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Sandra Gendera und Bettina Haidinger: „Ich kann in Österreich als Putzfrau arbeiten. Vielen Dank, ja.“
Bedingungen der bezahlten Haushalts- und Pflegearbeit von Migrantinnen

Der folgende Artikel wird sich mit den Bedingungen bezahlter Haushaltsarbeit von Migrantinnen in Österreich auseinandersetzen. Wir versuchen die Herausbildung eines „transnational care space“ durch die argumentative Verknüpfung von aktueller österreichischer Migrationspolitik und wohlfahrtsstaatlicher Restrukturierung zu erklären. Darüber hinaus möchten wir mit Analysen aus unserer empirischen Forschung[1], die sich mit der Situation von Migrantinnen aus Mittel- und Osteuropa in der Haus- und Pflegearbeit beschäftigt, einen Beitrag zur Debatte um Reproduktionsarbeit leisten, der die Perspektiven und Wünsche von Haushaltsarbeiterinnen in den Vordergrund rückt.

1. Begriffserklärung: Haushaltsarbeit und Pflegearbeit

Im englischsprachigen Raum hat sich der Begriff „domestic work“ bzw. „domestic worker“ in der einschlägigen Literatur zum Thema durchgesetzt (vgl. Anderson 2000; Kofman et.al. 2000). Geissler (Geissler 2002: 31f.) verwendet den Begriff der „Haushaltsarbeit“, der die Bereiche Hausarbeit, Pflege und Erziehungsarbeit enthält. Es handelt sich dabei um einen Begriff, der den umfassenden Charakter von Tätigkeiten, die im Haushalt erbracht werden, erfassen soll. Schwierigkeiten bei der Definition von Haushaltsarbeit treten nicht nur bei der Abgrenzung des Tätigkeitsbereichs auf, sondern betreffen auch die Abgrenzung von Arbeitszeit und Freizeit, von informeller und formeller, von bezahlter und unbezahlter Arbeit im Haushalt. Bridget Anderson (2001) bezeichnet Haushaltsarbeit als reproduktive Arbeit, die notwendig ist, um Menschen und Gesellschaft zu versorgen: ”Domestic work is reproductive work, and reproductive work is not confined to the maintenance of physical bodies: people are social, cultural and ideological beings, not just unities of labour. Reproductive work, mental, physical and emotional labour creates not simply labour units, but people.” (ebd.: 6)

Die Aufgabenbereiche der Haushaltsarbeit sind durch Heterogenität gekennzeichnet: Sie umfassen persönliche Dienste, Pflegearbeit, Hausarbeit (Putzen, Kochen etc.), Kinderbetreuung, Sexarbeit. Hausarbeit ist einerseits notwendige Arbeit, um die Reproduktion von Leben aufrecht zu erhalten durch Betreuungs- und Versorgungsarbeit  und Putzarbeit. Hausarbeit ist aber auch bedürfnisorientierte Arbeit, deren Grenzen der Notwendigkeit nicht klar sind und die teilweise nur entsteht, weil es billige Arbeitskräfte gibt, die sie erledigen. Domestic work is also concerned with the reproduction of life-style, and crucially of status.” (Anderson 2001: 6). Hier wird der Zusammenhang zwischen dem Status des Haushaltes und den zu erledigenden Arbeiten angesprochen. Die Grenzen von notwendiger Haushaltsarbeit verschwimmen. Haushaltsarbeit entsteht täglich, ihre Dimensionen sind allerdings abhängig von verschiedenen Variablen wie der Anzahl der Haushaltsangehörigen, der Anzahl der (Klein-)Kinder oder sonstiger bedürftiger Personen, der Größe und Beschaffenheit der Wohnung/des Hauses sowie den Sauberkeitsbedürfnissen der BewohnerInnen.

Für die bezahlte und unbezahlte Fürsorge und Pflegearbeit für Kinder, ältere, behinderte oder kranke Menschen hat sich in der englischsprachigen Literatur zum Thema der Begriff social care etabliert (Daly/Lewis 1998, Pfau-Effinger/Geissler 2005, Knijn/Kremer 1997). Dieser große Bereich der Haushaltsarbeit, die Betreuungs- und Pflegearbeit (Care Work), unterscheidet sich allerdings durch den überproportionalen Einsatz der eigenen Subjektivität in den Arbeitsprozess von den anderen im Privathaushalt erbrachten Dienstleistungen. Bei der Pflegearbeit muss sich die/der PflegerIn als Person in die Arbeitshandlungen einbringen, da „Faktoren wie Gefühl, Empfinden und Erleben keine nebensächlichen Zutaten, sondern zentrale Grundlagen des Arbeitshandelns“ darstellen (Krenn 2004: 3). Gleichzeitig erfordert die Arbeit mit dem Menschen die Berücksichtigung des Subjektcharakters der pflege- und betreuungsbedürftigen Person. Diese leistet einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen des Arbeitsprozesses, indem sich die/der Gepflegte auf den interaktiven Prozess mit der pflegenden Person einlässt. Dieses zentrale Charakteristikum der Pflege- und Betreuungsarbeit wird auch mit dem Begriff des „doppelten Subjektcharakters“ beschrieben (Krenn 2004).

2. Arbeitsformen und Arbeitskonzepte

2.1 Beschäftigungsverhältnisse in Privathaushalten

Die Beschäftigungsverhältnisse, die in privaten Haushalten für Haushaltsarbeiterinnen vorkommen, können in zwei Hauptgruppen eingeteilt werden. Die erste Hauptgruppe besteht aus den sogenannten Live-ins. Live-in bedeutet, dass die Haushaltsarbeiterin nicht nur beim/bei der ArbeitgeberIn beschäftigt ist, sondern auch bei ihm/ihr wohnt. Mit dieser Übereinkunft macht sich die Haushaltsarbeiterin allerdings enorm abhängig von ihrem/ihrer Arbeitgeber/Arbeitgeberin. Ihre Arbeit, ihr Aufenthalt, ihr Leben in dem betreffenden Land werden primär vom Gutdünken und der Zufriedenheit ihres/ihrer Arbeitgebers/Arbeitgeberin ermöglicht, bestimmt und beendet. Live-in domestic work bietet kein gutes finanzielles Arrangement für die Haushaltsarbeiterin. Die extreme Ausbeutung ihrer Arbeitskraft und der niedrige Lohn werden mit ihrer Verpflegung und der Wohnmöglichkeit gerechtfertigt. Eines der häufigsten Probleme in diesem Arbeitsverhältnis ist der Mangel an Kontrolle der Arbeitszeit, meistens müssen Haushaltsarbeiterinnen 24 Stunden abrufbereit sein. Live-in-Beschäftigungsverhältnisse dominieren vor allem in Südeuropa, in Italien, Spanien, Griechenland und Zypern bei Haushaltsarbeiterinnen mit einem migrantischen Hintergrund (vgl. Anderson 2000: 84). Ein Sonderfall der Live-in-Arbeitsverhältnisse sind Au-Pair-Stellen, die in ganz Europa vorkommen und auch in Österreich einen signifikanten Zuwachs erleben. (siehe Kapitel 3.2)

Die zweite Hauptgruppe besteht aus so genannten Live-outs. In diesen Fällen leben die Haushaltsarbeiterinnen nicht beim/bei der ArbeitgeberIn, ihre Arbeitsstätte ist getrennt von ihrer Wohnung. Diese Beschäftigungsform dominiert in Frankreich, Deutschland (vgl. Anderson 2000: 69f.) und auch in Österreich. In den meisten Fällen wird in diesem Beschäftigungsverhältnis für mehrere ArbeitgeberInnen gearbeitet, was ein hohes Maß an Koordination erfordert (vgl. Gather/Meißner 2002: 130). Eine regelmäßige Vollzeiterwerbstätigkeit ist die Ausnahme, meistens werden Beschäftigungen gefunden, die stunden-, tage-, wochen- oder monatsweise dauern bzw. ausgehandelt werden.

2.2 „Freundschaftliche Machtbeziehungen“: Bedingungen eines strukturell und persönlich hierarchisierten Arbeitsverhältnisses

Als symptomatisch für Arbeitsverhältnisse im informellen Sektor können die Abwesenheit jeglicher ArbeitnehmerInnenrechte und damit die grundsätzliche Unsicherheit hinsichtlich Dauer und Regelmäßigkeit sowie die Gefahr von Unfällen bzw. Krankheit von Hausarbeiterinnen ohne Versicherungsschutz gesehen werden. Die Kammer für ArbeiterInnen und Angestellte (AK) Wien weist in einer Pressemeldung darauf hin, dass in dieser Branche existentielle Abhängigkeiten entstehen können, „die in anderen Branchen nicht in dieser Ausformung vorkommen (...).“ In der Beratungstätigkeit der Arbeiterkammer (vgl. Arbeiterkammer Wien 2000) geht es in den konkreten Fällen um das Vorenthalten des Arbeitsentgeltes, das Nichteinhalten jeglicher arbeitsrechtlicher Mindeststandards, die Falschanmeldung der Haushaltsarbeiterin über den Gewerbebetrieb[2], Unteranmeldung der Arbeitnehmerin unter die Geringfügigkeitsgrenze, das Ausnutzen der Unkenntnis der Sprache und soziale Isolation. Korrekte Entlohnung sowie Sonderzahlungen, bezahlter Urlaub[3], Überstundenentgelte, Lohnzuschläge, Pausenregelungen, Sozialversicherung oder Nachtruhe sind die Ausnahme.

