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Gustav Schörghofer: danke tausendmal Graz: styria premium 2011, 165 Seiten, 16,99 Euro Rezension von Elisabeth Steger „Die Undankbarkeit der Religionsdiener scheint mir daher der einzige Grund aller Erschütterungen in den Religionen zu sein“, schreibt Thomas Hobbes in einem Kapitel über Religion im Leviathan, der unter dem Titel „Des Engländers Thomas Hobbes Leviathan, oder der kirchliche und bürgerliche Staat“ auf Deutsch erschienen ist; erst im Jahr 1794, also fast 150 Jahre nach der Originalausgabe (1651). Ob sich der Jesuitenpater und Künstlerseelsorger von Wien, Gustav Schörghofer SJ, der auch noch Kirchenrektor der Uni- Kirche/Jesuitenkirche ist, diese „alte“ Kritik im Jahr 2011 zu Herzen genommen hat, weiß ich nicht. Mit seinem Buch danke tausendmal gibt er sich auf jeden Fall als treuer Jesuit zu erkennen. Als die Lesenden des deutschsprachigen Raumes Ende des 18. Jahrhunderts Hobbes Kritik lesen konnten, hatte sich in Europa nämlich etwas ereignet, was viele Menschen im buchstäblichen Sinn und ganz massiv erschütterte und grundsätzlich an einem guten Gott und einer guten Welt zweifeln ließ: am 1.November 1755 hatte die Erde in Lissabon gebebt und das war eine große Katastrophe für Europa gewesen. Voltaire schrieb kurz nach dem Beben ein Klagegedicht mit dem Untertitel „Prüfung des Axioms Alles ist gut“ in dem es heißt: „Du entsetzliche Ansammlung, ach, aller Plagen! Schmerz, der sinnlos doch ist, aber ewig nicht ruht! Philosophen, irrend, sagen: Alles ist gut!“ Denn der Philosoph Leibniz hatte ein paar Jahre vorher, 1710, in einem „System des Optimismus“ die Theodizee veröffentlicht und behauptet, diese Welt sei die bestmögliche Welt, woraufhin französische Jesuiten leibnizkritisch im Journal de Trévoux den Ausdruck „optimisme“ überhaupt erst einmal geprägt hatten. Das war 1737. Das ist also das Geburtsjahr des Ausdrucks Optimismus - und dann, 18 Jahre später, geschieht ein riesiges Erdbeben mit zigtausenden von Todesopfern und viel Zerstörung. Und nun ist ja seitdem noch viel mehr Grausiges auf der Erde passiert. Es kriselt an allen Ecken und Enden und die Wiener und Wienerinnen jammern ja unglaublich gerne. Wie soll man da mit Dankbarkeit auf unsere Welt oder die Welten, auf einen möglichen oder unmöglichen Gott, oder gar auf mehrere Götter oder Göttinnen blicken? Gustav Schörghofer SJ vollbringt dieses Kunststück. In 29 Kapiteln plus Einleitung und Anhang versucht der 1953 in Salzburg geborene und auf der Feste Salzburg aufgewachsene Gustav Schörghofer, der Kunstgeschichte, klassische Archäologie, Philosophie und Theologie studiert hat, seinen Lesern und Leserinnen das Prinzip Dankbarkeit näher zu bringen. Er erzählt dabei viel aus seinem Leben, das nicht zuletzt durch seine Tätigkeit als Künstlerseelsorger in Wien geprägt ist; er organisiert seit Jahren im Ausstellungsraum des Jesuitenfoyers (1. Bezirk) und in der Zacherlfabrik (19.Bezirk) Ausstellungen und Konzerte zeitgenössischer Kunst, er ist Mitkurator des Otto- Mauer- Preises und in seinem Buch kommen Beispiele, auch aus der jüngsten Kunstgeschichte nicht zu kurz. Mir gefällt daran am besten der präzise Blick auf Bilder, auf Menschen, in präzise Sprache übersetzt, und auch der angenehme Humor tut gut. Die Liebe zur Stille und Leere teile ich voll. Alle Burnout- KandidatInnen aufgepasst: Es ist darin auch ein Aufruf zur Faulheit enthalten. Der Text wurde in roter Farbe gedruckt und darin eingefügt wurden feine Radierungen und Lithographien des Jesuiten Giovanni Poggeschi. Der Untertitel kommt nicht vom Autor selbst, behauptet derselbe, sondern vom Verlag. Ich denke mir: Alles in allem ein schönes, gutes und interessantes Buch. |
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