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Thieß Petersen: Der Begriff der Arbeit in den Schriften von Karl Marx

Der Begriff 'Arbeit' ist ein außerordentlich zwiespältiger Terminus. Schon ein flüchtiger Blick verdeutlicht, wie unterschiedlich die gesellschaftliche Wertschätzung der Arbeit im Zeitablauf der menschlichen Geschichte ausfällt. Im klassischen Altertum herrschte eine „Verachtung der Arbeit“ vor. Alle griechischen Autoren waren sich darüber einig, „daß körperliche Arbeit sklavisch ist, weil sie durch die Notdurft des Körpers erzwungen ist. ... Arbeiten hieß Sklave der Notwendigkeit sein ... Bestimmt man den Menschen als ein Animal laborans, so kann er in der Tat nichts wesentlich anderes sein als ein Tier, besten­falls die höchste der Tiergattungen, die die Erde bevölkern“ (Arendt (1994; 77-79). Im Laufe der Menschheitsgeschichte erfolgte dann eine Aufwertung, die Hannah Arendt wie folgt begründet: „Der plötzliche glänzende Aufstieg der Arbeit von der untersten und ver­achtetsten Stufe zum Rang der höchstgeschätzten aller Tätigkeiten begann theoretisch da­mit, daß Locke entdeckte, daß sie die Quelle des Eigentums sei. Der nächste entscheidende Schritt war getan, als Adam Smith in ihr die Quelle des Reichtums ermittelte; und auf den Höhepunkt kam sie in Marx' »System der Arbeit«, wo sie zur Quelle aller Produktivität und zum Aus­druck der Menschlichkeit des Menschen selbst wird“ (Arendt 1994), S. 92). Oskar Negt stellt daher zurecht fest: „Die bürgerliche Gesellschaft entwickelt einen Begriff von Arbeit, der von Anbeginn zwiespältig ist. Er bezeichnet Ausbeutung, Unterdrückung, Entwürdi­gung, gleichzeitig aber auch das Gegenteil: ein Medium der Selbstbefreiung“ (Negt 2001;  425).

Diese Zwiespältigkeit bezieht sich nicht nur auf verschiedene Epochen oder Autoren, sie kann sich sogar auf das Gesamtwerk eines Autors beziehen. Ein Beispiel für den letztge­nannten Fall stellen die Schriften von Karl Marx dar. Bei ihm ist eine mehr­schichtige Bedeutung des Be­griffs 'Arbeit' festzustellen, die zu Verwirrungen führen kann. Neben der von Hannah Arendt festgestellten positiven Bewertung übersieht Marx aber nicht die negativen Aspekte der Arbeit wie Fremdbestimmung, Überanstrengung, Ausbeutung etc. Als Konsequenz der ambivalenten Einstellung zur Ar­beit wird Marx z. B. von Konrad Löw unter­stellt, seine Ausführun­gen zur Notwendigkeit und zu den Folgen der Arbeit seien „kraß wider­sprüchlich“ (Löw 1985),  31). Ähnlich geartet ist der Vorwurf, Marx gehe bei der Proble­matik der Arbeitsteilung und deren Lö­sung „von unterschiedlichen und zum Teil wi­der­sprüchli­chen Denkan­sätzen aus“ (Oberndörfer/Jäger 1974;  18). Die nachfolgenden Ausführungen werden allerdings zeigen, dass es sich hierbei nur um scheinbare Widersprüche handelt, die sich mit Hilfe des Begriffs der 'produktiven menschlichen Tätigkeit' auflösen lassen.

Die produktive menschliche Tätigkeit

Die produktive Tätigkeit nimmt in den anthropologischen Ausführungen von Marx eine zentrale Posi­tion ein. Bei der produktiven Tätigkeit geht es im Kern um die freie Ziel- und Zweck­setzung der Aktivitäten durch das handelnde Subjekt. Diese Selbstbestimmung ist es, die den we­sentlichen Unter­schied zwischen dem Menschen und dem Tier aus­macht: „Das produktive Leben ist aber das Gattungsleben ... In der Art der Le­bens­thätigkeit liegt der ganze Charakter einer species, ihr Gattungscha­rakter, und die freie be­wußte Thätigkeit ist der Gat­tungscharakter d[es] Menschen ... Die bewußte Le­bensthätigkeit unterscheidet d[en] Men­schen unmittelbar von der thierischen Le­bensthätigkeit“ (Marx 1844;  136f.).

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Ausdruck 'produktiv' nicht im Sinne des heutigen Sprachgebrauchs verwendet wird, der unter einer produktiven Hand­lung das auf ein be­stimmtes Resultat abzielende Ver­halten versteht. Marx geht es gera­de nicht um das Resul­tat, son­dern vielmehr um die Quali­tät der betreffenden Ak­tivität. Die Aktivität ist, so­fern sie produktiv ist, eine freie, bewusste und selbstän­dige Tä­tigkeit eines In­di­vidu­ums. Deshalb ist auch eine Betätigung ohne ein materielles Resultat als eine pro­duktive Tätig­keit einzustufen, z. B. ein Spa­ziergang. Entscheidend ist die Auf­stellung von eige­nen Handlungszie­len an Stelle einer Über­nahme fremder Ziele. Gleiches gilt für die Reali­sa­tion der aufgestell­ten Handlungspläne, die eben­falls von dem tätig werdenden Indi­vidu­um selbständig geregelt und kontrolliert werden muss. So weist Marx beispielsweise auf das Fehlen von äußeren Einflüssen bei der Zielauswahl der pro­dukti­ven Tätig­keit hin, wenn er fest­stellt, dass „free activity ... nicht wie die labour durch den Zwang eines äußren Zwecks be­stimmt ist“ (MEW 26.3;  253).

