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Die
gegenwärtige sozialtheoretische Diskussion ist hierzulande, auch in Zeiten
allseits beschworener Globalisierung, weitgehend unbedarft was theoretische
Beiträge aus Ländern jenseits des Horizonts der hochindustrialisierten Gebiete
betrifft. Der folgende Text stellt einen der relevantesten Vertreter der
theoretischen Kapitalismus-Kritik in Lateinamerika anhand eines zentralen
Themas, der kritischen Interpretation des Marxschen Gebrauchswertbegriffs in
nicht-eurozentrischer Absicht, vor. Bolívar Echeverría ist Professor für
Philosophie und Ökonomie an einer der wichtigsten Universitäten
Lateinamerikas, der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM). Geboren
1941 in Ecuador, studiert er 1962-1968 in Berlin, wo er sich mit Rudi Dutschke
befreundet und Kontaktperson für Berliner SDS-Kreise nach Lateinamerika wird.
In dieser Zeit Autor politischer Schriften und Mitherausgeber von Texten Che
Guevaras in deutscher Sprache, befaßt sich Echeverría seit 1994 neben seinen
philosophischen und ökonomischen Untersuchungen ebenso mit theoretischen Beiträgen
für Veranstaltungen des Ejército Zapatista de Liberación Nacional. Heute ist
Bolívar Echeverría, der seit seiner Ankunft 1968 in Mexiko dort als einer der
innermarxistischen Kritiker des Dogmatismus sowjetischer Prägung auftritt,
einer der wenigen Theoretiker, die weiterhin an einer marxistischen Analyse der
gesellschaftlichen Realität arbeiten. Dies
ist in Mexiko, im Unterschied zur hierzulande herrschenden Marginalisierung
marxistischer Wissenschaft, kein Hinderungsgrund für akademische und
gesellschaftliche Anerkennung. Die UNAM zeichnete ihn im Jahr 2000 mit ihrer höchsten
Auszeichnung, dem Premio Universidad Nacional aus. Seine Beiträge sind für
die mexikanische und Teile der lateinamerikanischen Linken und andere
KritikerInnen des herrschenden gesellschaftlichen Desasters zentraler
Bezugspunkt. Seine Theorie zu kennen, könnte ungeachtet der hiesigen
akademischen und wissenschaftlichen Selbstgenügsamkeit durchaus hilfreich sein. *
* * Reproduktion
und Kommunikation Bolívar
Echeverría hat sich im Rahmen seiner Theoriebildung eine nicht ohne weiteres zu
lösende Aufgabe gestellt. Der aus der Tradition des westlichen Marxismus
stammende Praxisbegriff, den er zwar als entscheidenden Beitrag, aber zugleich
als zu abstrakt begreift, soll inhaltlich konkret gefüllt und dabei in seiner
historischen Dimension gefaßt werden. Das Problem liegt dabei jedoch in
Folgendem: Wie soll der Praxisbegriff, der untrennbar mit dem Begriff des
(autonomen) Subjekts (als frei entscheidendes) verknüpft ist, als bestimmter,
nicht beliebiger, inhaltlich konkret gefaßt werden? Wie soll dieses
komplizierte Verhältnis von subjektiven Einzelentscheidungen in ein stimmiges
Verhältnis gebracht werden zu einer theoretischen, begrifflichen – und damit
notwendig nach Allgemeinheit trachtenden – historisch-konkreten Bestimmung
dieser Praxis beziehungsweise dieser Praktiken? Oder
um es anders, der von Echeverría angestrebten materialistischen Kulturtheorie näher,
zu formulieren: Wie kann eine gewisse kulturelle Determiniertheit der
menschlichen, insbesondere produktiven (und konsumtiven) Praxis begriffen
werden, ohne in ethnologisierende oder gar biologistische Festschreibungen der
menschlichen Subjekte in ihrer jeweiligen alltäglichen Reproduktionsform zu
verfallen? Dieser Autor, der, wie bereits erwähnt, die menschliche Kultur nicht
an ihren sogenannten Hochformen wie z.B. der musealen Kunst, sondern in erster
Linie an der genauen Art und Weise der materiellen Reproduktion (als Einheit von
Produktion und Konsum) festmacht, findet ein passendes Bild für dieses
Wechselspiel von Freiheit und Tradition, von Individualität und –
historisch-geographisch bestimmter – Kollektivität, in der menschlichen
Sprache und ihren unzähligen Sprechakten und eine Wissenschaft, die dieses
Wechselverhältnis daraufhin untersucht, in der durch Ferdinand de Saussure begründeten
Semiotik. Er bezieht sich dabei auf Autoren wie Roman Jakobson und Louis
Hjelsmlev.[i] Als
Methode verwendet er dabei im hier diskutierten Aufsatz zur Naturalform der
gesellschaftlichen Produktion nicht nur den fortlaufenden Text, sondern auch
durchschnittlich alle zwei Seiten eine Grafik mit schematischen Darstellungen
des Kommunikationsprozesses und des Reproduktionsprozesses, die wohl deren Ähnlichkeit
bildlich faßbar machen sollen. Ihre Verwandtschaft zu Saussureschen Grafiken
ist nicht zu übersehen, wenn auch diejenigen Echeverrías wesentlich komplexer
und nur nach eingehender Lektüre des Haupttextes erschließbar sind.
Entscheidend ist dabei, daß Echeverría diesen Rückgriff auf die Semiotik
nicht machen will, um alle Realität als bloßes Zeichen und damit die
Geschichte nur noch als „unabgeschlossenen Text“ zu fassen, sondern
umgekehrt. Es geht ihm nicht nur um den Nachweis, daß das erste und
grundlegende menschliche Zeichensystem dasjenige der je unterschiedlichen Formen
der Produktion und des Konsums von Gebrauchswerten ist, sondern mehr noch: Der
Kommunikationsprozeß ist für Echeverría eine Dimension des Reproduktionsprozeß. „Ich
mache sodann eine Parallele zwischen dem Produktionsprozeß und dem
Kommunikationsprozeß sichtbar. (...) Das heißt, dieser (Kommunikationsprozeß)
ist eine Dimension des Ersteren [das heißt, des Produktionsprozesses, S.G.].“[ii]
Das heißt, der Reproduktionsprozeß kann nicht deshalb mit dem
Kommunikationsprozeß verglichen werden, weil die Welt insgesamt nur als eine
komplizierte Kombination von „Texten“ und deren „Lesarten“ zu fassen
ist, sondern umgekehrt. Die Kommunikation ist, als Einheit von Produktion und
Konsumtion von Bedeutungen, selbst einer unter vielen produktiven und
konsumtiven Akten, welche die Menschen tun müssen, um ihr Leben organisieren
und erhalten zu können, ist dabei mitnichten der fundamentale und hat die nicht
hintergehbare Materialität immer selbst als Grundlage. „Das
Sprachvermögen [lenguaje] ist in seiner grundlegenden Verwirklichung, der
verbalen, auch ein Prozeß der Produktion/Konsumtion von Gegenständen. Der
Sprechende übermittelt demjenigen, der ihm zuhört, eine Veränderung der
Natur; seine Stimme verändert den akustischen Zustand der Atmosphäre, und
diese Umwandlung, dieser Gegenstand, wird als solcher vom Ohr des anderen
wahrgenommen oder konsumiert.“[iii] Es
ist Bolívar Echeverría um eine Erklärung des Prozesses der Produktion und des
Konsums von Gebrauchswerten zu tun, die auf die Semiotik zurückgreift, ohne
aber damit das Primat der Natur, das Primat des Materiellen als unabdingbare
Grundlage des Ideellen zu leugnen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu
einer Reihe zeitgenössischer Ansätze, die sich im Kommunikationsbegriff (oder
verwandten Konzeptionen, wie z.B. derjenigen der „Artikulation“)
verschlingen und in ihren verschiedensten realen oder vorgestellten Formen die
Erklärung und zugleich auch Errettung der Welt erblicken. Während
Saussure die Linguistik der von ihm eingeführten Semiotik (sémiologie) als bloßes
Teilgebiet unterordnet[iv]
und feststellt, daß die Erkenntnis der „wahren Natur der Sprache“ nur möglich
ist, wenn sie in das allgemeinere Feld „aller anderen Systeme ähnlicher
Gestalt [tous les autres système du même ordre]“,[v]
das von der Semiotik untersucht wird, richtig eingeordnet wird, ist es Echeverría
wiederum darum zu tun, die Semiotik – verstanden von ihm als Produktion und
Konsumtion von Zeichen – ins allgemeinere Feld der Produktion und Konsumtion
überhaupt einzuordnen. Hierin unterscheiden sich offensichtlich Saussure und
Echeverría beachtlich voneinander, denn Ersterer sieht die Semiotik ihrerseits
wieder eingebettet in die Sozialpsychologie und diese wiederum in die
Psychologie überhaupt, während Echeverría die Kritik der politischen Ökonomie
zum Bezugssystem hat.[vi]
Eine Parallele besteht darin, daß beide zur Untersuchung des allgemeineren
Gegenstandes, der notwendig ist, um die spezielleren zu verstehen, von dem
komplexesten der speziellen Gegenstände ausgehen. So erklärt Saussure: „Man
kann also sagen, dass völlig beliebige Zeichen besser als andere das Ideal des
semeologischen Verfahrens verwirklichen; deshalb ist auch die Sprache, das
reichhaltigste und verbreitetste Ausdruckssystem, zugleich das
charakteristischste von allen; in diesem Sinn kann die Sprachwissenschaft
Musterbeispiel und Hauptvertreterin der ganzen Semeologie werden, obwohl die
Sprache nur ein System unter anderen ist.“[vii] Hier
fällt – trotz aller Unterschiede – eine gewisse Ähnlichkeit zu Marxens
methodologischem Vorgehen auf, das anschaulich in dem Satz zusammen gefaßt ist,
die „Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur Anatomie des Affen.“[viii]
Anders formuliert: die Saussuresche Methode erinnert an die Marxsche
Unterscheidung des Gangs der Untersuchung vom Gang der Darstellung, die zum
Beispiel im Falle des Kapital weitgehend gegenläufig ist. Echeverría,
der – wie gesagt – Marx mit der Semiotik verbinden will, versucht eine ähnliche
Methode ebenfalls in seinen Untersuchungen zu verwenden. Zur Analyse der
allgemeinen Tatsache der Produktion und des Konsums von Gegenständen greift er
in starkem Maße auf die Produktion/Konsumtion von Zeichen zurück. Dieses
Vorgehen wählt er nicht, weil letztere wichtiger wären als andere
Produktions-/Konsumtionsformen, sondern schlicht und einfach, weil an ihnen
etwas Allgemeines verstanden werden kann und zudem in der
Produktion/Konsumtion von jeglichem Ding, insbesondere wenn seine
Gebrauchswertseite betrachtet wird, immer schon eine Produktion/Konsumtion von
Zeichen mit enthalten ist. Das
einmal klargestellt, ist festzuhalten, daß es eine umfassende Gegenwart von
kommunikativen Elementen in der materiellen Reproduktion selbst gibt. Man könnte
nun an dieser Stelle versucht sein, schnell zu sagen: „Natürlich, denn zur
Organisation des Reproduktionsprozesses muß kommuniziert werden, müssen
Projekte besprochen werden, Probleme verbal gelöst und andere sprachliche Akte
vollzogen werden.“ So sehr dies auch zutrifft, ist es nicht der zentrale
Aspekt von Echeverrías Begriff der Ähnlichkeit und Verschränktheit von
Reproduktion und Kommunikation. Vielmehr sieht er in Produktion und Konsum von
Gebrauchswerten selber einen Akt der „Mitteilung“, möglicherweise den
entscheidenden für das gesellschaftliche Leben überhaupt. Eine bestimmte
Mahlzeit zum Beispiel herzustellen und sie sodann zu verspeisen, heißt
zugleich, ein bestimmtes Zeichen herzustellen und es sodann zu interpretieren. „Gegenstände
zu produzieren und zu konsumieren, heißt, Bedeutungen zu produzieren und zu
konsumieren. Produzieren ist mitteilen, einem anderen einen Natur-Gebrauchswert
vorzuschlagen; konsumieren ist auslegen, ist die Realisierung dieses
Gebrauchswertes durch einen Anderen, der ihn auffindet. Die Natur sich
anzueignen, heißt, sie in etwas Bedeutungsvolles zu verwandeln.“[ix] Dafür,
daß Echeverría dieses „Bedeutung geben“ nicht als willkürlichen Akt faßt,
wie es in manchen Tendenzen der Diskurstheorie der Fall ist, spricht sein
Beharren auf dem Primat der Materie. Für Echeverría ist dieses „Bedeutung
geben“ ein höchst materieller Vorgang, der eben die Umwandlung eines
Naturobjektes in einen für menschliche Bedürfnisse interessanten Gegenstand
beinhaltet. Diese Umwandlung kann deshalb nicht als willkürlicher Akt
stattfinden, weil sie die Naturbeschaffenheit des Objektes immer
notwendigerweise berücksichtigen muß. Ein Koch, um bei diesem Beispiel zu
bleiben, kann eben nur aus bestimmten Naturdingen eine Speise zubereiten.