In einer EU-Studie, in der die Arbeitsbedingungen für Haushaltsarbeiterinnen mit migrantischem Hintergrund in nicht-angemeldeten Arbeitsverhältnissen in Österreich, Deutschland, Großbritannien und Spanien im Vergleich untersucht wurden, schwanken die Angaben der in Österreich im informellen Sektor beschäftigten Haushaltsarbeiterinnen in Bezug auf die ausbezahlten Löhne zwischen sieben und neun Euro pro Stunde (vgl. Caixeta et.al. 2004). Deutlich geringer fällt die Entgeltung von in Österreich beschäftigten Live-in Haushaltsarbeiterinnen aus. Sie übernehmen in den meisten Fällen die Rund-um-die-Uhr-Pflege und -Betreuung von älteren, kranken oder hilfsbedürftigen Menschen und bekommen dafür durchschnittlich 50 Euro am Tag – in manchen Fällen auch deutlich weniger (vgl. Gendera 2007). Allerdings muss bei diesen Löhnen mitbedacht werden, dass es sich um informelle Arbeitsverhältnisse ohne jeglichen Versicherungsschutz und andere arbeitsrechtliche Ansprüche handelt. Vereinbarte aber nicht ausbezahlte Löhne sind aufgrund der rechtlichen Situation der Haushaltsarbeiterin kaum einforderbar. Bedingt durch fehlende Aufenthaltsrechte nutzen die ArbeitgeberInnen die Situation der Haushaltsarbeiterinnen aus. Der Migrantin droht im schlimmsten Fall die Abschiebung, für den/die ArbeitgeberIn bleiben Gesetzesbrüche meist ohne Folgen. Die Klagemöglichkeit ist meist nur theoretisch vorhanden. Die realen Lebensumstände sprechen oft dagegen: Ohne Wohnung, Einkommen und ohne Bleiberecht für die Arbeitnehmerin bis zum Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens (letzteres trifft nur auf Drittstaatsangehörige zu) bleibt nur die Abreise – oft beschleunigt durch Abschiebung durch die Fremdenpolizei. Ebenso wenig wird die Klagemöglichkeit von Bürgerinnen, die im Mai 2004 der EU beigetreten sind und mittlerweile aufenthaltsrechtliche Sicherheit in Österreich genießen, in Anspruch genommen. Meistens fühlen sich die Betroffenen aufgrund des extrem personalisierten Arbeits- und Vertrauensverhältnis gegenüber ihren ArbeitgeberInnen sowie dem/der betreuungsbedürftigen Person moralisch verpflichtet.

Illegalisierung und/oder prekäre Lebensverhältnisse ebenso wie unzureichende Kenntnisse der Landessprache führen zu extremer Abhängigkeit von den ArbeitgeberInnen. Meist wird von beiden Seiten versucht, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, was in manchen Fällen bis zu angeblich freundschaftlichen Beziehungen reicht. Arbeitsverhältnisse in Privathaushalten implizieren eine speziell persönliche Beziehung zwischen ArbeitgeberIn und Arbeitnehmerin, welche bis zu der Aussage führt, dass die Haushaltsarbeiterin Teil der Familie ist. Dadurch wird die Abgrenzung ihrer Aufgabenbereiche und der Entgeltung noch schwieriger. Denn was zählt zur Arbeit, was ist „Liebes- oder Freundschaftsdienst“?

Der/die ArbeitgeberIn kann von dieser Nähe in jedem Fall profitieren: Er/Sie hat die Macht zu entlassen, zusätzlich können gute interpersonelle Beziehungen zur Arbeitnehmerin die Verhandlungsposition stärken. Die Haushaltsarbeiterin riskiert bei der Formulierung (in den Augen des/der ArbeitgeberIn) zu hoher Ansprüche die guten Beziehungen, was angesichts der extrem individualisierten und ausgelieferten Arbeitsbedingungen von sehr großer Bedeutung sein kann. So kann es durchaus vorkommen, dass eine schlechter bezahlte Anstellung in Kauf genommen wird oder dass Arbeitszeit, Arbeitsinhalte oder die Sicherheit des Arbeitsplatzes zweitrangig werden, wenn die Haushaltsarbeiterin eine freundlichere Atmosphäre vorfindet (vgl. Anderson 2000: 123; Gather/Meißner 2002: 131f.).

„What the ‚part of the family’ rhetoric obscures is that relations in paid care are […] asymmetrical. While the worker is expected to have familial interest in the employing family, this is not reciprocated.” (Anderson 2000: 123). Die Haushaltsarbeiterin wird entpersonalisiert, sie wird zur „Perle“, zum „guten Geist“ des Hauses, deren eigenes Leben, deren eigene Familie unbeachtet bleiben und deren Aufnahme in den Haushalt als großzügige Geste aufgefasst wird. Diese Rhetorik hilft darüber hinaus mit Widersprüchen umzugehen: Es wird die Gleichrangigkeit und gemeinsame Menschlichkeit zwischen ArbeitgeberIn und Arbeitnehmerin betont und die Kommodifizierung menschlicher Beziehungen zurückgewiesen, indem die Illusion einer „liebevollen“ Beziehung zwischen den VertragspartnerInnen aufrechterhalten wird (vgl. Anderson 2000: 124f.).

3. Transnational Care Space: Rahmenbedingungen der bezahlten Haus- und Pflegearbeit von Migrantinnen

3.1. Bedingungen der Arbeit(s)- Migration von Frauen

Die Erwerbsmöglichkeit von Nicht-Österreicherinnen ist eng verknüpft mit dem Status als „Migrantin“. Sie sind durch die Ungleichbehandlung aufgrund des Ausländer--beschäftigungsgesetzes und aufenthaltsrechtlicher Regelungen an der Integration in den (formellen bzw. ersten) Arbeitsmarkt gehindert.[4] Diese Regelungen schlagen sich in der Quotierung ausländischer Beschäftigter, in der Bindung der Beschäftigung von MigrantInnen an eine/n bestimmte/n Arbeitgeber/in oder an ein bestimmtes Bundesland, sogar in einem Beschäftigungsverbot nachgezogener Familienangehöriger[5] (vgl. Wiener Integrationsfonds 2003) oder der bevorzugten Zulassung zum Arbeitsmarkt von ausgesuchten „Schlüsselkräften“ nieder. Unter die Kategorie „Schlüsselkraft“ fallen all jene ausländische Beschäftigte, die eine besondere Ausbildung bzw. spezielle Kenntnisse aufweisen und über ein monatliches Mindesteinkommen von 2.250 Euro (:2006) Brutto verfügen. Aufgrund der bestehenden, geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede am österreichischen Arbeitsmarkt konnten vor dem September 2004 nicht einmal neuzuwandernde, diplomierte Krankenschwestern aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten diese hoch angesetzte Mindesteinkommensgrenze für Schlüsselarbeitskräfte erreichen, und waren damit von einer Beschäftigung im öffentlichen Gesundheits- und Krankenpflegesektor ausgeschlossen.

Diese Rahmenbedingungen begünstigen, dass Migrantinnen in der Regel auf bestimmte, für sie vorgesehene Wirtschaftsbranchen wie die Landwirtschaft, das Gastgewerbe oder den Privathaushalt festgelegt und/oder in Beschäftigungsverhältnisse des informellen Sektors gedrängt werden. Zudem gibt es im Falle von gut qualifizierten Arbeitskräften Dequalifizierungen aufgrund von Problemen bei der Nostrifizierung von Bildungsabschlüssen oder weil qualifizierte Arbeitsstellen schon von ÖsterreicherInnen besetzt sind, die am österreichischen Arbeitsmarkt bevorzugt behandelt werden.[6]

MigrantInnen, die keine Möglichkeit haben, einer legalen Beschäftigung nachzugehen und daher im informellen Sektor arbeiten, sind aus dem erwerbszentrierten Sozialversicherungssystem ausgeschlossen (vgl. Kofman et.al. 2000: 144ff.). So erfüllen sie eine doppelte, für den österreichischen Sozialstaat günstige Funktion: Sie fallen als Nicht-EmpfängerInnen wohlfahrtsstaatlicher Leistungen dem Fiskus nicht zur Last und gewährleisten gleichzeitig soziale Dienste und Reproduktionsleistungen in schlecht bezahlten und ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen, die sie aufgrund ihres Status als MigrantIn einzugehen gezwungen sind. Dieser Zwang wird aufgrund politischer Willensbildung von der österreichischen Gesetzgebung produziert, die Beschäftigung und soziale Absicherung von ÖsterreicherInnen gegenüber MigrantInnen privilegiert. Gleichzeitig führt internationale Ungleichheit in Einkommen, Vermögen, Ressourcenausstattung zwischen Nationalstaaten zu einem Wohlstandsgefälle, das Migrationsbewegungen mit hervorruft.