Eine weitere Eigenschaft der menschlichen produkti­ven Betätigung besteht darin, dass das eventuell anfallende Resultat der Ak­tivität dem ausführen­den Individuum zufällt. Der Ak­teur eignet sich das Handlungser­gebnis „für sein eignes Leben“ (MEW 23;  192) an. Wenn materielle Güter die Folge mensch­li­chen Handelns sind, müssen sie für ihren je­wei­li­gen Produ­zen­tInnen unmittelbar einen Genuss berei­ten, also deren eige­ne Bedürfnisse be­friedi­gen. Damit ist aber keinesfalls nur die Ei­genproduk­tion eine Produktionsweise, die dem Prinzip der produktiven menschlichen Tätigkeit gerecht wird. Zu denken ist auch an Handlun­gen, die zwar einer ande­ren Per­son einen Gegenstand für ihre Bedürfnis­befriedi­gung verschaf­fen, die aber zugleich dem oder der Produzie­renden selbst eine Freude bereiten. Ein Austausch kann daher grund­sätz­lich auch im Rahmen der produktiven Tätigkeit er­fol­gen, er muss dann aber die Form ei­nes „gegenseitigen Schenkens“ anneh­men, bei dem das Ge­ben nicht an eine Gegen­lei­stung gebunden ist (vgl. Gorz 1994;  239 f.).

Darüber hinaus beinhaltet die Vorstellung von der produktiven menschlichen Tätigkeit die intellektuellen Tätigkeiten, was die vollständige 'intellektuelle Beherr­schung' der betref­fenden Hand­lungsabläufe einschließt. Dass die geistige Tätig­keit zur pro­dukti­ven Lebens­tä­tig­keit des Menschen gehört, zeigt sich beispielsweise, wenn Marx bezüglich des Men­schen als „Gattungswesen[i] feststellt, dass dieser „sich sowohl in seinem Sein als in sei­nem Wissen bestätigen und bethäti­gen muß“ (Marx 1844;  196). Daher ist „auch das Denken ... als We­sen­säusse­rung des Menschen“ (Marx 1844;  205) zu ver­ste­hen. Die pro­duk­tive menschliche Tätigkeit ver­langt folglich die Anwendung aller kör­per­lichen und geistigen Fähigkeiten, denn die Kopf- und die Handarbeit bilden eine Einheit, die nicht auseinander­gerissen werden darf (vgl. MEW 23;  531).

Wichtig  ist darüber hinaus, dass die schöpfe­ri­sche Tätig­keit stets Freiräume für die Individuali­tät der tätigen Per­son zulas­sen muss. Weil die Tätigkeit eines Menschen im­mer die „Verausgabung seiner Le­benskraft“ darstellt, ist sie „die per­sönliche Tätigkeit“ des Handelnden und damit die Nutzung von einem „spezifischen Arbeitsvermögen“. Bedeutsam für die schöpferische Tätigkeit des Menschen ist folglich, dass sie ein Ergebnis liefert, wel­ches „bestimmte nützliche, kon­krete Arbeiten ... verkörpert“, also einen Ge­brauchswert dar­stellt.[ii]

In einem nächsten Schritt geht Marx über zum menschlichen Bedürfnis nach dieser Art der Tätigkeit. In den „Grund­rissen“ konstatiert er, dass „das Individuum 'in sei­nem normalen Zu­stand von Gesund­heit, Kraft, Tätigkeit, Geschicklichkeit, Ge­wandtheit' auch das Be­dürfnis ei­ner normalen Portion von Arbeit hat“ (Marx 1857/58;  505). In sei­ner „Kritik des Gothaer Programms“ geht er sogar so weit, dass in der kom­munisti­schen Gesellschaft „die Arbeit ... selbst das er­ste Le­bensbe­dürfnis ge­worden“ (MEW 19,  21) ist. Aller­dings, und darauf muss mit Nachdruck hingewiesen wer­den, bezieht sich das Be­dürfnis nach Ar­beit nur auf die schöpferische, pro­duk­tive und deshalb auch sinn­volle und be­friedigende Tä­tigkeit - die Ambivalenz, mit der Marx den Terminus Arbeit verwendet, deutet sich be­reits hier an.