Trotz aller Freiheit, die er in dieser Handlung hat, ist der doch gezwungen, das
Stück Fleisch und nicht die es heute meist umgebende Plastik-Verpackung zu
verarbeiten, will er tatsächlich einen Gebrauchswertes schaffen. Hierin
liegt übrigens ein wichtiger Unterschied zur Wertproduktion, die tendenziell
von der realen Befriedigung menschlicher Bedürfnisse absehen kann, wenn nur die
Wert- und damit Mehrwertschöpfung garantiert ist. Der Haken dabei ist nur, daß
letztlich die Wertproduktion nicht völlig auf die Gebrauchswertproduktion als
deren „naturale“ Grundlage verzichten kann. Dieser Knackpunkt ist für
Echeverría die Ansatzstelle für eine mögliche Überwindung der scheinbar sich
verewigenden kapitalistischen Produktionsweise. Während Marx seine Hoffnungen
auf ein Ende der herrschenden Verhältnisse – ohne ein Ende der sie
tragenden Subjekte – in seiner Theorie darauf gründete, daß die gegenwärtige
Gesellschaftsformation ohne das Proletariat nicht auskommt, diese sogar immer
mehr brauchen wird, jene aber zugleich das potentiell revolutionäre Subjekt
sind, hat Echeverría einen nicht so sehr auf die Produktion fixierten Ansatz.
Er geht stärker von der Einheit von Produktion und Konsumtion und damit der
Einheit von Wertproduktion und Gebrauchswertproduktion aus – denn erst im
Konsum stellt sich heraus, ob ein Produkt tatsächlich einen Gebrauchswert und
damit auch Wert hat (was Marx lapidar mit der Formulierung, daß ein Produkt
seinen Wert erst auf dem Markt realisieren muß, umschreibt[x]).
Nur der Gebrauchswert eines Produktes ermöglicht es, daß es wirklich
konsumiert, also gekauft wird. Echeverría geht mit Marx also davon aus, daß
die Wertproduktion zwar ohne die Gebrauchswertproduktion nicht auskommt,
zugleich diese aber mit Notwendigkeit immer mehr kontrolliert, bedrängt und
tendenziell zerstört. Dieser innere antagonistische Widerspruch der
kapitalistischen Produktionsweise gibt ihm einen Hinweis auf einen möglichen
Ausweg. Dieser Ausweg liegt demnach nicht, wie es der dogmatische Marxismus
sowjetischer Prägung unterstellte, in einem einfachen Aufheben der
Unterversorgung der arbeitenden Massen durch ein kontinuierliches quantitatives
Steigern der Produktivkräfte, was theoretisch einen stupiden Produktivismus und
Progressismus und praktisch brutalste Methoden der Produktivitätssteigerung im
Stalinismus bedeutete, sondern er geht – mit den meisten Denkern des
westlichen Marxismus – davon aus, daß, quantitativ gesehen, längst eine
Versorgung aller Menschen mit verhältnismäßig wenig Arbeitsaufwand möglich
ist. Das Problem liegt ihm zufolge nicht in der quantitativen Seite, sondern in
der qualitativen: Was wird produziert und wie wird es produziert?
Es dreht sich also um die Gebrauchswertseite der Produktion und somit auch des
Konsums: „Nur
die Rekonstruktion des kritisch-radikalen Begriffs des Gebrauchswertes kann die
Unbegründetheit jener Identifikation des Marxismus mit dem westlichen
Produktivismus, dem ökonomistischen Progressismus des Kapitalismus und der bürgerlich-politischen
Staatsfixiertheit zur Anschauung bringen“.[xi] In
diesem Zitat klingt, wenn Echeverría die „Identifikation des Marxismus mit
dem westlichen Produktivismus“ kritisiert, ein Doppeltes an: Zum ersten der
Hinweis auf die Notwendigkeit der Kritik des Eurozentrismus, der in der Linken,
einschließlich wichtiger Teile der undogmatischen, nicht-progressistischen,
auch heute meist nicht überwunden ist. Allein schon die Terminologie der
„entwickelten“ und „unterentwickelten“ Länder, die allzuoft naiv übernommen
wird, drückt einen tiefsitzenden ökonomistischen Produktivismus aus, der die
Produktivkräfte und ihre technisch-industrielle Perfektion (im Sinne einer so
weit wie möglich gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit unter kapitalistischen
Bedingungen) unter der Hand zum Merkmal von „Entwicklung“ überhaupt erhebt.
Zugleich steckt hierin auch die Vorstellung einer „natürlichen“
Notwendigkeit der ständigen Weiterentwicklung der Produktivkräfte im obigen
Sinne (zudem auf eine ganz bestimmte Art und Weise), was aber ausschließlich in
den herrschenden Verhältnissen eine unumgängliche Notwendigkeit ist. Im Rahmen
dieser Logik sind also manche Länder „entwickelter“ als andere, doch
verselbständigt sich die hieraus hervorgehende Hierarchisierung der Welt,
bekommt ein Eigenleben und wirkt auch in kapitalismuskritischen Köpfen fort.
(In gewisser Weise ist der Eurozentrismus in der Linken noch problematischer als
in konservativen Theorien. Für die Konservativen geht der Eurozentrismus
notwendigerweise aus ihrem unkritischen Reflektieren der realen Machtverhältnisse
hervor, bei der Linken hingegen ist er nur noch mit kulturchauvinistischen
Denkresten zu erklären.)[xii] Zum
zweiten ist in dem zitierten Satz Echeverrías auch eine unausgesprochene
Antwort an einen Philosophen enthalten, dessen Werk unseren zweiten Autor viele
Jugendjahre beschäftigt hat. Wenn Echeverría hier darauf beharrt, daß Marx
nicht integrativer Teil des „westlichen“ Denkens ist, sondern der Begriff
des Gebrauchswertes „notwendigerweise über die Metaphysik des Okzidents
hinausgeht“[xiii],
so ist dies eine unzweideutige Zurückweisung der Behauptung Martin Heideggers,
Karl Marx sei der letzte Repräsentant der Metaphysik des Westens. Gebrauchswert
und Zeichen Bezüglich
der Frage, wie das Verhältnis von Subjekt und Objekt als eines gedacht werden
kann, das zugleich von Determiniertheit (z.B. durch die Naturgesetze) als auch
von menschlicher Freiheit zutiefst geprägt ist, kann nun folgender Annäherungsversuch
Echeverrías skizziert werden. Wie gezeigt wurde, kann eine Parallelisierung des
Reproduktionsprozesses mit dem Kommunikationsprozeß vollzogen werden, ohne
ersteren zu entmaterialisieren oder idealistisch umzudeuten. Im
Kommunikationsprozeß finden wir aber die Besonderheit eben jener eigenartigen
Koexistenz von Freiheit und Neuschöpfung in jedem Sprechakt und gleichzeitigen
Determiniertheit durch die Sprache, in der jeweils kommuniziert wird. Nur weil
in jedem Moment ein neuer Sprechakt mit einem gewissen Grad an Freiheit
geschaffen wird, kann der oder die Sprechende jeder zu erfassenden Konstellation
damit einigermaßen gerecht werden. Zugleich kann sie sich aber nur dem Anderen
verständlich machen, weil sie sich innerhalb der jeweiligen Sprache bewegt und
deren Regeln weitgehend akzeptiert. Ähnlich
verhält es sich auch im Prozeß der Produktion und Konsumtion von
Gebrauchswerten. Der Produzent kann nicht einfach irgend etwas herstellen, wenn
er will, daß es von anderen als Gebrauchswert erkannt und anerkannt, das heißt
gekauft wird. Entscheidend ist dabei nicht einfach die biologische Fähigkeit
des menschlichen Organismus, ein bestimmtes Produkt in irgendeiner Weise zu
konsumieren. Hier liegt gerade der entscheidende Unterschied zwischen Mensch und
Tier. Beim Menschen spielen bei der Unterscheidung zwischen nützlichem und
nicht nützlichem Ding, also zwischen Gebrauchswert und Nicht-Gebrauchswert auch
historische Faktoren in großem Maße mit. Darauf weist bereits Marx in der
weiter oben bereits zitieren Passage hin: „(...) die mannigfachen
Gebrauchsweisen der Dinge zu entdecken ist geschichtliche Tat.“[xiv]
In Echeverrías Weiterentwicklung von Marx’ Gebrauchswerttheorie beinhaltet
der Begriff der Geschichte auch die geographischen „Ungleichzeitigkeiten“
(in dem Sinne, daß in die historischen Faktoren auch der Ort und nicht nur die
Zeit eingehen). Von
großer Bedeutung bei dem Vergleich zwischen Reproduktionsprozeß und
Kommunikationsprozeß ist, daß es in beiden die Instanzen gibt, die der Begründer
der Semiotik als „Bezeichnetes“ und „Bezeichnendes“ unterscheidet, deren
Einheit das Zeichen darstellt. Dabei stellt in der Sprache das erste den
„Begriff“ und das zweite das „akustische Bild“ dar. Der reine Begriff
enthält dabei aber genau so wenig wie das pure Bild, beide sind auf sich
alleine gestellt verloren, oder um es genauer zu sagen, nicht vorstellbar. So
weist zum Beispiel Saussure darauf hin, daß die Vorstellung eines reinen,
bildlosen Begriffs den Gedanken beinhaltet, es gäbe Ideen, die vor ihrem
sprachlichen Ausdruck bereits als ausgereifte existieren,[xv]
was er offensichtlich verwirft. Bevor
nun weiter in den Vergleich mit der Gebrauchswertproduktion eingestiegen werden
kann, muß noch berücksichtigt werden, daß Echeverría, unter Bezugnahme auf
Walter Benjamin, davon ausgeht, daß die Menschen sich nicht nur durch
die Sprachen sondern in diesen ausdrücken und verständigen, was so zu
verstehen ist, daß die Sprachen keine festen Systeme sind, die man schlicht als
Mittel zur Kommunikation verwendet, sondern in jedem Kommunikationsakt neu
geschaffen und dabei jeweils modifiziert werden.[xvi]
Echeverría versteht diesen Benjaminschen Gedanken als einen, der für alle
Zeichensysteme gültig ist.[xvii]
So wie aber in jedem Sprechakt oder Sprechen („parole“ bei Saussure) die
Sprache („langue“ bei Saussure) insgesamt aufs Spiel gesetzt wird, so
geschieht es auch in der Produktion und der Konsumtion von Gebrauchswerten. Wie
bereits dargelegt, faßt Echeverría die Einheit von Produktion und Konsumtion
von Gebrauchswerten als das, was in der Semiotik als langage, als
Sprachvermögen gefaßt wird, also die Fähigkeit, sich auf eine zwar nicht
chaotische aber dennoch freie Weise zu verständigen. Frei nicht in dem Sinne,
jederzeit einfach völlig neue Zeichen aus dem Nichts erfinden zu können, weil
