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Robert Zion: Eine
spinozianische Grundlegung der Linken – 1. Das TABLEAU ÉCONOMIQUE Quesnays Bekanntlich hatten für Marx die Schriften der Physiokraten – vor allem die von Quesnay und Turgot – einen besonderen Vorläufercharakter für seine eigene politische Ökonomie. So schreibt er über das Tableau Économique[1] (Siehe: Abb.)[2] Quesnays von 1758:
„In der Tat aber, dieser Versuch, den ganzen Produktionsprozeß des Kapitals als Reproduktionsprozeß darzustellen, die Zirkulation bloß als die Form dieses Reproduktionsprozeßes, die Geldzirkulation nur als ein Moment der Zirkulation des Kapitals, zugleich in diesen Reproduktionsprozeß einzuschließen den Ursprung der Revenue, den Austausch zwischen Kapital und Revenue, das Verhältnis der reproduktiven Konsumtion zur definitiven und in die Zirkulation des Kapitals die Zirkulation zwischen Konsumenten und Produzenten (in fact zwischen Kapital und Revenue) einzuschließen, endlich als Momente dieses Reproduktionsprozeßes, die Zirkulation zwischen den zwei großen Teilungen der produktiven Arbeit – Rohproduktion und Manufaktur – darzustellen, und alles dies in einem Tableau, das in fact immer nur aus 5 Linien besteht, die 6 Ausgangspunkte oder Rückkehrpunkte verbinden – im zweiten Drittel des 18ten Jahrhunderts, der Kindheitsperiode der politischen Ökonomie – war ein höchst genialer Einfall, unstreitig der genialste, dessen sich die politische Ökonomie bisher schuldig gemacht hat. Was die Zirkulation des Kapitals betrifft – seinen Reproduktionsprozeß –, die verschiednen Formen, die es in diesem Reproduktionsprozeß annimmt, den Zusammenhang der Zirkulation des Kapitals mit der allgemeinen Zirkulation, also nicht nur den Austausch von Kapital gegen Kapital, sondern von Kapital und Revenue – hat [Adam] Smith in der Tat nur die Nachlassenschaft der Physiokraten angetreten und die einzelnen Artikel des Inventariums strenger rubriziert und spezifiziert, kaum aber die Totalität der Bewegung so richtig ausgeführt und interpretiert, wie sie der Anlage nach im Tableau Économique angedeutet war, trotz der falschen Voraussetzungen Quesnays.“[3] François Quesnay (1694-1774) beschreibt in seinem Tableau erstmals einen – stationären – Wirtschaftskreislauf, mit dem er das Gleichgewicht von Investition und Konsum und die Verteilung des Nettoprodukts in einer Agrarwirtschaft darlegt. Grundlage für Quesnay ist dabei das physiokratische Prinzip, „dass der Boden der alleinige Quell der Reichtümer ist und dass es die Landwirtschaft ist, welche diese vervielfältigt“[4], sowie die dementsprechende Annahme von „produktiven“ (Landwirtschaft) und „sterilen“ (Handwerk, frühe industrielle Manufaktur und Grundbesitz) Ausgaben, die den sozialen Klassen der damaligen Ständegesellschaft zugeordnet sind. Das allerdings, was Marx in seinen Theorien über den Mehrwert die „falschen Voraussetzungen Quesnays“ nennt, betrifft zunächst weniger die Unterschiede des Tableaus zu seinem eigenen Reproduktionsschema des Industriekapitalismus[5], als vielmehr die Ablehnung der Physiokraten, die Arbeitszeit zum Maßstab der Wert- und Mehrwertproduktion zu erheben. Sehr deutlich wird dies in Marx’ Kommentaren zu den Betrachtungen über die Bildung und Verteilung der Reichtümer (1766) von Quesnays Schüler Anne Robert Jacques Turgot (1727-1781): „Hier also wieder: D[er] surplusvalue entsteht daher, da der Arbeiter mehr als das Equivalent s[eines] salaire giebt. Falsch nur, dass das Mehr nicht an der Arbeitszeit, s[on]dern d[er] Materie geschätzt wird, d[em] Stoff d[es] Gebrauchswerths.“[6] In der Tat war insbesondere Turgot – 1774 von Ludwig XVI. immerhin zum Generalkontrolleur der Finanzen Frankreichs ernannt – gegenüber jeglichen abstrahierenden Quantifizierungen von „der zwingenden Naturordnung, kraft deren die Erde ohne Arbeit nicht produziert“[7], äußerst zurückhaltend. So bezeichnet er selbst noch die proportionale Verteilung des Nettoprodukts (Mehrwert, Marx’ „surplusvalue“) in Quesnays Tableau als „willkürliche Hypothesen..., aus denen man aber niemals völlig präzise Schlussfolgerungen ableiten kann.“[8] Das Tableau selbst kann aber für Turgot „dazu dienen, eine klare Vorstellung vom Verlauf der Zirkulation zu vermitteln.“[9] Das „Mehr“, das also, was im Wirtschaftskreislauf zirkuliert, ist für Turgot eine Qualität, durch Arbeit transformierte Natur: „Mithin behält der Landwirt, obgleich er auf das Entgelt seiner Arbeit beschränkt ist, jenen natürlichen Vorrang physischer Art, der ihn zum ersten Motor der ganzen gesellschaftlichen Maschine macht.“[10] Damit zeichnet Turgot in gewisser Weise bereits das vor, was Michael Hardt und Antonio Negri „Netzwerke sozialer Produktion“ [S. 288][11] genannt haben. Nicht die proportionalen Fließgrößen als „willkürliche Hypothesen“ bestimmen den „Verlauf der Zirkulation“ im Tableau, sondern die „zwingende Naturordnung“ selbst, „kraft deren die Erde ohne Arbeit nicht produziert.