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Robert Foltin: Bewegungen der Studierenden in Österreich Wegen der ungenügenden Kapazität der Universitätsräumlichkeiten ereignen sich schon zu Beginn der 1960er Proteste (bis hin zu Krawallen). Sind diese noch von den rechten Organisationen getragen, so ändert sich das Bild in der zweiten Hälfte der 1960er. Neben der allgemein gesellschaftspolitischen und internationalistischen Politik dominiert eine von linken Minderheiten getragene Kritik an den konservativen Uni-Strukturen. Noch in den 1970ern und den 1980ern bleibt die Hochschüler_innenschaft in der Hand von ÖVP-nahen Rechten. Linke Gruppen sind aktiv, kleinere Proteste finden auf Institutsebene statt, es gibt keine großen Bewegungen der Studierenden wie dann 1987, 1996, 2000 und 2009. Vorgeschichte zu 1987 Schon seit Jänner 1987 wird immer wieder ein Sparpaket angekündigt. Unmut äußern die Lehrer_innen, Sozialkonferenzen im September 1987 beschließen eine Großdemonstration für den 24.10.1987. Wegen der Kürzung der Kinderbeihilfe, an die andere Leistungen der Studierenden geknüpft sind, kündigen linke Gruppen Aktionstage im Oktober an, die Aktionsgemeinschaft (AG, ÖVP-nahe) eine Demonstration im November. Herbst 1987 Am 19.10. beschließt die GRUWI-GEWI-Hörer_innenversammlung in Wien einen Streik, das Audimax wird von Studierenden der Publizistik besetzt. Am nächsten Tag schließen sich viele Universitäten dem Streik an. Aus zuerst hunderten Aktivist_innen werden tausende, die durch die Hörsäle ziehen und spontane Demonstrationen in Wien und in vielen anderen Schul- und Universitätsstädten durchführen. Am Freitag, den 23.10., streiken und demonstrieren viele Schüler_innen. Die Sozialabbaudemo am Samstag, den 24.10., wird mit 40.000 Teilnehmer_innen ein großer Erfolg. In der zweiten Woche unterstützt die Dienststellenversammlung der Hochschullehrenden die Studierenden. Die AG arbeitet daran, den Streik abzubrechen, auch linke Gruppen wie VSSTÖ und KSV suchen den Kompromiss, scheitern aber vorerst am Plenum im Audimax, das bis Mitte November besetzt bleibt. Immer wieder werden kleiner werdende Demonstrationen durchgeführt, nach den Weihnachtsferien ist die Bewegung vorbei. Vorgeschichte zu 1996 Kleinere Aktionen finden im Herbst 1989 und 1992 statt, getragen von einzelnen Instituten und linken Gruppen, der Erfolg bleibt begrenzt. Im Jänner 1992 wird das Audimax besetzt, eine linke „Plattform gegen Studienverschärfungen“ gegründet, eine brave AG-dominierte ÖH-Demo kann im März 1992 Zehntausend mobilisieren. Nach der Ankündigung eines neuerlichen Sparpakets im September 1995 flammt eine Schüler_innenbewegung auf, an vielen Mittelschulen wird gestreikt, an einer Demonstration am 22.9. beteiligen sich Tausende. Widerstand an den Universitäten wird vorbereitet, als am 11.10.1995 die große Koalition aus SPÖ und ÖVP zerbricht. Aktionsankündigungen werden zurückgestellt, trotzdem wird gegen den ausdrücklichen Willen der AG am 17.10.1995 eine gut besuchte (10.000) und kämpferische Großdemonstration der Studierenden durchgeführt. Frühjahr 1996 Die Neuwahlen bringen neuerlich eine große Koalition mit einer stärkeren SPÖ, die die Wahlen mit ihrer Gegner_innenschaft zu Sparmaßnahmen gewonnen hat. Die Ankündigung des Sparpakets löst die bisher breiteste Bewegung aus. Schon während der Ferien im Februar beginnen linke Gruppen und die erstmals linksliberale ÖH mit kleinen Aktionen. Zu Beginn des Semesters im März breitet sich der Streik von der Wirtschaftsuni ausgehend relativ schnell aus. Charakteristisch ist, dass der Streik auch an Universitäten und Instituten durchgeführt