dann schließlich das Funktionieren des Zeichensystems in Frage gestellt wäre,
aber dennoch so frei, sich nicht bloß wie Tiere aufgrund weitgehend biologisch
(in den Instinkten) festgelegter Reiz- und Reaktionsformen zu verständigen.[xviii] Saussure
sagt dazu: „Dann aber ist die Sprache nicht mehr frei, weil nun die Zeit
die Moeglichkeit bietet, dass die auf die Sprache einwirkenden sozialen Kraefte
auch Wirkungen hervorbringen, und so gelangt man zu der Grundtatsache der
Fortdauer, welche die Freiheit aufhebt. Das Fortbestehen aber traegt
notwendigerweise die Umgestaltung in sich, eine mehr oder weniger betraechtliche
Verschiebung der Beziehungen.“ [xix] Das
Moment der Unfreiheit, das Saussure besonders hervorhebt, gilt für die
bestimmte Sprache, die langue, nicht aber für das Sprachvermögen
insgesamt (langage, bzw. faculté du langage), was von großer Bedeutung für
Echeverrías Überlegungen ist. Im
Akt der Produktion eines Gebrauchswerts findet also zugleich eine
Zeichenproduktion statt und in seiner Konsumtion seine Interpretation. Es gibt
auch hier ein bezeichnendes und ein bezeichnetes Element, die gemeinsam das
Zeichen konstituieren. Echeverría läßt es den Leser, die Leserin nicht völlig
eindeutig erkennen, was beim im Gebrauchswert enthaltenen Zeichen das
Bezeichnende ist und was das Bezeichnete. Er bemerkt aber an einer Stelle, daß
die Rohstoffe tendenziell näher am Bezeichneten sind und die verwendeten
Arbeitsmittel näher am Bezeichnenden, ohne aber eine definitive Zuordnung zu
vorzunehmen.[xx]
Es scheint, daß sowohl Rohmaterial als auch Arbeitsmittel beide Funktionen
haben können, aber zweiteres bei der Zeichengebung eine hervorragende Stellung
einnimmt: „Die
entwickelteste Form des gesellschaftlichen Gegenstandes ist ohne Zweifel das
Arbeitsmittel. Die beiden Pole, die jede gegenständliche Form bestimmen – der
Formvorschlag für das Subjekt und dessen Bereitschaft, diesen sich anzueignen
– befinden sich im Arbeitsmittel in einem Spannungszustand. Je nach Fall kann
diese instabile Pattsituation ganz unterschiedlich entschieden werden. Das in
der Werkzeugform als technischer Struktur eingeschriebene Vorhaben einer auf die
Rohmaterialien gerichteten verändernden Tätigkeit erlaubt nicht nur – wie
bei jedem gesellschaftlichem Gegenstand – sondern fordert, um wirksam zu sein,
einen Willen zur verändernden Tätigkeit, der sich das Vorhaben zu eigen macht
und es konkretisiert. Die allgemeine umformende Dynamik, welche das
Arbeitsmittel in sich trägt, muß durch die Arbeit vollendet und hervorgehoben
werden.“ [xxi] Die
Arbeitsmittel (Werkzeuge) zeichnen sich aber dadurch aus, daß ihre Wirksamkeit
sich in den meisten Fällen nicht in einem einzigen produktiven/konsumtiven
Gesamtakt erschöpft, wie es bei den Gebrauchswerten der Fall ist, die
unmittelbar als Lebensmittel konsumiert werden. Diese tendenzielle
Dauerhaftigkeit des Arbeitsmittels bringt uns nun dem Geheimnis schon wesentlich
näher, denn hier wird die Parallele zu anderen Zeichensystemen, die bisher
vielleicht noch etwas im Dunkeln lag, schon klarer. So wie wir nicht durch
die Sprache sprechen, sondern in ihr, so produzieren wir nicht bloß
durch ein Arbeitsmittel sondern auch in ihm. Dieses ist einerseits in vielen Fällen
dauerhafter Natur, andererseits jedoch -
zumeist der Möglichkeit nach -
ständiger Veränderung ausgesetzt. Damit ist nicht nur die Abnutzung desselben
gemeint, sondern die immer wieder auftretende Notwendigkeit oder auch der
auftretende Wunsch des Subjektes, es zu verändern. Demnach kann die Parallele
zur Saussureschen Semiotik in der Weise weiter ausgeführt werden, daß jeder
einzelne Akt einer Produktion (und auch einer Konsumtion) eines Gebrauchswertes
eine parole ist, also ein Sprechen, die Gesamtheit aller dieser Akte in
einer bestimmten Gesellschaft unter bestimmten Bedingungen und in einer
bestimmten historischen Epoche aber kann als die langue, die Sprache
angesehen werden. Ungeklärt
bliebt dabei jedoch bei Echeverría, ob es auch innerhalb einer Gesellschaft zum
gleichen Zeitpunkt verschiedene Zeichensysteme geben kann. Echeverría spricht
an anderer Stelle von einem „subjektiv-objektiven Wesen, das mit einer
besonderen historisch-kulturellen Identität ausgestattet ist, (...) die
historisch-konkrete Existenz der Produktiv- und Konsumtionskräfte, das heißt
(...) die Substanz der Nation.“[xxii] Hiermit
könnten diejenigen Subsysteme einer Gesellschaft gemeint sein, in denen jeweils
mehr oder minder einheitliche Zeichensysteme vorherrschen. Da uns dieser Begriff
der „Substanz der Nation“, der an anderer Stelle auch in den der „natürlichen
Nation“ übergeht, aber suspekt ist, wollen wir ihn an dieser Stelle ohne
kritische Einführung nicht verwenden. Es zeichnet sich auch hier wieder ein
Problem ab, das ganz allgemein mit der Theorie Echeverrías besteht: Zum einen
ist sie geeignet, auf die inneren Differenzen einer Gesellschaft und letztlich
auch des heute geradezu weltweit organisierten Gesellschaftssystems hinzuweisen
und diese zum Gegenstand der Untersuchung zu machen, doch dies um den Preis, auf
äußerst fragwürdige Begrifflichkeiten wie solche der „Substanz der
Nation“ zurückzukommen, die tendenziell hinter den allgemeinen
Gesellschaftsbegriff zurückfallen. Begriff
des konkreten Universalismus Was
aber wird mit der Konfrontation der Produktion und des Konsums von
Gebrauchswerten mit der Semiotik klar, was anders nicht erklärt werden könnte?
Auf diese Frage gibt es unseres Ermessens zwei mögliche Antworten: Zum einen
ist Echeverrías Rückgriff auf Begrifflichkeiten der Semiotik als polemischer
zu verstehen. Indem die Produktion und Konsumtion von Gebrauchswert als
grundlegendstes semiotisches System gefaßt wird, soll theoretischen Strömungen
der Wind aus den Segeln genommen werden, welche die gesprochene Sprache
umstandslos zum wichtigsten menschlichen Zeichensystem erklären. Es soll also
die Semiotik aus ihrer Versklavung durch die Linguistik (als deren bloße
Zulieferin), in die sie nach Saussure zum Teil verfallen ist, befreit
werden, wie folgende Passage aus einem Interview mit Echeverría zeigt: „(...)
siehst Du es wie die ‘radikalen’ Diskurstheoretiker? Für sie ist das
einzige, was existiert, der Diskurs. Nein, ganz im Gegenteil, es ist genau
ein wenig gegen diese Tendenz, diejenige des radikalsten Strukturalismus,
gerichtet. Gerade um diese, sagen wir, derartig radikale strukturalistische
Tendenz zu bekämpfen, habe ich versucht, diese Verbindung herzustellen, also
die Semiotik aus dem Strukturalismus auszugliedern und so weit wie möglich in
den Begriffsapparat von Marx zu integrieren.“[xxiii] Zum
anderen gibt es folgende mögliche Antwort auf die formulierte Frage: Mit der
Verbindung von Marxscher Theorie und Saussurescher Semiotik soll einer
bestimmten Interpretation des Marxschen Werkes entgegengetreten werden. Nach
dieser Interpretation ist das entscheidende an den Produktionsverhältnissen die
Wertseite dieses Prozesses, von dieser aus läßt sich demnach alles andere erklären
und bewerten, das heißt auch seine Gebrauchswertseite. Das hat zur Folge, daß
diejenigen Gebrauchswerte, die im Rahmen einer Gesellschaft produziert werden,
in der es einen besonders hohen Grad an Industrialisierung gibt, automatisch
auch als „entwickeltere“ denn andere aufgefaßt werden. Da es aber zugleich
ein Wissen darum gibt, daß die Gebrauchswerte mit der jeweiligen kulturellen
Verfaßtheit eines Landes zusammenhängen, folgt letztlich daraus der Schluß,
daß bestimmte Kulturformen nur deshalb „entwickelter“ sind als andere, weil
sie sich in einer Gegend befinden, in der auch ein höherer
Industrialisierungsgrad als in anderen Gegenden herrscht. Auch wenn es immer
weniger Theorien gibt, die dies so offensiv vertreten, ist dies doch implizit
das allgemein herrschende Denken, im Alltag wie in der Wissenschaft. Ein
Beispiel aus dem mexikanischen Alltag wäre die Vorliebe der städtischen
Mittelklasse für Weißbrot, am besten abgepacktes Toastbrot („Pan Bimbo“).
Aus ernährungsmedizinischer Sicht hat dieses einen unvergleichlich niedrigeren
Gebrauchswert als die in der ärmeren Bevölkerung zum gleichen Zweck – als
Beilage zum Mittagsmahl -
üblichen Mais-Tortillas. Da aber das Weißbrot identifiziert wird mit einer
Kultur, die zu dominanten geworden ist, weil sie einherging mit einer stärkeren
Entwicklung der Produktivkräfte (und damit auch der Waffentechnik) und deren
Imperien damit in der Lage waren, mehr als einen Kontinent zu kontrollieren,
geht die Mittelklasse davon aus, daß nichts vortrefflicher ist als Weißbrot.
Daß die für die Vorliebe offen formulierten Gründe ganz andere sind ändert
nichts an deren Hintergrund.[xxiv] Aber
auch auf theoretischer und politischer Ebene ist genau der gleiche Mechanismus
zu beobachten. Nachdem das Wort von der „unterentwickelten Ländern“
kritisiert wurde, werden sie eben „Entwicklungsländer“genannt, oder ganz
schick -
„Schwellenländer“. Klar ist jedoch immer, wohin die Fahrt geht, und was das
Anzustrebende ist, welche Schwelle da schnellstmöglichst überschritten werden
soll: die in die „erste Welt“, was immer auch mit dort herrschenden
kulturellen Formen konnotiert ist. Alle diese Vorstellungen sind keine typisch
marxistischen, aber existieren auch in großem Maße innerhalb der marxistischen
Diskussion. Auf diese – leicht versteckte – Art herrscht also die
Vorstellung vor, früher oder später müßten alle Menschen so leben, wie es
heute in Europa und den USA üblich ist; das sei die wahre „Entwicklung“.