Obwohl die meisten Frauen immer noch über Familienzusammenführung zumindest einreisen, werden es immer mehr, die allein migrieren, aus wirtschaftlichen Gründen, als „Touristinnen“, als Studentinnen, als Flüchtlinge. Frauen verlassen ihren Herkunftsort in der Hoffnung auf bessere Lebensverhältnisse aufgrund ihrer Verantwortung für Kinder und Familie, die sie oft allein tragen müssen, da auch alle anderen Familienmitglieder von Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung oder schlecht bezahlter Erwerbsarbeit betroffen sind. Die Bedeutung von Frauen als Agentinnen im Migrationsprozess wird nicht nur durch ihre Anzahl virulent[7], sondern auch durch ihren wichtigen Beitrag zur Wohlfahrt sowohl in den Empfänger- als auch in den Herkunftsländern. Die Nachfrage nach weiblichen migrantischen Arbeitskräften ist vor allem in „typischen“ Frauenberufen im expandierenden Dienstleistungssektor hoch, was wiederum mit der geschlechtsspezifischen Zuteilung von Reproduktionsarbeit an Frauen, der gestiegenen Arbeitsmarktpartizipation von einheimischen Frauen sowie der Re-Privatisierung von Versorgungsarbeit (vgl. Kapitel 3.2) in Zusammenhang steht (vgl. Kofman 2000: et.al. 2f.).

Im Folgenden wollen wir speziell Bedingungen der Arbeitsmigration zweier Gruppen ausformulieren: von Migrantinnen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten sowie aus der Ukraine, das als Beispiel für Migrationsverläufe aus Drittstaaten dienen soll. In beiden Fällen wird der Fokus auf Arbeitsmigration in Beschäftigungsverhältnissen im Haushalts- und Pflegebereich gelegt.

3.1.1. Zirkuläre Arbeitsmigrationsregime

Die Regelungen zur zeitlich befristeten Beschäftigungsaufnahme in Saisonbranchen und für Au-Pair-Kräfte spiegeln deutlich die Renaissance des Systems der „Rotation von Arbeitskräften“ wider, welches bereits in den 1960er Jahren zur Anwerbung von „GastarbeiterInnen“ eingesetzt wurde. Die Neuauflage dieser „Zirkulären Arbeitsmigrationsregime“ fördert die Entstehung von informellen Arbeitsmärkten und von lokalen PendlerInnen-Gesellschaften, wie Norbert Cyrus (2001) für Deutschland aufzeigt. Mit der Liberalisierung der Einreise- und Beschäftigungsbestimmungen für Au-Pair-Kräfte aus Nicht-EWR Staaten wurde 2001 implizit die „Beschäftigung“ von domestic und care workern in österreichischen Haushalten erleichtert (König/Stadler 2003: 236), deren Arbeit seither nicht mehr dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) unterliegt (vgl. Kapitel 3.2). In der Praxis sind es hauptsächlich osteuropäische Frauen, die aus Mangel an Alternativen zur regulären Arbeitsmigration das Au-Pair System als „Sprungbrett in den Westen“ nutzen (vgl. Hess 2001).

Unter Haushaltsarbeiterinnen, unabhängig davon, ob sie als Live-in (wie die Au-Pairs oder Pflegerinnen) oder als Live-out beschäftigt sind, dominieren zirkuläre Formen der Arbeitsmigration. Die meisten in Privathaushalten beschäftigten Frauen in Österreich kommen aus Polen (vgl. Fassmann/Kohlbacher/Reeger 2004: 74), für die, ebenso wie für die anderen Migrantinnen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten, weiterhin Beschränkungen zum Arbeitsmarkt bestehen. Während die so genannten „Übergangsfristen“ die legale Arbeitsaufnahme für unselbständig Beschäftigte weitest gehend unterbinden, nutzen Frauen die neue Niederlassungs- und Reisefreiheit innerhalb der EU: Sie kommen nicht mehr unter dem Deckmantel als Touristinnen für die Dauer von drei Monaten oder als Au-Pairs nach Österreich, sondern als Privatpersonen. Einige machen sich hier selbstständig und gründen ihre eigenen Unternehmen, andere nutzen die Möglichkeit der legalen Arbeitsaufnahme im Gesundheits- oder Sozialbereich. Die meisten finden allerdings am informellen Arbeitsmarkt für haushaltsnahe und personenbezogene Dienstleistungen eine Beschäftigung. Viele fahren in regelmäßigen Abständen nach Hause, sei es um den eigenen familiären Verpflichtungen nachzukommen, eine Auszeit von der Erwerbsarbeit zu nehmen oder Sozialleistungen wie Gesundheitsvorsorge in Anspruch zu nehmen, von denen sie in Österreich aufgrund der nicht sozialversicherten Tätigkeit ausgeschlossen sind. Die liberalen Einreisebestimmungen für OsterurpäerInnen Anfang der 1990er Jahre sowie die derzeitige Niederlassungsfreiheit für EU-BürgerInnen ermöglichten somit die Entstehung von zirkulären Migrationsmustern. Die Migrantinnen, die gleichzeitig sozial und beruflich in mehr als eine Gesellschaft integriert sind, werden auch als TransmigrantInnen bezeichnet (Cyrus 2000, Glick-Schiller et al. 1992).

3.1.2. Frauen- Arbeits- Migration aus der Ukraine (Drittländern) nach Österreich

Anders gestaltet sich die Arbeitsmigration von Frauen aus Drittländern, als Beispiel sei hier die Ukraine angeführt. Aufgrund der restriktiven Migrationspolitik in Österreich und den beschränkten Möglichkeiten, in das Land auf legalem Wege einzureisen, ist die Zahl der in Österreich arbeitenden und lebenden UkrainerInnen geringer als in anderen europäischen Ländern wie Italien, Spanien, Griechenland oder Portugal. Für Drittstaatsangehörige, zu denen auch UkrainerInnen zählen, gibt es de facto nur fünf Möglichkeiten, eine Arbeitserlaubnis oder eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen: 1) Sie bekommen eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung als „Schlüsselarbeitskraft“; 2) Drittstaatsanghörige können als SaisonarbeiterInnen im Agrar- oder Tourismussektor eingesetzt werden; 3) Sie werden als Flüchtlinge anerkannt; 4) StudentInnen dürfen bis zur Geringfügigkeitsgrenze verdienen; im Anschluss an das in Österreich absolvierte Studium besteht in wenigen Fällen die Möglichkeit, eine Beschäftigungsbewilligung zu bekommen; 5) Sie heiraten eine/n österreichische/n Staatsbürger/in oder eine/n EU-Bürger/in. Die ersten drei Möglichkeiten stehen Frauen, die im Haushaltsbereich eine Arbeit suchen, nicht zur Verfügung. In Österreich gibt es – im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer EU-Länder – keine explizite Möglichkeit für Drittstaatsangehörige als HaushaltsarbeiterIn angestellt zu werden. Daraus folgt, dass die meisten HaushaltsarbeiterInnen aus der Ukraine ohne Aufenthalts- und Beschäftigungserlaubnis in Österreich verweilen und in der informellen Haushaltsökonomie arbeiten. In Interviews mit Migrantinnen aus der Ukraine antworteten diese auf die Frage, welchen Eindruck sie über die geschlechtsspezifische Struktur von ukrainischen MigrantInnen in Österreich hätten, dass der Großteil der in Österreich lebenden und arbeitenden MigrantInnen Frauen wären. Das wichtigste Argument für die Dominanz von Frauen unter den ukrainischen MigrantInnen war, dass sie es leichter als Männer hätten, einen Job zu finden, da es in Österreich eine große Nachfrage nach Haushaltsarbeit von Migrantinnen gäbe.

Diesem letzten Aspekt, der zunehmenden Nachfrage nach von Migrantinnen erbrachten haushaltsnahen Dienstleistungen, möchten wir im anschließenden Kapitel nachgehen. Dabei soll der Zusammenhang zwischen wohlfahrtsstaatlicher Restrukturierung und Migrationspolitik in Österreich für die Etablierung eines „transnational care space“ geklärt werden.