Der Umstand, dass die produktive Tätigkeit des Menschen als ein Selbstzweck aufgefasst werden kann, weist auf ein weiteres Element hin, nämlich auf das Ineinan­derfließen von Mitteln und Zielen der mensch­lichen Betätigung. Wenn die gesellschaftlichen Rahmenbe­dingungen eine produktive menschli­che Tätigkeit zulassen, werden die Handlungen nicht mehr ausschließlich als Kosten an­gese­hen, die für den Genuss der damit erarbeiteten Güter aufge­wendet werden müssen. Stattdessen stellt die produk­tive Betätigung einen Wert an sich dar. Ein Beispiel dafür nennt Marx im zwei­ten Band des „Kapitals“, in dem er die produkti­ve Tätig­keit eines Mitglieds der Urgesell­schaft beschreibt. Der dort behandelte „Wilde“, der seine er­forderli­chen Konsum­tionsmittel bereits her­gestellt hat, kann sich in der verblei­ben­den Zeit der schöpferi­schen und produkti­ven Tätigkeit wid­men. Frei vom Diktat der zum Überleben not­wendigen Kon­sum­bedürf­nisse, zählt er die mit produktiven Betäti­gungen verbrach­ten Mo­mente nicht als Kosten. Die in diesem Bereich der Tätigkei­ten anzu­tref­fende „völlige Gleich­gültigkeit gegen Zeit­aufwand“ äußert sich beispielsweise darin, dass „der Wilde ... manchmal, wie Tyler erzählt, einen ganzen Monat zur Verferti­gung ei­nes Pfeils“ (MEW 24;  436 f.) benötigt.

Resümierend kann bezüglich der produktiven Tätigkeit folgendes Fazit gezogen werden: Wenn die menschliche Betätigung sämtli­che hier aufgezählte Eigenschaften enthält, kann der tätige Mensch aus der geleisteten Handlung eine innere Befriedigung ziehen. Damit ist es möglich, diese Aktivität als Freude zu emp­finden, wodurch der Gegen­satz zwischen Ar­beit und Freizeit verloren geht. Da die eigene Tätig­keit unter diesen Umständen als Genuss erfahren wird, kön­nen wir „sogar an­neh­men, daß Marx den Inbegriff des Glücks in der Tä­tigkeit, in der Aktivität, nicht im passiven Konsum erblickt“ (Fetscher 1979;  86). Die Aktivität, so­fern sie sich als pro­duktive Tätigkeit im oben beschriebenen Sinn erweist, wird dann als anre­gend emp­fun­den, und sie wird aus ei­genem Antrieb unternom­men, ohne dass dabei „Zeit und Mühe“ zählen.[iii]

Produktive Tätigkeit versus entfremdete Arbeit

Eine Diskussion des Begriffs 'entfremdete Arbeit' verlangt vorab die Klärung des Marxschen Konzepts der Entfremdung. Hinsichtlich der Frage, was Marx unter Entfremdung versteht, gibt es erheb­liche Uneinig­keiten. Dem hier folgenden Verständnis[iv] bedeutet Entfremdung bei Marx eine Ab­weichung bzw. Entfer­nung der real existierenden Men­schen von einem be­stimm­ten Refe­renz­punkt. Dieser Re­fe­renzpunkt ist in seiner An­thro­pologie zu fin­den und besteht aus dem, was Marx als den wahren Menschen[v] an­sieht. Diese Konzeption fin­det sich besonders deutlich in den Grundrissen. Dort um­schreibt Marx zunächst den Begriff des wahren menschlichen Reich­tums, um dann festzu­stellen, dass unter der kapitali­sti­schen Produktionsweise nur eine ent­frem­dete Form dieses Reich­tums vor­liegt: „was ist Reichtum anders, als die im universellen Austausch er­zeugte Univer­sali­tät der Bedürfnisse, Fähig­keiten, Genüsse, Pro­duktivkräfte etc. der Indivi­du­en? Die volle Entwicklung der menschlichen Herrschaft über die Naturkräfte, die der Natur so­wohl, wie seiner eignen Natur? Das ab­solute Herausarbeiten seiner schöpferi­schen Anlagen, ohne andre Vor­aussetzung als die vorher­ge­gangne historische Entwicklung, die diese Totalität der Ent­wick­lung, d. h. der Entwicklung aller menschlichen Kräfte als solcher ... zum Selbstzweck macht? ... In der bürgerlichen Ökonomie - und der Produktionsepoche, der sie ent­spricht, - erscheint diese völlige Herausarbeitung des menschlichen In­nern als völlige Entlee­rung, diese universelle Vergegenständli­chung als totale Entfrem­dung“ (Marx 1857/58;  387).

Auch in den Ökonomisch-philoso­phischen Manu­skrip­ten trennt Marx „die wirkliche Natur d[es] Menschen“ bzw. „die wahre anthro­pologische Natur“ von deren „entfremdeter Gestalt“ (Marx 1844;  168). Wenn Marx fordert: „Wir müssen also das Maß des Wesens der inne­ren Idee an die Exi­stenz der Dinge legen“ (MEW 1;  50), erklärt er damit unter anderem den wahren Menschen zu dem Maßstab, an dem die Reali­tät gemessen und bewertet wird. Jedes noch so geringfügige Auseinander­fallen von Reali­tät und Ideal stellt ei­nen entfremdeten Zustand dar,[vi] sodass Heinrich festhal­ten kann: „Die Wirk­lichkeit wird mit einem idealen menschlichen Wesen konfron­tiert, wobei eine Nicht­übereinstim­mung, ein Widerstreit von Existenz und Wesen, eine Ent­fremdung vom wirklichen Wesen festge­stellt wird“ (Heinrich 1991;  106). Elliott be­schreibt die Marxsche Konzeption der Entfremdung ebenfalls als „a departure or separation from the authentic human existence which is (potentially) realizable under the aegis of the future genuine communist society“ (Elliott 1979;  319). Eine na­hezu identische Konzeption findet sich bei Ollman, eine ähnliche bei Elster, der als Referenzpunkt „the good life for man“ her­anzieht, welches er näher spezifiziert.[vii] Ebenso bringt Arnold das Kon­zept der Entfremdung in einen Zusammenhang mit „truly human labor and truly human beings“ (Arnold 1990;  62), also mit dem, was die wahre menschliche Na­tur ausmacht. Bei Devine findet sich schließlich die folgen­de Definition: „alienation, the restriction of people's full humanity, pre­vention of the actuali­zation of our potentials“ (Devine 1989;  302).