“ Das Tableau der Physiokraten, das aus jenen „5 Linien besteht, die 6 Ausgangspunkte oder Rückkehrpunkte verbinden“, ist tatsächlich eine Karte „der Ordnung (ordo) und Verknüpfung (connexio)“ [Ethik, II, 7][12] der „ganzen gesellschaftlichen Maschine“ der Produktion und der Arbeitskraft. Bestünde damit nicht aber, wie Jean-François Lyotard in seiner Analyse des ökonomischen Diskurses anmerkt, die „Gefahr einer Metaphysik der Produktion, (ενεργεια, energeia), die die der Arbeitskraft (δυναμις, dynamis) vervollständigt, die Marx nach eigenem Eingeständnis (in den Grundrissen[13]) der Metaphysik des Aristoteles[14] entlehnt und auf das Konto eines menschlichen Subjekts geschlagen hat“?[15] Mit dieser Frage verschiebt sich das Problem des Tableaus weg von der Zirkulation und ganz hin auf das einer Ontologie der Produktion und der Arbeitskraft, die aber nur eine Metaphysik wäre, wenn jener „natürliche Vorrang physischer Art“, den die Arbeitskraft nach Turgot ja „behält“, wie von Marx, „auf das Konto eines menschlichen Subjekts geschlagen“ wird. Obwohl Marx sehr genau sieht, dass die Physiokraten „die Untersuchung über den Ursprung des Mehrwerts aus der Sphäre der Zirkulation in die Sphäre der unmittelbaren Produktion selbst verlegt“[16] haben, ist es die strikte Subjekt/Objekt-Trennung in der Nachfolge der Hegelschen Metaphysik, die ihn grundsätzlich dazu verleitet, „die ‚lebendige’ Arbeit von der Natur abzugrenzen“[17], wie Teresa Brennan gezeigt hat. Dies führt dazu, „dass Marx seine Unterscheidung zwischen Arbeit und Natur (abgesehen vom Gerede über die lebendige Arbeit) im Grunde nur auf den Willen stützt.“[18] Allein, es ist nicht nur der Wille, sondern – an zentraler Stelle im Kapital über die Arbeit – sogar „der zweckmäßige Wille“[19], den Marx den ArbeiterInnen im Arbeitsprozess zuschreibt. Der freie Wille und die Zweckursache also – hier wiederholt sich René Descartes’ Irrtum eines Dualismus von Denken (res cogitans) und Ausdehnung (res extensa), der letztlich immer zu einer kausalen Bestimmung der Materie durch das Denken und damit zu dem Problem führt, wie denn der freie (lebendige) Wille den (toten) Raum der Materie überhaupt adäquat auf seine Zwecke hin ordnen kann. Descartes’ „Antwort“ ist bekannt, es ist am Ende Gott, eben dessen freier Wille, der „mich nicht täuschen will..., solange ich sie [die Urteilsfähigkeit] nur recht gebrauche.“[20] Das, was Marx bei den Physiokraten an „falschen Voraussetzungen“ zu erkennen glaubt, beruht im Grunde auf zwei falschen Voraussetzungen bei ihm selbst. Zunächst auf der Annahme einer toten, quantifizierbaren Natur, die lediglich den „Stoff“ abgibt, den ein freier Wille in Gebrauchswerte verwandelt und auf seine Zwecke hin ordnet – eine vollendete Metaphysik des Subjekts, das so den Platz Gottes einnimmt, die Natur objektiviert und damit aber auch jene „zwingende Naturordnung“ Turgots negiert. Was Marx in seiner Metaphysik der Zweckursachen (causae finalis) fehlt, ist eine adäquate Idee des „natürlichen Vorrangs physischer Art“ (Turgot), die aber nur über die Erkenntnis von Wirkursachen (causae efficiens) zu erlangen ist: „Denn die Idee jedes Verursachten hängt von der Erkenntnis der Ursache ab, deren Wirkung es ist“ [Ethik, II, 7, Beweis]. Eine solche Idee hätte Marx’ Aufmerksamkeit auf den „Verlauf“ (Turgot), auf die Verkettung (concatenatio) des Tableaus und damit auf dessen Ordnung und Verknüpfung als die „der ganzen gesellschaftlichen Maschine“ lenken können, denn „die Ordnung und Verknüpfung der Ideen ist dieselbe wie die Ordnung und Verknüpfung der Dinge“ [Ethik, II, 7].[21] Die zweite falsche Voraussetzung Marx’ liegt wiederum in der ersten begründet. Die Abgrenzung der lebendigen Arbeit von der Natur und die Subjekt/Objekt-Trennung führen ihrerseits dazu, dass er das Subjekt – ganz in Hegelscher Manier – wiederum selbst objektiviert und es somit seinerseits von der Natur trennt, indem er das Lebendige in dessen Arbeit und damit der Wert- und Mehrwertproduktion schlicht auf tote, arithmetische Zeit reduziert: t1, t2,...,tn. So bezeichnet er die „Arbeitsquantität oder Arbeitszeit“ als die „einfache Substanz“[22] des Werts. Auch in den Grundrissen (über-)setzt Marx bereits Aristoteles’ „Arbeitskraft“ (dynamis) unvermittelt als „say x Stunden Arbeitszeit“.[23] Somit erklärt er aber die Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise zu den ontologischen Bedingungen der Wertproduktion schlechthin und begeht damit denselben Fehler, den er den Physiokraten seinerseits vorwirft, nämlich den, „daß das materielle Gesetz einer bestimmten historischen Gesellschaftsstufe als abstraktes, alle Gesellschaftsformen gleichmäßig beherrschendes Gesetz aufgefaßt wird“[24] – „die Mißgeburt des dialektischen Materialismus“![25] Das Tableau Économique der Physiokraten ist Ausdruck der Gesellschaftsmaschine ihrer Zeit. Und, mag dessen Ordnung und Verknüpfung nun adäquaten oder inadäquaten Ideen entsprechen, als solcher stellt dieser den ersten Versuch einer qualifizierten Ökonomie dar, einer Ökonomie, die nicht die nackte Tatsache des Lebens und ökonomischen Überlebens