3.2. Careregime und Migrationsregime

Die aktuelle sozial- und finanzpolitische Situation in Österreich ist gekennzeichnet durch die Reduktion der Staatsausgaben sowie der Staatsaufgaben und geht oft auf Kosten der Sozialpolitik und damit auf Kosten der Frauen (vgl. Beigewum 2002: 112ff.). Denn ihnen wird durch die Informalisierung sozialer Dienstleistungen, die aus budgetären Kostengründen nicht mehr vom Staat erbracht werden und vom Markt nicht ausreichend zur Verfügung gestellt werden können, die Ausführung dieser Tätigkeiten (Gesundheitsversorgung, Bildung, Pflege) aufgebürdet. Zusätzlich bedeutet Kostenreduktion im Bereich der sozialen Dienste Abbau von Arbeitsplätzen und die Verdrängung von Frauen aus gesicherten Arbeitsverhältnissen. Der Druck auf Frauen wird somit doppelt erhöht. Können oder wollen Frauen diese ihnen zugeschriebene Betreuungsverantwortung nicht mehr auf sich nehmen und fällt diese „Möglichkeit“ der Weigerung mit dem Rückzug der öffentlichen Hand aus diesen Tätigkeitsbereichen zusammen, müssen Betreuungs- und Pflegetätigkeiten von anderen Personen übernommen werden – und zwar in „leistbarer“ Form. Unter der Sparprämisse und der Ideologie der Eigenverantwortlichkeit und des Privatisierungs- bzw. Outsourcing- Zwangs verschieben sich Investitionen und Interventionen von der öffentlichen Sphäre auf die private Ebene (vgl. Sauer 2003). Die Beschäftigung von privaten Reproduktionsleisterinnen wird durch steuerliche Abschreibmöglichkeiten (in Frankreich) subventioniert oder durch die Vergabe von Dienstleistungsschecks und die Schaffung von befristeten Arbeitsmöglichkeiten für „Haushaltshilfen in Haushalten mit Pflegebedürftigen“ aus Mittel- und Osteuropa (in Deutschland) erleichtert und gefördert. In Österreich wird das „Unternehmen Haushalt“ (vgl. Regierungsprogramme ÖVP/FPÖ, 2000-2006) durch die Einführung des Pflegegeldes, Kinderbetreuungsgeldes oder des seit 2006 einlösbaren Dienstleistungsschecks unterstützt. Der Staat reguliert also durch eine bestimmte Politik den „Arbeitsmarkt Privathaushalt“, da es schwierig ist, Haushalts- und Pflegedienstleistungen unter Einhaltung tarifrechtlicher Bestimmungen marktfähig und gleichzeitig leistbar zu machen.

In der Diskussion rund um haushaltsbezogene Dienstleistungen in Österreich dreht es sich vor allem darum, die Nachfrage nach Haushaltsarbeiterinnen zu bedienen. Der Frage nach den Arbeitsbedingungen und dem Lohn der beschäftigten Frauen wird wenig Platz eingeräumt. Die Einführung des Dienstleistungsschecks am 1.1.2006 sollte die Anmeldung und Abrechnung von Haushaltsarbeiterinnen und somit die Beschäftigung sozialversicherter Arbeitskräfte in privaten Haushalten (Kinderbetreuung, Reinigungspersonal, Altenpflege) erleichtern und „unbürokratischer“ gestalten. Mit dem Dienstleistungsscheck soll die Bezahlung nicht-kontinuierlich erfolgender Arbeiten im Haushalt abgewickelt werden, wobei eine Höchstgrenze von 456,38 Euro pro Monat und Haushalt nicht überschritten werden darf. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, müsste der/die ArbeitgeberIn ein unbefristetes Dienstverhältnis mit dem/der ArbeitnehmerIn eingehen – mit allen Vorteilen für den/die ArbeitnehmerIn, die ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit sich bringt, wie zum Beispiel Kündigungsschutz. Darüber hinaus stellt sich die Frage, warum der Gesetzgeber annimmt, dass Putzen und Kinderbetreuung keine kontinuierlichen Arbeiten darstellen und damit Gegenstand eines Dienstleistungsschecks sein können. An dieser Stelle ist auch festzuhalten, dass Migrantinnen, die ohne arbeits- und/oder aufenthaltsrechtliche Bewilligung im Privathaushalt arbeiten, von dieser Regelung ohnehin nicht profitieren können. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass der Dienstleistungsscheck auf wenig Resonanz gestoßen ist: Geplant war für 2006 ein Verkauf von rund 500.000 Schecks Österreich weit gewesen, verkauft wurde aber nur ein Zehntel der erwarteten Summe.

Eine weitere Säule des „Untenehmen Haushaltes“ betrifft die Beschäftigung von Au- Pairs aus Nicht-EWR-Staaten. Auf den ersten Blick erscheint es fragwürdig, was Au- Pairs mit dem Unternehmen Haushalt zu tun haben. Denn Au- Pair- Kräfte stehen eigentlich nicht in einem Dienstverhältnis, sondern sollten Gäste sein, die in den Kreis der Familie zum Zwecke des Spracherwerbs und des Kulturaustausches aufzunehmen sind und von denen gegen Kost, Logis und Taschengeld erwartet wird, dass sie leichte Haushaltstätigkeiten und Kinderbetreuung übernehmen. Mit 1. April 2001 trat eine Novelle des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zur Ausländerbeschäftigungsverordnung in Kraft, wodurch Au- Pair- Kräfte aus Nicht-EWR-Ländern aus der Ausländerbeschäftigungsquote fallen; es besteht nur noch Anzeigepflicht bei der regionalen AMS- Geschäftsstelle. Die Erleichterung der Beschäftigung von Au- Pair- Kräften hat demnach eine bestimmte Funktion in Bezug auf das Migrationsregime und die sozialstaatlichen Reformen. Hier werden Möglichkeiten in Einklang mit der vorherrschenden Migrations- und Sozialpolitik (restriktive Einwanderungspolitik und sozialstaatlicher Rückzug) geschaffen, die durch eben diese Politik entstandenen Probleme zu lösen: Die Verordnung ist eine Ausnahmeregelung für de facto- Arbeitskräfte in privaten Haushalten aus Ost- und Mitteleuropa[8], die somit nicht unter die strenge Quotierung für Arbeitskräfte aus Drittstaaten bzw. die Übergangsregelungen zum Arbeitsmarkt für BürgerInnen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten fallen. Der niedrige Preis für die Arbeitskraft (2 Euro pro Stunde bei 25 Stunden Arbeitszeit pro Woche) bleibt aufrecht erhalten, da sie im Gegenzug Kost, Logis und die Möglichkeit Humankapital und kulturelles Kapital (Hess 2002: 107) durch die Erfahrungen in Österreich zu lukrieren, bekommt.

Im Bereich der Pflege- und Betreuungsarbeit wurden entscheidende Re-Strukturierungen hin zu einer größeren privaten Verantwortung bereits Anfang der 1990er Jahre gelegt. Die Vereinheitlichung und Einführung eines Pflegegeldes auf Bundesebene im Jahre 1993 bedeutet eine klare Entscheidung für ein (Geldleistungs-)System, das den Pflegebedürftigen und ihren Familien in erster Linie finanzielle Unterstützung in dieser sozialen Notsituation zukommen lässt. Da das Bundespflegegeld allerdings nur als ein „Beitrag“ zu den pflegebedingten Mehraufwendungen konzipiert wurde, stehen den auf Pflege und Langzeitbetreuung angewiesenen Menschen folgende Alternativen zur Auswahl: 1) der Einsatz zusätzlicher privater finanzieller Ressourcen zur Abdeckung der pflegebedingten Kosten; 2) der Rückgriff auf unbezahlte bzw. nur symbolisch abgegoltene Betreuungsarbeit von informell pflegenden Familienmitgliedern und FreundInnen[9]; 3) die Beschäftigung von Migrantinnen, die unter irregulären, nicht sozialversicherten Bedingungen im Privathaushalt meist rund um die Uhr pflegen, betreuen und zusätzlich den Haushalt führen. Durch die Einführung des Pflegegeldes 1993 wurde die Übernahme von Pflegearbeit durch Frauen aus Mittel- und Osteuropa nicht nur „ermöglicht und angereizt“ (Hammer 2002: 4), sondern ist „vielfach die einzige faktische Alternative zur unbezahlten Pflege in der Familie, gleichzeitig aber eine Marktlösung am regulären Arbeitsmarkt vorbei“ (Österle/Hammer 2004: 101).