Referenzpunkt für die Entscheidung, ob eine bestimmte Handlung als entfremdete Arbeit einzustufen ist oder nicht, ist demnach die Idealvorstellung der produktiven Tätigkeit. Alle Handlungen, die nicht die Merkmale der produktiven Tätigkeit erfüllen, gelten als entfremdete Arbeit. So muss beispielsweise jede Form der Lohnarbeit als entfremdete Arbeit angesehen werden. Selbst umfangreiche Anstrengungen zur Humanisierung der Arbeit ändern daran nichts. Den LohnarbeiterInnen werden die Ziele ihres Handels vorgegeben, was gegen die freie Ziel- und Zwecksetzung der produktiven Tätigkeit verstößt. Zudem verfügt der Kapitalist über das hergestellte Produkt, sodass sich der Lohnarbeiter oder die Lohnarbeiterin das Arbeitsergebnis nicht für sein oder ihr eigenes Leben aneignen kann.

Bezogen auf die konkreten Handlungsergebnisse spiegelt sich das Begriffspaar 'produktive Tätigkeit - entfremdete Arbeit' in den Begriffen 'Gebrauchswert - Tauschwert' wider. Ziel der produktiven Tätigkeit sind nützliche, Bedürfnisse befriedigende Gegenstände, also Gebrauchswerte: „in dem Gebrauchswert jeder Ware steckt eine bestimmte zweckmäßig produktive Tätigkeit oder nützliche Arbeit“ (MEW 23;  57). Für den Tauschwert hingegen ist diese Nützlichkeit irrelevant. Mit dem Verschwinden des nützlichen Charakters verschwinden „auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten, sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit“ (MEW 23;  52). Abstrakte Arbeit ist ohne jegliche individuelle Besonderheiten, ohne spezielle individuelle Eigenschaften - also entfremdete Arbeit.

Der Begriff der Arbeit bei Marx

Die zwiespältige bzw. am­biva­lente Einstellung Marxens zur Arbeit zeigte sich bereits in den Ausführungen zur produktiven Tätigkeit des Menschen. Die Feststellung, dass „das Indivi­duum 'in sei­nem normalen Zu­stand von Gesund­heit, Kraft, Tätigkeit, Geschicklichkeit, Ge­wandtheit' auch das Be­dürfnis ei­ner normalen Portion von Arbeit hat“ (Marx 1857/58;  505), lässt auf eine positive Bewertung des Begriffs Arbeit schließen. Diese positive Ein­stellung ist allerdings nicht kompatibel mit den Marxschen Frühschriften. Dort äußert er sich extrem negativ über die Arbeit und fordert deren Abschaf­fung. Exemplarisch zeigt sich dies in der „Deutschen Ideo­logie“, in der es heißt, dass „die kommunistische Revo­lu­tion sich gegen die bisherige Art der Tä­tigkeit richtet, die Arbeit beseitigt“ werden muss (MEW 3;  69f.). Arbeit wird hier als ent­frem­dete Form der produkti­ven menschlichen Tätigkeit ver­stan­den,[viii] sodass „die Ar­beit erst »eine ge­nußreiche pp. freie Tätigkeit« werden soll und muß, es also noch nicht ist“ (MEW 3;  472). Ganz allge­mein stuft Marx in seinen frü­hen Schriften die Arbeit als Gegensatz zur freien, schöpferi­schen Betätigung ein. Arbeit ist des­halb in den Frühschriften von Marx als Synonym für die entfremdete Arbeit anzusehen. Marx folgt damit der bereits genannten, bis in die Antike zurückreichenden Tradition, in der Arbeit stets et­was mit Elend, Leid, Schmerz, Unlust, Plage und Armut zu tun hat.