wird, die nicht als linke Bastionen gelten. Insgesamt ist die Bewegung dezentraler als 1987, das Audimax ist zwar besetzt, spielt aber nicht mehr die zentrale Rolle, sondern ist eher eine Bühne für Streitereien unter den linken Gruppen. Der Höhepunkt ist eine große Demonstration am 14. März mit 40.000 Teilnehmer_innen. Der nächste Tag (15. März) soll noch breiter gegen das Sparpaket mobilisieren, an der Demo beteiligen sich aber weniger Menschen als am Vortag. Um das Abbröckeln der Bewegung zu verhindern, werden jeden Freitag Demos durchgeführt, an denen sich anfangs noch zehntausend Studierende beteiligen (ein Vorbild für die Donnerstagsdemos im Jahr 2000). Eine weitere Aktionsform, die dann von der Bewegung gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung aufgenommen wird, ist die Durchführung spontaner und nicht angemeldeter Demozüge kreuz und quer durch Wien. 2000 und danach An der Bewegung gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung ab Februar 2000 beteiligen sich viele Studierende. Am 19. September 2000 wird die Einführung der Studiengebühren bekannt und löst eine Spontandemo über den Ring aus. Immer wieder werden Aktionen, kleinere Demonstrationen von einigen Hunderten bis hin zu einigen Tausenden durchgeführt, auf den seit Februar regelmäßigen Donnerstagdemos werden die Studiengebühren thematisiert. Am 11. Oktober beteiligen sich Zehntausende an einer Demonstration gegen die Bildungspolitik der Regierung. Anschließend wird wieder einmal das Audimax besetzt. Auch in allen anderen Universitätsstädten in Österreich finden Demonstrationen statt. In den folgenden Monaten werden weiter kleinere Aktionen durchgeführt, ein regelmäßiger Uni-Aktions-Dienstag kann sich nicht durchsetzen. Aktionen gibt es bis ins Frühjahr 2001, etwa zur Unterstützung streikender Uni-Lehrender im März. 2004 wird gegen das neue Universitätsgesetz protestiert, das die Mitsprache der Studierenden einschränkt, im Jänner wird das Rektorat besetzt und Rektor Winkler getortet. Kleinere Aktionen werden bis ins Frühjahr hinein fortgesetzt. Eine (nicht nur) studentische Gruppierung besetzt im Juni 2004 die leer stehenden Räume der Buchhandlung Facultas auf dem Gelände des Uni-Campus im Alten AKH, um ein Soziales Zentrum für Studierende zu schaffen. Sie werden sehr schnell vertrieben. Besetzungen In den letzten Jahren entwickelt sich in Österreich eine Kultur der Besetzungen. Dabei verbinden sich Aktivitäten gegen die Bedrohung Sozialer Zentren wie des Ernst-Kirchweger-Hauses, das seit 1990 besteht, und des Studierendentreffpunkts TÜWI bei der Universität für Bodenkultur mit aktivistischen Gruppen, die neue Projekte verwirklichen wollen. Die Initiative Pankahyttn besetzt über zwei Jahre in unregelmäßigen Abständen Häuser und bekommt im Herbst 2007 von der Gemeinde Wien ein Haus im 15. Bezirk zur Verfügung gestellt. Aus der Facultas-Besetzung entsteht die Gruppe „Freiraum“, die immer wieder Häuser zur Errichtung Sozialer Zentren besetzt, darunter dreimal ein Wirtschaftsgebäude beim Narrenturm im Alten AKH. Auch andere Initiativen eignen sich immer wieder Häuser an, die meisten in Wien und in Graz. Diese werden zwar immer geräumt (eine „queer-feministische Hausbesetzung“ im April 2008 sogar unterstützt durch einen Hubschraubereinsatz), was aber einiges Aufsehen erregt und breite Diskussionen auslöst. Zuletzt wird Anfang Oktober 2009 ein Gebäude in der Triesterstraße für eine Woche als Soziales Zentrum genutzt. Die Studierendenbewegung 2009 unterscheidet sich von früheren Uni-Aktivitäten auch dadurch, dass sie eine Besetzungsbewegung ist. Studierende Der Bildungs- und Ausbildungsbereich innerhalb und außerhalb der Unis wird schon seit einiger Zeit von Unruhe ergriffen. 