Grundsätzlich zielt die Organisation der österreichischen Langzeitpflege auf „eine klare Definition öffentlicher Verantwortung, sowohl hinsichtlich Finanzierung als auch Ausprägung der erbrachten Leistung“ (Österle/Hammer 2004: 97) ab. Bei der Gestaltung der Gesetzesinitiativen wurde jedoch die „konkrete Erstellung der Leistung Pflege und Betreuung [...] relativ offen“ gelassen (ebd.). Unter den gegebenen Rahmenbedingungen, wie dem nicht vorhandenen flächendeckenden Netz an sozialen Dienstleistungen und den mit der Inanspruchnahme solcher Leistungen verbundenen hohen finanziellen Kosten, hat die Vermarktlichung von Pflege die Ungleichheiten unter Frauen als potentiellen Betreuungspersonen verstärkt (Hammer/Österle 2004). Auf der einen Seite kommt es zu Ungleichheiten zwischen einheimischen Frauen unterschiedlicher sozialer Schichten, da Frauen mit höherem Einkommen durch die Einführung des Bundespflegegeldes es sich leisten können Betreuungsaufgaben an haushaltsfremde Personen zu delegieren. Andererseits wurden Hierarchien zwischen einheimischen Frauen und Migrantinnen generiert, da letztere aufgrund ihrer Nationalität bzw. dem ihnen zugeschriebenen beschäftigungs- und aufenthaltsrechtlichem Status als Ausländerinnen vom formellen Arbeitsmarkt weiterhin ausgeschlossen sind (vgl. Kapitlel 3.1) oder in einem ethnisch segmentierten Arbeitsmarkt vor allem in bestimmten „Nischen“, wie dem informellen Sektor für haushaltsnahe und personenbezogene Dienstleistungen, Beschäftigungsmöglichkeiten finden.

Vergleicht man in unterschiedlichen europäischen Ländern die Organisation von Langzeitpflege, weist die Ausprägung des österreichischen Pflegevorsorgesystems ein hohes Maß an De-Regulierung auf (Ungerson 2004). Es wird weder festgelegt, wofür das Pflegegeld verwendet werden soll, noch definiert, ob Angehörige mit dem Geld für ihre Arbeitsleistungen entgolten werden dürfen oder nicht. Clare Ungerson (2004: 194f.) zeigt auf, dass vor allem in gänzlich unreglementierten ‚cash- for- care’ Systemen eine deutliche Tendenz zur Entstehung von informellen Pflegearbeitsmärkten gegeben ist, insbesondere dann, wenn Migrantinnen als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.

Unter den gegebenen wohlfahrtstaatlichen Rahmenbedingungen sowie den liberalen Einreisebestimmungen für OsteuropäerInnen hat die Neugestaltung des österreichischen Pflegevorsorgesystems mit der deutlichen Präferenz für Pflege zu Hause zu einer gestiegenen Nachfrage nach leistbarer, migrantischer Pflege- und Betreuungsarbeit geführt und damit die Etablierung eines transnationalen Pflegedienstleistungsmarktes forciert. Die Tolerierung irregulärer Betreuungsformen hat dem österreichischen Staat jährlich Beträge in Millionenhöhe erspart, die anderenfalls für Langzeitpflege ausgegeben werden müssten. Ebenfalls haben Familien mit entsprechenden finanziellen Ressourcen, die sich eine bzw. zwei irregulär beschäftigte Pflegerinnen leisten können, von diesen neuen staatenübergreifenden Beschäftigungsoptionen profitiert. Pflege und Betreuung zu Hause wird damit hauptsächlich von einheimischen Frauen unterer Einkommensschichten, die unbezahlt arbeiten oder deren Leistungen nur symbolisch abgegolten werden, und von Migrantinnen, die auf irregulärer Basis pflegen, erbracht. Die von der Regierung mit der Einführung des Bundespflegegeldes gepriesene „Wahlfreiheit“ für die betroffenen pflegebedürftigen Personen und ihre Familien entpuppt sich damit zu einer Farce, da das Pflegegeld nur einen Bruchteil der pflegebedingten Kosten abdeckt und kein flächendeckendes Netz an leistbaren, sozialen Diensten gewährleistet wird. Damit besteht die tatsächliche Möglichkeit zwischen verschiedenen Betreuungsarrangements zu wählen und die Wahlfreiheit Betreuungsarbeit unbezahlt in der Familie zu übernehmen oder eben nicht nur für Familien mit zusätzlichen finanziellen Ressourcen bzw. für Frauen aus einkommensstarken Schichten.

3.3. Die „Legalisierung“ des irregulären Care- Sektors

Seit Jahren ist das Thema der irregulär beschäftigten Pflege- und Betreuungspersonen, die aus den angrenzenden Nachbarstaaten zu Arbeitszwecken nach Österreich reisen, den politisch Verantwortlichen bekannt. Stillschweigend wurde das „Problem“ jahrelang ignoriert, tabuisiert oder einfach toleriert, da weder für den heimischen Arbeitsmarkt noch das Pflegesystem negative Konsequenzen zu befürchten waren - ganz im Gegenteil entlastete der informelle Sektor das gesamte Pflegevorsorgesystem. Die Betroffenen, die pflegenden Migrantinnen, formierten Selbsthilfenetzwerke, die ihre prekäre Situation verbesserte und ihnen ein gewisses Maß an Sicherheit gewährten (vgl. Gendera 2007). Eine deutliche Verbesserung ihrer arbeitsrechtlichen (vor 2004 ebenso aufenthaltsrechtlichen) Situation oder ihrer Arbeitsbedingungen war bis vor kurzem nicht absehbar. Erst im Sommer 2006 zwang die durch einen Kurierartikel unter dem Titel: „Illegale Pflege: Erste Anzeigen“ (Kurier, 2. 8. 2006) entfachte Debatte alle politischen Parteien und Interessensvertretungen zu einer Stellungnahme.

In der öffentlichen Diskussion stehen die Interessen und Bedürfnisse der inländischen ArbeitgeberInnen und der pflegebedürftigen Personen im Mittelpunkt. Es wird über ihre Ängste vor Strafverfolgung wegen illegaler Ausländerbeschäftigung oder drohender Abschiebung ins Heim, wenn der „Pflegeengel aus der Slowakei“  aufgrund geltender Bestimmungen zur Beschäftigung von AusländerInnen die Arbeit niederlegen muss, gesprochen. Die Perspektiven und Wünsche der Migrantinnen werden in der Diskussion nicht gänzlich außer Acht gelassen, stehen jedoch nicht im Zentrum des Diskurses, sondern werden den Bedürfnissen des österreichischen Arbeitsmarktes nachgereiht. Daher werden wir als nächstes die im Zusammenhang mit der irregulären Pflegarbeit diskutierten „Legalisierungsvorschläge“ und die möglichen Konsequenzen für die Beschäftigen kurz skizzieren, um in Kapitel 4 ausführlich auf die Perspektiven und Wünsche der Migrantinnen, die in österreichischen Privathaushalten arbeiten, einzugehen.

Die vorgebrachten Reformansätzen und Regularisierungsbestrebungen für den Betreuungs- und Pflegedienstleistungssektor umfassen erstens eine „bedarfsorientierte Öffnung des Arbeitsmarktes“, die bereits durchgesetzt wurde. Diese Ausnahme aus dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für in Privathaushalten beschäftigte Pflege- und Betreuungspersonen gilt unter der Voraussetzung, dass im ArbeitgeberInnen- Haushalt ein/eine PflegegeldbezieherIn mit einem monatlichen Pflegebedarf von mindestens 120 Stunden lebt (Stufe drei des Bundespflegedeldes) und das Beschäftigungsverhältnis über der Geringfügigkeitsgrenze von 333,16 Euro liegt. Als zweiten Schritt in Richtung Legalisierung dieses Arbeitmarktes konnten sich SPÖ und ÖVP auf ein „Pflegeamnestiegesetz“ einigen, das die AuftraggeberInnen, meist die Familienangehörigen der zu Betreuenden bzw. die Pflegebedürftigen, vor Strafverfolgung verschont. Diese Übergangsregelung setzt bis Ende Juni 2007 die Strafbestimmungen verschiedener Gesetze, die im Zusammenhang mit einer irregulären Beschäftigung die ArbeitgeberInnen betreffen – Betrug in steuer-, sozialversicherungs-, arbeits-, und fremdenrechtlicher Hinsicht – außer Kraft. Zivilrechtliche Ansprüche, z.B. ein zu niedriges Gehalt, können von den „illegal“ Beschäftigten auch weiterhin eingeklagt werden (Kurier, 30. 11. 2006). Drittens ist eine arbeitsrechtliche Ermöglichung der Beschäftigung von Rund-um-die-Uhr-Pflege in Privathaushalten geplant. Derzeit wird an der Gestaltung eines so genannten „Hausbetreuungsgesetzes“ gearbeitet, das 24-Stunden-Betreuung einerseits als unselbstständige Arbeit wie auch als selbstständige Tätigkeit im Rahmen eines freien Gewerbes ermöglichen soll.