In den späteren Werken hingegen - und dies stiftet die eingangs erwähnte Verwirrung - wird der Ausdruck 'Arbeit' auch für ei­ne entfrem­dungsfreie Betätigung verwendet. Exem­plarisch lässt sich dies anhand der folgenden Passage aus dem „Kapital“ über den Arbeits­prozess verdeutlichen: „Die Arbeit ist zunächst ein Prozeß zwischen Mensch und Natur, ein Pro­zeß, worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigne Tat vermittelt, re­gelt und kontrolliert. Er tritt dem Naturstoff selbst als eine Natur­macht ge­genüber. Die seiner Leiblichkeit angehörigen Na­turkräfte, Arme und Beine, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich den Na­turstoff in einer für sein eignes Leben brauch­baren Form an­zueignen. Indem er durch diese Be­wegung auf die Natur au­ßer ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigne Natur. Er ent­wickelt die in ihr schlum­mernden Potenzen und un­terwirft das Spiel ihrer Kräfte sei­ner eignen Bot­mäßigkeit. Wir haben es hier nicht mit den ersten tierar­tig in­stinktmäßigen Formen der Arbeit zu tun. Dem Zustand, worin der Arbeiter als Verkäufer seiner eignen Arbeitskraft auf dem Warenmarkt auftritt, ist in urzeitli­chen Hintergrund der Zustand entrückt, worin die menschliche Arbeit ihre erste instinktartige Form noch nicht ab­gestreift hatte. Wir un­terstellen die Arbeit in ei­ner Form, worin sie dem Menschen aus­schließ­lich angehört. Eine Spinne verrichtet Ope­rationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene be­schämt durch den Bau ihrer Wachs­zellen man­chen menschlichen Baumeister. Was aber von vornher­ein den schlech­te­sten Baumei­ster vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf ge­baut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Ar­beitsprozesses kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn dessel­ben schon in der Vorstellung des Arbei­ters, also schon ideell vor­handen war. Nicht daß er nur eine Formverände­rung des Natürli­ch­en bewirkt; er verwirklicht im Natürlichen zu­gleich seinen Zweck, den er weiß, der die Art und Weise seines Tuns als Gesetz be­stimmt und dem er seinen Willen unterordnen muß. Und diese Un­terordnung ist kein ver­einzel­ter Akt. Außer der Anstrengung der Organe, die arbeiten, ist der zweckmä­ßige Wille, der sich als Auf­merksamkeit äußert, für die ganze Dauer der Ar­beit er­heischt, und um so mehr, je weniger sie durch den eignen Inhalt und die Art und Weise ihrer Ausführung den Arbeiter mit sich fortreißt, je weni­ger er sie daher als Spiel seiner eignen körperli­chen und geistigen Kräfte genießt. / Die einfachen Mo­mente des Ar­beitsprozesses sind die zweck­mäßi­ge Tä­tigkeit oder die Arbeit selbst, ihr Gegenstand und ihr Mittel“ (MEW 23;  192f.). Die Arbeit erfüllt in dieser Beschreibung die entscheiden­den Kriterien einer produktiven menschlichen Tätigkeit und ist deshalb positiv bewertet.[ix]

Während der Begriff der Arbeit damit sowohl die entfremdete Arbeit als auch die produktive Tätigkeit des Menschen umschreiben kann, ist die Verwen­dung des Begriffs der Tätig­keit in allen Werken ein­deu­tig auf die kreative, schöp­ferische, folg­lich produktive Tä­tigkeit bezogen. Zu klären ist, warum Marx den Begriff der Arbeit in den späten Werken nicht mehr ausschließlich negativ verwendet.

Ursache der ambivalenten Verwendung des Begriffs Arbeit bei Marx

Der Grund für diesen ambivalenten Gebrauch des Ausdrucks Arbeit in den Spätwerken ist unserer Mei­nung nach die erst in den Spätwerken an­zutreffende Ver­wen­dung des Begriffs 'Arbeitskraft'. Der Begriff der Arbeitskraft ist entscheidend für die „Vereinbarkeit des Mehrwerts mit der Vorherrschaft des »Wertgesetzes« ... Angelpunkt bildete die Unter­scheidung von Arbeit und Arbeitskraft“ (Dobb 1977;  169). Marx definiert die Arbeits­kraft im „Kapital“ wie folgt: „Unter Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert“ (MEW 23;  181). Und weiter: „»Wertschöp­fung« ist Umsatz von Arbeitskraft in Arbeit“ (MEW 23;  229, Anm. 27).[x]

Entscheidend für die Marxsche Wert- und Mehrwerttheorie ist somit die Arbeitskraft. Und weil „die Arbeit selbst .. dingliche Äuße­rung jener Kraft“ (MEW 23;  217) ist, wird auch jede Ausübung der im Men­schen existie­ren­den Arbeitskraft in den Spätwerken als Arbeit be­zeichnet. Abhängig von den konkre­ten Umständen dieser Ausübung erweist sich die Ar­beit dann entwe­der als ent­fremdete oder als ent­fremdungs­freie Tätigkeit. Sofern daher in den Spätwerken von 'Arbeit' die Rede ist, muss stets un­tersucht werden, um welche Art der beiden Tätig­keiten es sich dabei handelt.[xi] Zur Auseinander­haltung dieser beiden Lesarten ist es sinn­voll, auf die im Engli­schen anzutreffende Unterschei­dung zwischen 'work' und 'labour' hinzu­weisen, auf die Engels in einer Anmerkung zum er­sten Band des „Kapitals“ aufmerk­sam macht (vgl. MEW 23;  61f., Fuß­note 16). Dabei be­schreibt der Ausdruck 'work' die Herstellung von Ge­brauchswer­ten und deutet auf eine produktive menschliche Tätigkeit im dargestellten Marx­schen Sinne hin. Der Begriff 'labour' hingegen betrifft die Schaffung von Tausch­werten und impliziert eine entfremdete Tätigkeit. Während Arbeit im Sinne von 'labour' von Marx somit negativ bewertet wird, stellt die Arbeit im Sinne von 'work' etwas Positives dar und ist zudem Synonym für die produktive menschliche Tätigkeit.