2007, nach der Bildung einer großen Koalition von SPÖ und ÖVP unter Kanzler Alfred Gusenbauer, empören sich Teile der SPÖ, weil die von der schwarz-blauen Regierung eingeführten Studiengebühren nicht abgeschafft werden. Mit der Regierungsbildung 2008 unter Kanzler Werner Faymann wird ein Kompromiss gefunden, der die Studiengebühren für einen Teil der Studierenden aufhebt. Die Studienbedingungen verschärfen sich aber weiter durch Verschulung, Änderungen der Studienpläne und überfüllte Hörsäle. Die Österreichische Hochschüler_innenschaft ist in den letzten Jahren zwar links dominiert (grün und sozialdemokratisch), scheint sich aber in den von den vorherigen konservativen Vertretungen hinterlassenen korrupten Strukturen festgefahren zu haben. Durch das Universitätsgesetz 2002 werden außerdem ihre geringen (schein)demokratischen Möglichkeiten noch einmal eingeschränkt. Ausgehend von der Besetzungsbewegung und neben den bestehenden ÖH-Strukturen, gründen sich Aktivist_innen-Gruppen, die Workshops und Arbeitskreise durchführen wollen, die nicht unbedingt in den Uni-Betrieb passen, etwa „keineUni“. In den letzten Jahren vermehrt sich diese Art von Initiativen, die auch Aktionen, etwa gegen das neue Universitätsgesetz vorbereiten: das „Widerstandscafé“, „edu-meltdown“, IRDEI (Initiative for the Re-Democratisation of Educational Institutions), das „Netzwerk Emanzipatorische Bildung“. Aktivist_innen organisieren im Juni 2009 eine Spontandemonstration gegen die UG-Novelle vor dem Haus der EU und im Juli 2009 wird eine Kundgebung einiger hundert Studierender von der Polizei eingekesselt, weil diese drohen, die Bannmeile um das Parlament zu durchbrechen. Unruhe im Bildungsbereich Als die Unterrichtsministerin Claudia Schmied im März 2009 die Lehrverpflichtungen für die Lehrer_innen erhöhen will, zeigen sich 95 Prozent der Lehrer_innen streikbereit, die Gewerkschaft droht mit Kampfmaßnahmen. Der ganze April 2009 wird durch die Diskussionen über die Forderungen der Lehrer_innen bestimmt. Nachdem Schmied nachgibt, aber die schulfreien Tage für Schüler_innen einschränken will, streiken und demonstrieren am 24. April mehrere zehntausend Schüler_innen in Wien und in den anderen Bundesländern. Aktiv wird auch das „Kollektiv Kindergartenaufstand“. Diese sich außerhalb der Parteien und Gewerkschaften gegründete Gruppe von Kindergartenpädagog_innen und Betreuer_innen organisiert im Frühjahr 2009 Aktionen mit einigen hundert Beteiligten. Am 17.10.2009 demonstrieren dann 3000 Menschen für bessere Bedingungen in den Kindergärten (und noch einmal am 21.11.). „Kindergartenaufstand“ ist auch eine der ersten Gruppierungen, die sich aktiv mit den Besetzungen der Studierenden solidarisiert. International Auch wenn es jetzt umgekehrt erscheint. Die aktuellen Kämpfe der Studierenden sind auch in Zusammenhang mit internationalen Protesten zu sehen, die schon seit längerem andauern. Bildungsproteste überziehen im Herbst 2008 Frankreich und Spanien, und in Italien zwingt zur gleichen Zeit „onda“ (die Welle), eine Bewegung von Studierenden und Schüler_innen, die Bildungsministerin zur Rücknahme von „Reformen“, die eine stärkere Kapitalisierung der Bildung bedeutet hätten. In Griechenland gehen Bildungsproteste im Dezember 2008 direkt in die Unruhen nach der Erschießung eines Jugendlichen durch die Polizei über. Im Frühjahr 2009 werden von der Uni Zagreb ausgehend zwanzig kroatische Universitäten besetzt. Und in Deutschland finden im Sommersemester 2009 in vielen Städten Aktionen von Studierenden mit