Die Schaffung von legalen Wegen zur Ausübung von Haushalts- und Pflegearbeit bedeutet zuallererst eine öffentliche Anerkennung des Bedarfs nach geschlechtsspezifischen Arbeits- und Migrationsmöglichkeiten. Die Anerkennung und Etablierung von domestic und care work als Erwerbsarbeit eröffnet den Migrantinnen die Option auf ein formales und abgesichertes Beschäftigungsverhältnis. Allein die Festschreibung von Rahmenbedingungen – wie Arbeits- und Ruhezeiten oder Aufgabenbereichen – schafft eine rechtliche Grundlage, mit der Abweichungen festgemacht und eingeklagt werden können. Auch wenn die formale Regelung dieses Arbeitsmarktsbereiches eine Stärkung der Position der Beschäftigten bedeutet, sind damit die zentralen Probleme, mit denen die Haushaltsarbeiterinnen alltäglich konfrontiert sind, noch nicht gelöst. Die Dichotomie zwischen privater und öffentlicher Sphäre wird weiterhin den Arbeitsplatz Haushalt strukturieren – der Arbeitsort wird als Privatbereich angesehen und das Beschäftigungsverhältnis in großem Ausmaß über eine persönliche Beziehungsebene definiert. (vgl. Kapitel 2.2) Höglinger/Berka (1994) wiesen bereits in einer vor mehr als zehn Jahren erschienenen Studie zur Situation von Hausangestellten darauf hin, dass auch in formalen Beschäftigungsverhältnissen bestehende rechtliche Rahmenbedingungen in der Praxis nicht eingehalten werden.

Auf der anderen Seite bedeuten „Pflegearbeitsplätze für Migrantinnen“, wie sie in Österreich vorgesehen sind, eine rechtlich legitimierte Etablierung der so genannten „Dienstbotinnengesellschaft“ im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung. Migrantinnen werden auf „typisch“ weibliche Berufsfelder und Aufgabenbereiche festgeschrieben, was die bereits existierende ethnische und geschlechtsspezifische Segmentierung des österreichischen Arbeitsmarktes zusätzlich verstärkt. Daher muss die Forderung „Gleichstellung von MigrantInnen am Arbeitsmarkt“ lauten. Diese kann nur erreicht werden, wenn auch die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen sind. Gleichzeitig sollen Beschäftigungsmöglichkeiten für 24-Stunden-Betreuung im Haushalt geschaffen werden ohne allerdings Abhängigkeitsstrukturen zwischen ArbeitgeberInnen und Arbeitnehmerinnen zu etablieren.

4. Grenzüberschreitende Lebensperspektiven

Die Möglichkeit, für die finanzielle Grundversorgung ihrer Familie hier oder im Herkunftsland zu sorgen, ist für viele Hausarbeiterinnen ein entscheidender Grund zumindest auf weiteres in Österreich bleiben zu wollen. Im folgenden Abschnitt möchten wir einigen Lebensentwürfen von im Privathaushalt beschäftigten Frauen nachgehen. Wir differenzieren dabei zwischen Migrantinnen, die in Privathaushalten stundenweise beschäftigt sind und vor allem Putz- und Kinderbetreuungsarbeit verrichten und Pflegerinnen, die im Haushalt der pflegebedürftigen Person leben. Insbesondere lässt sich ein Unterschied dieser beiden Haushaltstätigkeiten in der öffentlichen und persönlichen Wahrnehmung feststellen, der auch Auswirkungen auf die Zukunftsperspektiven der Migrantinnen in dem jeweiligen Care- Sektor hat. Es wird dabei eine Hierarchie der Berufe im Care- Sektor erkennbar, diese Hierarchie spiegelt sich teilweise auch in den Arbeitsbiographien der Frauen wider. Sexarbeit steht am untersten Ende dieser Hierarchie, bezahlte Hausarbeit und Kinderbetreuung wird insbesondere von hoch qualifizierten Frauen als dienende und wenig prestigeträchtige Arbeit empfunden, Pflegearbeit schließlich wird von Frauen, die einen längeren Aufenthalt in Österreich planen und nicht in ihren erlernten Beruf zurückkehren können, als akzeptable Zukunftsperspektive gesehen (vgl. Caixeta et.al. 2004). Die Perzeption von Haushaltstätigkeiten, die Entwicklung realitätsnaher Lösungsansätze sowie die beruflichen und privaten Perspektiven von Migrantinnen, die in österreichischen Haushalten arbeiten, werden wiederum am Beispiel ukrainischer und polnischer Haushaltsarbeiterinnen in Österreich gezeigt.

4.1.Putzen, Kinderbetreuung

Haushaltsarbeiterinnen, die Putzen und Kinderbetreuung anbieten, sehen die stundenweise Beschäftigung in Privathaushalten als eine vorübergehende Tätigkeit zum Zweck der Existenzsicherung Diese Tatsache ist auch im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Abwertung von Hausarbeit sowie den prekären Rahmenbedingungen der Beschäftigung zu sehen. Die Betonung des „Übergangsstadiums“ dient dabei als Schutz vor etwaigen Abwertungen und sorgt dafür, Zielvorstellungen und Perspektiven für die Zukunft nicht aus den Augen zu verlieren. (vgl. Caixeta et.al. 2004)

In den von uns durchgeführten Interviews zeigte sich, dass Migrantinnen aus Osteuropa, die im Haushaltsbereich als Putzfrauen oder Kinderbetreuerinnen tätig sind, zumindest über einen Abschluss eines Gymnasiums verfügen, die meisten absolvierten auch ein Universitätsstudium. In Österreich ist die Chance in ihrem ursprünglichen Beruf zu arbeiten sehr gering. Bei denjenigen Frauen, die sich illegalisiert in Österreich aufhalten, gibt es keine Möglichkeit außerhalb des informellen Sektors zu arbeiten. Trotzdem möchte sich keine der Interviewpartnerinnen als „Putzfrau“ identifizieren. Diese Arbeit wird durchwegs als notwendige und vorübergehende Tätigkeit zum Geld verdienen angesehen – auch wenn manche schon sieben Jahre in Österreich in privaten Haushalten arbeiten. Haushaltsarbeit wird als unqualifizierte, dienende Arbeit wahrgenommen, bei der es keine Aufstiegschancen gibt und die Position der Putzfrau gegenüber dem/der Arbeitgeber/in eine professionell wie auch hierarchisch inferiore ist. Dequalifizierung ist schwer zu akzeptieren. Olga beispielsweise empfand den Wechsel vom Beruf der Lehrerin zur Putzfrau als sozialen und emotionalen Abstieg:

„Für mich war es sehr schwer, zu akzeptieren, dass ich hier putze, weil ich dort eine Lehrerin war. (..) Ich hatte immer Respekt und Achtung. Alle sind per Sie. Du bist jemand, du bist eine Lehrerin. (…). Seit ich nach Wien gekommen bin, mache ich das nicht mehr. Du stehst neben diesem Klo, putzt es und du fühlst dich irgendwie, nicht angeekelt, aber erniedrigt. Du warst eine Lehrerin, hattest immer mit Heften und Bleistiften zu tun, und jetzt musst du Klo putzen! Du sitzt, ärgerst dich und putzt.“

Die Notwendigkeit der bezahlten Haushaltsarbeit wird allerdings anerkannt sowie die Kontinuität der Arbeit in Privathaushalten geschätzt. In den Interviews mit Haushaltsarbeiterinnen hat sich herausgestellt, dass es eine den Frauen auch bewusste Diskrepanz zwischen der Notwendigkeit mit bezahlter Haushaltsarbeit Geld zu verdienen, und der Selbstachtung, die sie trotz ihrer Dequalifizierung, die sich aufgrund der gesellschaftlichen Abwertung des Berufs der HaushaltsarbeiterIn ergibt, nicht zu verlieren bereit sind, gibt. Verarbeitungsstrategien ergeben sich einerseits durch die Nicht-Identifikation mit dem Beruf der Haushaltsarbeiterin, auch wenn diese Frauen jahrelang darin arbeiten, andererseits in der offensiven Darstellung ihrer Qualifikation als Haushaltsarbeiterin oder pragmatischen Anerkennung der Berufswahl für diesen Lebensabschnitt. Irina, ebenfalls Lehrerin aus der Ukraine, bringt die unterschiedlichen Verarbeitungsstrategien der Frauen in Bezug auf ihren derzeitigen Beruf im Vergleich zu ihrer Freundin auf den Punkt:

„Ich habe eine Freundin, die hier schon verheiratet ist. Sie ist auch Lehrerin, aber sie hatte Probleme mit dem Putzen. Sie wollte nicht Klosett putzen. ‚Ich bin eine Lehrerin, wozu soll ich Klo putzen?’ Ich habe ihr gesagt: ‚Vera, ich brauche viele Klos!’ (lacht) Mit der Arbeit hier kann ich alles machen, ich habe keine Komplexe.“