Eine Fixierung auf die Wertseite der Produktion und Konsumtion, kombiniert mit
einem naiven Progressismus bilden einen ideologischen Nährboden, in dem der
Eurozentrismus blüht und gedeiht. Auch
sich noch so darüber erhaben fühlende politische Gruppierungen stecken oft bis
zum Hals in diesen Vorstellungen, ohne es aber selbst zu bemerken.
Offensichtlich wird es aber, wenn ihre Vertreter und Vertreterinnen in Länder
der scheinbaren und wirklichen Peripherie kommen und dort sofort aufschreien,
wenn in dortigen linken Organisationen etwas anders läuft als im Mutterland und
sofort vermuten, daß der Diskussionsstand dort eben noch nicht so weit gediehen
ist wie im Hort der Wahrheit – Europa. Umgekehrt gilt das gleiche z.B. in
Lateinamerika, wo viele Linke sich nichts sehnlicher wünschen, als nach Europa
zu fahren, um die dortigen Projekte, Theorien und Diskussionen etc. hautnah
mitzubekommen. Zugleich versucht beispielsweise die mexikanische Linke, wie alle
anderen dortigen politischen Strömungen auch, die ihnen politisch ähnlichen
Tendenzen in Europa so perfekt wie möglich nachzuahmen, bestenfalls deren
Projekte und Ideologien auf Mexiko „anzuwenden“.[xxv] Die
Gelassenheit, mit der Saussure dagegen die verschiedenen existierenden Sprachen
nebeneinander stellt, ohne den Versuch der Hierarchisierung zu unternehmen, ist
wohl das, was Echeverría an ihm gefällt. Das gleiche schwebt Echeverría für
die Gebrauchswerte vor: eine Art der Analyse, die nicht sofort einige für höherwertiger
als andere hält, nur weil sie im Rahmen einer weiter zugespitzten Form der
Wertschöpfung entstanden sind. In diesem Zusammenhang geht es dann darum, auch
die existierenden, regional unterschiedlichen, Formen, den kapitalistischen
Alltag zu leben und sich gedanklich darin zu bewegen, nicht-hierachisierend zu
untersuchen. Die
Anwendung der Saussureschen Semiotik auf die Gebrauchswerttheorie sieht dann
folgendermaßen aus: Neben der langue (Sprache), also der Gesamtheit von
vielen Produktionen und Konsumtionen des Gebrauchswerts in einer bestimmten
historischen Konstellation, gibt es noch die langage, oder faculté de
langage, das Sprachvermögen. Dies ist der springenden Punkt: Das spezifisch
menschliche, wonach sich Echeverría mehrfach im Text La „forma natural”
de la reproducción social fragt, ist nicht die langue, also
eine bestimmte Sprache, sondern die langage, das Sprachvermögen überhaupt.
Nicht eine spezifische Form von hergestellten und verwendeten Gebrauchswerten
ist das, was den Menschen und seine Selbsterzeugung auszeichnet, sondern seine Fähigkeit,
dies überhaupt zu tun. Mit
der Unterscheidung von Sprache und Sprachvermögen, angewandt auf die Sphäre
der Reproduktion, kann nun nicht mehr so leicht von einer bestimmten
Konstellation von Gebrauchswert auf eine „höhere“ oder „niedrigere“
Entwicklungsstufe geschlossen werden, so wie auch, wenn wir z.B. das Französische
mit dem Deutschen vergleichen, vernünftigerweise nicht sagen können, das eine
sei „höher“ als das andere. Es werden also in Saussures Theorie Dinge
thematisiert, die in den marxistischen Diskussionen weitgehend ausgespart
bleiben. So redet der Schweizer Saussure mit einer kaum zu überbietenden
Selbstverständlichkeit von „die Verschiedenheiten unter den Sprachen und
schon das Vorhandensein verschiedener Sprachen“.[xxvi] Es
gibt für ihn nicht einmal den geringsten Platz für die Möglichkeit einer
Diskussion darüber, ob eine Sprache höherwertig sei als die andere oder ähnliches.
Diese Problem ist für ihn schlicht inexistent. Dies ist es vor allem, was uns
die Semiotik und Linguistik Saussures lehren kann: Das Verbindende zwischen den
Menschen ist nicht ihre gemeinsame Sprache, sondern das ihnen gemeinsame
Sprachvermögen, oder um es besser zu sagen, ihre Fähigkeit zur Verständigung
mittels Zeichen, wobei die Sprache nur eine von vielen Formen darstellt und die
grundlegende diejenige der Produktion und des Konsums von Gebrauchswerten ist. Echeverrías
Interesse an der durch Saussure begründeten Semiotik kann damit folgendermaßen
verstanden werden: Sie soll ihm als theoretisches Hilfsmittel dienen, um den
„falschen Universalismus“, der nichts anderes ist als die Selbsterhebung
einer der existierenden Partikularitäten zum „Allgemeinen“ (z.B. der europäischen
Kultur zur allgemein menschlichen) zu bekämpfen, ohne in Beliebigkeit zu
verfallen. Es ist nicht einfach so, daß es „gar nichts Universelles“ gibt,
wie heute gerne behauptet wird,[xxvii]
sondern es liegt durchaus ein universelles Moment vor, das die Menschen
verbindet; aber es ist eines, das in sich verschiedenste Ausformungen zuläßt,
also das Sprachvermögen im obigen weitesten Sinne mit der darin gegebenen (und
realisierten) Möglichkeit zur Ausformung unterschiedlichster Zeichensysteme -
mit anderen Worten: unterschiedlichster Arten, den Alltag zu organisieren, die
Reproduktion mittels verschiedenartigster Gebrauchswerte zu sichern und so
weiter. An
anderer Stelle, im jüngeren Text zu La identidad evanescente formuliert
Echeverría einen ähnlichen Gedanken bezüglich der nicht-eurozentrischen Ansätze
Wilhelm von Humboldts, dem Begründer der vergleichenden Sprachwissenschaft, in
der Weise, daß es neben dem falschen, eurozentrischen, abstrakten
Universalismus auch einen „konkreten Universalismus“ geben kann, in dem die
individuellen wie kollektiven Subjekte sich der Notwendigkeit des „Anderen“,
sowohl in sich selber als auch außerhalb, voll bewußt sind. Der „konkrete
Universalismus einer zugleich einheitlichen und bedingungslos pluralen
Menschheit“,[xxviii]
der prinzipiell in der Moderne möglich ist, wird aber -
durch die kapitalistische Art und Weise der bisherigen Ausformung der Moderne
und der darin notwendigerweise produzierten „künstlichen Knappheit“ -
verunmöglicht.[xxix]
Dieser konkrete Universalismus ist in der europäischen Theoriegeschichte zwar
schon angelegt, aber nur in der „selbstkritischen Dimension der europäischen
Kultur“. Echeverría
formuliert: „(...) die Sprachphilosophie Humboldts (...) suchte das
allgemein-Menschliche mehr in der Fähigkeit selbst zur Symbolisierung oder
‘Kodifizierung‘ (...) als in einem bestimmten Ergebnis von einer der
besonderen Symbolisierungen“.[xxx]
An dieser Stelle wird die große Distanz zwischen Bolívar Echeverría und den
Haupttendenzen der sogenannten postmodernen Theorien deutlich: Es geht ihm nicht
um ein schlichtes Verwerfen des Universalismusbegriffes, sondern um eine Kritik
des vorherrschenden falschen, abstrakten Universalismus, zugunsten eines
„konkreten Universalismus“, der von einer Gemeinsamkeit aller Menschen und
damit Möglichkeit ihres Zusammenlebens ausgeht, bei gleichzeitiger Anerkennung
der unterschiedlichen Kulturen und Lebensformen, ohne diese falsch (das heißt
abstrakt) universalistisch zu hierarchisieren - im Sinne von mehr oder weniger
entwickelten Formen einer menschlichen Allgemeinkultur, die selbstredend immer
diejenige der Sieger ist. Freilich
könnte hier die Frage gestellt werden, warum Echeverría zur Kritik des
falschen Universalismus (ohne in allgemeine Beliebigkeit zu verfallen) nicht
Marx selbst heranzieht. Kann den eurozentrischen Interpretationen von Marxens
Werk, sosehr sie auch innerhalb des Marxismus dominierend sind, nicht auch von
Marx selbst her begegnet werden, wenn wir bedenken, daß seine Kritik der
kapitalistischen Produktionsweise gerade auch eine Kritik der falschen
Universalisierung ist, die diese zur Grundlage hat? Einerseits werden alle
Menschen in der Gleichsetzung (zwecks freier Austauschbarkeit) ihrer Produkte
selber gleichgesetzt, um dann doch dies zur Grundlage der größten Ungleichheit
zu machen, derjenigen zwischen Eigentümern an Produktionsmitteln und
denjenigen, die nichts zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft.[xxxi] Das
Problem ist hier folgendes: So sehr Marx der Eurozentrismus auch in der „bürgerlichen
Dummheit“[xxxii]
aufstößt, so sehr sind doch er und Engels selber nicht immer davon frei, wie
z.B. in den erwähnten Vorstellungen, daß Ländern wie Mexiko nichts besseres
geschehen könne, als von den USA besetzt zu werden, um endlich einer gewissen
(und gemeint sein kann nur „allgemein menschlichen“) Entwicklung
teilhaftig werden zu können. Wie auch beim Problem des Antisemitismus liegt
hier ein innerer Widerspruch in Marxens Werk vor. Von seiner Grundanlage her ist
es gegenüber bürgerlich-abstrakten Gleichheitsvorstellungen äußerst
kritisch, analysiert nicht nur die Verlogenheit, die sich in der bürgerlichen
Gleichheitsideologie ausdrückt, sondern auch die Problematik der
Gleichheitsvorstellung überhaupt (was sich auch in seinen wenigen
Formulierungen zu Kommunismus ausdrückt, wo eine emanzipierte Gesellschaft
gerade als die gedacht wird, wo jeder nach seinen Bedürfnissen empfängt und
nach seinen Fähigkeiten gibt, womit die Idee der menschlichen Gleichheit hinfällig
wird). In seinen Einzeläußerungen tauchen aber doch immer wieder bürgerliche
Denkreste, unter anderem eurozentrischer Couleur, auf. Wie
beim Antisemitismus ist auch hier beachtenswert, mit welcher Zielsicherheit
gewisse Teile der Linken, insbesondere der dogmatischen, gerade die bürgerlichen
Denkreste, die dem Marxschen Grundansatz ankleben, wie dem geschlüpften Küken
die Eischalenreste, zusammengeklaubt haben, um ihr eigenes Denken damit
„marxistisch“ zu rechtfertigen. Marx war wohl doch für viele Marxisten eine
Nummer zu groß, sein Denken zu radikal dem herrschenden entgegengesetzt, als daß
man es nach der Lektüre eines vierzigseitigen Lehrbuchs schon hätte wirklich
erfassen können, oder: war zu radikal, um außerhalb einer revolutionären
Situation ohne weiteres einzuleuchten. Um aus dieser unguten Tradition
auszubrechen, so unsere zweite Erklärung, versucht es Bolívar Echeverría mit
der Hinzunahme anderer Theorien, zum Beispiel der Semiotik. Kritik
der realexistierenden Moderne und Kritik des realexistierenden postmodernen
Denkens Echeverrías
Distanz zur sogenannten Postmoderne besteht nicht nur darin, daß er den
„konkreten Universalismus“ im Unterschied zu dieser (begrifflich und
letztlich auch praktisch) anstrebt, sondern auch in etwas anderem. Trotz des
ersten Anscheins, den die Predigt vom Aufheben der Moderne und des damit
einhergehenden Universalismus geben mag, alles sei nunmehr möglich nichts mehr
verboten, „anything goes“, was einen großen Teil der Anziehungskraft dieser
Tendenz ausmacht, meint Echeverría genau das Gegenteil darin zu erkennen. Da
mit der Moderne auch ihre (selbst-) kritischen Aspekte, sosehr sie in dieser
auch oft unterdrückt oder verschüttet gewesen sein mögen, verabschiedet
werden, endet das „postmoderne Denken“ in nichts besserem als dem uralten
Eurozentrismus, was auch in gewisser Weise naheliegend ist, da diese bloß in
der Theorie das nachredet, was in der Realität sich tagtäglich mehr oder
minder gewaltsam durchsetzt: „Es könnte gesagt werden, daß auf den
‘Niedergang der großen Erzählungen‘, in der Lyotard eine der prinzipiellen
Charakteristiken dieser ‘postmodernen Verfaßtheit [condición]’ erblickte,
der real existierende postmoderne Geist immer mehr mit einem (Rück-)Fall in die
großen Vorurteile antwortet.“[xxxiii]
Kurz zuvor stellt Echeverría klar, an welches Vorurteil dabei insbesondere zu
denken sei, dieses ist zugleich „einer der am meisten charakteristischen Züge
der realexistierenden Moderne: ihr Eurozentrismus“.[xxxiv] Auch
über den Eurozentrismus hinaus sieht Echeverría in der sogenannten Postmoderne
alles andere sich anbahnen als die versprochene Aufhebung der „modernen“,
durch den „abstrakten Universalismus“ gezeitigten, Widrigkeiten. Vielmehr
sieht er in ihr eine zunehmende Tendenz zu etwas, was nicht nach einer
anzustrebenden Überwindung der Widersprüche der „realexistierenden
Moderne“ aussieht, sondern Echeverría gar zu einer vergleichenden Anspielung
auf die dunkelste Institution anstachelt, die der Moderne immer als das genaue
Gegenbild ihres eigenen lichterfüllten Projektes galt: die heilige Inquisition.