hunderttausenden Beteiligten statt. Die Besetzungsbewegung in Wien knüpft von Anfang an Kontakte nach Deutschland und in die USA, auch Aktivist_innen aus Kroatien werden eingeladen. Von der Akademie ins Audimax Am Dienstag, den 20.10.2009, wird nach einer Pressekonferenz zu Mittag die Aula der Akademie der Bildenden Künste besetzt. Die Akademie soll als eine der letzten Universitäten in Österreich das Bachelor-System einführen, gegen das sich Studierende und Lehrende wehren. Am Abend wird eine Party gefeiert und ein Programm für die nächsten Tage vorgestellt. Für Donnerstag, den 22.10.2009, kündigen die Besetzer_innen der Akademie mit anderen unabhängigen Gruppen eine Demonstration im Sigmund-Freud-Park in der Nähe der Uni an. Die Polizei vertreibt die Demonstrant_innen, die daraufhin in das Alte Universitätsgebäude ziehen. Mit Unterstützung der dort gerade anwesenden Biologie-Studierenden wird das Audimax, der größte Hörsaal der Universität Wien, besetzt. Nachdem sich die Nachricht von der Besetzung verbreitet und Tausende ins Audimax strömen, schafft es der private Sicherheitsdienst nicht, die Studierenden aufzuhalten. Es wird die Polizei gerufen, die das Audimax (unzulänglich) abriegelt. Um eine Eskalation zu vermeiden, zieht die Polizei am späten Nachmittag ab. Am gleichen Tag beginnt die Selbstorganisation, in der Nacht legen DJs auf und am nächsten Tag springt der Funke auf Graz über, dort werden Hörsäle in der Vorklinik besetzt. Am Freitag, den 23.10., gibt es einige kleinere Demonstrationszüge, die Zeitungen berichten über die Besetzungen, Wissenschaftsministerminister Johannes Hahn macht sich über die „Sponti-Aktion“ lustig. Die Medien haben Probleme mit der basisdemokratischen Selbstorganisation, die keine Pressesprecher_innen zulässt, und außerdem den Forderungskatalog einer andauernden Diskussion unterzieht. Erst im Lauf der nächsten Woche verstehen auch die Journalist_innen, dass die Ansprechpersonen rotieren und nur jeweils für sich selbst sprechen oder über die Beschlüsse in den besetzten Räumlichkeiten. Es wird beschlossen, das Audimax (und die Aula der Akademie) über das lange Wochenende (Montag, der 26.10., ist österreichischer Staatsfeiertag) besetzt zu halten. Hunderte beteiligen sich, Musikveranstaltungen finden statt und Prominente treten auf. Nicht nur das Audimax wird besetzt, sondern auch umliegende Räume und Hörsäle, um eine funktionierende Infrastruktur aufzubauen. Diese auf längeres Besetzen ausgerichteten Strukturen mit Volksküche, Schlaf-, Ruhe- und Veranstaltungsräumen unterscheiden diese Besetzung von früheren Besetzungen des Audimax. Die Schaffung solcher Strukturen findet Nachahmung in weiteren Besetzungen von Hörsälen an Universitäten in Wien und in den anderen Universitätsstädten. Besetzung als Raum für das ganze Leben, auch eingebettet in den weiter laufenden Unibetrieb, ist charakteristisch für 2009, auch wenn sich nur ein kleiner Teil der Aktivist_innen mit der aus den USA kommenden Parole anfreunden kann: „Fordert nichts, besetzt alles.“ Schon von Beginn an wird Sexismus und Antisexismus thematisiert. Bei den Partys kommt es zu sexuellen Übergriffen und außerdem wird kritisiert, dass ein großer Teil der auftretenden Prominenz männlich ist. Auch das Redeverhalten von Männern wird angegriffen. In der Öffentlichkeit treten fast nur Frauen auf. Im Prinzip setzt sich in den Plena ein antisexistischer Konsens durch, was aber bedeutet, dass jeden Tag neu mit sexistischen Arschlöchern diskutiert werden muss, die ihre männlichen Privilegien bedroht sehen. Um einen Schutz vor sexuellen Übergriffen in der Nacht zu gewährleisten, wird ein