Die Erfahrungen der Frauen lassen sie auch zwischen „guter“ und „schlechter“ bezahlter Hausarbeit abstufen. Als Tenor zieht sich durch die Interviews, dass regelmäßig durchgeführte Haushaltsarbeit auf breite Resonanz stößt. Dabei wird allerdings keine Arbeit angestrebt, bei denen die Haushaltsarbeiterinnen bei den ArbeitgeberInnen gleichzeitig wohnen. Viele Frauen sprechen über schlechte Erfahrungen als Live-ins. Insbesondere die Angewiesenheit auf eine/n Arbeitgeber/in und das Gefühl des „Eingesperrtseins“ wird von den interviewten Frauen als negativ empfunden. Oksana arbeitete als Live-in in einem Haushalt, in dem sie auch Kinder betreute:

„Du musst auf die Kinder aufpassen und den Haushalt erledigen, arbeitest von sieben in der Früh bis zehn am Abend. Manchmal habe ich nur vier Stunden geschlafen. Zum Beispiel ich musste immer um halb fünf Uhr aufstehen, denn eines der Kinder musste immer aufs Klo um diese Zeit und ich musste ihn abpassen, damit er nicht ins Bett macht. Dafür bekam ich 300 Euro im Monat.“

Der Wechsel von der Live-in- Arbeit zu einer in mehreren Arbeitsstellen tätigen Haushaltsarbeiterin wird als Verbesserung erlebt, obwohl auch diese Art der Tätigkeit mit Unsicherheiten – insbesondere was die Einhaltung von ArbeitnehmerInnenrechten und die korrekte Ausbezahlung der Löhne betrifft – behaftet ist (vgl. Caixeta et.al. 2004).

Für Frauen, die in Österreich keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben, ist die oberste Priorität, sich legal in Österreich aufhalten und arbeiten zu können, „denn die Leute sind ohnehin da. Wir sind da. Egal illegal oder legal.“, meint Kristina, eine in Wien arbeitende Ukrainerin. Insbesondere die Angst vor Schubhaft und Abschiebung und die damit verbundenen Aufwände, wieder nach Österreich kommen zu können, wiegen hier schwer. Darüber hinaus besteht der Eindruck, dass illegalisierte Migrantinnen in Österreich als „Kriminelle“ wahrgenommen werden.

„Ja so schwer ist es hier. Ich weiß nicht, warum die Österreicher sagen zu uns schwarze Menschen. Ist ein bisschen beleidigend. Ja. Was ich mache, ist schlecht für sie. Aber ich arbeite einfach als Putzfrau. Dort werden nicht alle Österreicherinnen arbeiten. Ich nehme nicht jemandem den Arbeitsplatz weg. Aber ich stehle nicht, ich arbeite. Ich arbeite ehrlich und mit meinem Gewissen.“ (Kristina)

Wenn es sich bei ihrer Tätigkeit in Österreich, um ein „temporäres Projekt“ handelt, ist auch der Wunsch nach Reise- und Pendelmöglichkeit sehr groß. Kinder und Familie nicht sehen zu dürfen, wird als ein vorenthaltenes Menschenrecht empfunden. Vergleiche mit anderen Ländern wie Italien oder Spanien, wo HaushaltsarbeiterInnen auch aus Drittstaaten über eigene Arbeits- und Aufenthaltskontingente verfügen oder es regelmäßig Legalisierungen von illegalisierten MigrantInnen gibt, machen für drittstaatsanghörige Migrantinnen ihre besonders unterprivilegierte Position sowohl in Bezug auf Aufenthalts- als auch auf  Arbeitsrechte deutlich.

4.2.Pflege- und Betreuungsarbeit von Hochbetagten

Die Arbeits- und Lebenssituation von irregulär beschäftigten Pflegerinnen aus den osteuropäischen Mitgliedsstaaten unterscheidet sich in einigen zentralen Punkten von derjenigen der ukrainischen Migrantinnen. Als Bürgerinnen der Europäischen Union genießen sie aufenthaltsrechtliche Sicherheit in Österreich. Schon vor dem Beitritt zur EU im Jahr 2004 konnten sie aufgrund der liberalen Visa- Bestimmungen für OsteuropäerInnen ihren Aufenthaltsstatus durch regelmäßiges Pendeln ins Herkunftsland „erneuern“. Die temporäre Aufenthaltsmöglichkeit in Österreich, die besonderen Herausforderungen in der Pflege- und Betreuungstätigkeit und die transnationalen Netzwerke der Frauen begünstigten die Entstehung von zeitlich befristeten Beschäftigungsmustern. In den meisten Fällen versorgen zwei Pflegerinnen eine betreuungsbedürftige Person, sie wechseln sich im 14-Tagesrhythmus ab, so dass 24 Stunden am Tag eine Pflegeperson bei der/dem PatientIn ist. Diese Arbeitsorganisation, die anfänglich von kommerziell tätigen Vermittlungsagenturen und Vereinen etabliert wurde, wird auch von den Migrantinnen genutzt, die über ihre informellen Netzwerke Betreuungsstellen suchen. Der Arbeitsrhythmus ermöglicht es den Live-in Beschäftigten sich von der emotional und körperlich äußerst strapazierenden Pflegetätigkeit zu erholen und gleichzeitig können die Frauen ihre eigenen familiären Versorgungsaufgaben zu Hause wahrzunehmen.

Auch die konkrete Arbeitssituation von Live-in Betreuungspersonen in der Altenpflege unterscheidet sich von den Aufgaben der Haushaltsarbeiterinnen, die in erster Linie putzen oder Kinder betreuen. Die spezifischen Bedürfnisse von demenzkranken Personen, die einen hohen Betreuungsaufwand aufweisen, führen dazu, dass die Bewegungsfreiheit der care worker inner- und außerhalb des Haushalts extrem eingeschränkt ist. In einigen Fällen kann die Pflegeperson während ihres gesamten Arbeitsaufenthalts den betreffenden Haushalt nicht verlassen, weil die Tätigkeit permanente Aufsicht und Anwesenheit erfordert. Ein Symptom von Demenzerkrankungen ist die personenzentrierte Anhänglichkeit, welche zusätzlich durch die Rund-um-die-Uhr-Betreuungsform gefördert wird. Die Anhänglichkeit ihrer PatientInnen und die dauernde Aufsichtspflicht führen dazu, dass die Pflegerinnen ihre Arbeitssituation „wie im Gefängnis“ beschreiben:

„Es ist wirklich psychisch so belastend, davon hast du keine Vorstellung. Wenn du in einem Zimmer mit einer alten Person bist. [...] Oder jetzt habe ich einen Mann der ist ein Alzheimer. Der weiß nicht wie er heißt, wo er ist, er weiß gar nichts, dass heißt du bist fast wie im Gefängnis. Wenn du irgendwohin fortgehen willst, einkaufen, oder du hast eine Freundin im selben Ort, dann hast du sowieso immer Angst was dein Patient zu Hause treibt. Weil die suchen dich immer, wenn sie dich nicht sehen und suchen dich. Es ist furchtbar.“ (Jolanda, Tschechien)

Vergleicht man die Aussagen der ukrainischen Frauen, die vorwiegend hauswirtschaftliche Tätigkeiten und Kinderbetreuung übernehmen, betonen die Pflegerinnen aus der Slowakei, Tschechien oder Polen weniger stark den Übergangscharakter ihrer Tätigkeiten. Jedoch definieren viele ihre aktuelle arbeitsrechtliche Situation, die irreguläre Beschäftigung als Pflegerin in Privathaushalten, als eine lebensbedingte Übergangsphase. Einige Frauen, insbesondere die Älteren streben eine sozialversicherte Beschäftigung bzw. Ausbildung im Gesundheits- und Sozialbereich an. Erfahrungen von Migrantinnen- Organisationen wie Maiz aus Linz zeigen, dass momentan viele Migrantinnen an einer Ausbildung zur Alten- und Pflegebetreuerin interessiert sind, da in diesem Bereich eine zunehmende Nachfrage zu verzeichnen ist, und es sich dabei um anerkannte, nicht tabuisierte Tätigkeiten des Care- Sektors handelt. Allerdings generieren unterschiedliche Lebensrealitäten wie Familie und Lebensmittelpunkt in Österreich oder im Herkunftsland sowie soziale Charakteristika wie Alter, Ausbildung, Deutschkenntnisse auch unterschiedliche Wünsche im Hinblick auf die berufliche Zukunft und den Aufenthalt in Österreich. (vgl. Gendera 2007)

Der Wunsch nach arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Sicherheit wird insbesondere von gut ausgebildeten Frauen im Haupterwerbsalter formuliert. Für sie bedeuten der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt und die damit verbundene Option auf eine sozialrechtliche Beschäftigung eine Absicherung von sozialen Risiken wie Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter. Gleichzeitig kann die Integration in den primären Arbeitsmarkt eine emanzipatorische Auswirkung auf die Entscheidungen der Migrantinnen haben: Für Frauen, deren soziale Absicherung im Herkunftsland an ihren Status als „Ehefrau“ geknüpft ist, bedeutet die Arbeitsmarktintegration einen eigenständigen Zugang zu sozialen Dienstleistungen in Österreich und damit Unabhängigkeit von ihrem Partner im Herkunftsland. Dagegen unterscheiden sich die Wünsche von bereits pensionierten Pflegerinnen, die ihren Lebensmittelpunkt im Herkunftsland verorten. Sie streben keine arbeitsrechtliche Verbesserung ihrer Situation an. Für sie stellt diese Tätigkeit einen lukrativen und willkommenen Zusatzverdienst zu ihrer geringen Pension dar.