Entgegen allem Gerede von neuer Unübersichtlichkeit, stetig wachsender Pluralität
etc., diagnostiziert er eine zutiefst dogmatische Neigung in der Postmoderne,
die sich insbesondere auch gegen entscheidende Schriften zur Kritik der
„realexistierenden Moderne“ richtet: „Welcher
Widerspruch muß insbesondere in der modernen Epoche aufgelöst werden? Wovor muß
man ‘sich in Sicherheit bringen’, gegen was muß man ‘sich bewaffnen’ in
der Moderne? Es ist unmöglich, darauf eine Antwort zu versuchen, ohne eines der
ersten Werke zu Rate zu ziehen, das diese Moderne kritisiert (auch wenn es an
erster Stelle des postmodernen und neoliberalen Index librorum prohibitorum
steht): Das Kapital von Marx.“[xxxv] Zusammenfassend
könnte Echeverrías theoretisches Projekt also in Abgrenzung zu postmodernen
Ansätzen folgendermaßen formuliert werden: Es geht ihm um eine radikale Kritik
der „realexistierenden Moderne“, wie er sie offensichtlich in ironisierender
Anspielung auf die Selbstbezeichnung des gesellschaftlichen Systems in der
Sowjetunion und der von ihr abhängigen Staaten bezeichnet (deren
gesellschaftliches System er als „Staatskapitalismus“ faßt, der „nichts
weiter war als eine brutale Karikatur des liberalen Kapitalismus“)[xxxvi],
eine Kritik die aber keine unbestimmte, abstrakte Negation, sondern eine
konkrete Negation dieser realexistierenden Moderne ist. Dies ist nicht als
Abflachung der Kritik der herrschenden Moderne, sondern vielmehr als
Radikalisierung derselben zu verstehen. Eine Überwindung der Fehler der
herrschenden Moderne ist nur möglich nach genauer Analyse ihres Inhaltes. Diese
Analyse führt Echeverría aber, wie hier kurz angedeutet, zu einem doppelten
Ergebnis. Demnach sind die beiden grundsätzlichen Hauptfehler der herrschenden
Moderne nicht allgemein ihr Universalismus, sondern es ist zum einen der ihre
„europäischen“ Maßstäbe, Traditionen, Kulturen etc. abstrakt, das heißt
falsch, universalisierender Eurozentrismus, zum anderen ist die abstrakte
Universalisierung der gegenwärtigen Form gesellschaftlicher Reproduktion, also
der kapitalistischen, als heute einzig denkbare ebenfalls falsch und daher zu überwinden. Daß
Echeverría diese Kritiken formuliert als solche an der herrschenden Moderne,
ist aber mehr als ein bloßes Wiederholen bestimmter terminologischer
Modeerscheinungen. Vielmehr geht es ihm darum, die tiefe Verflochtenheit
bestimmter ökonomischer Strukturen mit kulturellen Prozessen unter die Lupe zu
nehmen, um damit die Schwierigkeit eines Ausbruches aus dieser Moderne zu
begreifen und zugleich Ansätze zu deren möglicher Überwindung zu
suchen. Er will nicht in den Fehler verfallen, den er bei Lukács zu sehen
meint: Aus dessen radikaler Analyse der Schwierigkeiten bei der Bewußtseinsbildung
aufgrund tief sitzender Erkenntnisprobleme in den herrschenden Verhältnissen,
resultiert demnach „theoretische Hoffnungslosigkeit“, die nur noch in
messianischen Rettungsvisionen überwunden werden kann. Bei Lukács, den er
wegen seiner radikalen Kritik am dogmatischen Marxismus schätzt, wird das
Problem der „modernen Welt“ nach Echeverría folgendermaßen gefaßt und
falsch zu lösen versucht: „Die
moderne Welt als Totalität, als gegenseitige Durchdringung der qualitativen
oder konkreten Dynamik mit der quantitativen oder abstrakten Logik ist letztlich
nicht zu durchschauen. Ihre Totalisierung könnte bloß punktuell und momenthaft
sein: diejenige des Augenblicks der Revolution, diejenige der erlösenden Tat,
in welcher der Proletarier, sich seine synthetisierende Tätigkeit wieder
aneignend, die auf verdinglichte, abstrakte Art im Kapital fortexistierte, seine
Fähigkeit zur konkreten Synthese aufs neue wiedergewinnt.“[xxxvii] Zum
Terminus der „realexistierenden Moderne“ Echeverrías
Ausdruck der „realexistierenden Moderne [modernidad realmente existente]“[xxxviii]
spielt eine zentrale Rolle in seiner Theorie. Es existiert neben der erwähnten
augenfälligen polemisch-ironisierenden Bedeutung, die eine Anspielung auf die
Sowjetunion und deren gescheiterten „Realismus“ beinhaltet – womit das übriggebliebene
gesellschaftliche System auf das mögliche eigene Scheitern hingewiesen werden
soll – noch eine weitere. Dieser
zweite Sinn reicht tiefer und wird im Fortgang der Diskussion des theoretischen
Ansatzes von Bolívar Echeverría an Bedeutung gewinnen. Auch er ist in der
Konfrontation mit dem gescheiterten Versuch in den genannten Ländern zu
begreifen. So wie der dortige „realexistierende Sozialismus“ von sich
behauptete, die einzige mögliche Version einer sozialistischen
Gesellschaft zu sein und davon sowohl die Mehrzahl der Anhänger als auch der
Gegnerinnen überzeugen konnte, so behauptet auch die realexistierende Moderne,
die einzig mögliche zu sein, und überzeugt ebenfalls ihre Freunde wie
Kritikerinnen. War und ist es also die Aufgabe des undogmatischen Marxismus und
der undogmatischen Linken, auf der Möglichkeit einer anderen
sozialistischen oder kommunistischen Gesellschaft als derjenigen, die sich so im
Brustton der Überzeugung[xxxix]
„realexistierend“ nannte, hinzuweisen, so sieht es Echeverría als seine
Aufgabe an, theoretisch die Möglichkeit und sogar – wenn auch unterdrückt,
überlagert oder verdrängt – Wirklichkeit anderer Modernen
aufzuzeigen. Die „realexistierende Moderne“ ist in seiner Perspektive nicht
die einzige, die wirklich besteht, sondern diejenige, die dominiert und welche
die Anwesenheit und Möglichkeit anderer Modernen nicht nur ungern sieht,
sondern schlicht leugnet und die sie in der Praxis zurückzudrängen versucht. Im
Falle des Realsozialismus ist es sogar so, daß er nicht nur nicht die einzige
Version des Sozialismus, sondern eigentlich gar keine war. Wie bereits oben erwähnt,
faßt Echeverría dieses vergangene gesellschaftliche System als
„Staatskapitalismus“. Wie immer man auch zu diesem Begriff stehen mag,
bleibt klar, daß er es nicht als Sozialismus faßt. An anderer Stelle drückt
er dies in einer Suggestivfrage folgendermaßen aus: „Oder bestand (...) der Realsozialismus
in einer systematischen Repression derselben [der revolutionären (marxistischen)
Version des Sozialismus] und bedeutet sein heutiges débâcle für diese
eine Befreiung?“[xl] Insofern
kann wohl Echeverrías Formulierung von der „realexistierenden Moderne“ auch
so interpretiert werden, daß der Ausdruck der „Realexistenz“ nicht nur die
Möglichkeit anderer Existenzformen verschleiern soll oder verschleiert, sondern
die „Realexistenz“ in Abgrenzung zur Wirklichkeit (im Hegelschen
Sinne) zu verstehen ist. Oder anders gesagt: Könnte der Begriff der
„Realexistenz“ nur die momentane Erscheinungsform einer Sache beschreiben
und nicht die in ihr enthaltenen Entwicklungsmöglichkeiten? Für
diese, weit über das explizit in den Texten unseres Autors hinausgehende,
Interpretation des Begriffs der real existierenden Moderne spricht der Umstand,
daß er – wie oben dargestellt – als ein wichtiges Merkmal der heutigen,
dominierenden Moderne deren falschen, abstrakten Universalismus erblickt und
dagegen die Möglichkeit eines konkreten Universalismus setzt. Diese
Begrifflichkeiten erinnern ebenso an Hegels Philosophie, in der gleichfalls die
gegenwärtige Erscheinung einer Sache als abstrakt bleibend und dagegen ihre
Wirklichkeit – im genannten Sinne – als konkret begriffen wird. Weiter
spricht für diese „hegelianisierende Interpretation“ von Echeverrías
Begrifflichkeit folgender expliziter Bezug des ekuadorianisch-mexikanischen auf
den schwäbisch-preußischen Philosophen: „(...) um wirklich eine zu sein, muß
die Revolution, eine, wie Hegel es ausdrückte, ‘bestimmte Negation’ des
Existierenden sein“.[xli] Hier
wird ganz offensichtlich, daß Echeverría den Anspruch hat, an die dialektische
Methode Hegels anzuknüpfen, was unsere gegebene Deutung des Begriffs der
Realexistenz bei Bolívar Echeverría als gegenständliche Erscheinung stützt.