Gesellschaftspolitische Konsequenzen

Von besonderer gesellschaftspolitischer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen Arbeit und Tätigkeit im Zusammenhang mit der Diskussion über die Zukunft der Arbeitsgesell­schaft. Der technische Fortschritt erlaubt es den hochentwickelten Industrienationen, im­mer größere Mengen an Gütern und Dienstleistungen mit einem immer geringeren Einsatz an menschlicher Arbeit herzustellen. Der damit einhergehende Anstieg der Arbeitslosigkeit bewegt zahlreiche Autoren, das Ende der Arbeitsgesellschaft zu prognostizieren. Exempla­risch kann für diese Position Jeremy Rifkin zitiert werden. In seinem Buch „Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft“ untersucht er „die technischen und wirtschaftlichen Entwicklun­gen ..., die dazu führen, daß uns die Arbeit ausgeht“ (Rifkin 1996;  12). Er erwartet, „daß in Zukunft die meiste Arbeit nicht mehr von Menschen, sondern von Maschinen erle­digt werden wird“, sodass die „High-Tech-Weltwirtschaft ... bald ohne massenhafte Er­werbsarbeit auskommen“ wird (Rifkin 1996;  161, 177). Allerdings gibt es auch die ge­genteilige Ansicht, nach der es kein Ende der Arbeitsgesellschaft geben wird. Auch hierzu reicht ein exemplarisch genannter Vertreter aus. Nach Ansicht von Wolfgang Klauder könnte uns die Arbeit nur ausgehen, wenn „im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt gene­rell die arbeitssparenden Effekte des technischen Fortschritts (miterfasst im Produktivitäts­fortschritt) seine arbeitsschaffenden Effekte (über Produkte und Dienste) im Trend nachhaltig übertreffen“ oder wenn „Marktsättigungen ... das Wirtschaftswachstum zum Erliegen bringen“ (Klauder 2002;  75). Für beide Entwicklungen sieht er jedoch keine Hinweise und kommt folglich zu einer gänzlich anderen Einschätzung als Rifkin: „Die Arbeit braucht uns weder heute noch in Zukunft auszugehen“ (Klauder 2002;  78).

Neben dieser Frage zu den Entwicklungstrends der Arbeitswelt und der kapitalistischen Produktionsweise ist auch eine normative Fragestellung von Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die Frage, welche Entwicklungsrichtung die kapitalistische Produktionsweise nehmen soll. Auf den ersten Blick spricht nichts gegen die vollständige Abschaffung der Arbeit im Sinne einer entfremdeten Tätigkeit. Wenn Arbeit etwas Negatives bedeutet (Fremdbestimmung, Leid, Ausbeutung etc.), wäre die Abschaffung dieses Übels überaus wünschenswert. Allerdings werden der Arbeit[xii] auch positive Aspekte zugesprochen. Durch die Arbeit erfolgt die gesellschaftliche Integration der Menschen. Arbeit unterstützt darüber hinaus die Weiterentwicklung menschlicher Fähigkeiten und dient dadurch der Selbstverwirklichung - verstanden als die Entwicklung der im Menschen vorhandenen und geschätzten Potentiale.[xiii] Zudem ist an das menschliche Bedürfnis nach Tätigkeit zu den­ken. Dass der Mensch ein angeborenes Bedürfnis nach Tätigkeit be­sitzt und nicht als grund­sätzlich faul gelten kann, stellt eine in psychologi­schen und soziologischen Stan­dardwer­ken weitverbreitete Auf­fas­sungen dar. Empiri­scher Beleg dafür ist bei­spielsweise das frühkind­liche Verhalten, das sich durch ak­tive Reaktionen oh­ne materielle Belohungen aus­zeich­net und erst durch langwierige Domestizie­rungs­rituale konform gemacht werden soll. Auch der als leid­voll empfundene Verlust der Arbeit, der sich speziell im Alter in Form des 'Pensio­nierungsschocks' äußert, kann als Be­leg herange­zogen wer­den.[xiv] In diesem Zu­sammenhang ist zudem das auf McClelland zurückgehende 'Leistungsmo­tiv' zu nennen. Die Befriedi­gung nach der guten Erfüllung einer schwieri­gen Aufgabe sowie die Gewissheit, etwas Bedeu­tendes zu vollbringen, sorgen dafür, dass das menschliche Lei­stungsbedürfnis heute als exi­stent anerkannt ist. Entscheidend ist dabei der Umstand, dass die Aus­übung einer derartigen Tätigkeit an sich befriedigend ist, sodass diese Tätig­keit einen Ei­gen­wert dar­stellt und ohne äußere Belohnung vollbracht wird.[xv] Vor dem Hintergrund dieser positiven Aspekte erscheint die Abschaffung der Arbeit nicht mehr als ein anzustrebender Zustand.