Abgesehen von Bezahlung und sozialer Absicherung unterscheiden auch die Pflegerinnen zwischen „guten“ und „schlechten“ Betreuungsstellen. Eine „gute“ Betreuung zeichnet sich durch Unabhängigkeit von kommerziellen Arbeitsvermittlungsorganisationen aus, deren Tätigkeit die Frauen als „Ausbeutung“ empfinden. Eine durchgängige Nachtruhe ist ein weiteres Unterscheidungskriterium. Ebenso wichtig sind regelmäßige Pausen und Freizeit. Von zentraler Bedeutung ist auch die Möglichkeit, selbstbestimmt arbeiten und entscheiden zu können. Insbesondere durch die Familienangehörigen der Pflegebedürftigen fühlen sich die Frauen oft ausgenutzt und kontrolliert: „Du solltest dich nur um den Patienten kümmern, aber die Familie, die Angehörigen, die nutzen dich aus. Mit dem Garten, das ist mir ganz egal, wenn ich im Garten stehe und gieße, aber nicht Unkraut jäten und ich weiß nicht was alles. Ich bin nicht da, um mich um die ganze Familie zu kümmern!“ (Jolanda) Gerade in Haushalten, in denen auch die Familie des/der Gepflegten wohnt, wird die Arbeitskraft der care worker aufgrund ihrer permanenten Anwesenheit und scheinbaren Verfügbarkeit ausgenutzt. Sie werden angehalten, Versorgungstätigkeiten für alle Haushalts- Angehörigen zu übernehmen, die weit über die ursprünglich vereinbarten Tätigkeitsbereiche und Aufgaben hinausgehen.

5. Abschließende Bemerkungen

In diesem Artikel haben wir aufgezeigt, welchen bedeutenden Beitrag Migrantinnen für die Versorgung österreichischer Haushalte leisten und welche Rolle sie im wohlfahrtsstaatlichen Kontext und darüber hinaus im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung spielen. Die Arbeitsleistungen der Frauen aus Ost- und Mitteleuropa erfüllen eine doppelte Funktion für österreichische Haushalte: erstens wird die Erledigung der Reproduktionsarbeit auf Migrantinnen übertragen. Es finden Verschiebungen innerhalb des informellen Sektors statt, da vormals unbezahlte Haus- und Reproduktionsarbeit kommodifiziert wird und somit österreichische Haushalte von unbezahlten Versorgungsleistungen entlastet werden. Zweitens werden Konflikte um die Erledigung der Haushaltsarbeit, die sich aus der geschlechtsspezifischen Zuweisung des Reproduktionsbereichs an Frauen ergeben, aus dem Familienhaushalt auf eine externe Person, in der Regel eine Migrantin, ausgelagert.

Die Haltung des österreichischen Staates gegenüber der geschlechtsspezifischen Nachfrage nach Haushaltsarbeiterinnen ist durch Ambivalenz geprägt: Auf der einen Seite werden fremdenrechtliche Gesetze zur Beschäftigung und Niederlassung von neuzuwandernden MigrantInnen immer rigider, gleichzeitig fördern liberale Bestimmungen wie die Au-Pair Regelungen oder die Organisation von Langzeitpflege in Österreich die Entstehung von transnationalen, informellen Arbeitsmärkten. Im Spannungsfeld zwischen der gestiegenen Nachfrage nach Haushalts- und Pflegearbeiterinnen, einer Politik der Ignoranz dieses Bedarfs und der Abschottung nach Außen auf der österreichischen Seite sowie bestehender Reisemöglichkeiten, internationaler Einkommensunterschiede und der sich daraus ergebenden lukrativen Erwerbsmöglichkeiten für Migrantinnen ist ein transnational care space entstanden, indem ungeachtet von nationalstaatlichen Reglementierungen Haushalts- und Pflegedienstleistungen grenzüberschreitend organisiert, erbracht und konsumiert werden. Migrantinnen treffen im Rahmen diese grenzüberschreitenden sozialen Raums Entscheidungen, bauen Netzwerke und soziale Beziehungen auf und sind damit neben Nationalstaaten die zentralen Akteurinnen, die den transnational care space mitgestalten.

E-Mail: stokrotka23 @ yahoo.de

bettina.haidinger @ reflex.at
 

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[1] Sandra Gendera untersuchte in ihrer Diplomarbeit „Transnational Care Space Zentraleuropa“ die Arbeits- und Lebensbedingungen von irregulär beschäftigten Migrantinnen in der häuslichen Pflege. Bettina Haidinger schreibt derzeit an einer Dissertation über transnationale Haushaltsorganisation von Migrantinnen aus der Ukraine. Die Ergebnisse beider Arbeiten beruhen auf der Analyse qualitativer empirischer Forschung.

[2] Dadurch können die privaten Lohnkosten über den Betrieb abschreibbar gemacht werden und das 15. Monatsentgelt eingespart werden, da eine Regelung im Hausgehilfengesetz  besagt, dass der Geltungsbereich des Hausgehilfengesetzes wegfällt, wenn auch nur im geringfügigen Ausmaß im Gewerbebetrieb des/der Arbeitgebers/in gearbeitet wird.

[3] Im Gegenteil muss die Haushaltsarbeiterin unbezahlten „Urlaub“ nehmen, wenn der/die ArbeitgeberIn Ferien macht. Das bedeutet für die Beschäftigte oftmals ein Monat Arbeits- und Entgeltentfall.

[4] In Österreich werden verschiedene Klassen von MigrantInnen konstruiert, die unterschiedlichen Rechten und Pflichten gegenüber dem österreichischen Staat unterliegen. Die wichtigsten „Kategorien“ von ZuwandererInnen sind EU-BürgerInnen, anerkannte Konventionsflüchtlinge, MigrantInnen aus Ländern, mit denen Österreich oder die EU Assoziierungsabkommen o.ä. unterhalten, AsylwerberInnen und sonstige Drittstaatsanghörige. Die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit von Drittstaatsanghörigen in Österreich ist nicht nur im Ausländerbeschäftigungsgesetz geregelt, sondern auch abhängig von aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen.

[5] Mit dem Fremdenrechtspaket 2005 (gültig seit 1.1.2006) ist für Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen eine Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit bereits nach einem Jahr vorgesehen (vgl. www.migrant.at, www.auslaender.at/gesetze/fr2005/3.html).

[6] Zwei Prinzipien sind grundlegend für die österreichische Ausländerbeschäftigungspolitik: Der Inländerprimat sieht vor, dass ÖsterreicherInnen sowohl bevorzugt eingestellt werden als auch erst nach einem etwaigen Arbeitskräfte-Abbau von Nicht-ÖsterreicherInnen entlassen werden. Der Generalvorbehalt besagt, dass MigrantInnen nur dann beschäftigt werden dürfen, wenn die Lage und die Entwicklung des Arbeitsmarktes und wichtige gesamtwirtschaftliche Interessen dies zulassen. (vgl. Bauböck 2001)

[7] Als Beispiel sei die Frauenmigration nach Wien angeführt: Am höchsten ist der Frauenanteil unter StaatsbürgerInnen aus Mittelosteuropa in der Altersgruppe zwischen 20 und 39 Jahren: Bei tschechischen Staatsangehörigen liegt der Frauenanteil bei 71%, bei slowakischen: 68% (vgl. Wiener Integrationsfonds 2003: 10f).

[8] Laut Auskunft des Arbeitsmarktservice sind seit der Einführung der Au-Pair-Anzeigebestätigung am 1.4.2001 insgesamt 14.593 Anzeigen eingebracht worden (Stand Januar 2007). Ca. 80% der registrierten Au-Pairs kommen aus dem osteuropäischen Raum nach Österreich. Bei der Auswertung nach Herkunftsländern überwiegen die Anzeigebestätigungen für Frauen aus der Ukraine, da dies eine der wenigen Möglichkeiten ist dokumentiert für eine längere Periode nach Österreich einzureisen.

[9] 80% der betreuungs- und pflegebedürftigen Personen in Österreich werden meist von weiblichen Angehörigen zu Hause versorgt.

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