Die bestimmte Negation des abstrakten Universalismus ist dann in seiner
Terminologie das Anstreben eines konkreten Universalismus, und die unbestimmte
Negation ist das naive postmoderne Verwerfen allen Universalismus’, mit der
leichtgläubigen Vorstellung, damit das schwierige Problem der Versöhnung von
Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem auf immer gelöst zu haben.[xlii] Dies
hat weitreichende Konsequenzen für die Moderne-Diskussion. Wird die
„realexistierende Moderne“ als bloße momentane Erscheinungsform der
wirklichen Moderne gefaßt, dann heißt dies, daß diese in sich Entwicklungsmöglichkeiten
trägt, die bis heute nicht genutzt wurden. Dabei ist aber nicht zu vergessen,
daß wir hier versuchen, den dialektischen Gehalt in Echeverrías Denken
herauszuarbeiten. Wenn ein Ausschöpfen der Entwicklungsmöglichkeiten der
wirklichen Moderne theoretisch wie praktisch angestrebt wird, so bedeutet dies
nicht, daß die heutige Moderne (oder wie Echeverría auch sagt, Modernen) ein
„unvollendetes Projekt“ ist (sind) und diese nur noch etwas weiter, Schritt
für Schritt, zu ihrer Vollendung getrieben werden muß (müssen). Es kann
durchaus sein, daß der Übergang von der abstrakten Erscheinungsform einer
Sache zu ihrer Verwirklichung im Hegelschen Sinne durch große Brüche
hindurchgehen muß. Diese Brüche mögen sogar so groß sein, daß man sie, ohne
zu übertreiben, als Revolution bezeichnen kann. Aber,
und das ist entscheidend für den Ansatz Bolívar Echeverrías, so tief diese Brüche
auch sein mögen, so können sie doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß es
einen Zusammenhang gibt zwischen dem was vor und dem was nach ihnen liegt. Die
abstrakte, „realexistierende“ Moderne ist einerseits weit entfernt, durch
einen tiefen, schier unüberwindbaren Abgrund geschieden von der konkreten,
wirklichen Moderne (wo also die alten modernen Postulate verwirklicht sind) und
zugleich ist sie der einzige handgreifliche Hinweis, die einzige materielle
Basis, die es gibt für diese „wirkliche Moderne“. So ist das Ende des
gerade zitierten Satzes Echeverrías über Hegel (im Zusammenhang mit dem oben
zitierten ersten Teil) zu verstehen: „(...) um wirklich eine zu sein, muß die
Revolution, eine, wie Hegel es ausdrückte, ‘bestimmte Negation’ des
Existierenden sein, dem was sie negiert verpflichtet, von ihm abhängig im
Hinblick auf ihren konkreten Veränderungsentwurf.“[xliii] Aus
dem dialektischen Verhältnis der momentanen Erscheinungsformen der Moderne zu
ihrer anzustrebenden, prinzipiell möglichen Wirklichkeit (im obigen Sinne), das
nach dem Skizzierten – verkürzt gesagt – in der Einheit von Kontinuität
und Bruch besteht, kann auch das widersprüchliche Verhältnis von Reform und
Revolution verstanden werden, womit wir endgültig von der ausholenden
Interpretation[xliv]
wieder auf den Boden des Originaltextes zurückkehren. An verschiedenen Stellen
seines Gesamtwerkes macht Echeverría Bemerkungen zum Verhältnis von Reform und
Revolution, die alle in die soeben skizzierte Richtung weisen und das Verständnis
von Echeverrías Konzeption der realexistierenden und der anzustrebenden
(wirklichen) Moderne und ihrem Verhältnis zueinander von dieser Blickrichtung
her beleuchten können. So z.B. im zuletzt mehrfach zitierten Text A la
izquierda [An die Linke]: „Es
ist richtig, daß es keine Kontinuität zwischen dem revolutionären Ausweg und
der reformistischen Lösung gibt. Wie es Rosa Luxemburg beliebte wiederholt zu
sagen, ist die Revolution keine beschleunigte Zuspitzung von Reformen wie auch
die Reform keine dosierte Revolution ist. (...) Aber trotz allem, auch wenn sie
völlig unterschiedlich – sogar feindlich entgegengesetzt – sind, brauchen
sich doch die revolutionäre und die reformistische Perspektive gegenseitig
innerhalb des politischen Horizonts der Linken.“[xlv] Im
Text Postmoderne und Zynismus äußert sich Echeverría folgendermaßen
zur gleichen Thematik: „Wenn
eine politische Theorie, die vom Begriff der ‘Verdinglichung’ ausgeht,
akzeptiert, daß es die Möglichkeit einer Politik innerhalb der Entfremdung
gibt, daß die Gesellschaft – auch wenn ihrer möglichen Souveränität
beraubt – weder politisch demobilisiert oder gelähmt noch dazu verurteilt
ist, den messianischen Moment zu erwarten, in dem ihr ihre Freiheit zurückgegeben
wird, so besteht das Problem darin, die Kontaktpunkte zu bestimmen, an denen
sich die reformistische Suche nach einem demokratischen Spiel, das sich für die
Verwandlung der Interessen der Bevölkerung in den Willen der Staatsbürger
eignet, berührt mit der revolutionären Suche nach einer substantiellen
Erweiterung der Skala, innerhalb derer die Gesellschaft fähig ist,
Entscheidungen über ihre eigene Geschichte zu treffen.“[xlvi] Dem
geneigten Leser, der geneigten Leserin mögen diese Ausführungen etwas
reformistisch erscheinen, jedoch sind sie im gegenwärtigen mexikanischen
Kontext eher das Gegenteil und sind durch den Aufstand der Zapatisten, der zu
einem nicht unwichtigen Teil deshalb die völlige militärische Gewalt der
mexikanischen Bundesarmee im Moment nicht zu spüren bekommt, weil
reformistische Kräfte mit den ihnen eigenen Methoden dagegen protestieren und
vorgehen, – zumindest aus jetziger Sicht – bestätigt worden.[xlvii]
Allerdings muß hier angefügt werden, daß der Umstand, daß Echeverrías
politische Positionen, die sich mit dem theoretischen Werk durchaus in einem
kongruenten Verhältnis befinden, im gegenwärtigen Kontext des Landes, in dem
sie entwickelt werden, zu den kritischsten gehören, die es gibt, noch nicht
unbedingt bedeuten muß, daß seine Theorie auch über jeder weitergehenden
Kritik steht. Eine solche Sichtweise seines theoretischen Werkes dürfte auch
dem Autor selbst nicht gefallen,[xlviii]
da er doch immer wieder auf die Notwendigkeit kritischen Denkens hinweist. Die
realexistierenden Modernen als Grundlage der wirklichen, der
nicht-kapitalistischen Versuchen
wir nunmehr den Kreis zu schließen. Wie gezeigt wurde, sind die
realexistierenden Modernen notwendigerweise die Grundlage für eine andere,
nicht-kapitalistische Moderne. Um also die erwähnte notwendige bestimmte
Negation der kapitalistischen Moderne oder Modernen auf theoretischem Gebiet
voranzutreiben, bedarf es einer genauer Analyse dieser bestehenden Modernen mit
dem Versuch, dabei ein Auge auf das zu werfen, was auf keinen Fall in eine
nicht-kapitalistische Moderne mit hinüber gerettet werden soll und das, was
erste Anknüpfungspunkte für diese andere, wirkliche, konkrete Moderne sein könnten.
Dieser letzte Punkt ist nicht als philosophische Spekulation zu verstehen,
sondern als materialistische Suche nach Elementen, die in der kapitalistischen
Moderne existieren, obwohl sie nicht ganz in deren destruktive Haupttendenz
passen. Der konkreten Suche nach diesen Elementen geht bei Echeverría die
Entwicklung einer Methode zu ihrer Suche voran. Diese
Methode findet sich in dem beschriebenen Versuch, die Marxsche Analyse der
kapitalistischen Reproduktion durch Erkenntnisse der Semiotik zu bereichern. Über
diese Methode kommt Echeverría sodann zu der Analyse der verschiedenen gegenwärtigen
kapitalistischen Modernen, die trotz des „Alleinvertretungsanspruchs“ für
„das Moderne“ seitens einer ihrer Varianten mit ihr koexistieren. Zu diesem
Zwecke führt er den Begriff des modernen Ethos oder genauer gesagt der modernen
Ethen ein. (Auf welche ich aus Platzgründen hier nicht näher eingehen
kann.) An
dieser Stelle ist nochmals auf die Verbindung von Echeverría und Hegel
einzugehen, wobei auch Walter Benjamin ins Spiel kommt, um endgültig
klarzumachen, daß diese Verbindung vor allem im kritischen Impuls präsent ist,
der sich bei Echeverría unter anderem gegen das positivistische Element stellt,
welches im Eurozentrismus jeder politischer Couleur enthalten ist.[xlix] Das nach Echeverría
dominierende Ethos ist das „realistische“. Diese Bezeichnung hat etwas äußerst
ironisch-polemisches und erinnert somit nicht ohne Grund an den diskutierten
Terminus der „realexistierenden Moderne“. Echeverría geht es bei seiner
Kritik dieses dominierenden Ethos zugleich um die oben angedeutete einer
angsterstarrten Fixierung auf das „Faktische“, das naiv gleichgesetzt wird
mit dem „einzig Wirklichen“, im Sinne von „einzig wirklich Möglichen“.
Es geht ihm darum, „den Respekt vor dem Faktischen zu verlieren“, wobei
immer bedacht werden muß, das Echeverría mit dem „Faktischen“ die
kapitalistische Moderne meint, mit dem Eurozentrismus
als einem Hauptgesichtszug. Dieser Eurozentrismus ist nicht nur zu
verwerfen, weil er in Vergangenheit und Gegenwart untrennbar mit unsäglichem
Leid in den sogenannten unterentwickelten Ländern einher ging und geht, sondern
auch, weil er den Zugriff auf mögliche Hinweise auf andere Formen die
Moderne zu gestalten verstellt. Um diese anderen Möglichkeiten, die in
versteckten „Narben“ der Geschichte bei ganz genauem Hinsehen oder Betasten
wahrgenommen werden können, trotz der vorherrschenden eilfertigen
ethnozentristischen Ignoranz nicht völlig zu übergehen, ist es notwendig,
„den Rücken der historische Kontinuität (...) gegen den Strich“ zu
betasten oder zu betrachten, wie es Echeverría offensichtlich in Anspielung auf
die oben erwähnte Formulierung Walter Benjamins ausdrückt. „Der
Rücken der historischen Kontinuität bietet dem Tastsinn und dem Blick eine
tadellose Linie; aber er verbirgt Narben, Reste von verstümmelten Gliedmaßen
und sogar noch blutende Wunden, die sich nur zeigen, wenn die Hand oder der
Blick, die über ihn fahren, dies gegen den Strich tun. Es ist daher angeraten,
den Respekt vor dem Faktischen zu verlieren; an derjenigen Rationalität zu
zweifeln, die sich vor der ‘realexistierenden Welt’, nicht nur als der
besten (angesichts ihrer Realität), sondern auch als der einzigen möglichen
Welt, verbeugt, und in eine andere, eine weniger ‘realistische’ und offiziöse,
die nicht mit der Freiheit in Zwietracht steht, zu vertrauen. Es ist angebracht
aufzuzeigen, daß dasjenige, was ist, nicht mehr ‘Existenzrecht’ hat als
dasjenige, was noch nicht war, aber sein könnte; daß im Untergrund des
etablierten Projekts der Moderne die Möglichkeiten für ein alternatives (...)
Projekt noch nicht versiegt sind.“ [l] Die
Methode aber, um diese „im Untergrund des etablierten Projekts der Moderne“
verborgenen „Möglichkeiten für ein alternatives (...) Projekt“, eine
andere, nicht-kapitalistische Moderne zu entdecken, ist genau diejenige der
zuvor beschriebenen vergleichenden Untersuchung von Gebrauchswert und Zeichen.