beschreibt, sondern eines qualifizierten Lebens (βiος, bios), das eine ganze Gesellschaft zu konstituieren imstande ist. Daher hatte Marx sicherlich Recht, als er Turgot – wenn auch aus gänzlich anderen Gründen – einen „der direkten Väter der Französischen Revolution“[26] nannte. Doch die konstitutive Ontologie der Physiokraten konnte Marx in seinem Subjektivismus und der damit einhergehenden – aus der kapitalistischen Produktionsweise einfach zurückprojizierten – Herabsetzung der Natur zu einem bloßen Objekt und damit der Quantifizierung alles Lebendigen in der Arbeit, nicht erkennen. Was hier ganz zu Beginn des industriekapitalistischen Zeitalters von den Physiokraten entworfen wurde, war die Idee eines anderen, naturbedingten Wachstums, das sich in einer „Ausweitung der sozialen Produktivkräfte“ [S. 283], in der Produktion des Gemeinsamen (common) selbst ausdrückte. In der Tat führte dieser Vergesellschaftungsschub in direkter Linie zur Revolution.2. Das neue TABLEAU „Wir müssen heute“, so Michael Hardt und Antonio Negri, „ein neues Tableau Économique erfinden, das die Produktion, Zirkulation und Enteignung von Werten in der biopolitischen Ökonomie offen legt“ [S. 286]. Dieses wird sicherlich, wie bereits für Turgot, ein Tableau der ökonomischen Qualitäten sein, aber darüber hinaus auch eines der sozialen Kämpfe, die mit der Ausweitung der sozialen Produktivkräfte heute hervorgebracht werden. Denn „biopolitische Produktion setzt das Leben [im Original: bios] in Arbeit, ohne es zu konsumieren“ [S. 283]. Seine Verkettung wird so die Ordnung und Verknüpfung einer erneuten konstitutiven Ontologie des Gemeinsamen beschreiben. Nur wird das Tableau heute nicht nur das eines sich im Empire[1] konstituierenden Common Wealth, also ein globales, sondern auch ein dezidiert „ethisches Projekt“ [S. vii] sein. Und der Weg, der durch die neue spinozianische Grundlegung beschrieben wird, wird wieder der zu einer Revolution, die „Forderung nach revolutionärer Rekonstruktion der Welt“[2] sein, deren Bestimmung bei Spinoza bereits vorgezeichnet ist: „Menschliche Freiheit, so klingt die Ethik aus[3], ist gebunden an einen Weg (via) der Befreiung, den der Mensch zu gehen hat.“[4] „Spinoza“, so Antonio Negri, „ist Ontologie..., die ontologische Verankerung und die Produktivität der Ethik eröffnet wieder einmal die Möglichkeit einer Neuformierung und Definition menschlicher Tätigkeit.“[5] Das neuformierte Tableau, das eigentlich eine Maschine der Vergesellschaftung durch menschliche Tätigkeit und damit der Neukonstitution des Politischen ist: TABLEAU ÉCONOMIQUE des common 1 COMMONS sind materielle Gemeingüter wie Luft, Wasser und die Gaben der Natur und Resultate sozialer Produktion, die für soziale Aktionen und Reproduktion notwendig sind wie Wissen, Sprache, Codes, Informationen und Affekte. 2 Das KAPITAL organisiert keine produktive Kooperation, es beutet diese nur aus. Kapitalistische Akkumulation findet heute zunehmend außerhalb des Produktionsprozesses durch das Finanzkapital statt, so dass Ausbeutung die Form der Enteignung des common annimmt. Der Verteidigung... Der ökonomischen Qualitäten und der Kämpfe:
31,2,...,n = Politische Zusammensetzung (Komposition) des kollektiven sozialen Lebens. 40,1,2,...,n = Soziales Vermögen (potentia). 51,2,...,n = Zusammensetzung des Kapitals: Mieten, Pachten, Zinsen, Börsenwerte, Finanztitel (Renten). 6 = Konstruktion des common durch das Begehren (cupiditas) und die Macht der Affekte. Zweite Erkenntnisgattung bei Spinoza (Gemeinbegriffe). 7 = Ontologische Konstitution des common als positive kumulative Progression und Transformation der menschlichen Natur. 8 = Konsolidierung der gemeinsamen Institutionen der Gesellschaft durch die Liebe (amor) und die Macht der Vernunft (ratio). Dritte Erkenntnisgattung bei Spinoza (Wesenserkenntnis). 9 = Enteignet jeweils die Resultate des kollektiven sozialen Lebens. 10 = Das Finanzkapital ist in seinem Wesen eine elaborierte Maschine zu Repräsentation des common: Macht der Abstraktion (Geld). 11 = Wandel von der fordistischen Disziplinargesellschaft zur Kommando- und Kontrollgesellschaft: Biomacht (Foucault), Gewalt (potestas) bei Spinoza. Der „Motor der ganzen gesellschaftlichen Maschine“ (Turgot) im neuen Tableau ist nun die „biopolitische Arbeit“ bzw. die „biopolitische Produktion“ [S. 283], Ausgangspunkt hierfür der Begriff der Biomacht Michel Foucaults. Nach dessen „Genealogie der Machttechnologien“[6] haben die Herrschaftstechnologien in der Moderne einen radikalen Umschlag erfahren: „Jahrtausende hindurch ist der Mensch das geblieben, was er für Aristoteles war: ein lebendes Tier, das auch einer politischen Existenz fähig ist. Der moderne Mensch ist ein Tier, in dessen Politik sein Leben als Lebewesen auf dem Spiel steht.