Hörsaal als frauen_lesben_inter_trans Raum („flit flat“) besetzt. Fordert nichts, besetzt alles Nach dem langen Wochenende breitet sich am 27.10.2009 die Besetzungsbewegung weiter aus, in Linz wird der Hörsaal 1 besetzt, in Graz ein weiterer Hörsaal, der HS II der alten Technik der Technischen Universität. Auch in Wien werden weitere Räumlichkeiten angeeignet, das Freihaus der TU und das BOKUMAX, das Haus der Studierenden bei der Universität für Bodenkultur. Der zweitgrößte Hörsaal der Uni Wien, der C1 am Campus im Alten AKH, wird besetzt, aber nach einem Auftritt der Vizerektorin wieder geräumt. Am 28.10.2009 demonstrieren Zehntausende in der Wiener Innenstadt, einige Hundert in Salzburg, am nächsten Tag einige Tausend in Graz. Nach der Demo wird der C1 wiederbesetzt, in Salzburg ein Hörsaal an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät und ebenso die Aula der Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Innsbruck (am 29.10.). Am 7.11.2009 wird der HS 1 in Linz zwar freiwillig geräumt, allerdings am 10.11.2009 ein anderer Hörsaal (HS 3) besetzt. An den meisten anderen Unis (so etwa in Klagenfurt oder am Juridicum in Wien) entstehen Aktionsgruppen. Der als EU-Kommissar nominierte Wissenschaftsminister Hahn trifft sich am 29.10. zu einem ergebnislosen Gespräch mit Vertreter_innen der ÖH, die aber erkannt haben, dass sie kein Verhandlungsmandat haben. Die Besetzungsbewegung organisiert sich an den offiziellen Organisationen (der ÖH) vorbei. Am nächsten Tag will Hahn 34 Mio. Euro für die Universitäten aus einer Notfallreserve bereitstellen. Sowohl ÖH wie Besetzer_innen sprechen von einem Tropfen auf dem heißen Stein. Die ersten kleinen Erfolge (die Öffentlichkeit wird von der Bildungsdiskussion dominiert und Bildungsminister Johannes Hahn gibt ein bisschen Geld her) sind möglich, gerade weil es keine Verhandlungen um „realistische“ Kompromisse gibt. Internationale Resonanz Demonstrationen in der ersten Novemberwoche mobilisieren mehrere Tausend am 1.11.2009 in Innsbruck, am 5.11.2009 über 10.000 in Wien (ungefähr halb so viele wie die Woche davor) und zwischen 1000 und 2000 in Graz und Linz. Während die Bewegung auf hohem Niveau stagniert (der Uni-Alltag holt viele ein) und sich (noch) nicht auf andere Bereiche der Gesellschaft ausbreitet, passiert etwas Unerwartetes: Die Besetzungen in Wien und Österreich strahlen international aus. Anfang November beginnen Besetzungen von Unis in Deutschland, aber auch in Basel, Belgrad, Lublin etc. Zum Bildungsaktionstag am 17.11. demonstrieren 300.000 in Deutschland, Frankreich, Italien und anderen europäischen Ländern, und bis 20.11.sind bereits an über 70 Universitäten (und Schulen) Räumlichkeiten besetzt. Inzwischen werden auch in Kalifornien Universitäten besetzt und meist brutal von der Polizei geräumt. Und auch in Kroatien beginnt eine neue Besetzungsbewegung. Ganz egal, wie die Bewegung der Studierenden endet, es wurden Fragen aufgeworfen, die für die zukünftige Entwicklung im und gegen den Kapitalismus von Bedeutung sind: Die Aneignung von Freiräumen wird praktiziert, mit Selbstorganisation und Selbstverwaltung wird experimentiert, die patriarchale Geschlechterordnung wird angegriffen und nicht zuletzt hat die Bewegung einen internationalen Charakter. Und gesellschaftliche Wirksamkeit wurde auch 1968 erst mit Verzögerung erreicht! Literatur (genauer über 1968, 1987 und 1996, aber auch über die Bewegung gegen die FPÖ-Regierungsbeteiligung 2000): Foltin, Robert (2004): Und wir bewegen uns doch. Soziale Bewegungen in Österreich. Wien, edition grundrisse. |
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