolution eine Rache
Bakunins an Marx“ war (2008, 194) und Bakunins Denken als
„Anarchofaschismus“ zu gelten habe (ebd.191). Es kann an dieser Stelle
keine Diskussion dieser Positionen geleistet werden.
In diesem Sinn hat
dann auch Paul Pop die anarchistische Kritik an Marx zu einer Art
Missverständnis erklärt, wenn er meint, dass die Anarchisten viele
wichtige Texte von Marx anscheinend nie gelesen hätten. An vielen
Äußerungen von anarchistischer Seite lässt sich hingegen zeigen, dass
diese die Marxschen Texte durchaus kannten, während von marxistischer
Seite schnell eine ausgesprochen oberflächliche Auseinandersetzung mit
dem Anarchismus einsetzte. Den Grund hierfür hat schon Marx selbst
gelegt, wenn er Bakunins Vorstellungen schlicht zu „gedankenlose[n]
Schwätzereien“ erklärte (1870, 409). Im Übrigen sollte man sich
vielleicht mal überlegen, ob es nicht allein auf die Marxschen Texte
ankommt, sondern auch auf das tatsächliche Verhalten Marxens – also
marxistisch Marx zu analysieren (vgl. Marx/Engels 1845/46, 26). So
haftet dann auch dem Versuch aus Marx anhand seiner Interpretation der
Pariser Kommune einen Anarchisten zu machen etwas Groteskes an, wenn man
mit keinem Wort erwähnt – Pop spricht diese Probleme durchaus an, dass
diese Schrift (höchstwahrscheinlich) rein taktischer Natur war (vgl.
Korsch 1931, 61f.).Bakunin
hatte diese wie folgt kommentiert: „Die Wirkung davon [der Pariser
Kommune] war überall eine so ungeheure, dass selbst die Marxianer, deren
ganze Ideen durch diese Insurrektion umgestürzt waren, sich
verpflichtet sahen, den Hut vor ihr abzuziehen. Sie taten noch mehr:
gegen die einfachste Logik und gegen ihre wahre Gefühle proklamierten
sie, Programm [der Insurrektion] seien die ihren. Dies war eine wirklich
possenhafte, aber gezwungene Verkleidung. Sie hatten das tun müssen, um
nicht überflügelt und von allen verlassen zu werden; so mächtig war die
bei allen von dieser Revolution hervorgerufene Leidenschaft gewesen.“
(1872b, 839) Man kann die Auseinandersetzung zwischen Anarchismus und
Marxismus natürlich auch einfach leugnen, indem man schlichtweg
behauptet (und damit offenkundig lügt), eine zu Marx alternative
sozialistische Bewegung hätte nie existiert. So erstaunlich dreist
Werner Schmidt, der, pikanterweise in der von Haug herausgegeben
Zeitschrift ARGUMENT, behauptet: „Die europäische
Arbeiterbewegung hat zwei grundverschiedene gesellschaftspolitische
Projekte (…) hervorgebracht: ein dominierendes etatistisches Projekt,
das in seinen beiden - sozialdemokratischen und kommunistischen –
Varianten auch das einzige war, das die Chance hatte, realgeschichtlich
umgesetzt zu werden [was Herr Schmidt so alles weiß!]; das andere,
selbstemanzipatorische Projekt hat nur als Möglichkeit existiert,
entweder als selbständiger theoretischer Entwurf oder als eine
untergeordnete Tendenz innerhalb der etatistischen Varianten. Beide
Projekte beriefen sich auf Marx, nur reklamierten sie nicht den gleichen
Marx für sich.“ (1999, 316)
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