“[7] Im heutigen „Bevölkerungsstaat“, der den alten „Territorialstaat“ abgelöst hat, zeigt sich die Regierung der Menschen („Das, was man regiert, sind die Menschen“[8]) als nahezu umfassende Macht, der Macht über das nackte Leben, wie Giorgio Agamben feststellt: „Daraus ergibt sich eine gewisse Animalisierung des Menschen, die durch die ausgeklügeltsten politischen Techniken ins Werk gesetzt wird. Gleichzeitig mit der Ausbreitung der Möglichkeiten der Human- und Sozialwissenschaften entsteht nun auch die Möglichkeit, das Leben sowohl zu schützen wie auch seinen Holocaust zu autorisieren. Von dieser Seite her betrachtet wären insbesondere die Entwicklung und der Triumph des Kapitalismus ohne die disziplinarische Kontrolle nicht möglich gewesen, welche die neue Biomacht ausgeübt hat.“[9] Doch Hardt und Negri verschieben die Perspektive Foucaults. In der Nachfolge von Gilles Deleuzes Foucault-Interpretation stellen auch sie einen Wandel von den Disziplinargesellschaften des 18. bis beginnenden 20. Jahrhunderts zu heutigen Kontrollgesellschaften fest, die sich in einer „allgemeinen Krise aller Einschließungsmilieus, Gefängnis, Krankenhaus, Fabrik, Schule, Familie“[10], zeigt. Und sie nehmen auf der Suche nach einer „Gegenmacht“ zur umfassend gewordenen Menschenregierung in den Kommando- und Kontrollgesellschaften über Foucault hinausgehend eine terminologische Unterscheidung vor, die zwischen der „Biomacht“ als Macht über das Leben und der „Biopolitik“ als Macht des Lebens [S. 56f.]. Das, was sich den neuen Souveränitätsstrukturen des Empire, der Biomacht, entzieht, ist der Mechanismus der sozialen Produktion selbst, als „eine radikal plurale und offene Politik der Körper“ [S. 37] der Menge, der Multitude (multitudo)[11] – „Allerdings, was der Körper vermag, hat bisher noch niemand festgestellt“ [Ethik, III, 2, Anm.]. Es ist aus spinozianischer Perspektive das Vermögen (potentia) des Körpers – sowie das dieses adäquat erkennende Denken –, das so der Gewalt (potestas) der Biomacht widersteht und eine „alternative Produktion von Subjektivität hervorbringt“ [S. 57]. Biopolitik ist die „lokalisierte produktive Macht des Lebens, die in der Produktion von Affekten und Sprachen in sozialer Kooperation und in der Interaktion von Körpern und Wünschen entsteht, in der Erfindung neuer Beziehungen zum Selbst und zum Anderen“ [S. 58f.] – die Vergesellschaftungsmaschine als Konstitution des Gemeinsamen, des Politischen selbst. Eine spinozianische Sequenz: „Wenn zwei auf einmal zusammenkommen und ihre Kräfte verbinden, dann vermögen sie zusammen mehr und haben folglich mehr Recht auf [Dinge in der] Natur als jeder für sich allein. Und je mehr Verbündete so ihre Kräfte zusammengeschlossen haben werden, um so mehr Recht werden sie alle zusammen haben“ [PT, 2. Kap., § 13] – „Dieses Recht, das durch das Vermögen der Menge definiert wird, nennt man als Regierungsgewalt gewöhnlich die Souveränität des Staates (imperium)“ [PT, 2. Kap., § 17]. Das Recht des Gemeinwesens (civitas) begründet sich jedoch nicht auf dessen Gewalt (potestas, Biomacht), sondern – kumulativ – auf dem Vermögen der Menge (multitudinis potentia, Biopolitik), darin, „daß das Recht (jus) des Staates und der höchsten Gewalten (summarum potestatum) nichts anderes ist als eben das Recht der Natur (naturae jus), das durch das Vermögen (potentia), nun nicht mehr jedes einzelnen, sondern der wie von einem Geist geleiteten Menge (multitudinis) bestimmt wird. Gerade so wie im Fall eines einzelnen im Naturzustand hat also auch der Körper und der Geist eines ganzen Staates so viel Recht (tantum juris...) wie weit dessen Vermögen reicht (...quantum potentiae)“ [PT, 3. Kap., § 2]. Daraus folgt nur eine aus dem Recht der Natur begründete Form des Staates, „dessen Regierungsform ganz und gar uneingeschränkt ist (omnino absolutum imperium), die wir Demokratie nennen“ [PT, 11. Kap., § 1].[12] Diese Konstitution des Gemeinsamen erfolgt heute auf einem „sozialen Plan der Immanenz, der politisch organisiert werden muss“ [S. 15f.], in einer globalisierten „Welt, die kein ‚Außen’ hat“ [S. vii]. Mit dem Begriff der Immanenz ist es an der Zeit, den Aufbau der spinozianischen Ethik, den ethischen Aufbau der Welt bei Spinoza, wenigstens in seinen Grundzügen zu umreißen, so wie dieser von Gilles Deleuze dargelegt wurde, dem Hardt und Negri hierin im Wesentlichen folgen. 3. Spinozas ethischer Aufbau der Welt 3.1 Die Natur Es gibt nur eine Substanz (substantia), die „Ursache ihrer selbst“ (causa sui) ist und die „in sich ist und durch sich begriffen wird“ [Ethik, I, Def. 1-3]: „Gott oder die Natur“ (Deus sive Natura) [Ethik, IV, Vorrede]. Diese hat unendlich viele Attribute (attributum) und alle Dinge oder „Kreaturen“ sind nur Modi (modus) dieser Attribute oder Modifikationen dieser Substanz. Der Körper (corpus) ist ein Modus des Attributs Ausdehnung (extensio), der Geist (mens) ein Modus des Attributs Denken (cogitatio).