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Liebe LeserInnen,

unser diesjähriges Sommerseminar war der Fragestellung „Was war der reale Sozialismus?“ gewidmet. Hintergrund dafür war das Vorhaben der Redaktion, unsere in den letzten Jahren geknüpften Kontakte in die „Ex-realsozialistischen“ Länder zu einem Erfahrungsaustausch zusammenzubringen, der sich nicht auf die übliche "westliche" Perspektive beschränken sollte. Aus verschiedensten Gründen kamen dann doch nicht so viele der (vor allem) osteuropäischen GenossInnen, wie wir erhofft haben. Spannend war´s allemal, und die TeilnehmerInnnen kamen zumindest aus fünf verschiedenen Ländern. Inhaltlich spannte sich der Bogen von theoretischen Begriffsbestimmungen über konkrete historische Analysen bis hin zur „großen Hintergrundfrage“, was das denn alles für die - nicht allzu rosige - Gegenwart und Zukunft sozialer Bewegungen in den betreffenden Weltgegenden bedeuten könnte.

Was erwartet euch in der Nummer 23 der grundrisse? Der aus einem Vortrag hervorgegangene Text "VirtuosInnen der Freiheit" von Isabell Lorey verhandelt vor allem anhand künstlerischer ProduzentInnen das in Paolo Virnos „Grammatik der Multitude“ entwickelte Phänomen des tendenziellen Zusammenfallens von politischer Virtuosität und produktiver Arbeit. Philippe Kellermann hingegen lenkt seinen historischen Blick auf die Zeit vor dem Kapitalismus. Mit Thomas Müntzer, Bartolomé de Las Casas und Sebastian Castellio porträtiert er drei Kämpfer für eine andere, bessere Welt, drei Figuren des „aufrechten Gang im Vorgestern“. Karl Reitter stellt mit den Begriffen  „Realabstraktion“ und „gesellschaftliche Synthesis“ zwei Grundkategorien des Denkens von Alfred Sohn-Rethel vor, der nicht zuletzt für das wertkritische Denken zentrale Ausgangspunkte geliefert hat.

Sandra Gendera und Bettina Haidinger fragen nach den Bedingungen migrantischer Haus- und Pflegearbeit. Aus kritisch-sozialwissenschaftlicher Perspektive nehmen sie sowohl die (staatlichen) Rahmenbedingungen als auch die Selbstverortungen der Migrantinnen in den Blick. Elisabeth Steger entgegnet vor allem Gabriel Kuhns Text „Jenseits von Staat und Individuum“, welches vor kurzem im Unrast Verlag erschien. Gáspár Miklós Tamás, der uns bereits in der vorigen Nummer Einblicke in den „ganz normalen Kapitalismus“ des sogenannten „realen Sozialismus“ bescherte, analysiert diesmal in „Konterrevolution gegen eine Konterrevolution“ die meist von der radikalen Rechten hegemonialisierten Widerstände gegen die neoliberalen Reformregierungen in Osteuropa. Daneben wird aber auch die apolitische Kapitalismuskritik - nicht zuletzt jene der globalen Protestbewegung - kritisch in den Blick genommen und für eine politische Organisation der ArbeiterInnenklasse Stellung bezogen. Eine breite Palette von Buchbesprechungen (Maoismus, Kapital und Poulantzas neu lesen,  Empire und die biopolitische Wende) beschließt diese Ausgabe.

Im Herbst/Winter werden wir uns unter anderem am „No way out?“ Kongress in Frankfurt (7.-9. Dezember) beteiligen, außerdem dürft ihr euch schon jetzt auf die ein oder andere grundrisse-Veranstaltung freuen. Eine größere Veranstaltung über Ökonomie und soziale Verhältnisse im Postfordismus ist ebenso in Planung. Aktuelle Informationen gibt´s auf unserer Homepage www.grundrisse.net bzw. über unsere Mailingliste (Anmeldung ebenfalls auf der Homepage). Zu guter letzt möchten wir noch nachdrücklich darauf hinweisen, dass ein grundrisse-Abo nicht nur eine überaus preisgünstige, sondern auch gesundheitspolitisch korrekte Alternative zu z.B. Komasaufen darstellt. Ein grundrisse-Jahresabo kostet deutlich weniger als 7,8 Krügerl/Halbe/große Biere! Nehmt euch das zu Herzen (& Leber)! Wem das noch nicht überzeugt, der/dem legen wir noch Jens Kastners empfehlenswertes Büchlein „Transnationale Guerila. Aktivismus, Kunst und die kommende Gemeinschaft“ in den Postkasten - zumindest den ersten beiden NeuabonenntInnen.

Eure grundrisse - Redaktion

ZU DEN BILDSTREIFEN

Herzlicher Dank geht an Boris Nieslony/ www.asa.de der „Die Kunst der Begegnung“ gemeinsam mit anderen Performance Art KünstlerInnen in verschiedenen Städten veranstaltet hat und mich mit guter Bilderkost versorgt hat. Der Begriff Straßen-Kunst greift hier entschieden zu kurz: es handelte sich um Interaktionen, Interventionen und Vivisektionen - um visuelle, phonetische, poetische und subversive Eingriffe in den öffentlichen Körper der Städte Hannover, Köln und Hildesheim. Und besonderer Dank geht an Pietro Pellini, der „die Kunst der Begegnung“ in Köln sehr schön dokumentiert hat und uns für diese Ausgabe der Grundrisse seine Photos zur Bearbeitung, somit zur Verfügung gestellt hat. Siehe auch: http://art.pietropellini.com/art_of_encountering. Bildstreifenfotos: © Pietro Pellini/VG Bildkunst

Lisl Steger

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ISSN 1814-3164 
Key title: Grundrisse (Wien, Online)

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