Einen Lösungsansatz für dieses Dilemma bietet die folgende Passage aus dem 3. Band des „Kapitals“. „Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbei­ten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, auf­hört; es liegt al­so der Natur der Sa­che nach jenseits der Sphäre der eigentli­chen materiellen Produktion. Wie der Wilde mit der Natur ringen muß, um seine Bedürf­nisse zu befriedigen, um sein Le­ben zu erhal­ten und zu reproduzieren, so muß es der Zivilisierte, und er muß es in allen Gesellschaftsformen und unter allen möglichen Pro­dukti­ons­weisen. Mit seiner Entwicklung erwei­tert sich dies Reich der Naturnot­wendig­keit, weil die Bedürfnis­se; aber zugleich erwei­tern sich die Pro­duktivkräfte, die diese befriedigen. Die Freiheit in die­sem Ge­biet kann nur darin bestehn, daß der vergesellschaf­tete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoff­wech­sel mit der Natur ra­tionell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kon­trolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftauf­wand und unter den ih­rer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehn. Aber es bleibt dies immer ein Reich der Notwendigkeit. Jenseits dessel­ben be­ginnt die menschliche Kraft­entwicklung, die sich als Selbst­zweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das aber nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als sei­ner Basis aufblühn kann“ (MEW 25,  828). Hier wird zwischen zwei Arten der Tätigkeit unterschieden.

Das 'Reich der Notwendigkeit' umschreibt die Tätigkeiten, die als entfremdete Arbeit angesehen werden können. Inhaltlich geht es um die Existenzsicherung des Menschen. Der Mensch ist zum Zwecke des Überle­bens auf eine materielle Produktion an­ge­wiesen, weil die vorge­fundene Natur im Regelfall unmittelbar für die menschli­che Bedürfnis­befriedigung unge­eignet ist. Damit wird eine Umformung der Natur durch den Menschen, also eine mate­rielle Produktion, notwendig. Zu denken ist da­bei in er­ster Linie an die Herstellung von Nahrungsmitteln, Kleidung und Wohnraum, d. h. an die Gewinnung von Lebensmitteln im Sinne von Mitteln, die für das Überleben der Menschen erforderlich sind. Bei dieser zum Überleben notwendigen mate­riel­len Produktion werden die Ziele der damit verbun­denen Tätig­keiten den jewei­ligen Produzen­tInnen ok­troyiert. Selbst die Assozia­tion der freien ProduzentInnen unterliegt hin­sichtlich ihrer Ziele in diesem Bereich einer Fremd­be­stimmung durch die biolo­gischen Le­benspro­zesse, sodass es sich bei den betreffenden Tätigkeiten um ent­fremde­te handelt. Wegen der Beschaf­fenheit der Na­tur, die eine unmittelbare Befriedigung menschlicher Bedürf­nisse nicht ermög­licht, ist die restlose Elimi­nie­rung der Entfremdung undenkbar.[xvi] Auch den entwickelten Industrienationen wird deshalb die Arbeit niemals vollständig ausgehen.

Das 'Reich der Not­wen­dig­keit' besteht somit aus denjenigen Tätigkeiten, die niemals voll­ständig unent­fremdet sein kön­nen. Hiervon zu unterscheiden ist das 'Reich der Freiheit'. Dabei handelt es sich um die Tätigkeiten, die dem Ideal der produktiven menschlichen Tätigkeit entsprechen. Grundsätzlich sollte es das Ziel einer Gesellschaft sein, das Volu­men der Arbeiten, die zum 'Reich der Not­wen­dig­keit' gehören, auf ein Minimum zu redu­zieren, und die Tätigkeiten, die zum 'Reich der Freiheit' zählen, so weit wie möglich aus­zubauen. Das theoretische Ideal wäre ein Zustand, in dem es nur noch produktive mensch­liche Tätigkeiten gibt.

Angestrebt wird daher von Marx ein Zustand, in dem grundsätzlich „die Tä­tig­keit selbst Genuß bieten soll“ (MEW 3;  506). Dennoch ist er nicht so naiv, zu meinen, dass dies auch in jedem Moment der menschlichen Betätigung der Fall sein wird. Vielmehr ist sich Marx der Un­aufhebbarkeit der Arbeit im Sinne einer ent­frem­deten Tätigkeit durchaus bewusst. Die Un­mög­lichkeit der vollkommenen Eli­minie­rung der Entfremdung ist aber nicht gleichbedeu­tend mit der Unmöglichkeit einer Verminderung ihrer vorhan­denen Aus­maße. Selbst wenn die Tä­tigkeiten im Rahmen der zum Überle­ben er­for­derlichen materiellen Produktion stets Elemen­te der Ent­frem­dung enthalten, so ist es gleich­zeitig möglich, andere Entfremdungsmo­mente aufzuheben oder zumindest in ihrem Ausmaß zu re­duzieren. Bei­spielsweise kann die lebensnotwen­dige Produktion Formen an­nehmen, die der Förderung der menschlichen Anlagen und Fähig­keiten die­nen und „den Wechsel der Tätigkeit“ (MEW 4;  377) erlauben. Ebenso stellen die gemeinsame Planung und Kontrolle der materiellen Pro­duktion Momente einer unent­fremdeten Tätigkeit dar, weil die Individuen hier, wenn auch im Zusam­menwirken mit an­deren Personen, den Produktionsprozess be­herrschen und kon­trollie­ren. Ganz all­gemein geht es im 'Reich der Not­wen­digkeit' darum, die Ar­beitsbedingungen so mensch­lich wie mög­lich zu gestal­ten und die Entfremdung auf das niedrigst mögliche Niveau zu beschrän­ken. Erforderlich sind dafür die Verkürzung der Arbeits­zeit, die Er­leichterung der Arbeits­bedin­gungen, die Re­duktion der Arbeitsin­tensität sowie eine verstärkte Mitbestimmung der Produzen­tInnen hinsichtlich der Ziele, der Organisation und des Ablaufs der materiellen Produktion.[xvii]