[13] „Jegliche reale Tätigkeit zwischen Körper und Geist ist ausgeschlossen, weil diese von zwei verschiedenen Attributen abhängen, wobei jedes Attribut durch sich begriffen wird. Geist und Körper, was dem einen geschieht und entsprechend, was dem anderen geschieht, sind also autonom. Dennoch gibt es zwischen den beiden eine Korrespondenz, weil Gott, der als alleinige Substanz alle Attribute hat, nichts produziert, ohne es in jedem Attribut gemäß einer einzigen und gleichen Ordnung zu produzieren“[14]: „Die Ordnung und Verknüpfung der Ideen ist dieselbe wie die Ordnung und Verknüpfung der Dinge“ [Ethik, II, 7]. Dieser Parallelismus von Denken und Ausdehnung begründet sich in der – produktiven – Einheit der Substanz, die die „inbleibende Ursache (causa immanens)“ aller Dinge ist [Ethik, I, 18]: „Die Modi verschiedener Attribute haben nicht allein dieselbe Ordnung und dieselbe Verknüpfung, sondern dasselbe Sein: es sind dieselben Dinge, die sich lediglich durch das Attribut unterscheiden, dessen Begriff sie einschließen.“[15] „Freie Ursache“ (causa libera) ist allein Gott als „naturende Natur“ (natura naturans), d. h. „solche Attribute der Substanz, die ewige und unendliche Wesenheit ausdrücken“ (das, „was in sich ist und durch sich begriffen wird“); dahingegen ist die „genaturte Natur“ (natura naturata) das, „was aus der Notwendigkeit der Natur Gottes oder eines jeden von Gottes Attributen folgt, das heißt, die gesamten Modi der Attribute Gottes“ [Ethik, I, 29, Anm.] – der Grundsatz des Pantheismus.[16] 3.2 Der Mensch Der Mensch (homo) existiert nicht notwendig – dies kommt allein dem „Sein der Substanz“ zu [Ethik, II, 10, Beweis] –, er besteht aus Geist und Körper, Modi der Attribute Denken und Ausdehnung, genauer: „Das Objekt der Idee, die den menschlichen Geist ausmacht, ist der Körper oder ein gewisser wirklich existierender Modus der Ausdehnung und nichts anderes“ [Ethik, II, 13]. Als solcher ist der menschliche Körper ein komplexes Zusammensetzungsverhältnis „aus sehr vielen Individuen“, die von „äußeren Körpern auf sehr viele Arten affiziert werden“ [Ethik, II, 13, Forderungen 1-6], denn „die Körper unterscheiden sich voneinander hinsichtlich der Bewegung (motus) und Ruhe (quies), der Geschwindigkeit (celeritas) und der Langsamkeit (tarditas), aber nicht hinsichtlich der Substanz“ [Ethik, II, 13]. Das Wesen des Menschen ist, wie das aller „besonderen Dinge“, ein Modus, d. h. als Affektion der Substanz oder ihrer Attribute [Ethik, I, 25, Folgesatz] ein Vermögensgrad: „Jedem Verhältnis von Bewegung und Ruhe, von Schnelligkeit und Langsamkeit, das eine Unendlichkeit von Teilen versammelt, entspricht ein Machtgrad, beziehungsweise ein angemessenes Vermögen. Den Beziehungen, die ein Individuum zusammensetzen, es auflösen oder modifizieren, entsprechen Intensitäten, die es affizieren, die sein Handlungsvermögen steigern oder verringern und die von äußeren Teilen oder seinen eigenen Teilen stammen. Affekte sind Arten des Werdens.“[17] So bestimmen die Zusammensetzungsverhältnisse das, was für den Menschen das Gute (bonum) und das Schlechte (malum) ist: „Gut wird jeder Gegenstand genannt, dessen Verhältnis sich mit dem meinigen zusammensetzt (Übereinstimmung) – schlecht wird jeder Gegenstand genannt, dessen Verhältnis das meine auf die Gefahr hin, sich mit anderen zusammenzusetzen, zersetzt (Nichtübereinstimmung)“[18] [Vgl.: Ethik, IV, 39, Beweis]. Dabei ist das Leben für Spinoza „keine Idee oder theoretische Angelegenheit. Es ist eine Seinsweise, ein gleicher ewiger Modus in allen Attributen.“[19] 3.3 Die Affekte Es liegt in der Natur der Dinge – in ihrem Zusammensetzungsverhältnis von Bewegung und Ruhe, von Geschwindigkeit und Langsamkeit – zu affizieren und affiziert zu werden, denn „es existiert nichts, aus dessen Natur nicht irgendeine Wirkung folgte“ [Ethik, I, 36] – „Unter Affekt (affectus) verstehe ich die Affektionen (affectio) des Körpers, durch die das Betätigungsvermögen (agendi potentia) des Körpers vermehrt oder vermindert, gefördert oder gehemmt wird, und zugleich die Ideen dieser Affektionen“ [Ethik, III, Def. 3]: „Die Ordnung der Ursachen ist also eine Ordnung der Zusammensetzung und Zersetzung von Verhältnissen, die die gesamte Natur bis ins Unendliche affiziert. Als bewusste Wesen nehmen wir aber niemals mehr als die Wirkungen dieser Zusammensetzungen und Zersetzungen auf: wir empfinden Lust, wenn ein Körper unserem Körper begegnet und sich mit ihm zusammensetzt oder wenn eine Idee unserem Geist begegnet und sich mit ihm zusammensetzt, und im Gegensatz dazu Unlust, wenn ein Körper oder eine Idee unseren eigenen Zusammenhalt bedrohen.“[20] Es ist das Streben (conatus) jedes Dings „so viel es kann und so viel an ihm ist, in seinem Sein zu beharren“ [Ethik, III, 6, Beweis], das „die wirkliche Wesenheit des Dinges selbst“ [Ethik, III, 7] ist, das uns die Lust oder Unlust in einem gegebenen Zusammensetzungs- oder Zersetzungsverhältnis empfinden lässt. Dieses Streben, „auf Geist und Körper zugleich bezogen“ ist der „Trieb“ (appetitus) [Ethik, III, 9, Anm.]