Zu diesem Thema ist nochmals festzuhalten, daß durch die Einführung der
semiotischen Methode in Gebiete, die gewöhnlich der Ökonomie oder den
Gesellschaftswissenschaften vorbehalten sind, Echeverría es mitnichten darum
geht, die Bedeutung der Sprache zu überhöhen, sondern vielmehr, das gesamte
gesellschaftliche Leben als ein durch eine komplexe Verbindung verschiedener
Zeichensysteme mit ermöglichtes zu begreifen, wobei das grundlegende, oder wie
Marx sagen würde, die Basis, das Zeichensystem ist, das in der Produktion und
Konsumtion von Gebrauchswerten, der Naturalform der gesellschaftlichen
Reproduktion, seinen Ort hat. Diese Zeichensysteme sind untereinander höchst
unterschiedlich, doch zugleich sind zwischen ihnen keine unüberwindbaren
Grenzen gesetzt, und es gibt auch keinerlei Grund, auf eine vorgebliche
„Reinheit“ derselben bedacht zu sein. Im Gegenteil, es ist vielmehr die
gemeinsame Fähigkeit aller Menschen zur Zeichengebung (bzw. zur Entwicklung von
Zeichensystemen oder Sprachen, langues), das Sprachvermögen im weiten
Sinne Saussures, die langage, die prinzipiell eine Verständigung unter
allen möglich macht und eine Verbindung, Kombination, Vermischung und
gegenseitige Bereicherung u.s.w. der verschiedenen Zeichensysteme – und das
heißt für Echeverría letztlich: materielle Kulturen – untereinander ermöglicht. Echeverría
nennt einen bestimmten Teilaspekt dieser Zeichensysteme, welcher die
Alltagsorganisation und Reproduktion überhaupt erst ermöglicht, „Ethos“.
In seiner Theorie wird diese Suche nach den „verborgenen Möglichkeiten“
darauf stoßen, daß eines der vier von Echeverría ausgemachten „Ethen“ der
kapitalistischen Moderne, und zwar das in Lateinamerika vorhandene „barocke
Ethos“, sich unter anderem dadurch positiv von den anderen abhebt, daß die
gegenseitige Bereicherung von solchen gesellschaftlichen Zeichensystemen (bei
denen wie gesagt ein Hauptaspekt die Gebrauchswertproduktion und -konsumtion
ist) mit ihm in besonders hohem Maße historisch verbunden ist. Bei der
Diskussion dieses „barocken Ethos“ sollte dann endgültig klar werden, warum
Echeverría sich um die Verbindung von Marx und Semiotik bemüht. Diese
Verbindung, dies sollte hier zum Schluß deutlich geworden sein, ist notwendig,
um die Begrenztheiten, die Echeverría im Marxschen Begriff des Gebrauchswertes
ausgemacht hat, zu überwinden, oder zumindest um dies zu versuchen – nicht,
um noch einen Begriff mehr in die akademische Diskussion zu werfen, sondern um
Marx ein für alle Mal einem der dunkelsten Aspekte der bisherigen Moderne zu
entreißen und ihm zugleich entgegen zu schleudern: ihrem Eurozentrismus. Kontakt: Prof. Dr. Stefan Gandler, Ordentl. Univ. Professor an der Autonomen Universität Querétaro (Mexiko), Universidad Autónoma de Querétaro, Facultad de Ciencias Políticas y Sociales, Cerro de las campanas s/n, 76010 Querétaro, Qro., Mexiko, Tel:+52-442-2154320, Fax:+52-442-2167526, E-Mail: gast/ at /prodigy.net.mx. [i]Echeverría stützt sich auf folgende Texte: Roman Jakobson, Closing statement. Linguistics and Poetics, in: Style and language. New York: Wiley, 1960. S. 353ff.; ders., Two Aspects of Languages and Two Types of Aphasic Disturbances, in: ders., Selected Writings, II: World and Language, ‘s‑Gravenhage, 1971, S. 243 und: Louis Hjelmslev, La stratification du langage, in: ders., Essais linguistiques, Paris 1971, S.55. (Vgl. Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social. In: Cuadernos Políticos, México, D.F.,0 Juli – Dez. 1984, Nr. 41, S. 33-46, hier: S. 40-42.) [ii] Interview des Verfassers mit Bolívar Echeverría, 11. September 1996, Mexiko-Stadt. [iii] Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social, a.a.O. S. 45. Echeverría bezieht sich hier auf Nikolaj S. Trubetzkoy, Principes de Phonologie, Paris: Klincksieck, 1970. S. 38. [iv] „La linguistique n’est qu’une partie de cette science générale, les lois que découvrira la sémiologie seront applicables à la linguistique, et celle-ci se trouvera ainsi rattachée à un domaine bien défini dans l’ensemble des faits humains.“ (Saussure, Ferdinand de, Cours de linguistique générale. Paris: Payot, 1979, S. 33.) [v] Vgl.: „Pour nous (...), le problème linguistique est avant tout sémiologique, et tous nos développements empruntent leur signification à ce fait important. Si l’on veut découvrir la véritable nature de la langue, il faut la prendre d’abord dans que ce qu’elle a de commun avec tous les autres systèmes du même ordre.“ (Ebd. 34f.) [vi] „On peut donc concevoir une science qui étudie la vie des signes au sein de la vie sociale; elle formerait une partie de la psychologie sociale, et par conséquent de la psychologie générale; nous la nommerons sémiologie (du grec sēmeîon, ‘signe’).“ (Ebd. S. 33.) [vii] Ferdinand de Saussure, Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. Berlin : Walter de Gruyter, 1967, § 2. Orig.: „On peut donc dire que les signes entièrement arbitraires réalisent mieux que les autres l’idéal du procédé sémiologique; c’est pourquoi la langue, le plus complexe et le plus répandu des systèmes d’expression, est aussi le plus caractéristique de tous; en ce sens la linguistique peut devenir le patron général de toute sémiologie, bien que la langue ne soit qu’un système particulier.“ (Saussure, Cours de linguistique générale, a.a.O. S. 101.) [viii] Karl Marx, Einleitung zur Kritik der Politischen Ökonomie. In: Karl Marx, Friedrich Engels. Werke. Band 13. Berlin (DDR): Dietz, 1985. S. 615-642, hier: S. 636. [ix] Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social, a.a.O. S. 42. Echeverría weist an dieser Stelle auf folgende Schrift hin: A. Leroi-Gourhan, Le geste et la parole, I: Technique et langage, Paris: A. Michel, 1964. S. 163. [x] Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. Nach der vierten, von Friedrich Engels durchgesehenen und herausgegebenen Auflage (Hamburg 1890): Karl Marx, Friedrich Engels. Werke, Band 23, Berlin (DDR): Dietz, 1975, Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. Nach der vierten, von Friedrich Engels durchgesehenen und herausgegebenen Auflage (Hamburg 1890): Karl Marx, Friedrich Engels. Werke, Band 23, Berlin (DDR): Dietz, 1975, S. 100f. [xi]
Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social,
a.a.O. S. 34, Note 4. Der zitierte Satz geht weiter: „(eine Gleichsetzung, S.G.) welche K. Korsch 1950 (...) dazu brachte, das Thema der Ungeeignetheit des marxistischen Diskurses für die Erfordernisse der neuen historischen Gestalt der Revolution in Bezug auf die zweite Hälfte des Jahrhunderts neu aufzuwerfen, ein Thema, das in den siebziger Jahren vulgarisiert wurde.“ (Ebd. Echeverría bezieht sich hier auf folgenden Text von Karl Korsch: 10 Thesen über Marxismus heute, in: Alternative, Nr.41, Berlin (West) 1965.) [xii] Hierin unterscheidet sich Echeverría – trotz aller Parallelen – von den Autoren des westlichen Marxismus und der diesen aufgreifenden Frankfurter Schule. So wird zum Beispiel in der Kritik und Analyse der Dialektik der Aufklärung zwar erwähnt, daß darin in der Hauptsache die „europäische Zivilisation“ Gegenstand der Untersuchung ist, doch wird deren ethnozentristischer Charakter nicht thematisiert. (Vgl. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, in: Max Horkheimer: Gesammelte Schriften hrsg. von Alfred Schmidt und Gunzelin Schmid Noerr, Bd. 5: Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940-1950, hrsg. von Gunzelin Schmid Noerr, Frankfurt am Main: Fischer, 1987, S. 35.) [xiii] Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social, a.a.O. S. 35, Note 4. [xiv] Karl Marx, Das Kapital, Bd.I, a.a.O. S. 49f. [xv] Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social, a.a.O. S. 97. [xvi] Echeverría bezieht sich hier auf folgenden Text Walter Benjamins: Über Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen, in: ders., Angelus Novus. Ausgewählte Schriften 2, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1966. S. 9-26, hier: S. 10 f. (Vgl.: Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social, a.a.O. S. 44, Note 31.) [xvii] Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social, a.a.O. S. 44. Vgl. auch: Bolívar Echeverría, La identidad evanescente, in: ders., Las ilusiones de la modernidad, México, D.F.: UNAM und Ed. El Equilibrista, 1995, S. 55-74, insb. S. 60.) [xviii] Für den Produktionsprozeß formuliert Marx diesen Unterschied zwischen Tier und Menschen in der folgenden berühmten Passage: „ Was aber von vornherein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut.“ (Karl Marx, Das Kapital, Bd.I, a.a.O. S. 193.) [xix] Saussure, Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, a.a.O., § 2.3. Orig : „Dès lors la langue n’est pas libre, parce que le temps permettra aux forces sociales s’exerçant sur elle de développer leurs effets, et on arrive au principe de continuité, qui annule la liberté. Mais la continuité implique nécessairement l’altération, le déplacement plus ou moins considérable des rapports.“ (Saussure, Cours de linguistique générale, a.a.O. S. 113.) [xx] Vgl.: „Von den Mitteln, die in die produktive Konsumtion eingehen, gibt es einige, die dieser ausschließlich einen Formgebungshinweis angedeihen lassen: die Rohmaterialien oder Arbeitsgegenstände; es gibt dagegen andere, die der Arbeit selbst eine Vielzahl von Formgebungsmöglichkeiten darbieten, unter denen diese aussuchen kann um die Rohmaterialien zu verändern: die Werkzeuge. (Bolívar Echeverría, La „forma natural“ de la reproducción social, a.a.O. S. 40f., Hervorhebung S.G.) [xxi] Ebd. S. 41. Echeverría bezieht sich hier auf folgende Passage im Kapital: „Die lebendige Arbeit muß diese ergreifen, sie von den Toten erwecken, sie aus nur möglichen in wirkliche und wirkende Gebrauchswerte verwandeln.