Das gesellschaftspolitische Ziel von Marx lässt sich somit zusammenfassend durch drei Teilziele beschreiben: erstens den Bereich der produktiven menschlichen Tätigkeiten (das 'Reich der Freiheit') so weit wie möglich auszubauen, zweitens den Bereich der entfremdeten Arbeit (das 'Reich der Notwendigkeit') so weit wie möglich zu reduzieren und drittens die Arbeiten im Rahmen des 'Reichs der Notwendigkeit' so nahe wie möglich an das Ideal der produktiven menschlichen Tätigkeiten heranzubringen. Diese Zielvorgaben sind nach wie vor aktuell.

e-mail: thiess.petersen/ at /verdi.de

Literatur

Arendt, Hannah, (1994), Vita Activa oder Vom tätigen Leben, 8. Aufl., Mün­chen.

Arnold, N. Scott (1990), Marx's Radical Critique of Capitalist Society, New York/Oxford.

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[i]       Hervorhebungen im Original werden dadurch kenntlich gemacht, dass sie kursiv wiedergege­ben werden.

[ii]       Vgl. Marx (1863/64), S. 73-75, 83, 89, 132-136.

[iii]       Vgl. Gorz (1994), S. 27-29, S. 218, S. 236-238, S. 311 f.

[iv]       Vgl. dazu ausführlicher Petersen (2002).

[v]       Vgl. dazu ausführlicher Petersen (2003).

[vi]       Vgl. dazu Heinrich (1991), S. 84-111. Die­ses Vorgehen entspricht der Tradition des Humanis­mus. Dort bildet das humanistische Men­schenbild den Maßstab, an dem bisher realisierte Zu­stände bewertet und nach dem an­stehende Aufgaben bestimmt werden, vgl. Fleischer (1980), S. 48.

[vii]       Vgl. Ollman (1971), S. 132; Elster (1985), S. 54, 74-92.

[viii]       Ähnlich negative Beurteilungen der Arbeit finden sich unter anderem in MEW 3, S. 54, 67- 70, 77, 186, 200; Marx (1857/58), S. 231 und MEW 17, S. 546.

[ix]       Gleiches gilt für den dritten Band des „Kapitals“, in dem Marx die „Arbeit als solche ... als zweck­mäßige produktive Tätigkeit“, MEW 25, S. 833, be­schreibt.

[x]       Vgl. zur Wert- und Mehrwerttheorie von Marx statt vieler Dobb (1977), S. 155 - 184 oder Robinson (1987), S. 32 - 43.

[xi]       Vgl. für eine Sichtweise, die den „Positionswandel“ und „Einschätzungswandel der Ar­beit“ durch Marx im Laufe der Zeit anders beurteilt, z. B. Müller (1994), vor allem S. 163-170.

[xii]    Der Marxschen Terminologie folgend, beziehen sich die positiven Aspekte allerdings nur auf die produktive Tätigkeit und nicht auf die entfremdete Arbeit.

[xiii]       Vgl. zu den verschiedenen Funktionen der Arbeit Senghaas-Knobloch (1999), S. 120f. und Körber/Staman (2001), S. 181.

[xiv]       Vgl. statt vieler Maslow (1978), S. 75; Negt (1987), S. 179-182; Fromm (1991), S. 245f.; Fromm (1993), S. 100.

[xv]       Vgl. z. B. McClelland (1961), S. 36-61; McClelland (1985), S. 223-265. Hendrik de Man spricht in diesem Zu­sammenhang von einem „Tätigkeitstrieb“, der über den bloßen Drang zur Verausgabung von physischer Ener­gie hinausgeht und stattdessen „auf Schöp­fung, d. h. auf Verwirkli­chung eines Vor­stellungsbildes gerichtet“ ist, vgl. Man (1927), S. 151.

[xvi]       Damit verbietet sich eine immer wieder anzutreffende Gleichsetzung der postkapitalistischen Gesellschaft mit dem 'Reich der Frei­heit'. Eine derartige, unzulässige Gleichsetzung findet sich z. B. bei Emden (1983), S. 12; Reich (1991), S. 246 und Fischer (1993), S. 93-102.

[xvii]       Vgl. da­zu Gorz (1991), S. 37f., 170f.; Gorz (1994), S. 46f., 55, 85f., 313, 320-332; Marcuse (1994), S. 263.

 

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