. Auch für die Affekte gilt der Parallelismus von Denken und Ausdehnung: „Was das Betätigungsvermögen unseres Körpers vermehrt oder vermindert, fördert oder hemmt, dessen Idee vermehrt oder vermindert, fördert oder hemmt die Denkkraft unseres Geistes“ [Ethik, III, 11]. Spinoza nimmt drei Grundaffekte an: Freude (laetitia) und Trauer (tristitia), die den Empfindungen der Lust und Unlust der Zusammensetzungs- und Zersetzungsverhältnisse entsprechen, sowie das Begehren (cupiditas), das lediglich der „Trieb mit dem Bewußtein dieses Triebes“ [Ethik, III, 9, Anm.] ist – „alle übrigen entstehen aus diesen drei“ [Ethik, III, 11, Anm.].[21] „Die Idee jeder Art von Affektionen, die der menschliche Körper von äußeren Körpern erleidet, muß die Natur des menschlichen Körpers und zugleich auch die Natur des äußeren Körpers in sich schließen“ [Ethik, II, 16]. Hieraus entstehen die Vorstellungsbilder im Geist (des Denkens), die „einen bestimmten Zustand (constitutio) des affizierten Körpers und Geistes [bilden], der mehr oder weniger Vollkommenheit impliziert als der vorhergehende Zustand.“[22] 3.4 Das Erkennen „Der Mensch denkt“ [Ethik, II, Grundsatz 2].[23] Das, was das Betätigungsvermögen des Körpers vermehrt oder vermindert und entsprechend die Denkkraft unseres Geistes fördert oder hemmt, drückt sich in den – aktiven – Affekten der Freude und den – passiven – Affekten der Trauer aus. Daher ist die Erkenntnis dessen, was unser Betätigungsvermögen vermehrt oder vermindert, „keine Verrichtung eines Subjekts[24], sondern die Bejahung (Affirmation) der Idee im Geist“[25] – „So dass wir es also niemals sind, die etwas von dem Ding bejahen oder verneinen, sondern das Ding selbst ist es, das etwas von sich in uns bejaht oder verneint“ [KA, 2. Teil, 16. Kap., 5]. Dennoch gibt es einen Erkenntnisprozess, der mit der Vermehrung unseres Betätigungsvermögens einhergeht. „Die Erkenntnis ist Selbstbejahung (Auto-Affirmation) der Idee, ‚Erklärung’ oder Entwicklung derselben, in der Art einer Wesenheit, die sich in ihren Eigenschaften oder einer Ursache, die sich in ihren Wirkungen erklärt.“[26] Die aus dem Erkenntnisprozeß hervorgehende vermehrte oder verminderte Vollkommenheit (des Geistes und den Körpers) darf jedoch nicht mit einem Prozeß der Vervollkommnung der Substanz Deus sive Natura durch den Menschen verwechselt werden. Vielmehr bedeutet „Vollkommenheitsgrad“ hier soviel wie „Wirklichkeitsgrad“, der wiederum nur einen bestimmten „Betätigungsgrad“ ausdrückt: „Je ‚tätiger’ in diesem Sinne etwas ist, desto ‚wirklicher’, und je ‚wirklicher’, desto ‚vollkommener’ ist es, denn Tätigkeit, Wirklichkeit, Vollkommenheit sind Wechselbegriffe.“[27] Der Schlüssel zum Verständnis dieser Wechselbegriffe liegt in der Definition des Affekts selbst, hier noch einmal – nun vollständig – wiedergegeben: „Unter Affekt verstehe ich die Affektionen des Körpers, durch die das Betätigungsvermögen des Körpers vermehrt oder vermindert, gefördert oder gehemmt wird, und zugleich die Ideen dieser Affektionen. Wenn wir daher von einer dieser Affektionen die adäquate Ursache sein können, dann verstehe ich unter dem Affekt eine Handlung (actio), im anderen Falle eine Leidenschaft (passio)“ [Ethik, III, Def. 3]. So handeln wir, sind erkennend aktiv und haben adäquate Ideen, insofern wir die „adäquate Ursache“ (causa adaequata) der Affektionen – die ja als Affektionen der Substanz oder ihrer Attribute unsere Wesen als Modi ausmachen – sind (Übereinstimmung, Zusammensetzungsverhältnisse, Reihe der von den Empfindungen der Lust begleiteten freudvollen Affekte). „Im anderen Falle“ erleiden wir, erfahren die Leidenschaften passiv und haben inadäquate, „verstümmelte und verworrene“ Ideen, insofern wir die „inadäquate oder Teil-Ursache“ (causa inadaequata sive partialis) der Affektionen sind (Nichtübereinstimmung, Zersetzungsverhältnisse, Reihe der von den Empfindungen der Unlust begleiteten traurigen Affekte).[28] Es gibt eine Erkenntnisgattung der ersten, eine der zweiten und eine der dritten Art; Erkenntnisgattungen, die als Wirklichkeits- bzw. Betätigungsgrade wiederum Existenzmodi sind. Die erste Erkenntnisgattung der „Meinung oder Vorstellung“ [Ethik, II, 40, Anm. 2] bildet die Verkettung der inadäquaten Ideen und der passiven Affekte, Wahrnehmungen von Einzeldingen und Zeichen[29] unter den natürlichen Bedingungen unserer Existenz, die aus verworrenen und verstümmelten Vorstellungsbildern und Erinnerungen bestehen. Die zweite Erkenntnisgattung der „Vernunft“ (ratio) bildet die Gemeinbegriffe (notiones communes), „adäquate Ideen der formalen Wesenheit einiger Attribute“ [Ethik, II, 40, Anm. 2] bzw. die Erkenntnis dessen, „was allen Dingen gemeinsam (communia) und was gleichermaßen im Teil wie im Ganzen ist“ [Ethik, II, 38]. Aus der dritten Erkenntnisgattung des „anschauenden Wissens“ [Ethik, II, 40, Anm. 2] schließlich, entsteht die adäquate Erkenntnis der Wesenheit der Dinge, indem diese „unter einer gewissen Art der Ewigkeit“ (sub specie aeternitatis) [Ethik, II, 44, Beweis] betrachtet werden. Aus der dritten Erkenntnisgattung entspringt „die geistige Liebe zu Gott“ (amor Dei intellectualis) [Ethik, V, 33]. Die Gemeinbegriffe bilden gewissermaßen das Zentrum des Erkenntnisprozesses – wie auch die einzig mögliche Überleitung zur dritten Erkenntnisgattung[30] –, sie definieren „das Bestreben der Vernunft, Begegnungen zwischen bestehenden Modi unter Verhältnissen zu organisieren, die sich zusammensetzen, und die mal Doppelung, mal die Ersetzung der passiven Affekte durch die aktiven Affekte, die den Gemeinbegriffen selbst entspringen, ergeben. Doch sind die Gemeinbegriffe... allgemeine Ideen, die sich nur auf bestehende Modi anwenden lassen – in diesem Sinne lassen sie uns nicht die besondere Wesenheit erkennen. Die dritte Gattung lässt die Wesenheit erkennen: nun wird das Attribut nicht mehr als Gemeinbegriff (d.h. allgemein) und auf alle bestehenden Modi anwendbar erfasst, sondern als gemeinsame Form (d.h. eindeutig) auf die Substanz.