“ (Karl Marx, Das Kapital, Bd.I, a.a.O. S. 198.) [xxii] Bolívar Echeverría, El problema de la nación desde la „Crítica de la economía política“, in: ders., El discurso crítico de Marx, . México, D.F.: Era, 1986, S. 179-195, hier: S. 192f. [xxiii] Interview des Verfassers mit Bolívar Echeverría, 11. September 1996, Mexiko-Stadt. [xxiv] „Das Weißbrot schmeckt eben besser“, heißt es, was auch irgendwie stimmt, vieles schmeckt besser in der Nähe der Herrschenden. [xxv] Der Umstand, daß verschiedenste politische Tendenzen den „Nationalismus“ auf ihre Fahnen geschrieben haben, ändert nichts an ihrer Nachahmung der Politikmuster aus der sogenannten Ersten Welt. Der Nationalismus selbst ist eine typisch europäische Erfindung. [xxvi] Saussure, Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, a.a.O., § 2. Orig. : „les différences entre les langues et l’existence même de langues différentes“. (Ferdinand de Saussure, Cours de linguistique générale, a.a.O. S. 100.) [xxvii] Dieses so „plural“ scheinende Argument ist beizeiten die Grundlage für das, was die neuere Rassimusforschung den differenziellen Rassismus nennt. (Vgl.: Jost Müller, Rassismus und die Fallstricke des gewöhnlichen Antirassismuss. In: diskus. Frankfurter StudentInnenzeitung, Frankfurt am Main, Mai 1990, Jg. 39, Nr. 2, S. 38-45.) [xxviii] Bolívar Echeverría, La identidad evanescente, a.a.O. S. 59. [xxix] Ebd. Echeverría bezieht sich hier explizit auf Marx und schreibt z.B.: „aus einem Werkzeug des Überflusses, wird die technische Revolution in den Händen des Kapitalismus zu einer Erzeugerin von Knappheit.“ (Ebd.) Dies ist notwendig zum Erhalt der kapitalistischen Produktionsweise, da diese nur auf der Ausbeutung fremder Arbeit basierend funktioniert und diese wiederum einer (allgemeinen) Knappheit bedarf, die nach Marx, dem ihn darin folgenden Echeverría und anderen seriösen Ökonomen unter modernen technischen Bedingungen nur noch künstlich zu gewährleisten ist. (Vgl. ebd.) Vgl. dazu Karl Marx, Das Kapital, Bd.I, a.a.O. z.B.: 13. Kapitel: Maschinerie und große Industrie. [xxx] Bolívar Echeverría, La identidad evanescente, a.a.O. S. 57. [xxxi] Vgl.: „Das Recht kann seiner Natur nach nur in Anwendung von gleichem Maßstab bestehn; aber die ungleichen Individuen (und sie wären nicht verschiedne Individuen, wenn sie nicht ungleiche wären) sind nur an gleichem Maßstab meßbar, soweit man sie unter einen gleichen Gesichtspunkt bringt, sie nur von einer bestimmten Seite faßt, z.B. im gegebnen Fall sie nur als Arbeiter betrachtet und weiter nichts in ihnen sieht, von allem andern absieht. (...) Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“ (Karl Marx, Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei. In: Karl Marx, Friedrich Engels. Werke, Band 19, Berlin (DDR): Dietz, 1969. S. 15-32.) [xxxii] Vgl.: „Bentham macht kein Federlesens. Mit der naivsten Trockenheit unterstellt er den modernen Spießbürger, speziell den englischen Spießbürger, als den Normalmenschen. Was diesem Kauz von Normalmensch und seiner Welt nützlich, ist an und für sich nützlich. An diesem Maßstab beurteilt er dann die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“ (Karl Marx, Das Kapital, Bd.I, a.a.O. S. 636 und S. 637, Note 63.) [xxxiii] Bolívar Echeverría, La identidad evanescente, a.a.O. S. 63. [xxxiv] Ebd. S.62. Siehe: „Die Postmoderne ist über die Unmöglichkeit gestolpert, einen der charakteristischsten Züge der realexistierenden Moderne in Frage zu stellen: ihr Eurozentrismus – und die dadurch verursachte Kraftanstrengung erschöpft die Postmoderne und macht sie liederlich.“ (Ebd.) [xxxv] Bolívar Echeverría, El Ethos Barroco, in: ders. (Hrsg.), Modernidad, mestizaje cultural, ethos barroco. México, D.F. UNAM und El Equilibrista, 1994, S. 13-36, hier: S. 18. Hervorhebungen nach Originaltext. [xxxvi]
Ebd. S.16. Die Frage, ob der Begriff des „Staatskapitalismus“ nicht eine
„contradictio in adjecto“ ist, wie es beispielsweise Franz Neumann im
Rahmen von Diskussionen um den Nationalsozialismus darlegt, ist bei anderer
Gelegenheit zu thematisieren. „Der
Begriff des Staatskapitalismus selbst ist eine contradictio in adjecto“
sagt Neumann und fährt Rudolf Hilferding zitierend fort: „’Der Begriff
des Staatskapitalismus ist unter ökonomischen Gesichtspunkt zur Analyse
ungeeignet. Wenn der Staat einmal zum einzigen Eigentümer der
Produktionsmittel wurde, kann eine kapitalistische Ökonomie nicht mehr
funktionieren, da gerade der Mechanismus beseitigt wurde, der den ökonomischen
Zirkulationsprozeß aufrecht erhält.’ Ein solcher Staat ist deshalb nicht
mehr kapitalistisch. Er mag als Sklavenstaat, als Diktatur der Manager, oder
als das System des bürokratischen Kollektivismus bezeichnet werden – das
heißt, er muß mit politischen, nicht aber mit ökonomischen Kategorien
beschrieben werden.“ (Franz Neumann, Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944, Übers. Hedda Wagner und Gert Schäfer, Frankfurt am Main: Fischer, 1988. (Deutsche Erstauflage Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt, 1977. Titel des us-amerikanischen Originals: Behemoth. New York 1942, erweiterte Fassung 1944.) S. 274f. Neumann zitiert hier Hilferding nach: Dwight Macdonald, The End of Capitalism in Germany, in: Partisan review, Mai – Juni 1941, S. 198-220, hier: S. 213.) [xxxvii]
Bolívar Echeverría, Lukács y la revolución como salvación, In: ders.,
Las ilusiones de la modernidad, a.a.O. S. 97-110, hier: S. 109. Eine
frühere Version dieses Textes hielt Echeverría auf einem internationalen
Lukács-Symposium in Mexiko Stadt, der in einer Sammlung der Vorträge der
Veranstaltung veröffentlicht wurde: El concepto de fetichismo en Marx y Lukács.
In: Gabriela Borja Sarmiento (Hrsg.):
Memoria del Simposio internacional György Lukács y su época. México, D.F.:
Universidad Autónoma Metropolitana – Xochimilco, Departamento de Política
y Cultura, 1988, S. 209-222. Auf Lukács’ Interpretation des Marxschen Fetischbegriffs und Echeverrías Kritik an Lukács gehen wir im Kapitel Ethos und Ideologie näher ein. [xxxviii] Bolívar Echeverría, La identidad evanescente, a.a.O. S. 62, und: ders., Modernidad y capitalismo, in: ders., Las ilusiones de la modernidad, a.a.O. S. 143. Daneben spricht Echeverría des öfteren im Zusammenhang mit der kapitalistischen Moderne von „der ‘realexistierenden’ Welt [el mundo ‘realmente existente’]“ (ebd. S.144 und S.164). An anderer Stelle spricht Echeverría vom „espíritu postmoderno realmente existente“, dem „real existierenden postmodernen Geist“ (ders., La identidad evanescente, a.a.O. S. 63). [xxxix] Wobei natürlich der Selbstzweifel in der Verdopplung, die der Ausdruck in sich birgt schon enthalten ist. Welche Realität ist nicht existent und welche Existenz nicht real? Auf mögliche philosophische Differenzierungen dieses Begriffs bezieht sich dieser propagandistische Terminus technicus sicherlich nicht. [xl] Bolívar Echeverría, A la izquierda, in: ders., Las ilusiones de la modernidad, a.a.O. S. 25-37, hier: S. 35. [xli] Bolívar Echeverría, A la izquierda, a.a.O. S. 37. Auch im diskutierten Text La “forma natural” de la reproducción social macht Bolívar Echeverría eine affirmative Bezugnahme auf: Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, Zweiter Teil, Die Naturphilosophie. Auf Grundlage der Werke von 1832-1845 neu editierte Ausgabe. Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Band 9 der Werke in 20 Bänden. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1986, §§ 255-259, S. 44-55. (Bolívar Echeverría, La “forma natural” de la reproducción social, a.a.O. S. 35, Note 6.) Eines der wenigen Marx-Zitate, das Echeverría in diesen Text integriert, verweist durch die synonyme Verwendung der Ausdrücke „wirklich“ und „wirkend“ auf Hegels Wirklichkeitsbegriff. [xlii]
Viele „postmoderne“ Denker übersehen dabei, daß der Universalismus
nicht aus den Köpfen der Philosophen sondern der Wirklichkeit selbst
stammt. In den herrschenden Verhältnissen ist die Gleichsetzung aller
menschlichen Arbeitskräfte konstitutive, unhintergehbare Bedingung, die
offensichtlich eine reale universalistische (im Sinne eines
abstrakten Universalismus) Setzung ist. Daß damit die Differenzen der
Menschen praktisch geleugnet werden, ist nicht zu übersehen, doch
liegt es nicht in der Verantwortung der Theorie, die darauf reflektiert. Der Universalismus und seine zum Teil niederträchtigen Folgen sind letztlich nur in der Praxis selbst abzuschaffen, das heißt, durch die Herstellung einer Gesellschaft in der die Freiheit der Menschen garantiert ist ohne des bürgerlichen realen und begrifflichen Konstrukts der Gleichheit zu bedürfen. Daß bedeutende Teile der Linken in dem Moment, als die bürgerliche Gesellschaft sich selbst nicht mehr glaubte und die Gleichheit nur noch als kapitalistische „Gleichheit der Exploitationsbedingungen“ faßte, dieses Motte auf die eigenen Fahnen schrieb, ändert nichts an der (theoretischen) Problemlage. [xliii] Bolívar Echeverría, A la izquierda, a.a.O. S. 37, Hervorhebung S.G. [xliv] Die Notwendigkeit solch „ausholender“ Interpretationen ist dem Umstand geschuldet, daß Echeverrías Werk auf den ersten Blick bisweilen etwas dunkel bleibt und einer weitreichenden Interpretation bedarf, um greifbar zu werden. [xlv] Ebd. S. 36. [xlvi] Bolívar Echeverría, Postmoderne und Zynismus, Übers. Stefan Gandler. In: Die Beute. Politik und Verbrechen. Berlin, Herbst 1996, Nr. 11, S. 80-94, hier: S. 94. [xlvii] Als praktisches Werkzeug zum einfacheren Finden der „Kontakpunkte“ von reformistischer und revolutionärer Politik schlägt Echeverría die Fähigkeit zur Selbstironie und eine kritischere Haltung gegenüber dem „Geist der Ernsthaftigkeit“ (im Sinne von Humorlosigkeit) vor, da dieser zu Dogmatismus und Zensur führe: „(...) es gibt etwas, das die beiden verfeindeten Brüder, die die Linke bilden, lernen könnten: wenige Dinge sind heilsamer als etwas Ironie auf die eigene Sicherheit zu kippen. Der Geist der Ernsthaftigkeit, der dazu führt, zu absolutieren und zu dogmatisieren, seien es die revolutionären oder die reformistischen Wahrheiten, führt auch zur Notwendigkeit der Zensur, der Diskriminierung und der Unterdrückung der einen durch die anderen.“ (Bolívar Echeverría, A la izquierda, a.a.O. S. 37.) [xlviii] Echeverría berichtete, in Gesprächen mit dem Verfasser wie sehr es ihn abstieß, als eine bestimmte Gruppe an der Universidad Nacional Autónoma de México versuchte, ihn zu ihrem theoretischen „Guru“ zu machen. [xlix] Selbstredend findet sich diese positivistische Festschreibung eurozentrischer Stereotypen und Realitäten auch im Hegelschen Werk, wie es sich überhaupt im Werk fast aller (auch der kritischsten und dialektischsten) Geister der sogenannten Ersten Welt findet, denn – so würde ihnen Brechts Seeräuberjenny (wenn sie an Echeverrías Stelle wäre) lächelnd entgegen, wenn sie lachen darüber, daß ausgerechnet aus dem letzten Winkel der real aufgeteilten Erde ein praktischer Ansatz und die zugehörige Reflexion auf diesen zu einer anderen Moderne kommen soll – sie wissen nicht, mit wem sie reden. [l] Bolívar Echeverría, Modernidad y capitalismo, a.a.O. S. 143f. |
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