“[31] E-Mail: zion@robert-zion.de [1] Vgl.: Michael Hardt/Antonio Negri: Empire. Die neue Weltordnung, Frankfurt a. M.: Campus 2002, passim. [2] Antonio Negri: Die wilde Anomalie, a. a. O., S. 205. [3] Vgl.: Ethik, V, 42, Anm. [4] Wolfgang Bartuschat: Spinozas Theorie des Menschen, Hamburg: Meiner 1992, S. 5. [5] Antonio Negri: Subversive Spinoza. (un)contemporary variations, Manchester/ New York: Manchester University Press 2004, S. 94f. (Übersetzung RZ) [6] Michel Foucault: Geschichte der Gouvernementalität I. Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Vorlesungen am Collège de France 1977-1978, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2004, S. 61. [7] Michel Foucault: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit I, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1977, S. 171. [8] Michel Foucault: Geschichte der Gouvernementalität I, a. a. O., S. 183. [9] Giorgio Agamben: Homo sacer. Die Souveränität der Macht und das nackte Leben, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2002, S. 13. [10] Gilles Deleuze: Postskriptum über die Kontrollgesellschaft, in: ders.: Unterhandlungen 1972-1990, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1993, S. 254-262, hier: S. 255. [11] Vgl.: Michael Hardt/Antonio Negri: Multitude. Krieg und Demokratie im Empire, Frankfurt a. M.: Campus 2004, passim. [12] „Spinozianische Demokratie ist daher“, so Antonio Negri, „eine begründende Macht, alles, was sie uns sagt, ist: sei Macht (im Original: essere potenza).“ Antonio Negri: Subversive Spinoza, a. a. O., S. 99. (Übersetzung RZ) [13] Die ausführliche Darlegung der ontologischen Zusammenhänge der Triade Substanz – Attribut – Modus ist äußerst komplex und kann hier nicht geleistet werden. Ausführlich dargestellt sind diese bei: Gilles Deleuze: Spinoza und das Problem des Ausdrucks in der Philosophie, München: Fink 1993; sowie: Martial Gueroult: Spinoza I. Dieu, Paris: Aubier Montaigne 1997. [14] Gilles Deleuze: Spinoza. Praktische Philosophie, Berlin: Merve 1988, S. 89. [15] Gilles Deleuze: Spinoza und das Problem des Ausdrucks in der Philosophie, a. a. O., S. 97. [16] Im Pantheismus Spinozas darf Gott nicht – etwa im Sinne Plotins und der Neuplatoniker – als emanative Ursache verstanden werden, von der her die „Welt“ eine – hierarchisierende – Ordnung des Seins „empfängt“. Ebenso wenig ist der Gott Spinozas ein mit einem „freien Willen“ ausgestatteter Schöpfergott. Gott oder die Natur drückt sich vielmehr in seinen Attributen und Modi aus, durch die er sich seinerseits als „unbedingt erste“ [Ethik, I, 16, Folgesatz 3], immanente und freie Ursache seiner selbst konstituiert: „Das Sein produziert sich.“ Antonio Negri: Die wilde Anomalie, a. a. O., S. 255. Vgl. hierzu auch: Gilles Deleuze: Spinoza und das Problem des Ausdrucks in der Philosophie, a. a. O., S. 151ff. [17] Gilles Deleuze/Félix Guattari: Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie, Berlin: Merve 1997, S. 349. [18] Gilles Deleuze: Spinoza. Praktische Philosophie, a. a. O., S. 47. [19] Ebda.: S. 22. [20] Ebda.: S. 29. [21] Spinoza beschreibt insgesamt 45 aus den Grundaffekten abgeleitete Affekte [Vgl.: Ethik, III, Def. d. Affekte 4-48]. Neben den drei Grundaffekten ist für Hardt und Negri insbesondere einer dieser abgeleiteten Affekte von Bedeutung: „LIEBE ist Freude, begleitet von der Idee einer äußeren Ursache“ [Def. d. Affekte 6]. [22] Gilles Deleuze: Spinoza. Praktische Philosophie, a. a. O., S. 64f. [23] „Ich denke, daher bin ich“ (cogito, ergo sum). René Descartes: Prinzipien der Philosophie, Hamburg: Meiner 2005, 1. Teil, 7, S. 15 – Diese „überhaupt erste und sicherste“ Erkenntnis Descartes’ und die damit einhergehende Substantivierung des „Ich“ schließt Spinoza hiermit aus. Vielmehr: „Das Denken ist ein Attribut Gottes, oder Gott ist ein denkendes Ding“ [Ethik, II, 1] – „Wir empfinden einen gewissen Körper wie er auf vielerlei Weisen affiziert wird“ [Ethik, II, Grundsatz 4]. Dementsprechend gibt es Modi des Denkens nur, insofern es in dem selben Individuum die Idee der Affekte gibt und wir empfinden nichts als Körper und Modi des Denkens [Vgl.: Ethik, II, Grundsatz 3-5]. [24] Für Spinoza gibt es weder ein „Subjekt“ und ein „Ich“ (Siehe vorhergehende Anm.) noch ein substanzielles Bewusstsein. Es gibt nur eine Substanz: Deus sive Natura. Das Bewusstsein ist lediglich eine Verdoppelung der Ideen im Geist. [25] Gilles Deleuze: Spinoza. Praktische Philosophie, a. a. O., S. 78. [26] Ebda.: S. 79. Da das Erkennen keine Operation eines „Subjekts“ ist, ist es auch nicht an einen „Willen“ gebunden. Vielmehr ist der „Wille (voluntas) das Vermögen zu bejahen und zu verneinen“ [Ethik, II, 48, Anm.] selbst. Folglich gilt: „Wille und Verstand sind ein und das selbe“ [Ethik, II, 49, Folgesatz]. [27] Rudolf Schottlaender: Einleitung zu Spinozas „Ethik“, in: Baruch de Spinoza: Die Ethik nach geometrischer Methode dargestellt, a. a. O., S. VII-XX, hier: S. XI. [28] Vgl.: Ethik, III, Def. 1-2; III, Ford. 1-2; III, 1. [29] „Indikative Zeichen, die die inadädquate Erkenntnis der Dinge einschließen, und imperative Zeichen, die die inadäquate Erkenntnis der Gesetze einschließen.“ Gilles Deleuze: Spinoza. Praktische Philosophie, a. a. O., S. 79. [30] „Das Streben oder das Begehren, die Dinge in der dritten Erkenntnisgattung zu erkennen, kann nicht aus der ersten Erkenntnisgattung entspringen, wohl aber aus der zweiten“ [Ethik, V, 28]. [31] Gilles Deleuze: Spinoza. Praktische Philosophie, a. a. O., S. 79f. [1] François Quesnay: Das Ökonomische Tableau, in: ders.: Ökonomische Schriften in zwei Bänden und vier Halbbänden, Berlin: Akademie-Verlag 1976, Band I, Schriften aus den Jahren 1756 bis 1759, Erster Halbband, S. 337-448. Abbildung des Tableaus: commons.wikimedia.org. [2] Alle Abbildungen – sofern nicht anders angegeben – stammen vom Autor. [3] Karl Marx: Theorien über den Mehrwert. Erster Teil, in: ders.: Marx Engels Werke, Bd. 26.1, Berlin: Dietz 1965, S. 319. [4] François Quesnay: Allgemeine Maximen der Wirtschaftspolitik eines agrikolen Königreiches und Bemerkungen zu diesen Maximen, in: ders.: Ökonomische Schriften, a. a. O, Band II, Schriften aus den Jahren 1763 bis 1767, Erster Halbband, S. 277-340, hier: S. 295. [5] Statt dem Boden – die Arbeit als einzig neuwertschöpfender Faktor; statt des Abziehens des Mehrwerts vom Grundbesitzer als Rente – der Profit des Kapitalisten und schließlich statt dem stationären Wirtschaftkreislauf – die konstante Expansion kapitalistischer Produktion. [6] Karl Marx: Zur Kritik der politischen Ökonomie (Manuskript 1861-1863), in: Karl Marx/Friedrich Engels Gesamtausgabe, Zweite Abt., Bd. 3/2, Berlin: Dietz 1977, S. 351. [7] Anne Robert Jacques Turgot: Betrachtungen über die Bildung und Verteilung der Reichtümer, Berlin: Akademie-Verlag 1981, § XVII, S. 107. [8] Zit. n.: Ebda.: Anm. 115, S. 168. [9] Zit. n.: Ebda.: Anm. 115, S. 169. [10] Ebda.: § XVII, S. 169. [11] Die im Text in eckigen Klammern angegeben Seitenzahlen beziehen sich auf: Michael Hardt/Antonio Negri: Commonwealth, Cambridge (Massachusetts): The Belknap Press of Harvard University Press 2009. [12] Die Werke Spinozas werden in eckigen Klammern im Text mit folgenden Abkürzungen zitiert: KA = Kurze Abhandlung von Gott, dem Menschen und seinem Glück, Hamburg: Meiner 1965; TPT = Theologisch-Politischer Traktat, Hamburg: Meiner 1976; Ethik = Die Ethik nach geometrischer Methode dargestellt, Hamburg: Meiner 1976; PT = Politischer Traktat, Hamburg: Meiner 1994; Briefe = Briefwechsel, Hamburg: Meiner 1986. Die zitierten Textstellen werden mit Angaben zu Kapitel- und Abschnittsnummern bzw. Briefnummern bezeichnet, für den Theologisch-Politischen Traktat mit Kapitelnummer und Seitenangabe. Zitate aus der Ethik werden mit dem Buch (lateinische Zahl von I bis V) und dem Lehrsatz (arabische Zahl) und dem zum Lehrsatz gehörenden „Beweis“, „Folgesatz“, „Lehnsatz“ oder „Anmerkung“ usw. bezeichnet. [13] Vgl.: Karl Marx: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Frankfurt a. M. / Wien: Europäische Verlagsanstalt/Europa Verlag o. J., S. 53ff. [14] Vgl.: Aristoteles: Metaphysik, Rowohlt: Reinbek 1966, Fünftes Buch, 12. δυναμις, 1019 a-1020 a. [15] Jean-François Lyotard: Der Widerstreit, München: Fink 1989, Nr. 242, S. 286. [16] Karl Marx: Theorien über den Mehrwert. Erster Teil, a. a. O., S. 14. [17] Teresa Brennan: Jenseits der Hybris. Bausteine einer neuen Ökonomie, Frankfurt a. M.: Fischer 1997, S. 189. [18] Ebda.: S. 192. [19] Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, 3 Bände, Berlin: Dietz 1966., 1. Band: Der Produktionsprozeß des Kapitals, S. 58. [20] René Descartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Hamburg: Meiner 1992, IV, Nr. 3, S. 99. [21] Der Unterschied zwischen dem orthodoxen Marxismus und einer spinozianischen Grundlegung der Linken ist so in der Tat auch auf den zwischen dem Dualismus Descartes’ und dem spinozianischen Parallelismus von Denken und Ausdehnung zurückzuführen. [22] Karl Marx: Theorien über den Mehrwert. Erster Teil, a. a. O., S. 319. [23] Karl Marx: Grundrisse, a. a. O., S. 53. [24] Karl Marx: Theorien über den Mehrwert. Erster Teil, a. a. O., S. 12. [25] Antonio Negri: Die wilde Anomalie. Spinozas Entwurf einer freien Gesellschaft, Berlin: Wagenbach 1982, S. 10. [26] Karl Marx: Theorien über den Mehrwert. Erster Teil, a. a. O., S. 14. |
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